Die US-amerikanische Autorin Leigh Brackett war erklĂ€rter Fan von Robert E. Howard und den John-Carter-Geschichten von Edgar Rice Burroughs, wurde dereinst von Henry Kuttner âentdecktâ und seinem Agenten empfohlen und heiratete 1946 den SF-Autor Edmond Hamilton, den Schöpfer von Captain Future - all das merkt man ihren Geschichten absolut an, und das ist ĂŒberhaupt nicht abwertend gemeint. Ihr Werk lĂ€sst sich prima unter Space Opera (was die SF angeht) und Sword and Sorcery (Fantasy) einordnen, das passt zu den genannten Autoren und ist den meisten FĂ€llen gute bis sehr gute Abenteuerliteratur. Daneben machte sich Leigh Brackett aber auch einen Namen als Drehbuchautorin durchaus bekannter Filme wie âRio Bravoâ oder âEl Doradoâ, aber natĂŒrlich auch âDas Imperium schlĂ€gt zurĂŒckâ.
Die Idee, mich mal wieder mit Leigh Brackett zu beschĂ€ftigen, ist aus dem Thread zu Kai Meyers âDie Krone der Sterneâ entstanden. Da hat sich Kai Meyer selbst zitiert (aus einem phantastisch-Interview) und die Autorin ebenso ĂŒberschwĂ€nglich wie sehr schön angepriesen:
Leigh Brackett ist die groĂe, verkannte Romantikerin der Pulps. Ihre Marsgeschichten um ihren Serienhelden Eric John Stark sind LehrstĂŒcke fĂŒr atmosphĂ€risches Schreiben. Ihre Beschreibungen der alten RuinenstĂ€dte des Mars sind meiner Meinung nach in vergleichbarer Literatur nie ĂŒbertroffen worden. Weder ihre Zeitgenossen noch die Epigonen wie Michael Moorcock und diverse andere haben das Ă€hnlich gut hinbekommen. Ich mag auch Bracketts Mars hundertmal lieber als den von Ray Bradbury, den ich sehr schĂ€tze, aber eher fĂŒr seine Horrorgeschichten. Wenn es also um klassische Frontier-Szenerien im Weltall geht, ist Leigh Brackett in meinen Augen die absolute Referenz.
Das klingt doch mal richtig gut. Und da mir die Autorin von der schon lĂ€nger zurĂŒckliegenden LektĂŒre diverser Romane und Kurzgeschichten ebenfalls als mindestens lesenswert in Erinnerung geblieben ist, hat mich das angefixt, tatsĂ€chlich mal wieder das eine oder andere Buch (oder Kurzgeschichte) in die Hand zu nehmen. Gesagt, getan, zum Anfang gibtâ âąs ein schmales Buch, das ich vor Urzeiten schon mal gelesen habe (und wie ich gerade im Blog von Thomas Hofmann sehe, bin ich nicht der Einzige, der diese Idee hatte):
Leigh Brackett: Der Weg nach Sinharat (Pabel, 1980) [The Secret of Sinharat, 1964/67]
EnthĂ€lt den kurzen Roman âFluch der Unsterblichenâ (The Secret of Sinharat, 1964) und die titelgebende Novelle âDer Weg nach Sinharatâ (The Road to Sinharat, 1963 in Amazing Science Fiction Stories erstveröffentlicht), wobei âFluch der Unsterblichenâ die Ăberarbeitung einer noch Ă€lteren Geschichte darstellt, âQueen of the Martian Catacombsâ, 1949 in Planet Stories erschienen.
Im Mittelpunkt von âFluch der Unsterblichenâ steht Eric John Stark, Leigh Bracketts Mars-Held, den man gern in einem Atemzug mit Burroughsâ Ë John Carter oder C.L. Moores Northwest Smith nennen darf. Stark ist als Sohn menschlicher Eltern auf Merkur geboren, war zuletzt auf der Venus aktiv und ist nun zu Beginn des Kurzromans von dort geflohen, um sich auf dem Mars als Söldner zu verdingen. Das tut er bei Delgaun, dem Herrscher ĂŒber die Stadt Valkis. Doch Simon Ashton, Chef der irdischen Polizeibehörde, spĂŒrt ihn auf: Um seiner Strafe zu entkommen, wird Stark zum Doppelagenten. Das ist der Rahmen, nicht mehr als das erste Kapitel, natĂŒrlich passiert noch deutlich mehr, es gibt hoch interessante, mitreiĂende Beschreibungen der marsianischen StĂ€dte und Landschaften, mit Luhar taucht ein alter Feind Starks auf, es gibt mysteriöse Technologien eines alten Mars-Volks, die Unsterblichkeit verheiĂen, exotische Frauenfiguren wie Berild und ihre Dienerin Fianna und vieles, vieles mehr. Das ist, da tut man dem Roman nicht unrecht, in Sachen Zutaten âpulp at its bestâ, jede Menge Zutaten, toll verpackt. Das liest sich heute sicher nicht mehr ganz so aufregend wie 1949 oder 1964, da muss man ehrlich sein, aber immer noch ziemlich gut. Unterhaltsam auf jeden Fall und auch gut geschrieben. Keine hohe Literatur, aber jede Menge SpaĂ, Action und gute Unterhaltung. Ein weiterer Punkt, den ich sehr wohlwollend anmerken möchte: Heutzutage wĂŒrden weit weniger begabte Autoren aus demselben Stoff ein Buch mit dem drei- oder vierfachen Umfang produzieren. Wenn einem Brackett also manchmal sogar zu sparsam daher kommt, sollte man eigentlich eher dankbar dafĂŒr sein.
In der Novelle âDer Weg nach Sinharatâ geht es dann ab Seite 113 in dem schmalen Terra-Fantasy-Band (Nummer 40, in meinem Fall in zweiter Auflage von 1980) um den ArchĂ€ologen Dr. Carrey, der das Terraforming auf dem Mars, âWiederaufbauprojektâ genannt, sabotieren will, weil es seiner Ansicht nach die Charakteristika der Welt, vor allem das Leben der StĂ€mme in den sogenannten DĂŒrregebieten, zum Nachteil verĂ€ndern wĂŒrde. Das kommt nicht bei jedermann gut an und wieder entfaltet sich ein zwar kurzes, aber buntes Abenteuer, das den Leser ĂŒber den so archaisch wirkenden Mars entfĂŒhrt. Hat mir gleichfalls gut gefallen - wie gesagt: bunte Unterhaltung, nicht mehr, nicht weniger.
Der nÀchste Brackett-Band liegt schon bereit ⠊