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Der Durchbruch von L. Neil Smith


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8 Antworten in diesem Thema

#1 Jürgen

Jürgen

    CyberPunk

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Geschrieben 03 Juni 2004 - 21:02

Die Auswahl für den nächsten klassiker-Lesezirkel beinhaltet auch den Roman von Neil Smith - Der Durchbruch

Damit einige Mitglieder, die den Roman nicht kennen, einen kleinen Einblick ins Geschehen bekommen, stelle ich mal eine Vorab-Rezension zu diesem Buch ins Forum.

Erstmalig las ich das Buch 1987 und zu dieser Zeit animierte mich dieser Band zum Kauf von drei weiteren aus dem Gallatin Universum.
Eine Fehlentscheidung, wie sich im nachhinein herausstellte.

Nur der erste Band hat die Art von Klasse, die ein Buch unvergesslich macht.


Rezension zu Der Durchbruch von L. Neil Smith


Was wäre...

... wenn auf der Erde die amerikanische Geschichte ab dem 18. Jahrhundert eine andere Richtung eingeschlagen hätte ?
George Washinghton wurde von einem Mann namens Gallatin erschossen, weil er Zölle und Steuern einführen wollte. Gallatin selbst wird zum Präsidenten und weil er nichts von Steuern und Abgaben hält, entsteht auch mangels Einkünften kein Regierungsapparat. Die Vereinigte Staaten sind nie gegründet worden; eine Konförderation freier Staaten bildet einen lockeren Bund.

Was wäre...

... wenn es diese Welt wirklich geben würde ?

Nicht in unserem Universum... aber vielleicht sehr nah daneben !

Win Bear, Lieutenant bei der Polizei in Denver, ermittelt im Mordfall eines Physikers. Dieser war Angehöriger einer Gruppe von Anarchokapitalisten, einer Vereinigung, die gegen jegliche Art von Steuern und Abgaben eintritt.
In der Tasche des Opfers findet Bear eine goldene Münze; anscheinend ein Zahlungsmittel, aber mit einer Prägung, die mehr Fragen als Antworten aufwirft.
Bei seinen Recherchen, die ihn zu einem Universitätscampus ausserhalb Denvers führen, gerät er in einem Labor in eine Schiesserei... und in Mitten von sehr seltsamen Apparaten wird er von einer Druckwelle erfasst und weggeschleudert.
Bear kommt in einer Welt wieder zu sich, die für ihn bizarr und fremd ist. Er muss feststellen, dass nicht nur Denver von den Landkarten verschwunden ist, sondern das Städte wie New York oder Washington zu unbedeutenden Dörfern geschrumpft sind.
Als er dann auch noch die Entdeckung macht, das ganz in der Nähe ein gewisser Edward Bear eine Detektei betreibt, glaubt er sich in die Zukunft versetzt. Der Versuch einer Kontaktaufnahme kostet ihn kurz darauf fast das Leben ...

Neil Smith erzählt die Geschichte des Lieutnant Win Bear im Stil eines Kriminalromans. Beginnend mit Elementen der klassischen Detektivgeschichte, entsteht mit dem „Durchbruch“ in die Parallelwelt ein faszinierendes SF-Abenteuer, dass den Leser in eine Geschichte entführt, die neben einer bizarren Anarchodemokratie auch so manch satirische Elemente und eine gehörige Portion Situationskomik beinhaltet.

Smith´s Schreibstil ist, wenn man das Erscheinungsjahr 1980 als Maßstab nimmt, überaus flott und frech. Auch wenn gerade die SF-Literatur in den letzten 25 Jahre durch dutzend stilistische Feinheiten bereichert wurde, so liesst sich dieser Roman auch heute noch sehr flüssig und gefällig.
Die Geschichte hat kaum Längen und für "Zeilenschinderei" ist bei einem Umfang von knapp 300 Seiten sowieso kein Platz. Das Ende ist für einen Band aus einer sechsteiligen Serie relativ gut und beinhaltet keinen Cliffhanger.

Maßvolle Kritik erhält allenfalls die Struktur seiner fiktiven Welt. Eine gewisse Simplizität fällt dem aufmerksamen Leser ins Auge, das anarchistische System ist zu redundant. Einige Fragen, die während des Lesens aufkommen, lässt Smith unbeantwortet. Hier wird der Unterschied zur SF-Literatur der letzten Jahre überdeutlich.
Heutzutage wäre dieser Roman wahrscheinlich doppelt so dick und mit logischen Erklärungen zum vorgestellten Gesellschaftsmodell vollgestopft.
Berücksichtigt man das Erscheinungsjahr des Romanes - Science Fiction wurde zu dieser Zeit stärker als Unterhaltungliteratur betrachtet - reduziert sich dieser Kritikpunkt auf eine Formalie... und die verschwindet zu Gunsten der guten Unterhaltung im statischen Rauschen der Story.

Ist dieser Roman nun eine bissige Antwort auf unsere überregulierte Welt ? Denkbar, aber eher unwahrscheinlich.... er ist mehr ein Trip in eine Gesellschaftsform, die so dargestellt, allenfalls als weit enferntes Denkmodell für eine "erwachsene" Menschheit adaptierbar wäre.

Der Durchbruch ist der erste Roman aus dem Gallatin Universum, einer Serie, die sich auf sechs Bände verteilt. Aus meinen Erinnerungen heraus, ist der zweite Band noch ganz gut, während der Rest der Serie sich bald in Belanglosigkeiten verliert. Trotzdem ist zumindest dieser erste Band eine kleine Perle im Bereich SF und deshalb ganz sicher eine Empfehlung wert.

Jürgen Olejok / 2004

Bearbeitet von Jürgen, 03 Juni 2004 - 21:04.

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#2 dyke

dyke

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Geschrieben 05 Juni 2004 - 01:28

Science Fiction wurde zu dieser Zeit stärker als Unterhaltungliteratur betrachtet

Hat sich da etwas geändert ?? Dyke verwundert

#3 rockmysoul67

rockmysoul67

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Geschrieben 05 Juni 2004 - 08:46

Tönt nicht mal so schlecht! Ich mag Parallelwelten, doch leider hatte ich noch kaum das Vergnügen in einer schriftstellerisch-gelungen Welt einzusteigen (Vaterland war die gelungene Ausnahme). Dieses Buch könnte ein stilistisch interessanter Roman sein.

für den nächsten klassiker-Lesezirkel

+

eine Vorab-Rezension

Äh, Jürgen, danke für die Rezi und so, aber kannst du künftig Werbung machen, bevor die Abstimmungsrunde vorbei ist? Oder hast du vor, das Buch für August vorzuschlagen?

#4 Ronni

Ronni

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Geschrieben 05 Juni 2004 - 09:03

Hallo Jürgen,

das Dir der dritte Band Ihrer Majestäten Kübeliere nicht gefallen hat, kann ich nachvollziehen, war m. E. der schwächster Band des Zyklus. Trotzdem hättest Du weiterlesen sollen, denn Band 4 Der Nagasaki-Vektor ist wieder gut und den folgenden Band 5 Tom Paine Maru halte ich für den Besten.
Bedenklich finde ich den politischen Hintergrund des Zyklus, der Anarcho-Kapitalismus wird kritiklos hochgejubelt und entspringt dem Geist der Amerikaner, die unter Freiheit vor allem die Freiheit, Waffen zu tragen verstehen.

Gruß Ronni
Die Schlauheit des Fuchses basiert zu 90% auf der Dummheit der Hühner.

epilog.de

#5 Gast_Jorge_*

Gast_Jorge_*
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Geschrieben 05 Juni 2004 - 17:44

Ich mag Parallelwelten, doch leider hatte ich noch kaum das Vergnügen in einer schriftstellerisch-gelungen Welt einzusteigen (Vaterland war die gelungene Ausnahme).

für den nächsten klassiker-Lesezirkel

+

eine Vorab-Rezension

Na, wenn das so ist, erlaube ich mir einen anderen Parallelweltenroman vorzuschlagen(Konkurrenz belebt das Geschäft): Harry Harrison "Der große Tunnel"(A Tunnel Through The Deeps/ A Transatlantic Tunnel, Hurrah!) In diesem Roman ist die Ausgangssituation die gleiche: George Washington ist tot(er wurde als Aufrührer gehängt) dadurch sind die USA niemals entstanden, auch Europa hat eine andere Entwicklung durchlaufen (Rule Britannia). Die Handlung setzt in den 70ern des vergangenen Jahrhunderts ein: Die Eisenbahn ist das Hauptverkehrsmittel der Welt, Ingenieure arbeiten an einem Tunnel, der alte und neue Welt verbinden soll. Weitere gelungene Einfälle( u.a. in spiritistischen Sitzungen stößt man auf eine grauenhafte Parallelwelt, die sich als die unsere entpuppt; Brian W. Aldiss taucht als Reverend auf, nebenher Autor äußerst erfolgreicher populärwissenschaftlicher Bücher) machen das Buch zu einem lesenswerten Vorschlag.

#6 Jürgen

Jürgen

    CyberPunk

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Geschrieben 05 Juni 2004 - 20:01

@dyke

Science Fiction wurde zu dieser Zeit stärker als Unterhaltungliteratur betrachtet Hat sich da etwas geändert ?? Dyke verwundert

Hat sich ! Viele SF-Autoren versuchen mittlerweile "Ihre Welt" so exakt zu beschreiben, dass die Unterhaltung dabei zu kurz kommt. Andere benötigen 50 Seiten, um die physikalischen Grundlagen eines Raumschiffantriebs zu erklären. Das nevt ganz schön. @rocky

Äh, Jürgen, danke für die Rezi und so, aber kannst du künftig Werbung machen, bevor die Abstimmungsrunde vorbei ist? Oder hast du vor, das Buch für August vorzuschlagen?

Genau das habe ich vor. :P @ronni

Bedenklich finde ich den politischen Hintergrund des Zyklus, der Anarcho-Kapitalismus wird kritiklos hochgejubelt und entspringt dem Geist der Amerikaner, die unter Freiheit vor allem die Freiheit, Waffen zu tragen verstehen.

naja, deshalb rechne ich damit, dass bei diesem Roman eine heftige Diskussion entsteht. Es gibt nicht allzuviel Romane, bei denen schon in der Vergangenheit so emotional diskutiert wurde, wie bei diesem. @jorge

Na, wenn das so ist, erlaube ich mir einen anderen Parallelweltenroman vorzuschlagen(Konkurrenz belebt das Geschäft):

Recht haste ! Vielleicht findet sich ja noch der eine oder andere Parallelweltvorschlag zusätzlich... dann hätten wir mal einen "Thema" im Lesezirkel... auch nicht schlecht. Gruss Jürgen
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#7 Gast_Guest_*

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Geschrieben 06 Juni 2004 - 18:51

Hallo Jürgen,

das Dir der dritte Band Ihrer Majestäten Kübeliere nicht gefallen hat, kann ich nachvollziehen, war m. E. der schwächster Band des Zyklus. Trotzdem hättest Du weiterlesen sollen, denn Band 4 Der Nagasaki-Vektor ist wieder gut und den folgenden Band 5 Tom Paine Maru halte ich für den Besten.
Bedenklich finde ich den politischen Hintergrund des Zyklus, der Anarcho-Kapitalismus wird kritiklos hochgejubelt und entspringt dem Geist der Amerikaner, die unter Freiheit vor allem die Freiheit, Waffen zu tragen verstehen.

Gruß Ronni

Bedenklich finde ich den politischen Hintergrund des Zyklus, der Anarcho-Kapitalismus wird kritiklos hochgejubelt und entspringt dem Geist der Amerikaner, die unter Freiheit vor allem die Freiheit, Waffen zu tragen verstehen.

Der Vollständigkeit halber sollte man erwähnen, dass ein neuer Band - "The American Zone" - unlängst in den USA erschienen ist (Rezension von mir auf phantastik.de, wen es interessiert).
Ob der politische Hintergrund bedenklich ist, muss jeder selbst wissen, nur darf bei alledem nicht vergessen werden, dass L. Neil Smith in den USA bereits zweimal beinahe der Präsidentschaftskandidat der Libertarian Party war. Jeder, der einen Smith liest, sollte sich vorher darüber im Klaren sein, was ihn erwartet.

Auch Smith's Roman "Forge of the Elders" gehört übrigens ins gleiche Universum.

#8 Diboo

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Geschrieben 06 Juni 2004 - 18:52

Grmpf.Das Posting eben stammt von mir ;o(

"Alles, was es wert ist, getan zu werden, ist es auch wert, für Geld getan zu werden."
(13. Erwerbsregel)

"Anyone who doesn't fight for his own self-interest has volunteered to fight for someone else's."
(The Cynic's book of wisdom)

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#9 Jürgen

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Geschrieben 06 Juni 2004 - 19:15

@DibooDanke für den Link. ;) Jaja, Neil Smith gehört nicht zu den unumstrittenen Persönlichkeiten der USA. ;) Aber wie du in deiner Rezi zu American Zone schon erwähnst, gehört Mr. Smith zweifellos zu den Autoren, die durchaus spannend und stilistisch gut eine Story aufbauen können.Selbstnatürlich stimme ich auch mit deiner Einschätzung bezüglich "der Durchbruch" überein.GrussJürgen
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