Schöne Idee, Bernard (und Katrin)
Dein Video hat mir gefallen, insbesondere die Zeitbezüge, bei denen ich ziemlich viel wiederfinde. Von meiner Seite aus war ich 1981 - da war ich 14 - noch nicht in Sachen "richtiger", ernsthafter SF unterwegs (und schon gar nicht in Sachen Kurzgeschichten), sondern "nur" Leser der noch relativ neuen PR-Silberbände und der Schneider-Jugendbücher. Im SF-Bereich gab's da Sachen wie Raumschiff Monitor, Erdschiff Giganto, Commander Perkins, Rainer M. Schröders Begegnung der vierten, fünften und sechsten Art. Ansonsten eher Nicht-SF wie die Drei ??? (die meine Mutter nie lesen wollte, weil der gruselige Alfred Hitchcock auf dem Umschlag war) - und die Western-Romanhefte meines damals über 90jährigen Urgroßvaters, die der tütenweise verschlang und die ich bei Besuchen "erbte". Und dann wurde eines Tages als Quartalskauf beim Bücherbund-Buchclub Isaac Asimovs Das Galaktische Imperium (das sind die ersten drei Foundation-Romane) bestellt und ich war endgültig der dunklen Seite verfallen . In der örtlichen Bücherei wurde fortan alles ausgeliehen, was auch nur annähernd nach Erwachsenen-SF aussah. Aber was gab es in der Bücherei nicht? Genau, Titel deutscher SF-Autoren jenseits von Mark Brandis oder Hans Dominik, geschweige denn, halbwegs aktuelle Bücher. Das mit der Aktualität hat sich übrigens bis heute noch nicht geändert. Weswegen mir dieser Zeitraum großenteils fremd und diese Videoserie eine schöne Gelegenheit ist, mal zu gucken, was es da so alles gab.
Zum Roman von Georg Zauner kann ich eigentlich nicht mehr sagen, als Du schon in deinem Video angesprochen hast. Mir gefällt die Form einer fiktiven Dokumentensammlung und besonders der Ton des leisen Spotts, der immer wieder durchschimmert, wobei einem das Lachen mitunter im Hals stecken bleibt. Das postapokalyptische Setting und der Ton erinnert mich nicht nur an den Lobgesang sondern auch an eine andere Reihe von postapokalyptischen Romanen und Geschichten eines meiner Lieblingsautoren, Edgar Pangborn.
Und wo ich schon dabei war, hab' ich dann auch mal gleich einen Blick auf die beiden Laßwitz-prämierten Kurzgeschichten geworfen. Seinerzeit wurde beim Laßwitz nach Kurzgeschichte und Erzählung getrennt. Als Kurzgeschichte ausgezeichnet wurde Ronald M.Hahn: Auf dem Großen Strom, eine einfühlsame, ruhige Geschichte um einen Raumfahrer, der ein Unglück erleidet. Hab' ich gern gelesen. Die Geschichte findet sich in der von Jörg Weigand herausgegebenen Anthologie Die andere Seite der Zukunft, die auch Beiträge andere bekannte Autoren/SF-Schaffender wie Herbert W. Franke, Thomas LeBlanc, Thomas Ziegler, Reinmar Cunis, Dieter Hasselblatt usw. enthält. Erschienen ist die Sammlung als Hardcover im Schaffstein-Verlag Dortmund. Zu seiner Hochzeit war das ein vor allem für sein exzellentes Jugendbuch-Programm bekannter Verlag, diese Zeit lag 1980 aber wohl weit zurück. Herausgeber Jörg Weigand sagt im Vorwort: Das eigentliche Thema anspruchsvoller Science Fiction ist der Mensch. Und das ist dann auch der Fokus dieser Sammlung, nicht das blutgierige Alien oder wilde Schlachten im Weltall. Nebenbei: Ich weiß nicht, ob es bezeichnend ist, aber weder hier noch in der Anthologie mit der besten Erzählung findet sich auch nur ein einziger Beitrag einer Autorin. Und beim Laßwitz-Preis dauert es auch noch etliche Jahre, bis erstmals eine Autorin ausgezeichnet wird, wie es überhaupt nur vier Preisträgerinnen in den Roman/Geschichten-Kategorien gibt, wenn ich mich nicht verzählt habe. Bei den Übersetzungen ist man da etwas gnädiger
Die beste Erzählung stammt von Thomas Ziegler. Die sensitiven Jahre ist eine von 11 Geschichten der Heyne-Romananthologie Computerspiele, Herausgeber Roland Rosenbauer. Es handelt sich laut Vorwort um ein Projekt Rosenbauers, das seiner Meinung nach stagnierende Genre mit neuen Erzählformen wieder aufzufrischen. So sind die Erzählungen von Computerspiele, die alle vom selben Prolog ausgehen, und zwar von der Rückkehr eines Raumschiffs auf eine rätselhaft menschenleeren Erde. Die Storys wurden von Rosenbauer mit einer Rahmenhandlung zu einem mehr oder weniger zusamenhängenden Gesamttext verknüpft. Zieglers Sensitive Jahre handelt vom Aufkommen des Sensifilms, einer Art Virtual Reality, die aus einem Zuschauer einen Darsteller des Films macht. Und den diversen Parteien, die sich diese Technik für eigene Zwecke zunutze machen und die Filmhandlung absurd mit ihren jeweiligen Agendas überfrachten. Auch diese Geschichte liest sich recht modern und muss den Vergleich zu heutigen Erzählungen nicht scheuen. In dieser Antho finden sichebenfalls bekannte Namen wieder, unter ihnen Uwe Anton, Hartmut Ehls, Jürgen Grasse (besser bekannt als Jürgen Grasmück), wieder Herbert W. Franke und Ronald M. Hahn, Jürgen vom Scheidt usw.
Mir scheint, es gibt noch einige Schätze aus diesem Zeitraum zu heben.