Oops! Habe ich meinen Sermon hier noch nicht abgesondert?
Redaktion: Editorial von Steinbacher und Iwoleit etc.
Inhalt: Die SF-short-story lebt. Es geht ihr sogar etwas besser als die letzten Jahre. Eine Themen-Antho „Utopien“ kann durchaus reizvoll sein.
Fazit: Elegant, beschwingt, professionell.
Barbara Ostrop: Das Kontingent
Inhalt: Jorg geht mit seinem CO2-Kontingent etwas sorglos um. Und sinnt nach, wie es überhaupt zur Kontingentierung kam.
Fazit: Exposéhaft abgehandelt, noch dazu moralinsauer. Brauchte es die drei Seiten unbedingt?
Marcus Hammerschmitt: PLKL
Inhalt: Wer ist der Urheber der „Medienkrise“? Wer speist immer wieder Falschmeldungen ein? Ein altes Geheimdienst-Netzwerk soll die Frage klären. Nachdem ein Wissenschaftler stirbt, meldet sich der wahre „Verbrecher“.
Fazit: Von der Idee her eine nette KI-Variante, auch solide geschrieben. Aber Plot ist halbherzig runtergehuscht. MH kann besser.
Tobias Reckermann: Futur Drei
Inhalt: Ein Mensch, der in der utopisch-perfekten Welt des 23. Jahrhunderts lebt, wird beauftragt, die Funktion von Utopien im 20. und 21. Jahrhundert zu entziffern. Er kommt zu interessanten Ergebnissen, die er auf einem an eine Con erinnernden Kongress vorträgt.
Fazit: Das hätte ein exzellenter Essay werden können. Als Story versagt es leider. Zustimmung: Empathie, die sich nur auf unseren Nächsten beschränkt, reicht nicht, ist sogar für den Frieden eher abträglich. (s. Kurt Tucholsky „Die Flecke“)
Dirk Alt: Die Eismaschine
Inhalt: Vicentus, ein „Hoch-Konsument“, mißbraucht eine „Gespielin“ für sadistische Sex-Spielchen. Doch dieses Exemplar weigert sich und weckt ungekannte Gefühle in Vincentus. Was der alles überwachenden KI „Mutter“ gar nicht recht ist.
Fazit: Die Sex-Szenen eindrücklich beschrieben, aber Idee ist etwas platt, Plot arg vorhersehbar und die Botschaft abgeschmackt („Liebe überwindet alles“)
Frank W. Haubold: Die beste aller Welten
Inhalt: Marian reist nach Kalanos, eine Dodekanos-Insel, die ein unabhängiges Aussteiger-Paradies ist. Aber er wurde vom Geheimdienst mit einer Krankheit infiziert, damit er Informationen aus Kalanos liefert. Auf Kalanos fühlt sich Marian jünger und auch sexuell leistungsfähiger als zuvor. Eines Tages erfährt er die volle Wahrheit...
Fazit: Idee bekannt, aber interessant variiert. Marian sehr lebendig, Szenen bildstark und intensiv, auch die sexuellen. Ende wenig prägnant, aber stört das?
Frank Neugebauer: Entscheidung in Traumhaus 8
Inhalt: Vor Anarchie und Chaos flüchten immer mehr Menschen in so genannte Traumhäuser, in denen ihr Bewusstsein upgeloadet wird und der Körper langsam in einer Nährlösung schrumpft. Direktor Rubin will einen neuen Aspiranten abschrecken, doch der besteht auf seiner Dauerkarte. Und kommt ungewollt einem noch größeren Geheimnis auf die Spur ...
Fazit: Eskapismus pur. Von Neugebauer bildstark eingefangen (no pun intended) und szenisch ausgearbeitet. Die Pointe kommt überraschend, setzt dem Ganzen jedoch das Sahnehäubchen auf.
Frank Hebben: Erwache
Inhalt: Ein Wurm sorgt dafür, dass alle Befallenen die Gedanken und Gefühle aller anderen Befallenen kennen. Ist das das Paradies, in dem alle glücklich sind? Oder baut sich eine unentrinnbarer Konformitätsdruck auf, der jegliche Individualität auslöscht?
Fazit: Hoch philosophischer Text, stilistisch wunderschön, lebt mehr von Ideen und Gedanken als von Handlung und Personen.
Martin Mächler: Der Nautilus-Faktor
Inhalt: Als ein Generationenschiff im Zielsystem ankommt, stellen sie fest, dass der Zielplanet, den sie besiedeln wollen, verschwunden ist. Sie kommen einem galaxisweiten Planetenhandel auf die Spur. Ihr Zielplanet ist auch für wasserlebende Nautilianer interessant. Wie werden die interspeziellen Verhandlungen ausgehen?
Fazit: Die hanebüchene Idee wird durch die satirische Grundausrichtung gerecht-fertigt. Lesenswert, amüsant, regt durchaus zum Nachdenken an, auch wenn der Text selbst nicht allzu tief schürft. #
Thomas A. Sieber: Kaputt in Liliput
Inhalt: Ein großgewachsener Raumfahrer strandet auf der Erde. Die Menschen, im Verhältnis zu ihm Liliputaner, versuchen ihn erst einzufangen und instrumentali-sieren ihn dann als Waffe gegen Nordamerika.
Fazit: Amüsante Gulliver-Reminiszenz mit modernen Anpassungen. Funktioniert!
C. Stuart Hardwick: Regenbögen für kommende Zeiten
Inhalt: Um der Natur Zeit zur Regeneration zu geben, sind die Menschen in hermetisch abgeschlossenen Kuppelstädten konzentriert, wo sie noch mindestens 100 Jahre bleiben müssen. Frey ist einer der wenigen Wildhüter. Eines Tages trifft er Carra, eine Frau, die aus einer der Städte entwischt ist.
Fazit: Beklemmendes Zukunftszenario, bildreich ausgearbeitet, Frey und Carra sehr lebendig, gut geschrieben. Ende ist traurig, aber konsequent.
Andreas Heyer: Alte Science-Fiction, neue Utopie?
Inhalt: AH arbeitet heraus, dass ursprüngliche Utopien, allen voran der Stammtext von Thomas Morus, Orientierung bieten sollten in Zeiten der Veränderung. Im Gegensatz zu den Klassikern sind moderne Utopien regional und historisch verortet und durchaus dynamisch angelegt.
Fazit: Interessanter Abriss mit klarer, gut belegter These.
Horst Illmer: Wilhelm, der Nicht-Eroberer
Inhalt: Nach einem kurzen Abriss über die wirkungsstarken Werke von Bellamy und Bertha von Suttner widmet sich HI intensiv F.A. Fawkes†˜ Werk über „Marmaduke, Emperor of Europe“. Eingebettet in eine Matroschka-Rahmenhandlung gibt der fiktive Marmaduke Einblicke in seine Staatskunst und Staatsphilosophie. Mit teils erhellenden, teils aus heutiger Sicht kuriosen Blüten.
Fazit: Sehr schöne Abhandlung über ein komplett vergessenes Werk. Danke, Horst Ilmmer!
Thomas A. Sieber: »Bedenke deine Handlungen vom Ende her!« Interview mit Prof. Harald Lesch, Teil 2
Inhalt: HL lässt sich über die Auswüchse des Anthropozäns aus.
Fazit: Mittlerweile bekannt. Er hat ja in den meisten Punkten recht. Aber was nutzt das Lamento?
Thomas Kass & Klaus N. Frick: Nachrufe auf Achim Mehnert
Inhalt: Kass und Frick lassen das Leben des viel zu früh verstorbenen Fans und SF-Autors Achim Mehnert Revue passieren.
Fazit: Viel über Mehnert gelernt, was ich noch nicht wusste. Auf den letzten Coloniacons sah ich ihn immer nur mit Wasserflasche.
Vitae der Autoren und Grafiker
Inhalt: Teilweise interessant zu lesen. Aber nicht jede Vita ist eine Offenbarung. Fazit: Grundsätzlich okay.
Gruß
Ralf
Bearbeitet von ShockWaveRider, 17 Oktober 2022 - 08:23.