@My., na, endlich bekommt man es mal erklärt. Der Aufruf der Kleinverlage ist da ja eher populistisch angehaucht und widerspricht ja ziemlich dem Statement von libri. Ich hatte vor Jahrzehnten auch mal beim lokalen Buchhändler versucht ein Buch zu bestellen, der hat es auch nicht bekommen (wollen). Seitdem erspare ich mir da.
Was aber noch unklar ist: Libri schreibt, es werden nur Titel ausgelistet, die zwei Jahre nicht bestellt wurden, die Stellungsnahme der IG unabhängige Verlage behauptet das Gegenteil. Was stimmt jetzt?
Generell scheint mir das Wort Sichtbarkeit ein wenig optimistisch. Bücher, die scheinbar nur einige wenige Leute interessiert, werden ja nicht wirklich sichtbarer, nur weil sie über das System bestellbar sind.
Das Kleinverlagsstatement ist ganz sicher nicht populistisch, sondern allenfalls emotional angehaucht. Es geht hier mitunter auch um Existenzen (und das übrigens nicht nur bei Kleinverlagen, sondern auch bei Buchhändlern).
Die Buchhändler machen sicher einen Fehler, wenn sie sich an die Informationen aus nur einer Quelle binden. Schon die zusätzliche Verwendung des VLB erweitert quasi das Programm des Händlers. Auch KNV plus Libri ist ein hilfreiches Mehr, um dem Kunden Service zu bieten. Kunden, die erwarten, dass der Buchhändler alle Bücher auf Lager hat, haben keine Vorstellung von dem, was realistisch machbar ist. Kunden, die meinen, die müssten ihr Buch am nächsten Tag haben, werden auch bei Amazon nicht glücklich. Es ist heutzutage quasi ein Zwang, auf mehreren Schienen zu arbeiten: Recherche, Lieferbarkeit, Beschaffung.
Ich selbst kenne alle möglichen Arten von Buchhändlern, und es sind nicht nur die ganz Kleinen, sondern auch die Ketten, die sich nicht scheuen, direkten Kontakt mit den Kleinverlagen zu halten (zu meinen Kunden gehört auch Hugendubel, Thalia, Osiander und andere). Und ich kenne Buchhändler, denen die Recherche nach einer Lieferbarkeit zu viel Arbeit ist, wie ich auch solche kenne, die mich anrufen und mich schon nach Büchern von Verlegerkollegen gefragt haben, weil sie bei ihrer Recherche nicht weitergekommen sind.
In der Tat scheint die Aussage von Libri - ich arbeite nicht mit dem Barsortiment, kann also nur die Statements von Kollegen weitergeben - falsch, dass es nur um Titel geht, die mehr als zwei Jahre nicht verkauft wurden. Es geht eben auch um Titel, die günstiger als EUR 4,50 sind. Und es geht sogar um neue Titel aus Kleinverlagen, und es geht auch darum, dass ganze Reihen auseinandergerissen werden (aus einer zehnbändigen Reihe wurde Band 4 ausgelistet). Libri muss sich leider den Vorwurf machen lassen, hier nicht marktgerecht vorgegangen zu sein und vorzugehen. Und vor allem auch nicht kollegial, informativ und transparent. Aus meiner Facebookgruppe "Unabhängiger Kleinverlage" hat so mancher zuletzt recht überrascht, auf die Remittendenpalette vor seiner Haustür reagiert. (Und die sind auch das Problem, diese unangekündigten Rücksendungen - Libris Zahlungsfristen sind leider nicht immer so großzügig, wie sie selbst abgerechnet werden möchten.)
Und es ist genau die systemische Sichtbarkeit, die relevant ist (nicht etwa die "Sichtbarkeit" auf einer Internetseite, bei Facebook oder Lovelybooks). Findet der Buchhändler ein Buch in seinem System, kann er es immer bestellen, sogar antiquarisch, wenn er entsprechend engagiert ist. Ein Buch, das Libri, KNV & Co. aus ihren Katalogen nehmen, ist allenfalls noch im VLB zu finden - und bei Amazon (die so weit ich weiß auch nicht auslisten, egal, ob das Buch noch lieferbar ist oder nicht). Wie ich schrieb: So lange das Buch in den Katalogen ist, kann es bestellt werden; die Barsortimenter, die die Bestellung nicht bedienen können, sind verpflichtet (!), die Bestellung an den Verlag weiterzuleiten, der sich dann darum kümmert. Ist das Buch nicht mehr in den Katalogen, kann der Buchhändler nicht mehr so ohne weiteres den Verlag ausfindig machen, es sei denn, er ist sehr bemüht.
My.
Bearbeitet von My., 19 August 2019 - 12:21.