Ab und zu kommt es immer mal wieder zu Fragen oder Mythen rund um den DSFP hier im Forum. Oft ist man nicht mit den Nominierungen zufrieden ( was normal ist ), oder einige Fragen sich wie das ganze so funktioniert bzw unterstellen oder denken es würde bewußt irgendetwas geheimgehalten. Nun kann und muss jedes Komiteemitglied selber entscheiden ob es sich als solches outen will, ich kann und werde sicherlich nicht für andere entscheiden. Ich selber aber habe ja eigentlich nie ein Geheimnis daraus gemacht. Vor kurzem gab es Kritik von Feministischer Seite zu den Deutschen Preisen der Science-Fiction und der DSFP wurde nicht mal erwähnt. Keine Ahnung ob das jetzt nur zufällig so war oder ob wir tatsächlich im Gegensatz zu anderen kaum wahrgenommen werden.
Ich wollte zunächst mal ein bißchen was zu mir und wie ich dazu gekommen bin sagen, dann wie das ganze so grob funktioniert und schliesslich dann auch meine Entscheidungen zum letztjährigen Preis offenlegen. Anmerkungen, Kritik, Diskussion darüber sind ausdrücklich willkommen.
Seit 8 Jahren bin ich jetzt beim DSFP dabei. Aus dieser Zeit ist ausser mir nur noch 1 anderes Mitglied von damals heute noch dabei, das mag die enorme Fluktuation in der Zusammensetzung der letzten Jahre dokumentierten. Wobei ich anmerken darf das einige schon länger dabei sind als ich aber immer mal wieder Pausen einlegen um dann zu uns zurückzukehren.
Ich selber habe in meiner Jungend beinahe ausschliesslich Perry Rhodan gelesen und bin erst mit über 30 so richtig ins SF Genre in aller Breite eingestiegen. Dafür dann aber auch ziemlich schnell und exzessiv was bis heute durchaus zu dreistelligen gelesenen SF-Romanen pro Jahr führen kann. Als ich ins Netzwerk kam habe ich schnell überall zu Romanen oder in Lesezirkeln Meinungsstarke Beiträge hinterlassen auch wenn die Ahnung vom Genre verglichen mit heute eher noch ziemlich gering war. Offenbar hat das aber Leute auf mich aufmerksam gemacht und so hat man mich gefragt ob ich nicht Lust hätte beim DSFP einzusteigen. Was mich wirklich überraschte. Berufen dazu fühlte ich mich jedenfalls aus mir heraus sicher nicht. Aber ich habe ganz schnell gemerkt wie viel Spaß mir das macht. Und das ist im Grunde bis heute ungebrochen so.
Vielleicht geht es vielen so? Leute die durchaus gerne lesen und auch Ihre Meinung zu allem und jedem haben aber aus den verschiedensten Gründen, sei es falsche Bescheidenheit, Angst vor Überforderung etc, denken Sie wären da fehl am Platze. Das ist quatsch. Traut euch und macht mit. Jeder ist willkommen.
Denn jede Stimme ist wichtig. Es ist zb noch nie vorgekommen das Komiteemitglieder herausgeworfen wurden weil Sie bestimmte Vorgaben nicht erfüllt hätten oder weil es andere strenge Regeln gäbe. Im Grunde ist die Art und der Umfang der Mitarbeit eine völlig freiwillige angelegenheit.
Wir haben Mitglieder die lesen zwischen 30 - 40 SF Roman pro Jahr nur für den DSFP und andere die lesen weniger als 5. Manche haben nur 3 gelesen sind aber von einem der 3 so überzeugt das sie diesen nominieren, andere sagen schon mal sie hätten zu wenig gelesen und würden bei der Nominierungsrunde daher aussetzen, wären dann aber bei der Abstimmungsrunde wieder dabei. Denn zwischen Nominierung und Abstimmung liegen zwischen 6-8 Wochen damit sichergestellt ist das jedes Mitglied jedes Werk gelesen hat denn nur dann ist man zur Abstimmung zugelassen. In der letzten Zeit hat sich die Zahl der nominierten Werke immer mehr erhöht. Das liegt zum einen daran das unsere Statuten nach denen jede doppelte Nominierung automatisch auf die Shortlist führt noch aus einer Zeit stammt als deutlich weniger Romane pro Jahr auf den Markt kamen und zum anderen auch an der gestiegenen Qualität insgesamt. Vermutlich wird hier eine Anpassung notwendig sein, zum einen um die Qualität der Shortlist zu verdichten und zum anderen um die Lesebelastung der Abstimmenden nicht über die Gebühr zu strapazieren.
Im Grunde ist es also so, das nach Ablauf der Nominierungsfrist zusammengezählt wird welche Werke mehrfachnominierungen bekommen haben worauf diese automatisch nominiert sind. In einer offenen Diskussion werden aber nicht selten auch noch Werke nominiert die in der ersten Runde nur einen Fürsprecher hatten, etwa weil das Werk nur von diesem einen gelesen wurde und zu wenig Aufmerksamkeit bekam oder ein Komiteemitglied derart vom Roman überzeugt ist das er andere Fürsprecher mobilisieren/überzeugen kann. Das ist vor allem in der letzten Zeit aufgrund des stetig wachsenden Marktes an Neuerscheinungen viel häufiger der Fall als früher, weil schlicht das angedachte ideal das möglichst alle Neuerscheinungen von mindestens 2 Mitgliedern vor der Nominierungsphase gelesen worden sein sollten nicht mehr zu schaffen ist. Im letzen Jahr konnten wir also wie gesagt bis zu 5 Werke nominieren was nicht ausschliesst auch nur 3 oder noch weniger Nominierungen abzugeben. Ich persönlich habe alle 5 ausgeschöpft und musste dennoch schmerzliche entscheidungen treffen, denn meine Liste hätte durchaus 7, 8 Nominierungen zugelassen. Stehen die Nominierungen gibt es einen festen Abstimmungsterming. Bis dahin muss jedes Mitglied das abstimmen will, alle nominierten Werke gelesen haben und dies ist im Grunde auch die einzige Situation in der es eine feste Vorgabe/Bringschuld an die Komiteemitglieder gibt. Das Prozedere ist schnell erklärt. Das beste Werk ist mit 15 Pkt zu bewerten und das schlechteste mit 0 Pkt. Alles andere ist Sache der Gewichtung des Abstimmenden. Verschiedene Werke dürfen die gleiche Punktzahl erhalten. Es ist auch üblich neben den Diskussionen im internen Forum des DSFP zu den Abstimmungen oder Nominierungen noch Statements/Begründungen abzugeben die dann auch in die jeweiligen Laudatios des Jahres zu den Werken einfliessen können.
Mir ist es in diesem Jahr wie erwähnt ziemlich schwer gefallen mich auf 5 Nominierungen ( zumindest bei den Romanen) zu beschränken und da gab es dann auch einfach Abwägungen derart sich zu fragen welches Werk bringt vielleicht etwas mehr abwechslung rein als ein anderes das Du gleich gern nominiert hättest?
Ich habe diesmal wie folgt abgestimmt.
Letztlich nominiert hatte ich
Kurzgeschichten:
Nele Sickel - Muse 5.0 aus "Phantastische Sportler"
Tetiana Trofusha - Coming Home aus "Inspiration"
C.M. Dyrnberg - Intervention aus "Nova 25"
Thomas Siebert - Enola in Ewigkeit aus "Nova 25"
Jutta Siebert - Die Schwimmerin aus "Science X Future"
Romane:
Tom Hillenbrand - Hologrammatica
Andreas Eschbach - NSA
Andreas Brandhorst - Die Tiefe der Zeit
Dirk van den Boom - Canopus: Der Kalte Krieg 1
Ben Calvin Hary - Koshkin und die Kommunisten aus dem Kosmos
weitere mögliche Kandidaten für mich waren auch noch
Willi Hetze - Die Schwärmer
Nadine Boos - Tanz um den Vulkan
Julia von Lucadou - Die Hochhausspringerin
Frank Schätzing - Die Tyrannei des Schmetterlings
Wekwerth/Thariot - Pheromon 1u.2
woraus ich dann letztling Koshkin den letzten Platz auf meiner Nominierungsliste gegeben habe. Aber es war eine schwere Entscheidung.
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Und abgestimmt habe ich wie folgt. Mit kurzen Statements.
Die Tiefe der Zeit ist für mich im nicht gerade kleinen Fundus der Brandhorstchen Space Operas sicherlich eine der besten. Dies liegt für mich vor allem an den diesmal sehr gelungenen Charakteren, allen voran Jarl, eine Figur mit der man sich identifizieren und zu der man sehr leicht eine starke emotionale Bindung als Leser aufbauen kann. Dann ein Punkt, der für das Verfassen gerade von Space Operas in meinen Augen essentiell ist. Brandhorst war in meinen Augen schon immer jemand, der in seinen Space Operas vor allem jene Art von Sense of Wonder zu generieren vermochte, die Legionen von 12-14 jährigen mit leuchtenden Augen zu Fans des Genres gemacht haben. Im vorliegenden Roman bringt er diese Stärke vollumfänglich ein und übertrifft sich stellenweise noch selber. Er erzeugt damit eine Atmosphäre, die seinem Roman den Duktus eines der berühmtesten Clarke Zitate einhaucht. Das schwingt immer mit und macht einen Gutteil der Faszination dieses Romanes aus, so dass dann das für mich eher etwas schwächere Ende gar nicht mehr so entscheidend ist oder groß ins Gewicht bei der Gesamtbetrachtung fällt. Insgesamt für meinen Geschmack einer der besten Romane des Jahrgangs.
3./4. Andreas Eschbach - NSA 11 Punkte
Wie bekannt ist Eschbach ja ein richtig guter Geschichtenerzähler. Bei ihm scheinen manchmal 100 Seiten schneller vorbei zu gehn, als bei anderen 50. Das zentrale Element ist natürlich das Aufzeigen der Gefahren übermäßigen Vertrauens in Computer und den Staat, und das sammeln von Daten aller Art. Das Problem ist halt immer, was mache ich mit diesen vielen nützlichen Informationen? Was heute noch unverfänglich ist, könnte mir morgen bereits das Genick brechen, denn die digitale Datenerfassung vergißt nichts. Eschbach zeichnet eine Welt, in der das Deutsche Reich führend in Computer und Internet Technologie ist. Es gibt Smartphones, die geortet und verfolgt werden können. Die ersten Computer gab es bereits im Kaisserreich und während zu Zeiten der Weimarer Republik die Menschen unbedacht Ihre Daten und privaten Infos ins Netz stellten, werden diese Daten im Reich Adolf Hitlers zum Alptraum jeden Bürgers. Ein Roman der ziemlich aktuelles mit dem größten Trauma Deutschlands verbindet und vermutlich gerade deswegen so eindringlich daherkommt. Als das Deutsche Reich auch die Abschaffung des Bargeldes umsetzt (Nachtigall ick hör dir tappsen), gibt es quasi keinerlei Geheimnisse des Bürgers vor dem Staat mehr. Mit ausgeklügelten Programmen kann man nun bspw. jeden versteckten Juden aufgrund des Nahrungsmittelverbrauches aufspüren, denn jeder Einkauf wird registriert. Lediglich Selbstversorger, wie Bauern, sind dadurch nicht erfaßbar, doch man ist erfinderich und es gibt nichts das nicht aufzuspüren wäre. Auch in der Spionage ergeben sich durch den technologischen Vorsprung des Reiches in Sachen Computer und Internet ungeahnte Möglichkeiten und als man eines Tages eher durch Zufall auf Arbeiten eines gewissen Physikers Dr. Oppenheimer aufmerksam wird, nimmt das Unheil seinen Lauf. Ich will mal nicht alles Verraten, nur soviel. Es wird kein Happy End geben. Auch aufgrund dieses wie ich finde mutigen und gelungenen Endes des Romanes ist NSA von Andreas Eschbach ein guter, weil sehr eindringlicher Roman. Er ist ein Pageturner, er ist intelligent, er macht es sich nicht leicht und vermeidet weitestgehend allzu große Klischees, was beim Thema Deutsche Vergangenheit hoch anzurechnen ist.
5./6. Julie von Lucadou - Die Hochhausspringerin 9 Punkte
Dieser Roman war stilistisch ein Hochgenuß. Wäre der Stil mein einziges Kriterium, so wäre "Die Hochhausspringerin" eine der besten Romane des Jahrgangs, keine Frage. So ganz zufrieden war ich mit dem Roman dann aber in Gänze doch nicht. Das Worldbuilding ist in Ordnung, beschrieben wird eine Hightechwelt der Zukunft (jedenfalls für diejenigen, die dem System was zu bieten haben und Funktionieren), in der wichtiges Humankapital der totalen Überwachung unterliegt. Das hat die Autorin gut drauf und schildert plausibel und eindringlich, wie man sich das vorzustellen hat. Leider schwächelt der Roman für mich etwas beim Spannungsaufbau im Mittelteil, wo das ganze dahindümpelt. Und während die Motivation und die Ängste von Hitomi hervorragend rüberkommen, besonders eindringlich hier der letzte Teil des Werkes mit Hitomis Abstieg, der mich als Leser sehr berührt hat, fremdelte ich doch etwas bei der Plausibilität der namensgebenden Figur, der Hochhausspringerin Riva. Warum genau gibt sie scheinbar ohne Not alles auf? Das kommt nicht richtig rüber. Hier wäre für mich noch Gesprächsbedarf gewesen. Alles in allem aber ist "die Hochhausspringerin" ein guter SF-Roman, was sich in meiner Bewertung mit 9 Punkten niederschlägt.
5./6. Ben Calvin Hary - Koshkin und die Kommunisten aus dem Kosmos 9 Punkte
Ben Calvin Hary, der mir bisher nur als Mitarbeiter des Perry Rhodan Journals und als Macher von einigen YouTube Videos zum Thema Perry Rhodan oder Star Trek bekannt war, legt mit "Koshkin und die Kommunisten aus dem Kosmos" einen wirklich witzigen und originellen SF-Roman vor. Abseits des Zeitgeistes der Dystopien, entführt uns Hary in die Zeit des Kalten Krieges und mischt Golden Age SF mit einer gehörigen Prise Humor zu einer jederzeit interessanten und unterhaltsamen Story. Für mich persönlich wahrscheinlich der "Überraschungshit" des Jahres.
7. Willi Hetze - Die Schwärmer 8 Punkte
Der erste Teil des Romanes wirkte auf mich ziemlich anachronistisch, ein Dorfleben wie in den 50ern des letzten Jahrhunderts, mit der Post als zentraler Komunikationsstelle, dem Dorfschmied, Fleischer etc., so wie man das halt aus vormaligen Zeiten kennt. Auch die Sprache mit "der Vater", "die Mutter" anstelle seine Mutter, sein Vater etc., bestärkte bei mir diesen Eindruck. Es wird gejagt und eingekocht. Der Übergang zum 2., dem sehr surrealistischen Teil des Romans, ist etwas merkwürdig. Da soll keinerlei Vernetzung sein zwischen Dorf und Stadt? Es gibt doch nachweislich zumindest Telefon. Es gibt keine Freundschaften, Verwandtschaften von Moorstedt nach Sybaria? Kein Komunikationsaustausch von irgendjemand, der auch nur den Hauch eines Hinweises gibt, so das der gute Theo total ahnungslos ist, was ihn erwartet? Ok. Darauf muss man sich schon einlassen können. Wenn man das tut, entfaltet der Roman durchaus seine sprachlichen und erzählerischen Reize. Es ist mir auf der logischen Ebene durchaus klar, das hiermit die moderne Komunikationsgesellschaft der vormaligen gegenüber gestellt wird und zwar in sehr extremer Weise. Ein besonderes Lob an dieser Stelle an den Autor für seine Neutralität. Er schlägt sich hier auf keine Seite, postuliert weder von den unendlichen Vorzügen der guten alten Zeit, noch schlägt er sich eindeutig auf die Seite des technischen Fortschritts. Er zeigt Vor- und Nachteile auf und läßt den Leser entscheiden. Der eigentliche Plot ist nicht schwer zu durchschauen und auch die Pointe mit dem Krieg gegen sich selbst war meiner Meinung nach nicht schwer vorherzusehen. Insgesamt etwas unbefriedigend fand ich das diese Welt nur als Gedankenexperiment funktioniert. Ich hätte gern mehr verstehen wollen, wer Sonden zu fernen Planeten schickt und wie es sein kann, das im Dorf Morstedt noch ein Schmied existiert, während in der Hauptstadt die jederzeit per Bahn erreichbar ist, selbstfahrende Autos der Normalfall sind. Na ja. Vielleicht bin ich da etwas zu kritisch oder einfach kein so großer Freund vom Surrealen. Ich mags lieber realistisch. Dennoch im Fazit ein sehr schöner SF-Roman.
8. Robert Corvus - Das Imago-Projekt 5 Punkte
Das Imago Projekt läßt sich, obwohl im gleichen Setting wie "Feuer der Leere" aus dem letzten Jahr spielend auch hervorragend ohne Kenntnis desselbigen lesen. Man kann ihn also durchaus als eigenständigen Roman betrachten. Die Stärke des Romans liegt eindeutig im Plot und dem Worldbuilding. Der Plot ist wirklich sehr gut und originell zu nennen. Auch ist Robert Corvus eine sehr neutrale Wiedergabe eines ethischen Dilemmas gelungen und er läßt die Dinge einfach geschehen ohne direkte Einordnung oder Stellungnahme des Autors durch seine Figuren. Ob er dies bewußt so angelegt hat oder es eher eine Folge seines aus meiner Sicht distanziert wirkenden Schreibstils ist, kann und mag ich nicht abschließend beurteilen. Was hier positive Effekte hat, wirkt sich jedenfalls für mich insgesamt gesehen, auf die Lektüre des Romanes vor allem in Bezug auf die Figuren und die Nähe des Lesers zum Stoff eher negativ aus. Wie schon bei "Feuer der Leere", habe ich auch beim "Imago-Projekt", des öfteren den Faden verloren, musste nochmal zurückgehen im Gefühl hier und da eventuell etwas verpaßt zu haben, nur um festzustellen, das es Corvus Stil ist, der in mir diese gewisse Distanz zum Geschehen hervorruft. So fehlt mir auch bei diesem Werk, wie schon beim Vorgängerband die emotionale Tiefe und Bindung an den Stoff. Es hat mich nicht wirklich gepackt und mitgerissen trotz des doch eigentlich recht Phantastischen Backrounds seines Szenarios. Das blieb tatsächlich auf wenige Schlüsselmomente beschränkt, wie bpsw. ein Mordanschlag während eines Geschlechtsaktes der sehr gut geschrieben war oder insgesamt die Ebene um Iljow, die ich als sehr gelungen empfand. Unterm Strich jedoch für mich zu wenig für einen herausragenden Roman.
9. Annika Scheffel - Hier ist es schön 4 Punkte
In Scheffels Werk steht eindeutig nicht das Erzählen einer unterhaltsamen Geschichte, sondern originelles Plotbuilding im Vordergrund. Sie ist für mich der typische Fall eines Autors der wirkt als schriebe er eher für die Literaturkritik um den einschlägigen Literaturzirkeln und Ihren Preisen etwas Originelles zu liefern (oder was die darunter verstehen), als einem Publikum Zerstreuung und Unterhaltung bieten zu wollen. Der erste Teil des Romans besteht ausschließlich aus Briefen verschiedener Personen, aus deren Essenz sich der Leser mühsam einen groben Überblick über die Welt und die Handlung des Romans erschliessen muss. Dieser bleibt naturgemäß äußerst fragmentarisch. Später wechselt sie zu einer direkteren Erzählweise, ohne jedoch signifikant besser in der Lage gewesen zu sein, mich etwas näher an die Handlung Ihres Werkes zu bringen, zu binden, in das Geschehen einzubinden. Als Leser fühlte ich mich wie ein Archäologe, der mühsam versucht aus den Schnippseln die Fakten herauszudeuten. Es ist einer jener Romane, der insgesamt in zu vielem unscharf, fragmentarisch und unklar bleibt und dem Leser eine enorm große Interpretationsbreite ermöglicht. Es mag so einige Leser geben, die genau diese Art von Literatur mögen und es als herausfordernd bezeichnen. Ich gestehe, ich mochte diesen Stil noch nie und werde wohl auch kein Freund mehr davon werden.
10. Sebastian Schäffer - Der letzte Kolonist 3 Punkte
Den Stil habe ich als äußerst fordernd empfunden, was ja per se nichts schlechtes sein muss. Allerdings wurde für mich das was zu Beginn noch ganz interessant anfing, zunehmend zum Ärgernis. Viele Handlungsebenen, von denen nahezu keine mich emotional zu erreichen im Stande war. Der Stil überfrachtet mit Informationen und Wortschöpfungen, die es mir äußerst schwer machten mir ein Bild vom großen Ganzen zu machen. Welche Motivation trieb genau die reichlich vorkommenden Protagonisten? Was war der rote Faden? Auch wenn es teilweise zum Ende zusammengeführt wird, ein Ende das mich im übrigen weder befriedigt noch wirklich für die Mühen durchzuhalten entschädigte, hat man über weite Strecken des Romans das Gefühl eher mehrere Einzelepisoden zu verfolgen, denn einen geschlossenen Roman. Dazu kamen für mein Lesegefühl auch noch zu große Anteile esoterisch angehauchter Handlungsversätze. Es gibt durchaus gute Ansätze. Bei manchen Absätzen schwirrt einem nur so der Kopf, wieviel Sense of Wonder und Information der Autor hineinzupacken vermag. Nach meiner Auffassung hat er es aber nicht mal ansatzweise geschafft, das ganze in eine interessante und unterhaltsame Gesamtkonstruktion zu verwandeln. Teilweise Stückwerk, teilweise hatte ich als Leser ständig das Gefühl wichtiges vorenthalten zu bekommen, daher wurde das Lesen zunehmend frustrierender. Endlose Kapitel voller Einzelereignisse ohne Vorstellung wo es hingehen soll und was der Punkt jetzt genau war? Was ist das große Ganze, das den Roman zusammenhält? Mich hat er wirklich nur stellenweise erreicht. Mehr kann ich dazu nicht groß sagen. Für mich war es eher nicht verdaulich. Hat mir nicht gefallen. Hat mich geärgert.
11. Christian Torkler - Der Platz an der Sonne 1 Punkt
Ein Roman der mich wenig zu begeistern wußte. Äußerst vorhersehbar, viel zu ausführlich darüberhinaus. Dabei war es jetzt aber keine anstrengende oder quälende Lektüre, wie ich es bpsw. beim Kolonisten empfunden habe. Der Torkler las sich ganz gut weg. Es liegt vielleicht eher sogar an einer leichten Unterforderung. Die Sprache ist einfach, die Handlung wenig überraschend und daher die Lektüre etwas ermüdend. Ich halte den Roman übrigens auch für keine so gute Spiegelung unserer Realität. Erstmal wirkt das Leben von Josua Brenner ein bißchen wie ein x-beliebiges Schicksal aus der Weimarer Republik oder einem Nachkriegsdeutschland, wie man es in X Filmen gesehn hat. Es ist ein hartes Leben, verglichen mit unserem hier und jetzt klar, aber er muss nie hungern, und er hat immer Arbeit, kann sich sogar in der Selbstständigkeit versuchen. Ich wette mein Großvater, der als 17-jähriger von der polnischen Armee eingezogen und dann nach 14 Tagen Krieg von der Wehrmacht ins Reich verschleppt wurde, der hatte ein weit schwereres Leben in den ersten Jahren. Und so finde ich das Schicksal von Brenner verglichen mit den Verhältnissen in Teilen des heutigen Afrikas, an und für sich noch für zu harmlos geschildert. Warum er jetzt wirklich keinen anderen Ausweg mehr sieht, als einem mehr als ungewissen Schicksal entgegen zu streben, war mir nicht wirklich einsichtig. Ein bißchen geärgert hat mich auch das Ende. Hier wird es etwas unplausibel. Ein Einbürgerungsantrag sollte eigentlich nicht von einem fremden Land entschieden werden können. Ich hätte auch wirklich gerne noch etwas mehr über die Welt erfahren, wenn ein Roman schon so umfangreich wie der vorliegende ist. Da hätte man dann erklären können, wie die Welt funktioniert und warum sie so anders geworden ist als unsere. Hier macht es sich der Autor für meinen Geschmack nämlich etwas zu einfach, indem er einfach dem Leser das so hinknallt. Afrika als gelobtes Land. Das geht im übrigen so aus dem Text auch gar nicht hervor. Josua hat es dort mindestens so schwer wie zuhause. Noch etwas was den Roman deutlich von unserer Welt unterscheidet.
12. Dirk van den Boom - Varianz - Die Reise der Scythe 2 0 Punkte
Hier tuts mir einerseits ein bißchen in der Seele weh, weil ich Dirk van den Boom als Autor sehr mag und auch weil ich den Roman selber eigentlich deutlich besser finde als die 0 Punkte hier widerspiegeln. Letztlich muss eben auch ein Werk die 0 bekommen und da für meine Philosophie ein prämiertes Werk eigenständig lesbar sein muss, das aber niemals von einem Mittelteil einer Trilogie oder Serie erwartbar ist, lag es nahe "Varianz" die rote Laterne zu geben. Es spiegelt wie gesagt sicherlich nicht unbedingt meine Einschätzung zur Qualität des Werks wider, aber schon meine Einschätzung zur Eignung für den DSFP Preis.