Mary Shelley´s Roman "The Last Man" ist erstmals als ungekürzte deutsche Übersetzung "Der letzte Mensch" am 12.2.2021 bei Reclam erschienen.
Darin begleitet Dietmar Dath den Text mit Essay: "Das Einzelherz verallgemeinern. Wie Mary Shelleys Der letzte Mensch der Epoche ihr Schicksal wahrsagt"
Der Deutschlandfunk stellt die Veröffentlichung genauer vor:
"Die Pandemie aus der Vergangenheit. In „Frankenstein“ erzählte Mary Shelley von der Erschaffung eines künstlichen Menschen, der sich als unglückliches Monster entpuppt. Einige Jahre später unternahm sie ein anderes Experiment der literarischen Phantasie. Sie malte sich aus, wie der Untergang der Menschheit aussehen könnte. [ .... ] Als Datum dieses Geschehens nennt der Roman das Jahr 2092. [ .... ] Manchen gilt der Roman als die erste Dystopie der Literaturgeschichte. [ .... ]
Zweifellos war die Verlegung der Handlung in eine ferne künftige Zeit primär ein Kunstgriff, um für die radikale Phantasie vom Ende der Menschheit die notwendige fiktionale Bewegungsfreiheit zu gewinnen. Es ist kaum möglich, nicht darüber zu spekulieren, in welch eigentümlicher Verfassung sich die Autorin befunden haben mag, als sie diesen epischen Zeugenbericht über die letzten Tage der Menschheit niederschrieb. [ .... ]
Die thematische Spannweite des Romans ist erstaunlich, die düstere Entschlossenheit, mit der hier die Vision vom Weltende ausgemalt wird, ist erschreckend, die emotionale Dramatik der Handlung, die sich immer wieder aufs Neue überbietet, wirkt zugleich aufwühlend und virtuos inszeniert. Die Darstellung der Pest und ihrer entsetzlichen Folgen lässt an Detailreichtum und Anschaulichkeit nichts zu wünschen übrig. Reihenweise werden die Menschen ihrer Liebsten beraubt. Panische Fluchtbewegungen erstrecken sich über ganz Europa. Auch Mary Shelley wusste schon, wie leicht Notstände den gesellschaftlichen Zusammenhalt zerreißen können.
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Dietmar Dath hat sich Mary Shelley häufiger angenommen, zuletzt in seinem monumentalen Essay "Niegeschichte: Science Fiction als Kunst- und Denkmaschine" (2019):
"Der Roman bietet darüber hinaus ein Verfalls- und Pestpanorama, das zahlreiche Nachahmungen in der SF-Geschichte gefunden hat [ ... ] Was man voraussah, war ein soziales Ende. Manchen (nicht nur Kunstschaffenden, sondern zum Beispiel Hegel) dämmerte, dieses Ende könnte auch ein Ende der Kunst sein."