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[Vorstellung] Vollautomatisch


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Eine Antwort in diesem Thema

#1 Eva

Eva

    Nanonaut

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Geschrieben 02 August 2004 - 12:26

Hallo, Heute stelle ich euch meinen neuen Roman vor, mit dem ich gerade erst angefangen habe. Ein Kapitel gibt es schon. Worum es geht? Lest selbst: ----- "Kommen Sie bitte nachher zu mir ins Büro.", forderte der Filialleiter Juliane im Vorbeigehen auf. Juliane spürte, wie sich ihr Puls beschleunigte und der Magen zusammenzog. Sie hatte Angst, schreckliche Angst. Ihrer Kollegin, der automatischen Kasse, warf sie einen zornigen Blick zu. Vor wenigen Monaten hatte diese schon drei Kassiererinnen von ihren Arbeitsplätzen vertrieben. Und das Schlimmste war: die automatische Kasse funktionierte hervorragend und die Kunden waren sehr zufrieden mit ihr. Man musste nur mit dem Einkaufswagen am RFID-Scanner vorbeifahren und sofort wurde die Summe des gesamten Einkaufs ausgerechnet, ganz ohne die Einkäufe auf ein Band legen zu müssen. Bezahlt wurde per Karte oder Bargeld, das man in passende Schlitze schieben konnte, wie es schon seit Jahrzehnten bei vielen Automaten üblich war. Bargeld wurde jedoch nur noch selten benutzt, denn Karten waren deutlich bequemer. Menschliche Kassiererinnen wurden nur noch gebraucht, um Kunden zu bedienen, die Angst vor der modernen Technik hatten, aber das wurden täglich weniger. Die meisten Kunden Julianes waren ältere Damen, die wenige Artikel kauften und stundenlang nach ihrem Kleingeld suchen mussten. Daher waren ihre Umsätze verschwindend gering im Gegensatz zu denen der automatischen Kasse. Julianes Kündigung war nur noch eine Frage der Zeit und anscheinend war der gefürchtete Zeitpunkt jetzt gekommen. Am liebsten hätte sie die automatische Kasse zerstört, aber das hätte ihr bestimmt auch nicht geholfen, außer einen kurzen Moment der Befriedigung zu spenden. Vor lauter Aufregung machte Juliane bei den nächsten Kunden ständig Fehler und ihr manueller RFID-Scanner schien sich gegen sie verschworen zu haben. Als ihre Finger anfingen zu zittern und sie die Tränen kaum noch zurückhalten konnte, machte sie sich klar, dass es auf ein paar Fehler jetzt auch nicht mehr ankam. Auch eine völlig fehlerfreie Abwicklung der Kassiervorgänge würde sie nicht retten können. Juliane zwang sich, nicht daran zu denken, was ihr als Arbeitslose blühen würde. Das half nicht besonders gut, aber immerhin gelang es ihr, nicht loszuheulen. Die Stunden bis zum Dienstschluss zogen sich hin wie ein Gummiband. <i>Wenn ich es nur endlich hinter mir hätte</i>, dachte Juliane. Endlich war es soweit: mit weichen Knien ging Juliane zum Büro des Filialleiters. Beim Gehen fiel ihr auf, dass sie noch stärker hinkte als sonst. Ihr linkes Bein schien den schweren Gang hinauszögern zu wollen. Im Büro setzte sie sich auf den Besucherstuhl, atmete noch einmal tief durch und sah den Filialleiter an. <i>So ähnlich muss sich ein Kaninchen fühlen, dem klar wird, dass es gleich geschlachtet wird.</i>, schoss ihr durch den Kopf. Die wortreichen Erklärungen des Vorgesetzten erreichten sie wie durch einen Nebel. Eine Information war jedoch klirrend deutlich: die nächste Woche würde ihre letzte Arbeitswoche sein. Hier gehts weiter: http://wt.parsimony.net/buch789/ Tschuess Eva

#2 rockmysoul67

rockmysoul67

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Geschrieben 21 August 2004 - 21:06

Hallo Eva.Ich habe das erste Kapitel deines Romans "Vollautomatisch" gelesen. Das Kapitel passt sehr zu diesem Forum, denn es ist Science Fiction pur. Als ich anfing zu lesen, dachte ich zuerst "Arbeitslosigkeit wegen Automatisierung, das ist doch ein alter Hut". Aber du zeigst hier plausibel, wie eine noch weitergehende Automatisierung für noch mehr Arbeitslosen sorgen könnte. Die Apparaten erscheinen mir sowohl überzeugend als auch sarkastisch (wegen ihrer Personifizierung). Ich musste schmunzeln bei der automatischen Kasse, den Clean- und Geriatic-Bots und den intelligenten Softwareprogrammen (wie Justizia 9.0). Auch sonst gefällt mir die bildliche Sprache - du sagt in wenigen Worten so viel (z.B. im Satz "wenn ich innerhalb eines Monats nicht finde, dann droht der Container"). Das Gespräch mit dem zynischen Computer ist herrlich. Mir gefällt, dass obwohl Juliane ziemlich alleine durch dieses erste Kapitel geht, es viel Interaktion gibt, halt Mensch - Maschine. Ja, dies ist ein gelungener Anfang. Ich würde dieses Kapitel auch als alleinstehende Kurzgeschichte akzeptieren, vielleicht mit einem etwas angepassten Ende. Nur finde ich das Alter von 28 nicht zu Juliane passen. Mit ihrer mühseligen Reaktion auf ihre Umwelt und fortgeschrittener Krankheit (Bein) kann ich sie mir eher als 38-Jährige vorstellen.


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