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Ankündigung: Future Fiction Magazine (deutsche Ausgabe)


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117 Antworten in diesem Thema

#91 Carsten

Carsten

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Geschrieben 16 März 2022 - 10:28

So wie bei Rob Hart, "The Store", der die Eintönigkeit des Alltags zeigte, indem er die immergleichen Tage seitenlang schilderte. Ziemlich ärgerlich, wenn man das Hörbuch hat. Da wäre ein "Die folgenden zwei Wochen verliefen ereignislos und immer gleich" netter gewesen. 

Es muss ja nicht heißen, dass alles was nicht "szenisch" ist, automatisch nur "Ideenliteratur" ist.  Ich glaube, ich störe mich tatsächlich am meisten den pauschalen Aussagen, die durch die ganze Schreibratgeberliteratur verbreitet wird, weil viel von dem Kram verspricht, dir den einen tollen Weg zu zeigen, wie du heißen Scheiß schreibst. "Show, don't tell" ist *eine* Art etwas zu (be-)schreiben. Es ist ein Werkzeug unter vielen. Die Kunst ist zu wissen, wann man welches Werkzeug anwendet. 

UKL beschreibt das übrigens auch schön in "Steering the Craft". Leider ist dieses wundervolle Buch nicht so bekannt wie diese ganzen "Plotten ist überhaupt das allerwichtigste"-Ratgeber. :-) Hiermit also empfohlen. 


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#92 Bernard

Bernard

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Geschrieben 16 März 2022 - 10:31

"Show, don't tell" ist *eine* Art etwas zu (be-)schreiben. Es ist ein Werkzeug unter vielen. Die Kunst ist zu wissen, wann man welches Werkzeug anwendet. 

Selten wurde in diesem Forum etwas so Wahres geschrieben.


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#93 Rezensionsnerdista

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    Yvonne

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Geschrieben 16 März 2022 - 10:44

Hm, den Zusammenhang wollte ich gar nicht herstellen. Für mich besteht kein Zusammenhang zwischen szenischem Erzählen und reiner Ideenliteratur.

 

Meinem persönlichen Lesegeschmack nach ist es mir fast immer zu wenig, wenn eine SF-Story nur die Idee als Protagonist hat und die Figuren nur Platzhalter sind. Das geht vielleicht mal bei "Nightfall", weil die Idee richtig gut war. Bei zeitgenössischer Prosa klappt das für mich fast nie, ich brauche immer irgendwie mindestens eine Figur, der ich Lust habe zu folgen.

 

Mir persönlich ist das szenische Erzählen fast immer lieber als das narrative - auch bei UKL übrigens! Den Erdsee-Magier musste ich leider abbrechen beim Vorlesen, weil unsere Tochter sich gelangweilt hat. Gut, mit sechs darf man vielleicht noch etwas strenger sein als mit vierundvierzig, aber auch ich langweile mich dann eben sehr rasch.

 

Aber na gut, ich werde dann eben weiter hoffen, dass ich genügend Prosa finde, die mir persönlich zusagt, auch wenn ich möglicherweise durch Sol Stein "versaut" worden bin ;-)


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#94 Carsten

Carsten

    Infonaut

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Geschrieben 16 März 2022 - 11:05

Hm, den Zusammenhang wollte ich gar nicht herstellen. Für mich besteht kein Zusammenhang zwischen szenischem Erzählen und reiner Ideenliteratur.

 

Meinem persönlichen Lesegeschmack nach ist es mir fast immer zu wenig, wenn eine SF-Story nur die Idee als Protagonist hat und die Figuren nur Platzhalter sind. Das geht vielleicht mal bei "Nightfall", weil die Idee richtig gut war. Bei zeitgenössischer Prosa klappt das für mich fast nie, ich brauche immer irgendwie mindestens eine Figur, der ich Lust habe zu folgen.

 

Mir persönlich ist das szenische Erzählen fast immer lieber als das narrative - auch bei UKL übrigens! Den Erdsee-Magier musste ich leider abbrechen beim Vorlesen, weil unsere Tochter sich gelangweilt hat. Gut, mit sechs darf man vielleicht noch etwas strenger sein als mit vierundvierzig, aber auch ich langweile mich dann eben sehr rasch.

 

Aber na gut, ich werde dann eben weiter hoffen, dass ich genügend Prosa finde, die mir persönlich zusagt, auch wenn ich möglicherweise durch Sol Stein "versaut" worden bin ;-)

Um persönlichen Geschmack zu diskutieren ist müßig. Dem einen gefällt eben das, der anderen jenes und mancher (wie ich) kann sich nicht entscheiden. :-)

Mir geht es, wie gesagt, darum, bestimmte Schreibtechniken nicht als "Dogmen" hinzustellen. Da mag ich den Ansatz von TAOS TOOLBOX, der da lautet: "Tools, not rules!" Aber ich glaube, wir driften hier arg vom Thema ab. Gerne an anderer Stelle mehr. :-)


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#95 Uwe Post

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Geschrieben 16 März 2022 - 14:28

Interessante Diskussion, auf die ich sehnsüchtig gewartet habe  :happy:

 

Tatsächlich war die ungewöhnliche Form der Hauptgrund dafür, dass wir Martas Geschichte gebracht haben. Die sprunghafte Mischung der Vergangenheit der Figur (oder Erzählerin?) und der Europa-Expedition, und das in einer geradezu lapidaren Sprache, fanden wir sehr spannend (Übrigens findet diese Zusammenführung zweier komplett unterschiedlicher Ebenen schon im Titel statt: Es geht um Algen und um eine Biografie... aber eigentlich nicht um die Biografie irgendwelche Algen).

Ganz ähnlich formal spannend übrigens wie der Kniff in Roberts Geschichte, die durch die 2. Person-Perspektive den Leser in die Rolle des, nun ja, nicht in jeder Hinsicht netten Protagonisten zwingt. Das ist ungewöhnlich und regt (ganz offensichtlich) die grauen Zellen an. Man darf sich auch mal an einem Text reiben. Genau so soll es sein.


Bearbeitet von Uwe Post, 16 März 2022 - 14:41.

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#96 Uwe Post

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Geschrieben 16 März 2022 - 14:33

 

 

(Übrigens total schöner Gedanke: Leben = „aktive Materie“ - war das die Idee von DeepL?)?

 

An zwei Stellen ist die Rede von inaktiver Materie, in der englischen Fassung "inert matter", im spanischen Original "materia inerte". Ich weiß nicht genau, was DeepL vorgeschlagen hatte, aber aus "inert" "inaktiv" zu machen, das war ich, und darüber kann man mit Sicherheit unterschiedlicher Meinung sein. "Inert" war mir vermutlich zu "wissenschaftlich", und "inaktiv" die für mich beste Annäherung.


Bearbeitet von Uwe Post, 16 März 2022 - 14:38.

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#97 T.H.

T.H.

    Giganaut

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Geschrieben 16 März 2022 - 15:14

...Die sprunghafte Mischung der Vergangenheit der Figur (oder Erzählerin?) und der Europa-Expedition, und das in einer geradezu lapidaren Sprache, fanden wir sehr spannend...

 

...und das ist auch gut so! In dem konkreten Falle fand ich die Story auch spannend, sie hat mich auf jeden Fall bis zum Schluss gefangen genommen.

Generell kann diese Form aber auch in Beliebigkeit ausufern, finde ich. Man kann ja alles irgendwie in Verbindung bringen, gegenüber setzen, gegeneinanderstellen, Assoziationen... etc., bis man den gemeinsamen Nenner findet. Hier ist es die Farbe Cyan :-) - schöner Gedanke.


Bearbeitet von T.H., 16 März 2022 - 15:19.

Phantastische Grüße,
Thomas

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#98 T.H.

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Geschrieben 17 März 2022 - 07:52

zu F. Verso „Sense Of Wander“ - aktiv den Blick außerhalb der englisch-sprachigen SF zu richten.

Wie schon Kollege @lapismont meinte: Die Diskussion ist alt. (Auch wenn das nicht hilfreich ist, aber die literarische Mangelwirtschaft im Osten Deutschlands hat dazu geführt, dass dort - zumindest verhältnismäßig - viel in die nichtenglischsprachigen Gefilde geschaut wurde; was aber für die interessierten Leser*innen mitunter auch nichts nützte, da sie nicht an die Bücklingsware rankamen; aber okay, das führt uns nur weg†¦)

Interessant fand ich den Gedanken, dass wir 2 Wellen der Eroberung des SF-Marktes durch englischsprachige Produkte erlebten, 1. aus USA und GB und 2. aus Kanada und Australien. Habe ich das richtig verstanden? Ich glaube, so richtig viel kommt doch von dort bei uns gar nicht an, oder?


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#99 Uwe Post

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Geschrieben 17 März 2022 - 08:44

 

 

Hier ist es die Farbe Cyan

Und, allgemeiner noch, das Eintauchen in einen irdischen und einen extraterrestrischen Ozean.

In der Tat hätte uns eine völlig beliebige Verknüpfung zweier nicht verwandter Themen nicht so interessiert.

 

 

 

 Die Diskussion ist alt. 

Natürlich. Aber eine Konsequenz daraus gezogen haben weder die beiden wichtigsten deutschen SF-Magazine, Nova und Exodus, noch die zig Anthologien-Herausgeber hierzulande - alle konzentrieren sich hauptsächlich auf deutsche AutorInnen, die, sieht man sich die veröffentlichten Texte an, stark von der klassischen angloamerikanischen SF beeinflusst sind. Insofern ist das Thema in der Tat nicht neu - neu ist nur, dass es jetzt ein Magazin gibt, das versucht, sich dieser Sache konkret anzunehmen.


Bearbeitet von Uwe Post, 17 März 2022 - 08:45.

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#100 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 17 März 2022 - 10:30

Ich wünschte allerdings, es würden sich mehr deutschsprachige Autor:innen wenigstens die aktuelle anglo-amerikanische SF-Kurzprosa anschauen und sich davon inspirieren lassen. Da habe ich in letzter Zeit großartige Kurzgeschichten gefunden mit schönen neuen Ideen.

 

Nichtsdestotrotz gab es in 2021 locker dreißig bis vierzig extrem gute deutschsprachige Kurzgeschichten (auch von einigen in der Diskussion Anwesenden), nur musste man sich dafür durch 300+ Storys sehr unterschiedlicher Qualität wühlen.

 

Ich begrüße es jedenfalls sehr, wenn mehr übersetzt wird, und schneller, und gern auch nicht immer nur anglo-amerikanisches, daher werde ich auch das nächste Future Magazine sofort kaufen und lesen.


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#101 diffusSchall

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Geschrieben 21 März 2022 - 11:25

Ich begrüße es jedenfalls sehr, wenn mehr übersetzt wird, und schneller, und gern auch nicht immer nur anglo-amerikanisches, daher werde ich auch das nächste Future Magazine sofort kaufen und lesen.

Dem schließe ich mich an.

Ich finde die Nr. 1 des FFM genau wegen dieses Ansatzes empfehlens- und lesenswert. Für mich persönlich war das ein zum Teil ungewöhnlicher Blick über den Tellerrand. Nicht alles war meins, aber tatsächlich hat mich auch nichts völlig kalt gelassen.


---

 

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#102 Uwe Post

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Geschrieben 21 März 2022 - 12:52

 

 

Ich wünschte allerdings, es würden sich mehr deutschsprachige Autor:innen wenigstens die aktuelle anglo-amerikanische SF-Kurzprosa anschauen und sich davon inspirieren lassen.

Stimme zu, man muss aber recht gut Englisch können, um das vergnüglich zu finden.

Das US-Magazin "Clarkesworld" veröffentlicht übrigens auch Geschichten aus allen möglichen Ländern, nicht nur den "westlichen". Kostenlos im Web lesbar und, wenn man die amerikanische Vorlesestimme mag, zum Anhören bei Spotify usw.


Bearbeitet von Uwe Post, 21 März 2022 - 12:55.

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#103 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 21 März 2022 - 13:06

Von Clarkesworld bin ich auch explizit ein Fan. Uff, zwei der letzten liegen noch auf meinem SuB herum ...

 

Und ja, stimmt, ich verspreche, zukünftig daran zu denken, dass nicht jede:r so gut Englisch kann, dass Prosa auf Englisch Spaß macht. Da bin ich letztens bei twitter schon böse auf die Nase gefallen.

 

Tom Disch auf Englisch ist jedenfalls auch für mich nicht so spaßig (wobei ich unsicher bin, ob das an der Sprache oder an Disch liegt) und Delany versuche ich jetzt auch mal in der Übersetzung, weil es auf Englisch nicht wirklich klappt.


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#104 T.H.

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Geschrieben 29 April 2022 - 10:37

...ich lese mal weiter...

„Moksha-Quest“ von Lvanya Lakshminarayan

Als "überzeugter Nichtspieler" hatte ich tatsächlich beim ersten Leseversuch so meine Probleme, ich brauchte einen zweiten Anlauf - und siehe da: Tolle Story! Hat mir sehr gefallen - durchaus auch die Idee, Spielebene und Realität miteinander zu verknüpfen. Dabei bietet die Realität eines nahzukünftigen Indiens schon so viel phantastisches Potential. 

Und am Ende kein 08/15-happy end.


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#105 T.H.

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Geschrieben 29 April 2022 - 12:15

...und gleich die nächste, von Bernd Robker „Transfiguration“?

Die Fragestellung, die Du, lieber Bernd, hier stellst, passt ja wie die Faust auf's Auge - nach KI und künstlerischer Kreativität - wo man schon staunen kann, wie viel eine "KI" (ist sicher noch keine, aber immerhin...) bei dem Heft beitrug.

Die Problematik finde ich jetzt nicht sooo superoriginell und über Deine Antwort ließe sich trefflich diskutieren. Womit ich aber hadere, sind deine Figuren. Der Künstler als - ich übertreibe - egomaner Sexist, die Kunstkennerin und -Kritikerin in einer eher unprofessionellen Beziehung zum Gegenstand ihrer Profession. Sie kommen ja beide nicht so gut weg - was die Story dann auch schon wieder interessant macht.

 

[Nachtrag vom 5. Mai: Zusammenfassung meiner Bemerkungen zum 1. Heft auf meinem Blögchen hier im Forum]


Bearbeitet von T.H., 05 Mai 2022 - 18:02.

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#106 Uwe Post

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Geschrieben 03 Mai 2022 - 08:02

Übrigens sind wir bereits fleißig dabei, die zweite Ausgabe zusammenzustellen, die für diesen Sommer geplant ist, als Leselektüre pünktlich vor dem Urlaub in den meisten Bundesländern.

Die ersten Beiträge liegen bereits vor, eine offizielle Verkündigung des Inhalts folgt in Bälde.


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#107 Bernard

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Geschrieben 12 Mai 2022 - 16:02

...und gleich die nächste, von Bernd Robker „Transfiguration“?

Die Fragestellung, die Du, lieber Bernd, hier stellst, passt ja wie die Faust auf's Auge - nach KI und künstlerischer Kreativität - wo man schon staunen kann, wie viel eine "KI" (ist sicher noch keine, aber immerhin...) bei dem Heft beitrug.

Die Problematik finde ich jetzt nicht sooo superoriginell und über Deine Antwort ließe sich trefflich diskutieren. Womit ich aber hadere, sind deine Figuren. Der Künstler als - ich übertreibe - egomaner Sexist, die Kunstkennerin und -Kritikerin in einer eher unprofessionellen Beziehung zum Gegenstand ihrer Profession. Sie kommen ja beide nicht so gut weg - was die Story dann auch schon wieder interessant macht.

 

[Nachtrag vom 5. Mai: Zusammenfassung meiner Bemerkungen zum 1. Heft auf meinem Blögchen hier im Forum]

 

Ich sehe in Deinem verlinkten Blogbeitrag, dass Du eine Antwort von mir erwartest. Das ist ungewöhnlich, in der Regel diskutieren Rezipientinnen und Rezipienten unter sich und der Autor "hat seinen Teil getan", wenn er die Geschichte abgeliefert hat, um fortan dazu zu schweigen.

Aber da es gewünscht ist (wen es nicht interessiert, der möge diesen Beitrag überspringen):

 

Wir haben hier in der Kölner Gegend einen Meisterfälscher, Wolfgang Beltracchi. Er hat Bilder im Stil sehr vieler verstorbener Maler gemalt, aber die Bilder selbst waren keine Fälschungen, weil er neue Motive gewählt hat. Er wurde rechtskräftig verurteilt, weil er zudem die Signaturen gefälscht hat. Diese Namenszüge waren die einzigen juristisch relevanten Fälschungen. Über seine Frau hat er die Bilder in Umlauf gebracht, meist als "Zufallsfunde vom Dachboden", und sie Kunstkritikern vorgelegt, die sie bewertet haben. Diese Kunstkritiker haben auch die Zuordnung vorgenommen, welcher verstorbene Meister das Bild erstellt habe. Sie wurden dann zu entsprechenden Preisen verkauft, einige hängen angeblich noch immer unerkannt in hochkarätigen Sammlungen, beispielsweise Museen. Wolfgang Beltracchi hat seine Haftstrafe verbüßt und malt inzwischen unter seinem eigenen Namen. Sein Fall war eine wesentliche Inspiration für die männliche Hauptfigur.

Ähnlich wie bei Beltracchi stellt sich auch bei dieser die Frage, was am Tun dieses Manns verwerflich sei. Er hat eine Maschine gebaut, die Kunstwerke erschafft, die wiederum anderen eine Menge Geld wert sind. Sie kaufen sie zu diesem Preis. Die Maschine braucht das Geld nicht, ihr Erbauer behält es. Wer wird geschädigt? Man könnte sagen, dass er eine Illusion verkauft - aber nur dann, wenn der Entstehungskontext als besonders relevant angesehen wird. Das Ergebnis, das eigentliche Kunstwerk, ist, was es ist - unabhängig von seiner Entstehung. Hier könnte man in die Thematik von künstlich gezüchteten Lebewesen/ Menschen abbiegen, aber ich belasse es bei dem Hinweis und bleibe eng an der Geschichte.

Den egomanischen Sexisten vermag ich nicht zu erkennen. Die männliche Hauptfigur hat ab und zu Sex mit Frauen, in Form von einvernehmlichen Affären. Ich glaube, dieses Verhalten kommt bei vielen Hauptfiguren in SF-Geschichten vor und wird dann weder als egomanisch noch als sexistisch betrachtet; Letzteres wäre es nur dann, wenn er dem weiblichen Geschlecht mit einer besonderen Geringschätzung begegnen würde. Hier ist aber die Situation: Er will Sex - sie will Sex - die beiden haben Sex. Wenn es einer der beiden nicht mehr will, endet die jeweilige Affäre. Von daher kann Dir diese Figur selbstverständlich - wie jede andere Figur auch - unsympathisch sein, aber ich erkenne nicht, dass sie mit allgemein als verwerflich oder unangenehm angesehenen Charakterzügen angelegt worden wäre.

Bei der Kunstkritikerin dagegen mag Skepsis angebracht sein. Durch ihre herausgehobene Stellung, gründend auf der Relevanz und Rezeption ihrer Kritiken, kann man sie den Künstlern gegenüber als übergeordnet ansehen. Sie ist nicht abhängig von den Kunstwerken - sie kann besprechen, was sie will und (in Grenzen, die die Fachkompetenz ihrer Leserschaft zieht) auch wie sie will. Die Künstler dagegen sind abhängig von ihren Besprechungen, die ihre künstlerische und damit mittelbar ihre wirtschaftliche Existenz massiv beeinflussen.

Offenbar findet sie Künstler erotisch anziehend. So etwas gibt es. Manche finden körperliche Merkmale anziehend, andere intellektuelle (Sapiosexualität) und wieder andere kreative. Jeder hat seine Cup of Tea.

Inwiefern ihre Kritiken davon beeinflusst werden, ob ihre Avancen zum Erfolg führen oder nicht, wird in der Geschichte nicht ausgesagt. Da ist es also der Leserin bzw. dem Leser überlassen, ob man eine "professionelle Trennung" oder eine Vermischung der Sphären unterstellen möchte. Vielleicht bekommt sie auch ihrerseits entsprechende Angebote von Künstlern, die sie gewogen stimmen wollen. In jedem Fall ist die Kritikerin die Überlegene in diesen Verbindungen - sie hat die Karrieren der Künstler in der Hand, nicht umgekehrt.

Dennoch ist es plausibel, bei ihr eine herausragende Fachkunde zu unterstellen, gepaart mit einer gewissen Freude, Schwächen gnadenlos offenzulegen. Inspiration war in dieser Hinsicht die Modejournalistin/ Chefin aus "Der Teufel trägt Prada" - einem Film, der meines Wissens auf wahren Begebenheiten beruht.

Beide Hauptfiguren sind also an reale Vorbilder angelehnt, wenn auch locker.

Ob man sie sympathisch findet oder nicht, liegt meines Erachtens nicht am Text, sondern daran, wie die Leserin bzw. der Leser zu den porträtierten Charakterzügen steht. Wer zum Beispiel Sex außerhalb von ehelichen Verbindungen ablehnt, kann mit beiden nicht warm werden. Andere mögen die männliche Hauptfigur pfiffig und die weibliche als Powerfrau wahrnehmen, die es in ihrem Bereich an die Spitze geschafft hat und gewohnt ist, sich zu nehmen, was sie will.

Letztlich ist mir egal, wie die Leserinnen und Leser zu den Figuren stehen. Ich freue mich, wenn sie sich mit meinem Text auseinandersetzen - und noch mehr freue ich mich, wenn sie zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen und ihre Zuneigung unterschiedlich verteilen. Das nämlich bedeutet, dass die Figuren lebensecht gezeichnet sind und derjenige, den der eine bewundert, für den anderen verachtenswert ist - wie im echten Leben.
Schade finde ich nur, dass bei vielen der weiblichen Figur offenbar von vornherein das Label "Opfer" aufgeklebt wird - obwohl sie in dieser Konstellation eindeutig die Mächtigere ist. Das scheint mir aber in der gesellschaftlichen Wahrnehmung von Frauen zu wurzeln, denen man Machtpositionen offenbar nicht zutraut, im Unterschied zum Text, wo sie eine solche innehat. Überspitzt formuliert spräche das dafür, dass unsere Gesellschaft mehr von solchen Geschichten braucht, um den Blickwinkel auf menschliches Potenzial (positiv wie negativ) in sämtlichen Geschlechtern zu weiten.

 

Abschließend eine Formalie:

Der Autor der Geschichte heißt Robert Corvus, nicht Bernd Robker. So ist es im Heft genannt, so sollte es auch in Besprechungen referenziert werden. Das erleichtert allen die Zuordnung. Wenn mein bürgerlicher Name eine Rolle spielen sollte - was ich in diesem Fall nicht erkennen kann -, kann dieser Aspekt natürlich im Fließtext einer Besprechung genannt werden. Wenn ich zum Beispiel unter dem Namen Bernd Robker selbst Kunstwerke erschaffen und ausstellen würde etc., dann könnte das für die Rezeption interessant sein.


Bearbeitet von Bernard, 13 Mai 2022 - 04:53.

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#108 Uwe Post

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Geschrieben 13 Mai 2022 - 07:23

Vielen Dank für Deine ausführliche Stellungnahme! Das ist wirklich nicht selbstverständlich, ist aber grundsätzlich sehr hilfreich für die Auseinandersetzung mit Kurzgeschichten und gibt interessante Einblicke in die Überlegungen des Autors!

 

Ein Hinweis aus meiner Sicht zum Verhältnis der beiden Figuren. Natürlich ist es richtig, dass sie als Kritikerin im Grunde die mächtigere ist. Allerdings wird der Oralsex, zu dem es eingangs kommt, üblicherweise als Machtfantasie von Männern aufgefasst, weil die Frau dabei meist nicht befriedigt wird, sondern nur der Mann. Gerade als Einstiegsszene, aber auch im weiteren Verlauf, entsteht durchaus der Eindruck, dass der Mann sich in einer Machtposition wähnt - selbst wenn diese auf tönernen Füßen steht, weil er letztlich von Kritikern abhängig ist. Ich denke, er ist finanziell so unabhängig, dass er sich das erlauben kann.


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#109 Bernard

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Geschrieben 13 Mai 2022 - 08:14

Allerdings wird der Oralsex, zu dem es eingangs kommt, üblicherweise als Machtfantasie von Männern aufgefasst, weil die Frau dabei meist nicht befriedigt wird, sondern nur der Mann.

 

Dieser Aspekt war wesentlich für die Wahl genau dieser Eingangskonstellation, weil er sich wunderbar um den Aspekt ergänzen lässt, dass die Frau bei dieser Praktik "in charge" ist:

Unterwürfig, die Körperhaltung, ... Zugleich die völlige Kontrolle ...

 

 

Es ist ambivalent, zunächst scheinbar widersprüchlich, und spiegelt dadurch das in der Geschichte thematisierte grundsätzliche Spannungsfeld zwischen Künstler und Kritikerin, vielleicht auch zwischen natürlicher und künstlicher Intelligenz (ob dieser "long shot" im Ziel sitzt, muss das Publikum beurteilen). Hier wie dort mag der erste Eindruck zu einem "Kurzschluss" führen, der den Blick auf die eigentliche Situation versperrt.

 

auch im weiteren Verlauf, entsteht durchaus der Eindruck, dass der Mann sich in einer Machtposition wähnt

 

 

In gewisser Weise stimmt das auch - er verfügt über ein (entscheidendes) Wissen, das die Kritikerin nicht besitzt.

Nur ist seine grundlegende Motivation, dass er um seiner selbst Willen geliebt werden will. Durch seine Täuschung ist er sich jedoch selbst in die Falle gegangen. Da niemand sein wahres Ich sehen kann, sehen darf, wird er niemals wissen, wie andere Menschen zu seinem eigentlichen Ich stehen - sie können immer nur auf die Maske reagieren, die er aufgesetzt hat und nicht mehr loswird. Noch nicht einmal die äußerst fachkundige, weltweit respektierte Kritikerin kann diese Maske durchschauen. Also setzt er sie ab - eine Handlung auf der Grenzlinie zwischen Trotz und Verzweiflung. Dass er dabei auch ein kleines Stück jener Macht ausübt, derer sich die Kritikerin permanent bedient - durch überlegenes (Fach-)Wissen andere in Selbstzweifel zu stoßen -, kann man als Befriedigung daran, nicht wehrlos zu sein, deuten. Oder auch als epische Gerechtigkeit. Die Deutung obliegt dem Publikum, und sie kann gern zwischen Rezipientinnen und Rezipienten unterschiedlich ausfallen. Es gibt nicht die eine, richtige Deutung, weil diese immer entscheidend vom Wertesystem der Leserin bzw. des Lesers abhängt.


Bearbeitet von Bernard, 13 Mai 2022 - 08:48.

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#110 T.H.

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Geschrieben 13 Mai 2022 - 16:21

Abschließend eine Formalie:

Der Autor der Geschichte heißt Robert Corvus

 

Oh je, ob du's glaubst, oder nicht, habe ich gar nicht mitbekommen. Auch wenn ich mehrmals drauf schaute - sowohl ins Magazin, als auch in meinen Text, ist mir _das_ nicht aufgefallen. Hab's korrigiert.


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Geschrieben 13 Mai 2022 - 16:27

Danke Dir, lieber Bernd, für die sehr, sehr umfangreiche und erhellende Erklärung. Soviel hätte ich echt nicht erwartet :-) 

Dass man hier einen Autor,  wenn er denn im Forum aktiv ist, direkt auf sein Werke anspricht, halte ich btw nicht für ungewöhnlich. Kann man doch machen, oder?

 

Jedenfalls weiß ich jetzt, wer dir da durch den Kopf spukte und als Vorbild für deine Figuren diente.

Dass mir deine Figuren aus der Story als Charaktere nicht gefallen, heißt nicht, dass mir die Geschichte nicht gefallen hätte. Ich wollte halt wirklich wissen, wie du auf diese beiden gekommen bist. Jetzt weiß ich es. Mehr lieben kann ich sie deshalb aber auch nicht. Beide gieren halt nach etwas andrem (anderen zu gefallen, etwas vorzugaukeln, was man gern könnte, aber nicht kann...) als sie vorgeben. Das ist sicherlich sehr menschlich, aber muss sie nicht (mir) sympathisch machen. 


Bearbeitet von T.H., 13 Mai 2022 - 16:28.

Phantastische Grüße,
Thomas

...meine "Phantastischen Ansichten" gibt's hier.
Auf FB zu finden unter phantasticus

(Hinweis: Derzeit keine Internetrepräsentanz meiner Bilder; schade eigentlich...)


#112 Uwe Post

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Geschrieben 10 Juni 2022 - 08:55

Der Countdown läuft ...

 

... Future Fiction Magazine 2/Jul22

 

Das Cover und die Namen der Beitragenden von vier Kontinenten werden in Kürze enthüllt ...

 

Wer traut sich, zu raten?  :happy:


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#113 Rezensionsnerdista

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Geschrieben 10 Juni 2022 - 09:15

Der Countdown läuft ...

 

... Future Fiction Magazine 2/Jul22

 

Das Cover und die Namen der Beitragenden von vier Kontinenten werden in Kürze enthüllt ...

 

Wer traut sich, zu raten?  :happy:

 

Ich soll die Kontinente raten?


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#114 Uwe Post

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Geschrieben 10 Juni 2022 - 11:16

Oder die AutorInnen, wenn Dir das leichter fällt...


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#115 Uwe Post

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Geschrieben 13 Juni 2022 - 15:52

Cover-Leak-Preview-Countdown ...

Cover-Ausschnitt-2.jpg

Wir haben alle Texte zusammen, sind schon am redigieren und werden in Kürze das gesamte Cover inklusive aller Namen offiziell vorstellen.
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#116 Sam Francisco

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Geschrieben 13 Juni 2022 - 16:40

Das Cover gefällt mir.
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  • • (Buch) als nächstes geplant:immer noch Alan Campbell - Scar Night (Kettenwelt 1), aber meine Planungen werden häufig über den Haufen geworfen.
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#117 Uwe Post

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Geschrieben 13 Juni 2022 - 17:01

Wart's ab, das ist nur ein kleiner Ausschnitt...


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#118 Sam Francisco

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Geschrieben 13 Juni 2022 - 17:07

Bleibt die zweite Ausgabe preislich wie die erste?
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