Hallo alle,
vielleicht liest ja noch jemand gerade das Debüt von Jol und möchte mitdiskutieren?
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Jol Rosenberg: "Das Geflecht (an der Grenze)", erschienen Oktober 2022 bei Ohneohren Verlag.
Klappentext:
Eine Jägerin.
Ein Pfeil irrt ab.
Eine Reise auf neuen Pfaden beginnt.
Danyla schießt und trifft. Ein verwundeter Fremder liegt auf dem Waldboden Rusals. Der Staub einer toten Wüste erhebt sich, als das Geflecht allen Lebens auf dem Planeten erbebt. Und das Feuer alter Konflikte droht ganz Rusal zu versengen.
Was hält eine verflochtene Welt zusammen?
Wohin geht die Jägerin auf der Suche nach Frieden?
Ein einziger Schuss verändert alle Leben.
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Ich habe das ebook gestern auf meinen Kindl geliefert bekommen, und bin heute bei 30%. Ich bin Schnellleserin... werde also wahrscheinlich heute oder morgen fertig.
Mir hat das Cover sehr gefallen, den Klappentext finde ich kryptisch und hat mir gar nichts gesagt. Ich habe bisher nichts von Jol gelesen, außer ihre Rezensionen, und ihre Standpunkte und Reflektiertheit haben mir gefallen, das hat mich auch neugierig auf den Roman gemacht.
Meine bisherigen Gedanken nach dem ersten Drittel (Achtung möglicherweise Spoiler, wenn auch wenige):
Stilistisch sagt mir der Roman zu, und das passiert bei mir selten. In den ersten zehn Seiten bin ich ein paar Mal wegen zu viel Beschreibung rausgefallen, aber das vergebe ich ganz am Anfang, so lange kann ich am Ball bleiben. Das gibt sich auch recht schnell, und der Text nimmt mich mit. Ohne Phrasen, sprachlich einfach angenehm. Das ist für mich beim Lesen das wichtigste, und da bin ich sehr anspruchsvoll, deswegen war ich schnell sehr positiv gestimmt.
Inhaltlich steigen wir mit Danyla ein und mit Pako, auf dem Planeten Rasul. Ich sage hier mal nicht so viel, um nicht zu spoilern, da ich nicht weiß wie ich das im Post verstecke... Aber ich wurde direkt an Ursula K. Leguin's "The Word for World is Forest" erinnert. Und beim Weiterlesen dann auch an Eschbachs "Eines Menschen Flügel", mit dem sich (ACHTUNG Spoiler) absichtlich die Technik vorzuenthalten, um Krieg zu vermeiden, im Nachgang eines gewalttätigen Konflikts. Und bin dem "Bandsinn" der Surai, den ich natürlich cool finde, wird man sehr an Avatar erinnert. Ich frage mich direkt, und immer noch, wie Jol, die in den sozialen Medien angekündigt hat, postkolonial sensibel zu schreiben (oder es zu versuchen), aus dem Dilemma einer einfachen Polarität rauskommen will, hier eine sehr naturverbundene Gesellschaft positiv darzustellen, und eine Technik/Kapitalismus-orientierte demgegenüber negativ darzustellen. Das ist sehr stereotyp mit dem Natur vs. Technik Dilemma und hat was von den romantischen Klischees der "edlen Wilden", und der ganzen ahistorischen und exotisierenden Darstellung der Bevölkerung im globalen Süden durch Kolonialmächte, die aufgrund der Industrialisierung alle moralisch korrumpiert sind
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Bisher finde ich das Setting und die Charaktere gut beschrieben, und ich lese bisher sehr gerne. Bei Pako hat man das Gefühl, dass man so ähnliche Charaktere schon sehr oft gelesen hat - irgendwie ein sympathischer Looser, ziemlich sexistischer Blick auf Frauen, aber trotzdem scheint er im allgemeinen das Herz am rechten Fleck zu haben. Bisher hat er mich noch nicht so richtig überzeugt als Charakter, aber ich nehme an, dass er im Laufe des Buches noch einiges durchlaufen wird, was ihn vielleicht auch verändert. Da hoffe ich sehr, dass das nicht so schulbuchmäßig passiert, so von wegen - ignoranter Idiot denkt er ist Zentrum der Welt, lernt schöne Wilde kennen und ändert seine ganze Einstellung, während er noch aus Versehen die Welt rettet.
Auch Dalyna ist als wütende junge Frau bisher kein besonders überraschender Charakter. Mit ihr identifiziere ich mich beim Lesen etwas mehr. Auch da nehme ich jetzt schon an (ACHTUNG SPOILER), dass sie und Pako sich wahrscheinlich annähern werden.
Dann gibt es noch die Kalok, die in einer Zwischenrolle stehen, und mich besonders interessieren. Die kann ich nämlich nicht so einordnen, und habe keine Ahnung, welche Rolle sie noch bekommen in der weiteren Geschichte.
Trotz der für mich sich etwas stereotypisch anfühlenden Eröffnung in Bezug auf Narrativ und Charaktere, gibt es noch viel offenen Raum, und ich lese jetzt mal weiter... hoffe es schließt sich jemand an!
Würde mich freuen, gemeinsam zu lesen
LG Lisa