Alles klar, das stimmt natĂĽrlich. Ich habe mal meinen Ablehnungstext an den Verlag kopiert (die wollten damals, dass ich was fĂĽr den Klappentext schreibe und hatten mir ein Vorab-PDF geschickt, ich hab das aber abgelehnt und sie fragten ebenfalls nach dem Grund).
Angeblich ist das Buch ab vier. Unser vierjähriges Kind will das aber gar nicht lesen, es ist noch zu abstrakt und zu langweilig. Ich glaube auch, dass es gar nichts für ihn ist, auch in ein, zwei Jahren nicht, es gibt einige krasse Stellen, die er danach stundenlang besprechen würde, wie:
"Viele Menschen wurden krank und starben"
Das wäre danach sehr lange Thema.
Inhaltlich ist es ja eher so Slice of Life-mäßig. Wir erfahren alles über Martis Tag vom Aufstehen bis zum Schlafengehen. Die Bilder haben uns allen gut gefallen. Was uns auch gut gefallen hat, ist die Aktualität. Der neueste Stand der Forschung, Eisberge unter der Oberfläche und Häuser aus Eis. Das war schon cool.
Es war auch progressiv. Ann ist Schwarz. Plus, der schwule Vater mit dem Schwarzen Partner UND auch der Tofu Makery. (Also eigentlich fast too much fĂĽr so ein kurzes Buch.)
Allerdings war der Zeigefinger schon sehr hoch erhoben und häufig, was die Menschen auf der Erde und den Müll betrifft. Das kam auch teilweise meinem Empfinden nach als Infodump, auch im Dialogtext der Mutter. Das lässt sich für mich nicht auf eine lebhafte Art und Weise vorlesen. Unsere Siebenjährige sagte als Fazit am Ende nur: Ich fand's ein bisschen langweilig (Daran erinnert heute sagte sie übrigens, “Ah, das Buch, ja, das war sch****)
Das ist schon aus ihrem Mund ein ziemlich hartes Urteil, denn sie liebt den Weltraum und liest eigentlich sogar SachbĂĽcher dazu, wenn auch in kleinen Portionen.
So etwas liest sich einfach schwer vor: "Das Klima auf der Erde erwärmte sich stark und es fehlten Nahrung und Wasser."
Das ist dem jüngeren Kind zu abstrakt und das Ältere findet es zu allgemein. Das erzeugt dann nichts, auch nicht das Bedürfnis, jetzt Müll einzusparen.
Ich meine, was soll ein vierjähriges Kind mit so einer Passage anfangen:
"Schau mal, die Erde wird verschmutzt, weil die Menschen dort viel Material verschwenden. Sie kaufen ein und werfen die Sachen einfach wieder weg, wenn sie etwas Neues sehen. Dadurch entsteht viel schädlicher Müll, der das Klima immer heißer werden lässt. Seit Jahrhunderten schon versuchen die Erdbewohner ihren Planeten zu retten, haben es aber immer noch nicht geschafft, weil schon zu viel zerstört wurde."
Wohlgemerkt, das spielt Anfang des 5. Jahrtausends. Und immer noch eine Situation ähnlich wie heute auf der Erde?
Unser Jüngster würde das überhaupt nicht verstehen und mit Worten wie "Klima" auch nichts anfangen können, auch "Material" ist schon recht abstrakt, wobei das vermutlich gehen würde.
Der Alltag von Marti, auch der Raumanzug usw. wird eben auch nicht so super-interessant vermittelt.
Ständig kommen Anglizismen vor (pretty, Tofu-Makery), die ich erklären muss, weil unsere Kinder solche Worte nicht verstehen. Und manchmal bin ich nicht mal sicher, was gemeint ist, z. b. bei "monitors". Monitore sind ja offenbar nicht gemeint! Vielleicht Überwachungsdrohnen? Wenn ich das schon nicht verstehe, kann ich es dem Kind erst recht nicht erklären.
Dann kommt meine Lieblingsseite, wirklich cool, es werden Tiere aus Metall gemacht, das sieht cool aus und ist eine sehr schöne Idee.
Marti spricht tatsächlich Englisch mit seiner Mutter "You're the best, Mum!" - können Vierjährige jetzt englisch und wenn ja, was habe ich verpasst? Also, klar, auf dem Mars in zweitausend Jahren meinetwegen, aber UNSERE Kinder!
Am Ende gibt es noch zwei Seiten Infos zum Mars und der aktuellen Forschung, das hat das Kind nicht durchgehalten, ich selbst fand das aber ganz cool.
Es gibt eben hier gar keine Rahmenhandlung, es passiert nichts. Marti lebt einfach seinen Tag. Sonst haben Kinderbücher ja auch irgendeinen Anker, irgendwas besonderes, das an dem Tag geschieht, und sei es (bei jüngeren Kindern) eine Kleinigkeit. Vierjährige sind mit Ereignissen wie "Kind geht einkaufen, Kind übernachtet woanders, Kind bekommt eine Katze, Kind verliert ersten Zahn" ja schon zufrieden. Klar, Martis Alltag unterscheidet sich von unserem, aber ich konnte keines der Kinder davon begeistern und selbst war ich auch nicht davon überzeugt, dass das eine Handlung trägt.
Inzwischen hat mein Mann es auch gelesen und hält es auch für fürchterlich, aus ähnlichen Gründen. Plus, er hat noch ein paar weitere, er zweifelt viele der technischen Details an (beispielsweise sind die Häuser dort aus Eis gemacht) und glaubt nicht, dass das so funktionieren würde. Ich habe das nicht geprüft.
Unsere Siebenjährige ist echt knallhart, die hat auch mit fünf Heidi gelesen (also, sich vorlesen lassen) und da werden passagenlang irgendwelche Tannen beschrieben. Das war okay. Aber dieses Buch ist bei ihr total durchgefallen.
Unser Vierjähriger will eigentlich immer Action, auch bei ausgedachten Geschichten, wenn es ihm zu ereignislos wird, sagt er "Und jetzt soll sich jemand verletzen". Es würde mich nicht wundern, wenn er bei dem Buch sagen würde "Und jetzt soll Marti sich das Knie aufschlagen", damit endlich mal etwas passiert.