Diesen inzwischen fast 10 Jahre alten Kultfilm wollte ich endlich mal im Forum sehen... Er besticht hauptsächlich in seinen Bildern, der Stimmung, die durch sorgfältige Regie erzeugt wird, der tollen Musik (u.a. schauerlich-schön-sehnsuchtsvolle Kinderchorstimmen), und letztendlich wegen der innovativen Handlung:
Zwei geheimdienstliche Abteilungen liefern sich in einer riesigen Hauptstadt der nicht zu fernen Zukunft Kleinkriege im Umgang mit kriminellen Hackern. In der etwas rabiateren Abteilung arbeitet Major Kusanagi, eine Frau, die fast zum 100%igen Kampf-Cyborg umgebaut wurde. Dadurch ist sie schneller, stärker und "unzerbrechlicher" als Andere, ist dafür aber auch wesentlich schwerer geworden. Gelegentlich beschäftigt sie ob sie überhaupt noch ein Mensch ist. Wie alle Cyborgs besitzt sie einen "Geist", einen unnachahmlichen geschützten Kern in ihrem Kopf der ihr eigentliches Wesen bzw. ihre Intelligenz beinhaltet o.ä. - genau werden die sogenannten Ghosts nicht erklärt. Bei Untersuchungen von Hackerangriffen stoßen beide Abteilungen erneut auf den "Puppetmaster", einen Superhacker, der es geschafft hat Ghosts anzuzapfen und sie auch zu klonen. Als Kusanagi ihn unter Ganzkörpereinsatz stellt, erlebt sie allerdings ihr blaues Wunder...Lange bevor Matrix uns beibrachte, dass die Realität nicht alles ist, was sie verspricht, begegnen wir hier also dem "Major", einer strengen, schönen Polizistin, deren Menschheit nur noch ein "Geist" in einer Cyborg-Schale ist. Sie ist nach Belieben schnell/tödlich/unsichtbar, verträgt beliebig viel Alkohol, und, kann sogar, wenn entspr. angeschlossen, in die "Geister" anderer Cyborgs "eintauchen". Ein nahender Systemwechsel der Menschheit ist überhaupt der Leitfaden des ganzen Films (wie eigentlich auch der vieler SF-Mangas) - auch metaphorisch: Z.B. taucht der Major gerne, und es gibt zwei Szenen am Ende des Tauchgangs die das Surreale dieser nahen Zukunft gut darstellen - einmal erreicht sie Kopf zuerst die Oberfläche von unten gesehen, und man sieht ihr waberiges Spiegelbild wie es sein Gesicht dem ihren zureckt, um dann zu zerspringen als sie die Oberfläche durchbricht; und auf dem Boot, später, im Gespräch mit einem sehr männlich-verlässlichen (auch schon etwas "umgebauten") Großen-Bruder-Kollegen, ändert sich plötzlich ihre Stimme und gibt tief-filosofische Sprüche von sich.
Abgesehen von dieser für meine Begriffe etwas zu viel "erklärten" Filmbotschaft, gefallen mir sehr die stillen elegischen Momente, die Regenszenen, die langen Fahrten durch Häuserschluchten, die Eröffnungsszene, in der eine Frau (wie sich herausstellt, der Major), in einer kleinen Wohnung aufwacht, und die Jalousien öffnet mit Blick auf den "grand canyon" des Wolkenkratzermolochs. M.E. macht diesen Film eben auch die ausgetüftelte Kulisse (Musik/Stimmen/Geräusche, Hintergründe, "Beleuchtung") zum Kult. Fast alles dazu noch handgezeichnet.
Was mir weniger gefiel war die schlechte deutsche Übersetzung (die anscheinend von der englischen ausging, nicht vom Original), die aus Mangas bekannte Ultrabrutalität und die extreme Waffenverliebtheit; überhaupt hat der Film einen so starken Macho-Cop-Drall, dass die Hauptfrau, die zeitweilig zum Muskelmonster mutiert, eher der Wolf in der weiblichen "Alibi"-Schale zu sein scheint. Bis auf die letzte Szene, wo sie sich, in neuer süßerer Schale, von all dem befreit. Der kluge Cyborg bleibt eben unsichtbar.
Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 09 April 2017 - 00:48.