Marianne hat sich ja gegen das Umschreiben von Klassikern gewandt. Hier unterscheide ich ein paar Dinge. Südseeprinzessin etwa für Pipi ist kein Umschreiben, sondern einfach nur eine sprachliche Modernisierung. Inhaltlich ändert sich ja gar nichts.
Bei Jules Verne wurden sehr oft seine inzwischen veralteten lexikalischen Passagen entfernt, was wohl niemand vermisst, aber mir ist nicht bewusst, dass man etwa Fünf Wochen im Ballon oder In 80 Tagen um die Welt umschrieb.
Tom Sawyer, aber viel mehr noch Huckleberry Finn thematisieren eine sehr konkrete Epoche mit alltäglichen Rassismus und diesen Alltag beschreibt Twain auch in der wörtlichen Rede. Nicht zu vergessen, dass Twain selbst einen Umdenkprozess durchlebte. Bei Lindgren weiß ich das nicht.
Butler lässt in Kindred ihre Figur ja erklären, warum sie das passive Versklavte statt Sklaven verwendet, das funktioniert in diesem Zeitreiseroman.
Und was mir dabei auch immer im Kopf herumgeht: Jede aktuelle Übersetzung eines Klassikers macht Kompromisse an das Lese- und Sprachverständnis des aktuellen Lesepublikums. Aus Sicht der ersten Übersetzung ist das oft ein Umschreiben. Zum Glück gibt es für viele Klassiker spezielle Ausgaben, die sich erklärend mit Original und Übertragung auseinandersetzen, wenn man sich den Text nicht nur zur Unterhaltung, sondern aus breiterem Interesse anschauen will.
Wir haben keine Zensurbehörde, die Textfassungen wegschließt, verbrennt oder verbietet. Wie Naut schrieb, ist es ein gesellschaftliches Regelwerk, dass unsere Leseempfindung prägt. Altmodisches wird weniger nachgefragt, also weniger verlegt.