Die blauen Hunde von Lop Nor (AndroSF: Die SF-Reihe für den Science Fiction Club Deutschland e.V. (SFCD))
von Tom Turtschi (Autor)
Herausgeber : p.machinery; 1. Edition (17. September 2023)
Sprache : Deutsch
Taschenbuch : 268 Seiten
ISBN-10 : 3957653525
Klappentext
Martin Eberhard hat im Labor mit der »Blue Dragon®« eine Tomate entwickelt, die gegen die weltweit grassierende Tomatenseuche resistent ist. Er reist für den Konzern nach Xinjiang, um bei der Lop Nor Potash Company die Beimischung des notwendigen Zusatzstoffes in den Dünger zu begleiten. China zeichnet für achtzig Prozent der weltweiten Tomatenproduktion verantwortlich, die industrielle Herstellung des Düngers muss vor Ort erfolgen. Der Direktor der Düngemittelfabrik lässt Eberhard warten. Auf Betriebsführungen staunt er über den riesigen Industriekomplex mitten in der Wüste. Über hundert Kilometer lange Kanäle, die die Sole zum Werk führen, Salzbecken mit der vierfachen Fläche der Stadt Paris, gigantische technologische Anlagen. Die Wüste fasziniert ihn, genauso seine forsche Reisebegleiterin. Sie fahren durch imposante Landschaften, besuchen die Ruinen untergegangener Kulturen entlang der Seidenstraße. Sie treffen auf die Krater der Atomtest aus den Sechzigerjahren, auf illegale Goldschürfer, die in der verstrahlten Erde nach dem Glück suchen. Zunehmend beginnt er an seiner Wahrnehmung zu zweifeln: Die Wüste narrt ihn mit Trugbildern, die Absichten seiner Reisebegleiterin werden immer undurchsichtiger. In der alten Ruinenstadt Loulan erscheinen ihm die blauen Hunde von Lop Nor. Sie konfrontieren ihn mit den Auswirkungen seiner Forschung und schicken ihn auf einen Trip durch die Geschichte der Farbe Blau. Die Zeitreise führt ihn vom Mittelalter über die Industrialisierung zum ersten Weltkrieg bis in die Gegenwart. Schliesslich muss er sich dafür verantworten, was die Spezies Mensch mit dem blauen Planeten angestellt hat.
Kommentar
In bester Karl-May-Manier führt der Autor uns durch eine Landschaft, die er nie selbst gesehen hat: voller realistischer Details (manchmal möchte man den Sand aus dem Buch kippen weil es so knirscht), überzeugender Ortskenntnis und lockender Geheimnisse. Ebenso fundiert deckt er die Widersprüche im chinesischen System umfassender Kontrolle auf, wägt kapitalistische Ausbeutung gegen totalitäre Herrschaft.
Ein Near Future Thriller (?) um menschgemachte (absichtlich?) ökologische Katastrophen und scheinbare Lösungen als Hintergrund für eine Geschichte der Farbe Blau, fachlich sowohl in historischer, künstlerischer und chemischer Sicht detailreich erzählt und interpretiert: so stellt er die Indigosynthese der BASF als Auslöser des ersten Weltkrieges dar.
Die titelgebende Geschichte um blaue, hundeartige Aliens als Richter über die Menschheit wirkt dagegen aufgesetzt und überzeugt nicht. Sie bleibt gewollt eher visionärer Fiebertraum als handfeste SF. Der Autor sah sie wohl als nötig an, um seine umfassende Abwägung und Wertung menschlichen Fortschritts auszuarbeiten - quasi eine aktuelle conditio humana. Er selbst spricht im Nachwort von 95% Science und 5% Fiction.
Stilistisch fällt das Fehlen von Anführungszeichen auf; Dialoge, Gedanken und Handlung fließen ineinander, trotzdem bleibt immer ersichtlich welche Person spricht - handwerklich sehr gelungen. Negativ anzumerken ist (mal wieder) das lausige Lektorat: ein Dutzend Rechtschreibfehler stoßen mir auf und ich bin kein sehr aufmerksamer Leser in grammatikalischer Hinsicht.
Fazit: Ich mochte die Erzählung aus der Sicht eines Chemikers, die umfassende Recherche zu unzähligen Details und die plastische Erzählweise. Negativ fallen einige Redundanzen, viele Rechtschreibfehler und eine eigentlich unnötige Rahmengeschichte auf, die wohl den Anspruch rechtfertigen soll, den Roman als SF zu bezeichnen. Als allgemeine Phantastik geht er aber allemal durch und hätte faire Chancen für eine Nominierung für den DSFP 2024, so es denn einen gibt - stillt ruht der See um die Reformierung des DSFP-Komitees.
Tom Turtschi - Die blauen Hunde von Lop Nor
#1
Geschrieben 24 Januar 2024 - 16:26
#2
Geschrieben 24 Januar 2024 - 16:57
Es wäre natürlich interessant, zu erfahren, welche Rechtschreibfehler das gewesen sein sollen.
My.
#3
Geschrieben 24 Januar 2024 - 17:00
Hallo My, überwiegend fehlende Buchstaben.
#4
Geschrieben 24 Januar 2024 - 18:39
Hallo My, überwiegend fehlende Buchstaben.
Hast du ein, zwei prägnante Beispiele?
My.
#5
Geschrieben 24 Januar 2024 - 19:28
Habe mir keine roten Markierungen oder so gemacht. Was mir in Erinnerung ist: auf Seite 52 wird aus dem Namen Yuande einmal nur Yuan.
#6
Geschrieben 24 Januar 2024 - 19:47
Habe mir keine roten Markierungen oder so gemacht. Was mir in Erinnerung ist: auf Seite 52 wird aus dem Namen Yuande einmal nur Yuan.
Danke.
My.
#7
Geschrieben 25 Januar 2024 - 10:24
Danke an rostig, das er hier einen Thread zu einem Buch aufmacht, das sonst zu Unrecht ein wenig übersehen würde.
Dann poste ich hier auch einmal einen Schwung Gedanken:
#8
Geschrieben 25 Januar 2024 - 14:51
Wer wenig denkt, irrt viel (Leonardo da Vinci)
Meinungsverschiedenheiten über ein Kunstwerk beweisen, dass das Werk neu, komplex und lebenswichtig ist. (Oscar Wilde)
Wenn Kritiker uneins sind, befindet sich der Künstler im Einklang mit sich selbst. (Oscar Wilde)
www.mluniverse.wordpress.com
www.mlpaints.blogspot.com
#9
Geschrieben 25 Januar 2024 - 15:04
@My.: Ich habe die Fehler markiert, die mir aufgefallen sind. Möchtest du sie haben?
Ja, latürnich.
My.
Besucher die dieses Thema lesen: 0
Mitglieder: 0, Gäste: 0, unsichtbare Mitglieder: 0