Einem großen (Ok)kultcomic der Neunziger soll ab dato im Kino Leben eingehaucht werden. Die schräge Story (ansatzweise):
Die Nazis wollen gegen Ende des Krieges unbedingt wieder die Oberhand gewinnen, und bewegen Geldberge (und viel Retro-Technik) um mittels eines russischen Schwarzmagiers den 7 bösen Mächten des Universums ein Portal zu uns zu schaffen. (Nazis im Weltraum! Yay! ) Dies wird im letzten Moment von den Amerikanern, beraten von Prof. Bruttenholm (Hurt), vereitelt. Aber es kommt durch diese kurze Annäherung an das Dunkle ein dämonisches Wesen in Form eines roten, spitzhörnigen Babys zu Stande. Dessen rechte Hand ist umgeben von einer riesigen Steinfaust. In kurz: Hellboy. Dieses Wesen wächst sehr langsam heran, und wird ein Teil der US-Behörde, für die der Prof. arbeitet. Dieses "Bureau" untersucht/verhindert paranormale Bedrohungen und Hellboy (Perlman) ist wie geschaffen dafür. Hier trifft der neu hinzu gekommene Ex-FBI-Agent Myers auch die eigentlich normal wirkende Liz Sherman und den außerordentlichen Gentleman Abe Sapien an. Ungefähr zur selben Zeit taucht nach langer Abwesenheit auch wieder der Russe und seine kaum gealterten Nazi-Assistenten auf. Sie wollen ihre ursprüngliche Mission vollenden - dazu brauchen sie Hellboy's besondere Fähigkeiten...
Kurze Kritik (für diejenigen die das Comic wohl eher nicht konsumieren werden)
Ein interessanter Film, der neben "richtigen" Monstern auch ein wenig Tiefgang und coole Dialoge, und einigermaßen ausgereifte Charakterisierung, bietet. Wer nie genug Action abkriegt, nehme zur Kenntnis: Indiana Jones war gegen HB ein Schlaffi! Wer andererseits Lovecraft liebt, wird hier auch viele Motive wieder erkennen. Man besuche also diesen Comic-Action-Movie mit der Erwartung, es käme eine weitere Verhunzung der Sprechblasenwelt daher, und lasse sich überraschen! Ein 2. Film ist übrigens für 2006 angekündigt.
Längere Kritik (für diejenigen die evtl. das Comic vorher durchsehen würden)
Zu meiner Überraschung war trotz der gelegentlich unpassenden Aufblähungen des Originalszenerie (hier ist das ursprünglich skurrile dahin-tüftelnde Bureau ein gewaltiger unterirdischer Traktat) und der sehr im Zeitraffer erzählten Hintergründe (dieser Film verrät ALLES was im Comic liebevoll über Jahre über HB's wahre Natur entwickelt wurde) die Essenz der Charaktere da: HB in großartigem (CGI-assistierten?) Makeup, und sehr "treu" nachgespielt von Perlman (what a lovable mug! ), Liz und Abe wie sie sein sollten, der Prof. der etwas unnahbare, nachdenkliche, väterliche Warner. Toll!
Es war interessant, einige der "Bösewichte" aus dem Comic "live" zu erleben, allerdings ging mir der messerschwingende Eisenmasken-Nazi Kroenen irgendwann ziemlich auf den Keks: Im Comic ist er ein verrückter, kaltblütiger Wissenschaftler, der gelegentlich auch an die Menschlichkeit Anderer appelliert, weil er keine mehr besitzt.
Von dem ätherisch-ästhetischen MINIMALISMUS des Comics ist fast nichts mehr geblieben. Die Bauten sind gigantoman, das Bureau ein weiterer X-Files-Klon (wie schon in Men in Black, aber da nahm sich der ganze Rahmen weniger ernst). Auch auf die gelassene, langsame Erzählweise des Comics, die erst nach und nach Einiges aufdeckt (und vieles Weitere nicht!) wurde remake-traditionsgemäß verzichtet. Schön sind einige Szenen wie z.B. HB im "Kampf" mit der U-Bahn, HB mit dem Jungen auf dem Dach, und HB mit der nicht ganz zur Ruhe gekommenen Leiche auf dem Rücken. Eine zum Totlachen gute und originelle Idee war auch die Szene mit dem Schleifgerät.
Wer also wie ich solche Szenen als kleine Juwelen wahrnehmen könnte, und sich fragt warum Hellboy so gerne Pfannkuchen isst, oder einfach Lovecraft oder Ashton-Smith liebt und auch Comics nicht absolut ablehnt, sollte unbedingt vor Filmkonsum einen Blick in die Comics werfen, damit der erste Eindruck Mike Mignola's einfache Erzählungen und eingängige Layouts/Schattierungen sind - wie der lange Schwenk einer magischen Kamera durch die Unterwelt.
Wer will, darf mich auch gerne in Berlin besuchen und die Nummer 1 (Coverbild der gesamten 4er-Miniserie s. oben) ausleihen, die die Entstehungsgeschichte, noch vom Altmeister John Byrne getextet, und erste Erlebnisse des erwachsenen "Jungen" aus der Hölle darstellt. Mensch mache einen Termin per EMail mit mir aus. Wenn mensch sich traut!
Bearbeitet von Markus, 25 Januar 2013 - 22:40.