Hallo zusammen,
ist im SP (Tredition) erschienen und ich habe mir das Büchlein mal gekauft und angefangen zu lesen. Prosa, die im Dezember erscheint, geht bei mir (und auch allgemein) eher unter. Ungünstiger Termin für die meisten Preise, weil die Deadlines ja oft (Vincent, KLP) recht nah am Jahresanfang liegen. Und ob SF drin ist, weiß ich noch nicht. Die erste Geschichte ist klasse, aber SF ist es nicht.
Marie Meier: Immenwolf
Wow, was für eine Mühe, wie viel Liebe steckt in dem Text? Da kriege ich sofort wieder große Hoffnung für die deutschsprachige Phantastik-Szene, das ist ganz großes Kino, wundervoll und professionell, sorgfältig geschrieben (steckt vermutlich auch ein aufmerksames Lektorat dahinter?) und eine schöne Pointe, sehr menschenfreundlich. (Und wolfsfreundlich?)
Der Ich-Erzähler Hauke verkauft Honig, er wohnt mit den Eltern und dem Bruder auf einem Hof, der Vater äußert schon seit Jahren sehr deutlich, dass er eine neu hinzugezogene Familie, Familie Katz, nicht auf dem Hof duldet. Der Vater (und viele andere aus dem Dorf) beschuldigt die Familie nicht gerade subtil, sie seien für die fehlenden Schafe usw. verantwortlich. Ganz plakativ (und so plakativ wird die Story nie): Dass sie Wölfe seien (oder eben Werwölfe), oder zumindest eine*r von ihnen.
Zwischen Hauke und Idan Katz jedoch knistert es. Und das ist einfach unglaublich gut geschrieben mit wundervollem Ende. Ich bin massiv beeindruckt (falls das noch nicht klar geworden ist). Wie gut schreibt diese Person bitte?
Hier ein paar Zitate direkt aus der Story, da mehr zum Inhalt spoilern würde:
[ ... ] berühren sich unsere Schultern. Ich kräusele die Nase. Er riecht nach trockener Erde, Immergrün und Gefahr. Er riecht nach dem letzten Sommer.
(wie viel da drin steckt, hmmm :-) )
Vaters Mundwinkel deuten zum gefliesten Küchenboden. Seine Kiefer mahlen aufeinander und untermauern das Schweigen, das seit einigen Minuten mit uns zusammen am Tisch sitzt.
Meine Verzweiflung aber, die ist alt, und aus dem Feuer in meinem Herzen ist mittlerweile ein Schwelbrand geworden, rußig und stinkend.
Und das Dorf, so ein typisches Dorf, wie wir es alle kennen:
[ ... ]einem Ort, der nur aus Vergangenheit besteht und keine Zukunft kennt.