Ich habe das auf Englisch gelesen. Bislang gibt es m.W. keine Übersetzung ins Deutsche.
Die offizielle Produktbeschreibung lautet übersetzt:
„Seit fast 20 Jahren schreibt Carlton Mellick III einige der seltsamsten und fesselndsten Romane, die das Genre der bizarren Fiktion zu bieten hat. Er wurde von The Guardian als einer der 40 besten Science-Fiction-Autoren unter 40 Jahren bezeichnet und von der Extrem-Horror-Legende Edward Lee als „einer der originellsten Romanautoren, die heute arbeiten“. In seinem 57. Buch, Neverday, hat Mellick eine dystopische Horror-Hommage an Zeitschleifen-Geschichten in der Tradition von Groundhog Day , Edge of Tomorrow und Happy Death Day geschaffen.
Karl Lybeck wiederholt seit gefühlten tausend Jahren immer wieder denselben Tag in einer Endlosschleife. Er steckt schon so lange in diesem endlosen Kreislauf fest, dass er sich nicht mehr daran erinnern kann, wie sein Leben war, bevor die Zeit stehen blieb. Er erinnert sich nicht an die Gesichter seiner Eltern oder daran, was er früher beruflich gemacht hat. Er weiß nicht mehr, welcher Präsident derzeit im Amt ist oder in welcher Stadt er lebt. Der einzige Grund, warum er sich an seinen eigenen Namen erinnert, ist, dass er auf seinem Führerschein des Bundesstaates Oregon steht.
Er dachte, er sei der einzige Mensch, der in dieser ewigen Hölle gefangen ist, bis eines Morgens eine Frau namens January in seinem Hinterhof auftaucht, auf der Flucht vor bewaffneten Verfolgern, die behaupten, zur Polizei zu gehören. Sie weiß nicht, warum heute genau dasselbe passiert wie gestern. Sie weiß nicht, dass sie in derselben Schleife gefangen ist, in der Karl seit so vielen Jahrhunderten feststeckt.
Aber es stellt sich heraus, dass Karl und January nicht allein sind. Tatsächlich wiederholt die Mehrheit der Bevölkerung denselben Tag, so wie sie es getan haben. Während Karl sich isoliert in seinem Vorstadthaus versteckt hielt, war ihm nicht bewusst, dass direkt vor seiner Tür eine neue Welt aufgebaut wurde. Die Gesellschaft hat sich daran gewöhnt, denselben Tag immer und immer wieder zu wiederholen. Neue Gesetze wurden eingeführt. Eine neue, auf Erinnerungen basierende Währung wurde eingeführt.
Karl und January finden sich in einer Therapiegruppe mit anderen Menschen wieder, die Schwierigkeiten haben, mit ihrer Situation umzugehen – von Krankenhauspatienten mit Krankheiten, die nie geheilt werden können, bis hin zu Eltern, die ihre Kinder nie aufwachsen sehen werden. Aber irgendetwas scheint mit der verantwortlichen Obrigkeit in dieser sich dauernd wiederholenden Welt nicht zu stimmen. Warum gilt es als schlimmstes Verbrechen, in den Nimmertag einzutreten – jenen Zeitraum, der nur existiert, wenn man die ganze Nacht wach bleibt, um Wiederholungen zu vermeiden?
Mit der Hilfe anderer, die ihren Verdacht teilen, erkunden Karl und January den Nimmertag auf der Suche nach Antworten. Aber was sie entdecken, könnte das Gefüge ihrer neuen Gesellschaft für immer zerstören.“
Mellick zeigt sich in diesem Buch ungewöhnlich durchdacht. Das mag auch daran liegen, dass er es laut Vorwort nicht in einem seiner üblichen Marathons geschrieben hat, sondern seine dabei üblichen 500 Worte pro Stunde auf den ganzen Tag verteilt hat. Trotzdem ist es skurril genug, um noch als Werk des Bizarro-Meisters durchzugehen.
Wie sieht eine Welt aus, die in einer Zeitschleife gefangen ist? Kann eine Gesellschaft funktionieren, die jeden Morgen alles Materielle zurücksetzt und in der jeder Fortentwicklung nur im Gedächtnis stattfindet? So stellt eine Figur die Frage: „Wie soll es möglich sein, innerhalb eines Tages den Flug zum Mars zu realisieren?“
Eine interessante Frage, die Mellick nur stellt, aber nicht beantwortet. Das Gleiche gilt m.E. für bestimmte technische Einrichtungen, die im Roman vorkommen, die den Nimmertag observieren. Wie die Leute das schaffen, das am Morgen in Gang zu setzen, sodass den Tag über all das Material herangekarrt wird (und nicht gerade wenig) … Respekt.
Andererseits sieht man die Probleme der Strafverfolgung: Ein in der sich wiederholenden Gesellschaft verurteilter Verbrecher wacht trotzdem jeden Morgen wieder in der Freiheit auf und muss wieder erneut eingefangen werden. Dazu sind möglichst dicht an seinem Aufwachort lebende „Hilfssheriffs“ notwendig, die sich häufig dadurch rekrutieren, dass sie als Gesetzeshüter ungestraft die Sau raus lassen können.
Auch die Todesstrafe beeindruckt nicht wirklich. Dafür gibt es das Scrambling des Verstandes als alternative Höchststrafe.
Aber all das wird nur nebenher angesprochen, auch die auf Schockeffekte bauenden Schilderungen des Nimmertags werfen viel mehr lohnende Fragen auf, als tatsächlich behandelt werden.
Eine Gesellschaft die rein auf ihren Erinnerungen aufbaut, auf einer im Prinzip völlig zufälligen materiellen Ausgangssituation, die mit dem, wohin sich die einzelnen Personen in Jahrhunderten geistig entwickelt haben, nicht wirklich etwas zu tun hat - ein wie immer sehr kurzes bizarres Buch ist letzten Endes doch ein wenig mit einer solchen Thematik überfordert.
Bearbeitet von Michael Böhnhardt, 18 Februar 2025 - 13:17.