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Was kommt nach Relativitäts- und Quantentheorie?


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22 Antworten in diesem Thema

#1 Beverly

Beverly

    Temponaut

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Geschrieben 11 November 2004 - 23:27

Das 20. Jahrhundert wurde von der Relativitätstheorie und der Quantentheorie geprägt. Die Aussagen beider Theorien scheinen oft im Widerspruch zu unserer alltäglichen Wahrnehmung der Welt zu stehen, aber sie wurden durch zahlreiche Experimente bestätigt.

Die Relativitätstheorie erklärt Raum und Zeit in großen Zusammenhängen. Wesentliche Aussagen von ihr:

    [*]Schwerkraft ist gleichzusetzen mit einer Krümmung des Raums
    [*]ein materieller Körper kann sich bei Beschleunigung der Lichtgeschwindigkeit immer weiter annäher, sie aber nie erreichen
    [*]Zeit ist nicht absolut, sondern abhängig vom Bezugssystem
    [/list]Die Quantentheorie erklärt die Welt in ihren kleinsten Dimensionen und verbindet Physik mit Erkenntnistheorie. Wesentliche Aussagen von ihr:

      [*]der Ort und der Impuls eines Teilchens lassen sich nicht zugleich mit beliebiger Genauigkeit bestimmen (Unschärferelation)
      [*]räumliche und zeitlichen Distanzen lassen sich nur bis hinab zur so genannten Planck-Zeit und Planck-Länge bestimmen. Kleinere Einheiten für Raum und Zeit gibt es nicht
      [*]das Vakuum ist nicht absolut leer, sondern erfüllt von virtuellen Teilchen, die entstehen und vergehen, aber unter bestimmten Umständen dauerhaft weiter existieren können
      [*]der Beobachter hat immer Einfluss auf das Beobachtete und in der Physik beeinglusst die Messung das Messergebnis
      [*]die - unbeobachtete - Welt ist ein Ensemble aus Wahrscheinlichkeiten und einander überlappenden Wellenfunktionen. Erst Beobachtung und Messung bestimmen, welche der Wahrscheinlichkeiten real wird
      [/list]Relativitätstheorie und Quantentheorie haben einen beispiellosen Siegeszug hinter sich. Von Kosmologie bis zur Elektronik haben sie Wissenschaft und Technik ihren Stempel aufgedrückt.
      Die "harte" Technik arbeitet an der Übertragung von Informationen mittels des "gekoppelten Quantenzustands" und hofft auf den "Quantencomputer" mit heute kaum vorstellbarer Leistungsfähigkeit.
      In der Science Fiction dienen derweil quantenphysikalische Effekte als neuer Zaubertrick, um mittels fiktiver Supertechnologien Spannung zu erzeugen.

      Doch deshalb muss an innovative Science Fiction-Autoren als Erste die Frage gehen:

      was kommt nach Relativitätstheorie und Quantentheorie?

      Eine Nachfolgetheorie zum Verständnis und zur Manipulation der Welt muss empirisch belegten Aussagen von Relativitäts- und Quantentheorie ebenfalls erklären, aber bei der Welterklärung Dinge leisten, die mit den beiden Theorien wohl nicht möglich sind.

      Mit etwas Fantasie lässt sich da eine große und anspruchsvolle Wunschliste erstellen. Man könnte von einer Nachfolgetheorie zum Beispiel verlangen, dass sie einfacher zu verstehen ist und daher einem breiteren Kreis von Menschen in allen Aspekten zugänglich ist als Relativitäts- und Quantentheorie.
      Weitere Wünsche:

      - sie sollte ermöglichen Wechselwirkungen wie Schwerkraft, starke und schwache Kraft besser zu verstehen und zu manipulieren
      - Reisen mit Überlichtgeschwindigkeit sowie Zeitreisen sind seit langen ein zu erfüllender Wunsch nicht nur von SF-Autoen- es sollte möglich sein, Objekte auch in Dimensionen unterhalb der Planck-Länge und der Planck-Zeit begrifflich zu erfassen und zu manipulieren "ein Universum auf der Nadelspitze"
      - das lineare Fortschreiten der Zeit von Vergangenheit über Gegenwart in Zukunft sollte überwunden werden. In einem durch Länge, Breite, Höhe, Zeit bestimmten vierdimensionalen Universum gäbe es dann ein ewiges Jetzt, ein Ort in der "Vergangenheit" ist ebenso gut erreichbar wie einer in "Gegenwart" oder "Zukunft"

      Wie muss eine Theorie beschaffen sein, die das und noch mehr leisten kann?

      Sie sollte meines Erachtens interdisziplinär sein: Naturwissenschaften, Philosphie, Sozialwissenschaften und Anthropologie müssen eine fruchtbare Synthese eingehen. Unsere Erkenntnis der Welt in den "haarten" Naturwissenschaften ist durch viele Faktoren bedingt, die für gewöhnlich außerhalt von ihnen liegen.
      Damit zusammenhängend sind die Kategorien, mit denen Naturwissenschaftler an die Erklärung der Welt gehen, auf ihre Zwangsläufigkeit und Angemessenheit zu prüfen. Gibt es Alternativen, wenn ja, gibt es auch leistungsfähigere Alternativen?

#2 Trurl

Trurl

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Geschrieben 12 November 2004 - 13:42

Hallo Beverly, interessante Überlegungen die Du hier anstellst. Aber an einigen Stellen Deiner Ausführungen musste ich doch etwas stutzen. Du schreibst als Anforderung an eine hypothetische Nachfolgetheorie:

Man könnte von einer Nachfolgetheorie zum Beispiel verlangen, dass sie einfacher zu verstehen ist und daher einem breiteren Kreis von Menschen in allen Aspekten zugänglich ist als Relativitäts- und Quantentheorie.

Wünschen und verlangen kann man viel, ob man das dann bekommt steht auf einem anderen Blatt. Ich glaube nicht, dass es je eine allgemeine Theorie zur Quantengravitation geben wird, die gleichzeitig verständlich und mathematisch einfach wäre. Der derzeit interessanteste Anwärter, die Superstringtheorie, ist rein mathematisch gesehen zwar sehr elegant, wenn man den Mathematikern unter den theoretischen Physikern Glauben schenken darf und in einem gewissen Sinne auch einfach, aber NUR für Spezialisten auf dem Gebiet. Das bedeutet leider nicht, dass sie auch für den Rest der Menschheit einfach zu verstehen wäre! Einfach sind nur einige Grundprinzipien oder Annahmen, die der Theorie zu Grunde liegen. Eine einheitliche Feldtheorie würde mit weniger Anfangsparametern auskommen. Insofern wäre sie umfassender und "einfacher", die mathematische Formulierung der Theorie selbst bleibt allerdings hochkomplex. Ich glaube nicht, dass man aus diesem Dilemma herauskommt. Das würde mich schon sehr wundern. Dann schreibst Du weiter:

- Reisen mit Überlichtgeschwindigkeit sowie Zeitreisen sind seit langen ein zu erfüllender Wunsch nicht nur von SF-Autoen- es sollte möglich sein, Objekte auch in Dimensionen unterhalb der Planck-Länge und der Planck-Zeit begrifflich zu erfassen und zu manipulieren "ein Universum auf der Nadelspitze"

Ich glaube hier sitzt Du einem fundamentalen Irrtum auf, was physikalische Theorien im Grunde leisten müssen. (Oder ich habe Dich einfach falsch verstanden.) Physikalische Theorien sind so etwas Erklärungsmuster für reale Phänomene, die beobachtbar, wiederholbar und messbar (quantifizierbar) sind. Hypothetische Annahmen oder Wünsche gehören nicht dazu. Ich müsste mich doch sehr täuschen, wenn Zeitreisen oder Reisen mit Überlichtgeschwindigkeit bereits in die Kategorie beobachtbarer Ereignisse gehören, die dringend erklärt werden müssten. Abschliessend forderst Du von einer umfassenden Theorie auch noch folgendes:

Wie muss eine Theorie beschaffen sein, die das und noch mehr leisten kann? Sie sollte meines Erachtens interdisziplinär sein: Naturwissenschaften, Philosphie, Sozialwissenschaften und Anthropologie müssen eine fruchtbare Synthese eingehen. Unsere Erkenntnis der Welt in den "haarten" Naturwissenschaften ist durch viele Faktoren bedingt, die für gewöhnlich außerhalt von ihnen liegen.

Nun hier habe ich ebenfalls ein Problem, denn was Du hier forderst kann keine physikalische Theorie, die etwas taugen (= erklären) soll, leisten. Eine naturwissenschaftliche oder physikalische Theorie für Gott, alles Andere und den Rest dazu wird es nicht geben. Sorry für meine Skepsis. Damit wird auch der Theoriebegriff, so wie er besipielsweise in der Physik mit Erfolg verwendet wird, überfrachtet und nutzlos. Physikalische Theorien sind immer dann am erfolgreichsten, wenn sie eine begrenzte Zahl von Phämonenen und physikalischen Erscheinungen exakt beschreiben können und diese Theorie bestimmte Voraussagen über das künftige Verhalten natürlicher Vorgänge ermöglicht. Das Wesen der physikalischen Theorien liegt darin, die Komplexität der Natur soweit zu reduzieren und auf die notwendigen Parameter zu vereinfachen, damit mit relativ "einfachen" mathematischen Mitteln das Verhalten physikalischer Abläufe hinreichend exakt beschrieben werden kann. Für die Newton'schen Bewegungsgesetze ist es zum Beispiel meist unerheblich mit den realen Massenverteilungen von Körpern zu rechnen. Es reicht i.d.R. völlig aus mit Massenpunkten zu arbeiten. Das ist Reduktion, Beschränkung auf das Wesentliche. Das so etwas überhaupt möglich ist, gehört zum Erfolg der naturwissenschaftlichen Methode dazu. Was Du von einer umfassenden Theorie forderst ist eigentlich keine Theorie mehr, sondern ein interdisziplinäres (natur-) wissenschaftliches Weltbild, in der die Erkentnisse aller wissenschaftlichen Teilgebiete einfliessen und einen umfassenden Wissenspool bilden. Aber haben wir sowas nicht schon längst? Trurl
»Schau dir diese Welt nur richtig an, wie durchsiebt mit riesigen, klaffenden Löchern sie ist, wie voll von Nichts, einem Nichts, das die gähnenden Abgründe zwischen den Sternen ausfüllt; wie alles um uns herum mit diesem Nichts gepolstert ist, das finster hinter jedem Stück Materie lauert.«

Wie die Welt noch einmal davonkam, aus Stanislaw Lem Kyberiade
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#3 Beverly

Beverly

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Geschrieben 12 November 2004 - 15:43

Hallo Trurl du schreibst

Man könnte von einer Nachfolgetheorie zum Beispiel verlangen, dass sie einfacher zu verstehen ist und daher einem breiteren Kreis von Menschen in allen Aspekten zugänglich ist als Relativitäts- und Quantentheorie.

Wünschen und verlangen kann man viel, ob man das dann bekommt steht auf einem anderen Blatt. Ich glaube nicht, dass es je eine allgemeine Theorie zur Quantengravitation geben wird, die gleichzeitig verständlich und mathematisch einfach wäre. Der derzeit interessanteste Anwärter, die Superstringtheorie, ist rein mathematisch gesehen zwar sehr elegant, wenn man den Mathematikern unter den theoretischen Physikern Glauben schenken darf und in einem gewissen Sinne auch einfach, aber NUR für Spezialisten auf dem Gebiet. Das bedeutet leider nicht, dass sie auch für den Rest der Menschheit einfach zu verstehen wäre! Einfach sind nur einige Grundprinzipien oder Annahmen, die der Theorie zu Grunde liegen. Eine einheitliche Feldtheorie würde mit weniger Anfangsparametern auskommen. Insofern wäre sie umfassender und "einfacher", die mathematische Formulierung der Theorie selbst bleibt allerdings hochkomplex. Ich glaube nicht, dass man aus diesem Dilemma herauskommt. Das würde mich schon sehr wundern.

Das ist in der Tat eine schwierige Frage: wie viele Aussagen muss eine sinnvolle physikalische Theorie mindestens enthalten? So wie physikalische Theorien Raum und Zeit untersuchen, müsste eine Meta-Theorien diese Theorien selbst unter die Lupe nehmen, um die zum Beispiel Frage nach dem unerlässlichem Minimum an Komplexität zu klären. Du schreibst:

- Reisen mit Überlichtgeschwindigkeit sowie Zeitreisen sind seit langen ein zu erfüllender Wunsch nicht nur von SF-Autoen- es sollte möglich sein, Objekte auch in Dimensionen unterhalb der Planck-Länge und der Planck-Zeit begrifflich zu erfassen und zu manipulieren "ein Universum auf der Nadelspitze"

Ich glaube hier sitzt Du einem fundamentalen Irrtum auf, was physikalische Theorien im Grunde leisten müssen. (Oder ich habe Dich einfach falsch verstanden.) Physikalische Theorien sind so etwas Erklärungsmuster für reale Phänomene, die beobachtbar, wiederholbar und messbar (quantifizierbar) sind. Hypothetische Annahmen oder Wünsche gehören nicht dazu. Ich müsste mich doch sehr täuschen, wenn Zeitreisen oder Reisen mit Überlichtgeschwindigkeit bereits in die Kategorie beobachtbarer Ereignisse gehören, die dringend erklärt werden müssten.

Da habe ich wohl Theorien und aus ihnen resultierende Anwendungen durcheinander gebracht. "Überlichtgeschwindigkeit" und "Zeitreisen" oder auch künstliche Schwerkraft sind keine physikalischen Theorien, sondern nur deren Anwendungen.Doch andererseits lehnen sich die Physiker selbst immer sehr weit aus den Fenster und laufen Gefahr, ganz herunter zu fallen, wenn sie Aussagen über die grundsätzliche Möglichkeit oder Unmöglichkeit solcher Anwendungen treffen. Von der anderen, anwendungsorientierten Seite wiederum kommen Wünsche danach, die Erkenntnisse auch als Grundlage für neue Technologien zu nutzen. Eine Wissenschaft, die darauf nur mit selbstgefälligen Tautologien reagiert oder das Universum mit Verbotsschildern vollstellt, läuft da Gefahr, in Bedeutungslosigkeit zu versinken.

Was Du von einer umfassenden Theorie forderst ist eigentlich keine Theorie mehr, sondern ein interdisziplinäres (natur-) wissenschaftliches Weltbild, in der die Erkentnisse aller wissenschaftlichen Teilgebiete einfliessen und einen umfassenden Wissenspool bilden. Aber haben wir sowas nicht schon längst?

Du hast Recht, es ist keine Theorie sondern ein Weltbild. Wobei das Weltbild aber wieder auf die Theoriebildung wirken soll und auch als Prüfstein für Theorien wirken soll. Ein bisschen sozialwissenschaftliche oder auch anthropologische Analyse wirkt manchmal Wunder, wenn es darum geht, von ihren Vertretern mit vollmundigem Absolutheitsanspruch vorgebrachte Theorien auf Normalmaß zu schrumpfen.

#4 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 12 November 2004 - 16:04

Hi, Trurl

Also punktuell gibt es genau die Sachen, die Beverly sich wünscht, schon:

    [*]Wunsch = Extrapolation - sicherlich kann ein SF-Autor sich was von einer Physiktheorie "wünschen", wenn sie/er getestete Theorien extrapoliert; klar, das wird immer schwerer, aber fast nur so werden doch heutzutage neue Teilchen von Physikern "gefunden" - dann baut jemand einen Zyklotron der groß genug ist das Teilchen nachzuweisen... <_<
    [*]Einbindung nicht beweisbarer Einflüsse in wissenschaftliche Theorien - schon mal vom "anthropischen Prinzip" gehört? Ich bin kein Fan davon, aber in der Astrophysik wird das immer wieder gern angewandt. Und beide Einstein und Hawking haben bereits in bekannteren Äußerungen "Gott" zitiert. Und das sind beide Menschen, die eine Menge mehr von Physik verstanden/verstehen als ich (oder wahrscheinlich du). Was natürlich nicht heißt, dass sie sich nicht irren können; ich will nur sagen, dass unerklärliche Einflüsse immer wieder von Physikern konstatiert und "bespekuliert" werden.
    [*]Mathematik der Physik - ob es Systeme gibt, die einfacher sind als die die wir heute benutzen, um z.B. String-Thesen zu beschreiben, können wir heute evtl. nicht klären. Als ich in die Schule ging, fehlte Kalkulus völlig im Schulplan - heute müssen sich Schüler schon damit auseinander setzen. Wer weiß wann die mathematischen Werkzeuge die für Strings in Frage kommen, auch Teens vorgestellt werden? Ist eben alles relativ. :)
    [/list]Zum 1. Punkt empfehle ich dir Crichton's Sphere - da ist die Auswirkung von Vorstellungskraft auf das Machbare zentrales Thema! Zur Idee des Universums auf der Stecknadel lese man auch Attanasio's Centuries (dt. ?), obwohl ich das ein bisschen zäh zu lesen fand.

    Le Guin's Planet der Habenichtse erinnert daran dass andere Mathematiken denkbar sind, und dadurch ganz andere Phänomene extrapolierbar werden.

    Zu Strings und der GUT ("grand unifying theory", die alle 4 Kräfte vereint) empfehle ich die (Sach-) Bücher von Brian Greene.

    @Beverly: Ich finde deinen Ansatz zu diesem Thread gut, finde aber auch, dass er etwas zu weit greift. Über Lieblings-Effekte die Autoren oder Andere sich für die Zukunft wünschen, würde ich mich gerne unterhalten. Ist das was du damit meinst?

    Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 12 November 2004 - 22:46.

/KB

Yay! SF-Dialog Ende März...
Senator: Und dies ist nun die Epoche der Laser?

Farmer: [..] Die Anzahl der Menschen auf der Erde, die voller Hass/Frustration/Gewalt sind, ist zuletzt furchterregend schnell gewachsen. Dazu kommt die riesige Gefahr, dass das hier in die Hände nur einer Gruppierung oder Nation fällt... (Schulterzucken.) Das hier ist zuviel Macht für eine Person oder Gruppe, in der Hoffnung dass sie vernünftig damit umgehen. Ich durfte nicht warten. Darum hab ich es jetzt in die Welt verstreut und kündige es so breit wie möglich an.

Senator: (erblasst, stockt) Wir werden das nicht überleben.

Farmer: Ich hoffe Sie irren sich, Senator! Ich hatte eben nur eine Sache sicher kapiert - dass wir weniger Chancen dazu morgen haben würden als heute.

(Leiter eines US-Congress-Kommittees vs. Erfinder des effektivsten Handlasers, den es je gab, grob übersetzt aus der 1. KG aus Best of Frank Herbert 1965-1970, im Sphere-Verlag, Sn. 38 & 39, by Herbert sr.)


#5 Beverly

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Geschrieben 12 November 2004 - 17:50

@Beverly: Ich finde deinen Ansatz zu diesem Thread gut, finde aber auch, dass er etwas zu weit greift. Über Lieblings-Effekte die Autoren oder Andere sich für die Zukunft wünschen, würde ich mich gerne unterhalten. Ist das was du damit meinst?

Wenn man unter "Lieblings-Effekte" meint, dass die Theorien zu Anwendungen führen oder in sonst einer Weise Auswirkungen auf unser Leben haben, dann ja.

#6 Beverly

Beverly

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Geschrieben 12 November 2004 - 17:57

Einbindung nicht beweisbarer Einflüsse in wissenschaftliche Theorien - schon mal vom "anthropischen Prinzip" gehört? Ich bin kein Fan davon, aber in der Astrophysik wird das immer wieder gern angewandt.

Das "anthropische Prinzip" besagt meines Wissens, dass ein Universum bestimmte Variablen mit recht engen Werten haben muss, damit in ihm Leben und eine dieses Universum beobachtende Intelligenz möglich ist. Für mich ist das sehr banal und es sind viele - unendlich viele - Universen vorstellbar, die auf ihre jeweils besondere Weise den Anforderungen für die Entstehung von Leben und Intelligenz genügen.

#7 tichy

tichy

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Geschrieben 12 November 2004 - 18:01

Hej Beverly, ich glaube, es ist ziemliche Zeitverschwendung, über kommende Entwicklungen der theoretischen Physik zu spekulieren, ohne Fachmann zu sein. Was da läuft, kann kein Laie mehr auch nur ansatzweise nachvollziehen. Und eine Einbeziehung von Philosophie, Theologie, Soziologie usw. darf man sich aus dieser Richtung ganz sicher nicht erwarten. Deine Ausführungen haben mich aber an etwas erinnert, über das ich irgendwann mal im Internet gestolpert bin: http://www.heim-theory.com Das ist das obskure Lebenswerk eines verschrobenen Physikers, der sich sonst auch mit Levitation usw. beschäftigt hat, und der tatsächlich eine Theorie produziert hat, die die Theologie und Philosophie in sich zu vereinen behauptet. Versteht allerdings auch kein Laie ... und die "echten" Physiker belächeln das verständlicherweise nur. -- tichy
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#8 tichy

tichy

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Geschrieben 12 November 2004 - 18:05

Das anthopische Prinzip besagt, dass unser Universum deshalb so ist wie es ist, weil wir sonst nicht da wären, um überhaupt darüber nachzudenken, warum es so ist.Was nicht heisst, dass es kein anderes gibt oder geben kann -- aber es wäre dann nicht "unseres", denn dort könnten wir nicht existieren. Z.B. weil die Naturgesetze dort so sind, dass sich gar keine komplexeren Strukturen bilden können, die Information speichern und damit Leben und Bewusstsein hervorbringen können.-- tichy
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#9 Beverly

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Geschrieben 12 November 2004 - 19:32

Hej Beverly, ich glaube, es ist ziemliche Zeitverschwendung, über kommende Entwicklungen der theoretischen Physik zu spekulieren, ohne Fachmann zu sein. Was da läuft, kann kein Laie mehr auch nur ansatzweise nachvollziehen. Und eine Einbeziehung von Philosophie, Theologie, Soziologie usw. darf man sich aus dieser Richtung ganz sicher nicht erwarten.

Als Laien können wir nicht sagen, wie die Theorie in all ihren Einzelheiten aussieht, die ggfs. Relatvitätstheorie und Quantentheorie ersetzen wird. Das wissen vielleicht nicht einmal die Physiker und Mathematiker so richtig. Aber zu spekulieren halte ich für legitim. Wir haben in den letzten 600 Jahren immerhin in dieser Richtung einige erlebt: - die Ablösung des geozentrischen durch das heliozentrische Weltbild (Kopernikus, Galilei) - die Newtonsche Gravitationstheorie - die Erklärung der Entstehung des Sonnensystems aus einer Staubwolke durch Kant und Laplace - die Messung der Lichtgeschwindigkeit durch Römer, in deren Folge schon im 18. Jahrhundert eine Theorie für Schwarze Löcher (= Sterne deren Flüchtgeschwindigkeit größer als die Lichtgeschwindigkeit ist) entwickelt wurde - die Entwicklung eines für Chemi und Physik geeigneten Atom-Modells - Einsteins Relativitätstheorie - die Entwicklung eines adäquaten Modells für das Universum (Urknall-Theorie) - die Quantentheorie Diese sich aufeinander beziehenden Theorien haben uns ein immer genaueres Bild der Welt geliefert. Ich bin neugierig wie es weiter geht. Werden neue Theorien auf den alten Theorien aufbauen, sie zusammenführen, ergänzen, vereinfachen oder erweitern? Oder kommt zumindest in Teilbereichen irgendwann "tabula rasa" und Einsteins und Plancks Nachfolger greifen zum ganz großen Schwamm, wischen deren Gleichungen weg und beginnen mit neuen Ansätzen? Dazu gibt es eine Erzählung von A. E. van Vogt: Astronauten kommen nach 500 Jahren im Kälteschlaf an ihrem Ziel an, wo aber schon lange Menschen leben. Während beim Start ihres längst veralteten Raumschiffes die Menschen noch ein "atomistisches" Weltbild haben, dient nun "Adeliciander" (oder so) als Grundlage von Physik und Chemie. Was das ist, hat van Vogt nicht näher erklärt. Ich denke, er wollte damit nur zeigen, dass in ferner Zukunft die Wissenschaft mit ganz anderen Ansätzen als heute arbeiten könnte.

#10 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 12 November 2004 - 22:55

Das anthopische Prinzip besagt, dass unser Universum deshalb so ist wie es ist, weil wir sonst nicht da wären, um überhaupt darüber nachzudenken, warum es so ist.

Also so tautologisch wie es nur geht. Erinnert mich an Aristoteles "Erklärung" zu Nässe: "Wasser ist nass, weil es nass ist." http://www.scifinet....tyle_emoticons/default/cool.png :(

@Beverly: Das van-Vogt-Buch klingt sehr interessant; weißt du vielleicht den Titel?

Edit-P.S.: Ach so, noch meine Lieblings-Effekte / Anwendungen...

    [*]Unsichtbarkeit - durch "außer Phase" gehen ins nächste Quantenuniversum oder so? Nur, wenn Licht durch (oder meinetwegen um) mich fließt, damit Andere mich nicht sehen können, dürfte doch auch keins bei den Rezeptoren meiner Augen hängen bleiben? Mir scheint, dafür muss doch eine völlig neue Physiktheorie her! ^_^
    [*]Ansible - dass Materie je schneller als Licht transportiert wird, bezweifle ich, aber das Quanten-Spin-Telefon wäre doch genial! Und wenn Telefon geht, geht bestimmt auch Fernsehen (mit Schwerpunkt auf FERN!). Kausalitätseinschränkungen müssten aber wahrscheinlich baden gehen... :huh:
    [*]Zeit-Dehnung/-Raffung - ich konzentriere mich und plötzlich wird alles um mich herum langsamer bzw. schneller. Muss mir doch mal Zen-Buddhismus näher ansehen; die kriegen das bestimmt ohne neue Physiktheorie hin... (Dabei fällt mir übrigens B.J. Bayley's Alternative Relativitätstheorie ein, die er am Ende von Zen Gun beschreibt - ein Axiom war, glaub ich, "alle Planeten entfernen sich von einander mit Lichtgeschwindigkeit"! :o)
    [*]Unterdrückung jeglichen Tons in meiner näheren Umgebung - durch Abstrahlen eines starken magnetischen Impulses aus einem Armband, der Handies und Walkmen kurzschließt? :devil:
    [/list]

    Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 12 November 2004 - 23:37.

/KB

Yay! SF-Dialog Ende März...
Senator: Und dies ist nun die Epoche der Laser?

Farmer: [..] Die Anzahl der Menschen auf der Erde, die voller Hass/Frustration/Gewalt sind, ist zuletzt furchterregend schnell gewachsen. Dazu kommt die riesige Gefahr, dass das hier in die Hände nur einer Gruppierung oder Nation fällt... (Schulterzucken.) Das hier ist zuviel Macht für eine Person oder Gruppe, in der Hoffnung dass sie vernünftig damit umgehen. Ich durfte nicht warten. Darum hab ich es jetzt in die Welt verstreut und kündige es so breit wie möglich an.

Senator: (erblasst, stockt) Wir werden das nicht überleben.

Farmer: Ich hoffe Sie irren sich, Senator! Ich hatte eben nur eine Sache sicher kapiert - dass wir weniger Chancen dazu morgen haben würden als heute.

(Leiter eines US-Congress-Kommittees vs. Erfinder des effektivsten Handlasers, den es je gab, grob übersetzt aus der 1. KG aus Best of Frank Herbert 1965-1970, im Sphere-Verlag, Sn. 38 & 39, by Herbert sr.)


#11 Beverly

Beverly

    Temponaut

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Geschrieben 13 November 2004 - 10:22

@yiyippeeyippeeyay,den Titel von van Vogt weiß ich nicht mehr, es war aber kein Buch, sondern eine Erzählung.Dass das anthropische Prinzip nur eine Tautologie ist, da gebe ich dir Recht. Zudem noch eine schlechte Tautologie, da ja durchaus Universen vorstellbar sind, wo viele Naturgesetze anders sind, es aber trotzdem Nischen für Leben oder sogar Menschen gibt. Deine Anwendungen sind recht interessant, vor allem Unsichtbarkeit und Manipulation der Zeitgeschwindigkeit.Meine zwei Lieblingsanwendungen:1. Fortbewegung:Sich an jeden Punkt in der vierdimensionalen Raumzeit bewegen zu können, in man die Koordinaten Länge, Breite, Höhe und Zeit festlegt. Mit der Zeit wird das aber schwierig, weil Zeitreisen in die Vergangenheit zu den nervigen Paradoxa führen können. Sauber löst man die nur auf, indem man sich damit abfindet, dass jeder Eingriff in die Vergangenheit entweder zu einer Zeitschleife oder der Erzeugung einer neuen Welt führt. Man kann das denn mit der "Viele-Welten-Theorie" konsequent zu Ende führen. Der Viele-Welten-Theorie zufolge gibt es für jeden denkbaren Quantenzustand eine eigene Welt - das reicht von Universen, die sich nur im Spin eines einzigen Elektrons unterscheiden, bis zu Universen, wo die Naturgesetze gar keine Elektronen zulassen.Fortbewegung, welche diesen Namen verdient bedeutet daher: sich in einem Universum in Sofortzeit überall hin bewegen zu können und jedes der nach der Viele-Welten-Theorie möglichen Universen aufsuchen zu können.2. körperliche Modifikationen:Man verändert seinen Körper nach Belieben, egal ob es um Stoffwechsel, geistige Leistungsfähigkeit und Kapazität zur Informationsverarbeitung, Größe, Geschlecht, Haare und Haarfarbe geht. Unsterblich ist man so nebenbei auch.Mit diesen bescheidenen Wünschen soll es aber vorerst genug sein und mehr ist vielleicht sogar von Übel. Ich vermute sogar, dass Menschen die sich überall hin bewegen können und alle Macken und Fehlfunktionen ihres Körpers überwunden haben, völlig verkümmern, wenn sie nicht mit Herausforderungen und Anstrengungen konfrontiert werden. Gerade Superkörper wollen beim Sport bewegt werden und Partys machen nur Spaß, wenn man zwischendurch auch mal gearbeitet hat.

Bearbeitet von Beverly, 13 November 2004 - 10:23.


#12 Torben Kneesch

Torben Kneesch

    Yoginaut

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Geschrieben 14 November 2004 - 00:29

Bei dem anthropischen Prinzip geht es ja noch um eine andere Frage. Man beobachtet erst einmal, dass sich viele Parameter in der Natur in einem engen Bereich bewegen, den wir zum Leben benötigen (darüber steht vieles in dem Paper Why the universe is just so). Zum Beispiel sind Reaktionsraten von Fusionsprozessen in Sternen sehr stark von den massen der leichtesten Quarks abhängig, und das beeinflusst die Lebensdauer von Sternen, usw. Und es ist halt sehr leicht, Beispiele zu finden, in denen die Naturkonstanten nur leicht anders sind als bekannt und wir somit ein sehr ähnliches Universum wie das Bekannte haben, aber trotzdem eine wichtige Voraussetzung für Leben nicht mehr gegeben ist. Wie erklärt man das nun? Wenn man davon ausgeht, dass es nur dieses eine Univerum jemals gab, gibt und geben wird, müsste man nun fast sicher einen Schöpfer bemühen, um diese passende Wahl der Parameter zu erklären. Geht man jedoch davon aus, dass verschiedene Parametersätze realisiert sind, dann ist klar, dass nur in einem Universum, das Leben ermöglicht, diese Parameter beobachtet werden können. Die Frage spielt tatsächlich eine Rolle? Soll man eine Theorie suchen, in der man Parameter wie die Quark-Massen aus wenigen Konstanten ableiten kann, oder bleiben es immer freie Parameter, die man durch das anthropische Prinzip nur in einem lebensfreundlichen bereich vorfindet?

#13 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 14 November 2004 - 11:14

Man beobachtet erst einmal, dass sich viele Parameter in der Natur in einem engen Bereich bewegen, den wir zum Leben benötigen (darüber steht vieles in dem Paper Why the universe is just so).

Ich hab jetzt das Paper noch nicht durch, aber dein Satz birgt die Tautologie, die ich meine. Ich versuch's mal genauer zu definieren:

Man nehme an es gebe 999 Merkmale einer physikalischen "Welt", die sie im Wesentlichen (was immer das sein mag) formen. Wenn nun eine Spezies, die ihre eigene Weltsicht gemessen an der kompletten "Welt" nur eingeschränkt wahrnimmt oder versteht, sagen wir 333 dieser Merkmale sieht, und davon mehr als die Hälfte (sagen wir 222) als genau passend versteht, um sie selbst zu Stande zu bringen, und dann behauptet dass die "Welt" existiert oder "geschaffen wurde", um sie hervor zu bringen - dann haben wir m.E. so etwas wie das anthropische Prinzip. Mein Problem ist ja nicht die Beobachtung an sich, sondern dass anhand des anthropischen Prinzips ins Unbekannte extrapoliert wird, und dann damit weitere Forschung "gesteuert" werden könnte. (Das hat m.E. besondere Relevanz wenn man Gerüchte aus den USA hört, dass Forschungsetats zu Themen, die neuerdings dem grassierenden christlichen Fundamentalismus nicht genehm sind, gekürzt oder gestrichen werden. http://www.scifinet....tyle_emoticons/default/angry.png)

Außerdem definiert dein Satz oben nicht näher was Leben ist. Darüber streiten sich die Biologen mächtig (man lese z.B. staunend in Watson's Romeo Error - zu dt. Grenzbereiche des Lebens - über das Dilemma nach, wann genau der Tod eintritt); es gibt von sehr vagen Definitionen wie "etwas das Energie verarbeitet" bis zu sehr "anthropischen" alles Mögliche. Und "etwas das Energie verarbeitet" kann sicherlich auch in vielen anderen Universen existieren...

@tichy:

es wäre dann nicht "unseres", denn dort könnten wir nicht existieren. Z.B. weil die Naturgesetze dort so sind, dass sich gar keine komplexeren Strukturen bilden können, die Information speichern und damit Leben und Bewusstsein hervorbringen können.

Dass, wenn wir nicht existieren können, auch keine komplexeren Strukturen sich bilden können, halte ich keineswegs für erwiesen. Und dass Bewusstsein irgend etwas Messbares ist, auch nicht; vieles bei solchen Definitionen geht davon aus, dass unsere Wissenschaft solche Dinge wie Leben und Bewusstsein oder meinetwegen auch "Intelligenz" erkennen (ergo: messen) kann.

Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 14 November 2004 - 12:23.

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Yay! SF-Dialog Ende März...
Senator: Und dies ist nun die Epoche der Laser?

Farmer: [..] Die Anzahl der Menschen auf der Erde, die voller Hass/Frustration/Gewalt sind, ist zuletzt furchterregend schnell gewachsen. Dazu kommt die riesige Gefahr, dass das hier in die Hände nur einer Gruppierung oder Nation fällt... (Schulterzucken.) Das hier ist zuviel Macht für eine Person oder Gruppe, in der Hoffnung dass sie vernünftig damit umgehen. Ich durfte nicht warten. Darum hab ich es jetzt in die Welt verstreut und kündige es so breit wie möglich an.

Senator: (erblasst, stockt) Wir werden das nicht überleben.

Farmer: Ich hoffe Sie irren sich, Senator! Ich hatte eben nur eine Sache sicher kapiert - dass wir weniger Chancen dazu morgen haben würden als heute.

(Leiter eines US-Congress-Kommittees vs. Erfinder des effektivsten Handlasers, den es je gab, grob übersetzt aus der 1. KG aus Best of Frank Herbert 1965-1970, im Sphere-Verlag, Sn. 38 & 39, by Herbert sr.)


#14 Torben Kneesch

Torben Kneesch

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Geschrieben 14 November 2004 - 13:58

Man nehme an es gebe 999 Merkmale einer physikalischen "Welt", die sie im Wesentlichen (was immer das sein mag) formen. Wenn nun eine Spezies, die ihre eigene Weltsicht gemessen an der kompletten "Welt" nur eingeschränkt wahrnimmt oder versteht, sagen wir 333 dieser Merkmale sieht, und davon mehr als die Hälfte (sagen wir 222) als genau passend versteht, um sie selbst zu Stande zu bringen, und dann behauptet dass die "Welt" existiert oder "geschaffen wurde", um sie hervor zu bringen - dann haben wir m.E. so etwas wie das anthropische Prinzip.

Das ist schon Interpretation. Wenn man an die Existenz mehrerer Universen glaubt, dann weist uns das anthropische Prinzip darauf hin, dass wir nicht in einem typischen Universum sein müssen, sondern in einem, dass uns ermöglicht. Das steht im Kontrast zu der älteren Annahme, dass wir die Naturgesetze, die wir in unserer Umgebung vorfinden, auf das ganze Universum extrapolieren können. Nach dem geozentrischen Weltbild sind wir ja sehr bescheiden geworden. Aber an darf halt nicht aus den Augen verlieren, dass wir nur lebensfreundliche Gebiete beobachten können, mithin also vielleicht doch an einem speziellen Ort zu einer speziellen Zeit leben. Man muss schon Fundamentalist sein, um daraus zwingend die Existenz eines Schöpfers zu folgern.

Außerdem definiert dein Satz oben nicht näher was Leben ist.

Das folgt doch klar aus dem Prinzip selbst. Da wir hier von Parametern reden, die nur durch die Grundlagenforschung einer Zivilisation entdeckt werden, reden wir von intelligentem Leben, das die Grundlagen seiner Existenz hinterfragt.

Dass, wenn wir nicht existieren können, auch keine komplexeren Strukturen sich bilden können, halte ich keineswegs für erwiesen.

Um das anthropische Prinzip damit außer Kraft zu setzen, müsstest Du aber intelligentes Leben für die Mehrheit der möglichen Universen für möglich halten. Und da habe ich meine Zweifel. Es müsste zum Beispiel nur die Symmetriebrechung durch das Higgs-Boson wegfallen, um die ganze Suppe sehr viel homogener und damit unstrukturierter zu machen.

#15 Torben Kneesch

Torben Kneesch

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Geschrieben 14 November 2004 - 14:08

Das 20. Jahrhundert wurde von der Relativitätstheorie und der Quantentheorie geprägt. Die Aussagen beider Theorien scheinen oft im Widerspruch zu unserer alltäglichen Wahrnehmung der Welt zu stehen, aber sie wurden durch zahlreiche Experimente bestätigt.

Die Relativitätstheorie erklärt Raum und Zeit in großen Zusammenhängen. Wesentliche Aussagen von ihr:


    [*]Schwerkraft ist gleichzusetzen mit einer Krümmung des Raums
    [*]ein materieller Körper kann sich bei Beschleunigung der Lichtgeschwindigkeit immer weiter annäher, sie aber nie erreichen
    [*]Zeit ist nicht absolut, sondern abhängig vom Bezugssystem
    [/list]Die Quantentheorie erklärt die Welt in ihren kleinsten Dimensionen und verbindet Physik mit Erkenntnistheorie. Wesentliche Aussagen von ihr:

      [*]der Ort und der Impuls eines Teilchens lassen sich nicht zugleich mit beliebiger Genauigkeit bestimmen (Unschärferelation)


      [*]der Beobachter hat immer Einfluss auf das Beobachtete und in der Physik beeinglusst die Messung das Messergebnis
      [*]die - unbeobachtete - Welt ist ein Ensemble aus Wahrscheinlichkeiten und einander überlappenden Wellenfunktionen. Erst Beobachtung und Messung bestimmen, welche der Wahrscheinlichkeiten real wird
      [/list]Relativitätstheorie und Quantentheorie haben einen beispiellosen Siegeszug hinter sich. Von Kosmologie bis zur Elektronik haben sie Wissenschaft und Technik ihren Stempel aufgedrückt.
      Die "harte" Technik arbeitet an der Übertragung von Informationen mittels des "gekoppelten Quantenzustands" und hofft auf den "Quantencomputer" mit heute kaum vorstellbarer Leistungsfähigkeit.
      In der Science Fiction dienen derweil quantenphysikalische Effekte als neuer Zaubertrick, um mittels fiktiver Supertechnologien Spannung zu erzeugen.

      Doch deshalb muss an innovative Science Fiction-Autoren als Erste die Frage gehen:

      was kommt nach Relativitätstheorie und Quantentheorie?

      Eine Nachfolgetheorie zum Verständnis und zur Manipulation der Welt muss empirisch belegten Aussagen von Relativitäts- und Quantentheorie ebenfalls erklären, aber bei der Welterklärung Dinge leisten, die mit den beiden Theorien wohl nicht möglich sind.

      Mit etwas Fantasie lässt sich da eine große und anspruchsvolle Wunschliste erstellen. Man könnte von einer Nachfolgetheorie zum Beispiel verlangen, dass sie einfacher zu verstehen ist und daher einem breiteren Kreis von Menschen in allen Aspekten zugänglich ist als Relativitäts- und Quantentheorie.
      Weitere Wünsche:

      - sie sollte ermöglichen Wechselwirkungen wie Schwerkraft, starke und schwache Kraft besser zu verstehen und zu manipulieren
      - Reisen mit Überlichtgeschwindigkeit sowie Zeitreisen sind seit langen ein zu erfüllender Wunsch nicht nur von SF-Autoen- es sollte möglich sein, Objekte auch in Dimensionen unterhalb der Planck-Länge und der Planck-Zeit begrifflich zu erfassen und zu manipulieren "ein Universum auf der Nadelspitze"
      - das lineare Fortschreiten der Zeit von Vergangenheit über Gegenwart in Zukunft sollte überwunden werden. In einem durch Länge, Breite, Höhe, Zeit bestimmten vierdimensionalen Universum gäbe es dann ein ewiges Jetzt, ein Ort in der "Vergangenheit" ist ebenso gut erreichbar wie einer in "Gegenwart" oder "Zukunft"

      Wie muss eine Theorie beschaffen sein, die das und noch mehr leisten kann?

      Sie sollte meines Erachtens interdisziplinär sein: Naturwissenschaften, Philosphie, Sozialwissenschaften und Anthropologie müssen eine fruchtbare Synthese eingehen. Unsere Erkenntnis der Welt in den "haarten" Naturwissenschaften ist durch viele Faktoren bedingt, die für gewöhnlich außerhalt von ihnen liegen.
      Damit zusammenhängend sind die Kategorien, mit denen Naturwissenschaftler an die Erklärung der Welt gehen, auf ihre Zwangsläufigkeit und Angemessenheit zu prüfen. Gibt es Alternativen, wenn ja, gibt es auch leistungsfähigere Alternativen?

Ich will Dich nicht ständig ärgern, aber ein paar Aussagen will kommentieren:

räumliche und zeitlichen Distanzen lassen sich nur bis hinab zur so genannten Planck-Zeit und Planck-Länge bestimmen. Kleinere Einheiten für Raum und Zeit gibt es nicht

Das sagt die Quantenmechanik nicht. Die Planck-Größen sind ein Dimensionsargument. In der Größenordnung, die sich aus den fundamentalsten Naturkonstanten ergeben, erwartet wir, dass man eine vereinigte Theorie von Raum-Zeit und Quanten braucht.

[*]das Vakuum ist nicht absolut leer, sondern erfüllt von virtuellen Teilchen, die entstehen und vergehen, aber unter bestimmten Umständen dauerhaft weiter existieren können

Im Vakuum brodelt's, aber virtuelle Teilchen können nie und nimmer weiter dauerhaft weiter existieren. Sie kommen aus der Sicht der Quantenfeldtheorie immer nur auf inneren Linien in Feynman-Graphen vor.

Das mit dem Weiterexistieren ist ein populärer Irrtum, den wir wohl Hawkings kleiner Geschichte der Zeit verdanken. :rolleyes:

[*]der Beobachter hat immer Einfluss auf das Beobachtete und in der Physik beeinglusst die Messung das Messergebnis

"Wer misst, der stört" galt schon vor der QM, aber es stimmt natürlich, dass erst seit der Quantenmechanik der Beobachter einen so prinzipiellen Einfluss auf die Messgrösse hat.

Bei den folgenden schließe ich mich den Anderen hier an: Eine neue Theorie wird sich nicht von Wunschdenken leiten lassen, und das mit der Interdisziplinarität funktioniert nicht.

#16 yiyippeeyippeeyay

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    Interstellargestein

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Geschrieben 14 November 2004 - 14:42

Um das anthropische Prinzip damit außer Kraft zu setzen, müsstest Du aber intelligentes Leben für die Mehrheit der möglichen Universen für möglich halten.

"Intelligentes Leben" ist kein wissenschaftlicher Begriff an sich. Irgendwie geartetes Leben KÖNNTE intelligent sein. Da wir es noch nicht mal in diesem Universum eindeutig erkennen können (werden), ist es natürlich auch in anderen Universen möglich. (Mir fällt gerade auf, dass das Problem des Erkennen von Intelligenz m.E. auch Kernthema von Lem's Solaris ist.)

Und übrigens: Ich muss ja gar keine so grundliegenden Änderungen wie Symmetriebrechungen machen, um mir vorstellen zu können, dass irgendwie geartetes Leben ganz anders aussehen kann als unseres. Hier in diesem Universum gibt es genug physikalisch unerklärten Spielraum für andere Daseinsformen - Physik kratzt mal gerade am Rand des Erlebbaren (oder Messbaren) und erklärt vieles nicht. Damit werte ich Physik usw. nicht ab - im Gegenteil; ich will nur sagen es gibt noch so viel mehr an möglichen physikalischen Erkenntnissen, als die die wir Menschen bisher geschafft haben: Wenn mir jemand mal ganz genau erklären kann, wann (und evtl. warum!) Wasser aus einem Hahn so fließt wie es fließt, wenn mir jemand BEWEISEN kann, dass Cirruswolken nicht der Versuch des Planeten Erde sind, mir einen Witz zu erzählen (dessen Pointe ich nur leider bisher nicht verstehen konnte), wenn mir jemand erklären kann was genau (und wo überhaupt) dunkle Materie ist, dann höre ich mir gerne noch mal die Thesen DIESER Wissenschaftler zum Anthropismus des Universums an. :rolleyes:

/KB

Yay! SF-Dialog Ende März...
Senator: Und dies ist nun die Epoche der Laser?

Farmer: [..] Die Anzahl der Menschen auf der Erde, die voller Hass/Frustration/Gewalt sind, ist zuletzt furchterregend schnell gewachsen. Dazu kommt die riesige Gefahr, dass das hier in die Hände nur einer Gruppierung oder Nation fällt... (Schulterzucken.) Das hier ist zuviel Macht für eine Person oder Gruppe, in der Hoffnung dass sie vernünftig damit umgehen. Ich durfte nicht warten. Darum hab ich es jetzt in die Welt verstreut und kündige es so breit wie möglich an.

Senator: (erblasst, stockt) Wir werden das nicht überleben.

Farmer: Ich hoffe Sie irren sich, Senator! Ich hatte eben nur eine Sache sicher kapiert - dass wir weniger Chancen dazu morgen haben würden als heute.

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#17 Beverly

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Geschrieben 15 November 2004 - 22:18

Bei dem anthropischen Prinzip geht es ja noch um eine andere Frage. Man beobachtet erst einmal, dass sich viele Parameter in der Natur in einem engen Bereich bewegen, den wir zum Leben benötigen (darüber steht vieles in dem Paper Why the universe is just so). Zum Beispiel sind Reaktionsraten von Fusionsprozessen in Sternen sehr stark von den massen der leichtesten Quarks abhängig, und das beeinflusst die Lebensdauer von Sternen, usw. Und es ist halt sehr leicht, Beispiele zu finden, in denen die Naturkonstanten nur leicht anders sind als bekannt und wir somit ein sehr ähnliches Universum wie das Bekannte haben, aber trotzdem eine wichtige Voraussetzung für Leben nicht mehr gegeben ist. Wie erklärt man das nun? Wenn man davon ausgeht, dass es nur dieses eine Univerum jemals gab, gibt und geben wird, müsste man nun fast sicher einen Schöpfer bemühen, um diese passende Wahl der Parameter zu erklären. Geht man jedoch davon aus, dass verschiedene Parametersätze realisiert sind, dann ist klar, dass nur in einem Universum, das Leben ermöglicht, diese Parameter beobachtet werden können. Die Frage spielt tatsächlich eine Rolle? Soll man eine Theorie suchen, in der man Parameter wie die Quark-Massen aus wenigen Konstanten ableiten kann, oder bleiben es immer freie Parameter, die man durch das anthropische Prinzip nur in einem lebensfreundlichen bereich vorfindet?

Leben wir überhaupt in einem "lebensfreundlichen" Universum oder in einem harschen und abweisenden Universum, das Leben nur an wenigen Orten in sehr begrenzten Zeiträumen ermöglicht? Zudem werden dem Leben bei der Höherorganisation Steine in den Weg gelegt und Knüppel zwischen die Beine geworfen. Meines Erachtens liegt das an der Thermodynamik und der Zunahme der Entropie mit der Zeit. Es ist leichter sich den Knochen zu brechen, als einen gebrochenen Knochen wieder zusammen wachsen zu lassen. Organismen verfallen im Laufe der Zeit, anstatt sich immer weiter zu vervollkommnen. Es gibt einen Roman, meines Wissens von David Brin mit dem Titel DER ÜBUNGSEFFEKT, wo Entropie und Thermodynamik genau anders herum funktionieren: neue Gegenstände sind zwar relativ klobig und krumpelig, aber je mehr sie benutzt werden, desto stabiler, funktionaler und eleganter werden sie. Man könnte sich auch ein Universum vorstellen, in dem die Entropie im Laufe der Zeit nicht zu- sondern abnimmt und wo die Materie nicht nach Unordnung, sondern nach Ordnung strebt. Leben wäre da höher organisiert, weiter verbreitet und käme auch an Orten vor, die in unserem Universum als lebensfeindlich gelten.

Bearbeitet von Beverly, 15 November 2004 - 22:19.


#18 Trurl

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Geschrieben 19 November 2004 - 12:13

Ganz aktuell zu unserer Diskussion hier: ein SPIEGEL-Artikel zur Hypothese einiger Astrophysiker, unser Universum wäre eine Simulation. Kann man auch als Antwort auf das "Anthropische Prinzip" lesen. Tja was soll ich zu dem Artikel sagen? Er ist wieder einmal im typischen SPIEGEL-Stil verfasst, der spekulative Aussagen so darstellt als wären sie bereits als Tatsachen ausgemacht. Weiter hat mich überrascht, wie das Paradigma des Computers sogar das Denken der Astrophysiker infiziert. Originell sind diese Ideen weiss Gott nicht. In der SF werden sie bereits seit Jahrzehnten(!) vertreten und es macht diese Thesen auch nicht glaubwürdiger, wenn nun auch renommierte Wissenschaftler, denen offensichtlich nichts Besseres mehr einfällt, sie für sich entdecken und auf einen bereits fahrenden Zug springen. Rein sachlich missfällt mir an der Simulationshypothese, die unreflektierte Verwendung des Realitätsbegriffs. Ist Realität die Welt ausserhalb der Simulation? Was unterscheidet die simulierte Realität von der "echten" Realität? Sind simulierte Atome für simulierte Wesen weniger real? Ist es für simulierte Wesen überhaupt möglich zu unterscheiden? Wer in einer Simulation lebt hat keine Ahnung von einer "realen" Realität und deren Beschaffenheit. Er kann seine Realität nicht von der Simulation unterscheiden, weil die Simulation seine Realität ist. Der Hinweis wir könnten irgendwelche "Programmierfehler" als Zeichen für die Unechtheit unserer Welt deuten, hilft da auch nicht weiter. Wir haben doch keine Möglichkeit solche Unregelmässigkeiten als "Programmierfehler" zu interpretieren. Wie müsste ein Defekt der Programmierung beschaffen sein um als Simulationsfehler entdeckt zu werden? Wie unterscheidet sich dieser Fehler von ganz normalen Wissenslücken und unvollständigen Theorien. Sind es Wunder? Na ja, Wunder sind doch nur Lücken in unseren theoretischen Vorstellung wie die Welt beschaffen ist. Worauf ich hinaus will, ist zu zeigen, dass eine simulierte Welt, für die simulierten Wesen ontologisch den gleichen Stellenwert hat, wie eine hypothetische echte Welt - solange sie sich dessen nicht bewusst sind. Sobald man weiss, dass man in einer erschaffenen Welt lebt, ändert sich weltanschaulich sehr viel oder sehr wenig, falls man zu jenen zählt, die schon immer geglaubt haben, ein Schöpfer habe die Welt erschaffen. Philosophisch ist das alles ein uralter Hut. Schon Platon zweifelte die Echheit unserer "erfahrbaren" Realität an und postulierte eine Realität hinter unserer Wirklichkeit. Oder Berkeleys Idee des Solipsismus. Widerlegen kann man das alles nicht, aber genausowenig wie ich glaube, dass die Welt in der ich lebe, nur die Erfindung meines Geistes ist, bin ich ohne zwingenden Beweis bereit in der Simulationshyopthese mehr zu sehen als ein interessantes Gedankenexperiment. Wissenschaftssphilosophisch könnte man nämlich einwenden, dass die Hypothese nicht dem Ockhamschen Rasiermesser-Prinzip gehorcht. In diesem Fall muss man die Existenz unseres Universums mit Zusatzhypothesen stützen, z.B. dass es fiktive Superzivilisationen gibt, die unsere Welt erschaffen haben. Theoretisch ist das möglich, aber nicht sehr wahrscheinlich. Jedenfalls ist mir eine Theorie lieber, die mit einem Minimum zusätzlicher Annahmen auskommt um unsere Welt zu erklären. Aber im Grunde stört mich noch was ganz Anderes, etwas das mir großes Unbehagen bereitet. Und zwar, dass seriöse Wissenschaftler mir doch tatsächlich weissmachen wollen, hinter unserer Welt steckten nur ein paar verrückte Alienprogrammierer die sich den ganzen Stuss ausgedacht haben sollen. Unser Universum mag lebensfördernd sein, freundlich gesonnen ist es uns nicht. Eine Welt in der Folter, Völkermord und KZ's möglich sind, in der zerstören leichter als erschaffen ist, kann noch lange nicht die beste aller Welten sein und ist weit vom Paradies entfernt. Ich könnte keinerlei Dank gegenüber den Schöpfern dieser Welt empfinden, wenn ich mir vorstellte, dass dahinter ein bewusster Wille steht. Solange ich glauben kann, dass alles Existierende, nur durch Zufall entstanden ist, kann ich auch mit den Unzulänglichkeiten unserer Welt leben. Aber das sind schon mein persönlichen Ansichten und keine sachliche Einwände. Trurl
»Schau dir diese Welt nur richtig an, wie durchsiebt mit riesigen, klaffenden Löchern sie ist, wie voll von Nichts, einem Nichts, das die gähnenden Abgründe zwischen den Sternen ausfüllt; wie alles um uns herum mit diesem Nichts gepolstert ist, das finster hinter jedem Stück Materie lauert.«

Wie die Welt noch einmal davonkam, aus Stanislaw Lem Kyberiade
  • (Buch) gerade am lesen:Jeff VanderMeer - Autorität
  • (Buch) als nächstes geplant:Jeff VanderMeer - Akzeptanz
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#19 tichy

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Geschrieben 19 November 2004 - 16:33

Hej Trurl,das erinnert doch stark an Professor Corcoran und seine denkenden Maschinen, nicht wahr? :D (Und an ein paar Dutzend andere Stories von Lem, Dick oder Gibson, aber lassen wir das.)Anyway: Wer seinen Tipler gelesen hat, weiss sowieso, dass man eine perfekte, also von der Kopie nicht unterscheidbare Simulation eine "Emulation" nennt und diese von der "wirklichen Wirklichkeit" zu unterscheiden logischer Unfug ist. Insofern kann uns diese ganze Hypothese ohnehin am Sitzfleisch vorbei gehen.-- tichy
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#20 Beverly

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Geschrieben 19 November 2004 - 22:50

Eine Welt "nur" in einem Computer zu simulieren, hat wenig Stil. Da muss in der Superzivilisation nur mal der Strom ausfallen, dann ist das das Ende der simulierten Welt oder zumindest der noch nicht auf dem Datenspeicher gesicherten Geschichte.Nein, falls Superzivilisationen Welten erschaffen, tun sie das mit einem künstlichen Urknall. Die so entstandenen Welten existieren ebenso wie die Welt ihrer Schöpfer aus sich heraus und sind trotz ihres künstlichen Ursprungs eigenständig. Ihre Schöpfer können sie ebenso bereisen oder in ihnen wohnen, wie in ihrer eigenen Welt. Allerdings ist die Frage, ob unsere Welt aus einem natürlichem oder künstlich erzeugtem Urknall stammt, beim derzeitigen Wissensstand pure und nicht verifizierbare Spekulation. Bis zum zwingenden Beweis des Gegenteils sollte von einem natürlichem Ursprung ausgegangen werden, weil ein Schöpfer (wir Trurl schon sagte) eine überflüssige und spekulative Zusatzhypothese darstellt.Man kann das Spekulieren allerdings noch weiter treiben und vermuten, dass die Erschaffung neuer Universen für Superzivilisationen nichts Ungewöhnliches ist, sondern etwas ganz Normales, was allerdings weitreichende Konsequenzen für solche Zivilisationen hat. Möglicherweisen machen sie sich in unseren Universum nicht so bemerkbar, weil der Schwerpunkt ihrer Aktivitäten in den von ihn geschaffenen und nach ihren Bedürfnissen optimierten Welten liegt.

#21 Beverly

Beverly

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Geschrieben 19 November 2004 - 22:54

Wer seinen Tipler gelesen hat, weiss sowieso, dass man eine perfekte, also von der Kopie nicht unterscheidbare Simulation eine "Emulation" nennt und diese von der "wirklichen Wirklichkeit" zu unterscheiden logischer Unfug ist. Insofern kann uns diese ganze Hypothese ohnehin am Sitzfleisch vorbei gehen.

Reale und virtuelle Welt könnten sich aber so vereinen, dass nach und nach alle Möglichkeiten der Manipulation unserer im Computer erschaffenen virtuellen Welten auch auf die reale Welt übertragen werden. So wie man heute Information erzeugen, duplizieren, verändern und vernichten kann, kann man das vielleicht irgendwann mit materiellen Objekten, weil Materie nur noch als eine Form von Information angesehen wird.

#22 Gast_Jorge_*

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Geschrieben 20 November 2004 - 20:18

Nein, falls Superzivilisationen Welten erschaffen, tun sie das mit einem künstlichen Urknall. Die so entstandenen Welten existieren ebenso wie die Welt ihrer Schöpfer aus sich heraus und sind trotz ihres künstlichen Ursprungs eigenständig. Ihre Schöpfer können sie ebenso bereisen oder in ihnen wohnen, wie in ihrer eigenen Welt. Man kann das Spekulieren allerdings noch weiter treiben und vermuten, dass die Erschaffung neuer Universen für Superzivilisationen nichts Ungewöhnliches ist, sondern etwas ganz Normales, was allerdings weitreichende Konsequenzen für solche Zivilisationen hat. Möglicherweisen machen sie sich in unseren Universum nicht so bemerkbar, weil der Schwerpunkt ihrer Aktivitäten in den von ihn geschaffenen und nach ihren Bedürfnissen optimierten Welten liegt.

Diese Idee gibt`s schon in Philip Jose Farmers "Die Welt der tausend Ebenen": Darin stellt sich z.b. heraus, das unsere Erde(inclusive Bewohner) mitsamt dem Sonnensystem künstlichen Ursprungs ist. Die sog. "Lords" -eine humanoide Superzivilisation- haben sie gebaut, indem sie in der Raumzeit ein Taschenuniversum schufen, das allerdings nur bis zum Kometengürtel reicht, alles andere dahinter ist nur Illusion. Die Pointe an der Geschichte ist allerdings, daß als Vorlage für den Bau des Sonnensystems das Heimatsystem der Lords diente; inklusive der Illusion der Sterne... Die Lords und ihr System sind nämlich ebenfalls künstlichen Ursprungs, ohne jemals auf die Spuren der eigentlichen Schöpfer gestoßen zu sein...

Bearbeitet von Jorge, 20 November 2004 - 20:19.


#23 Beverly

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Geschrieben 22 November 2004 - 22:22

Nein, falls Superzivilisationen Welten erschaffen, tun sie das mit einem künstlichen Urknall. Die so entstandenen Welten existieren ebenso wie die Welt ihrer Schöpfer aus sich heraus und sind trotz ihres künstlichen Ursprungs eigenständig. Ihre Schöpfer können sie ebenso bereisen oder in ihnen wohnen, wie in ihrer eigenen Welt. Man kann das Spekulieren allerdings noch weiter treiben und vermuten, dass die Erschaffung neuer Universen für Superzivilisationen nichts Ungewöhnliches ist, sondern etwas ganz Normales, was allerdings weitreichende Konsequenzen für solche Zivilisationen hat. Möglicherweisen machen sie sich in unseren Universum nicht so bemerkbar, weil der Schwerpunkt ihrer Aktivitäten in den von ihn geschaffenen und nach ihren Bedürfnissen optimierten Welten liegt.

Diese Idee gibt`s schon in Philip Jose Farmers "Die Welt der tausend Ebenen": Darin stellt sich z.b. heraus, das unsere Erde(inclusive Bewohner) mitsamt dem Sonnensystem künstlichen Ursprungs ist. Die sog. "Lords" -eine humanoide Superzivilisation- haben sie gebaut, indem sie in der Raumzeit ein Taschenuniversum schufen, das allerdings nur bis zum Kometengürtel reicht, alles andere dahinter ist nur Illusion. Die Pointe an der Geschichte ist allerdings, daß als Vorlage für den Bau des Sonnensystems das Heimatsystem der Lords diente; inklusive der Illusion der Sterne... Die Lords und ihr System sind nämlich ebenfalls künstlichen Ursprungs, ohne jemals auf die Spuren der eigentlichen Schöpfer gestoßen zu sein...

DIE WELT DER TAUSEND EBENEN habe ich ebenfalls gelesen. Die Idee, Universen mit unterschiedlichem Aufbau und Naturgesetzen zu schaffen, war sehr gut, nur fand ich die Lords als Weltenschöpfer und auch sonst recht beschränkt. In dem Zyklus wird gut beschrieben, wie sie ihre Macht nicht weiser macht, sondern nur korrumpiert. Das mit unserer Welt als künstliche Schöpfung der Lords, deren Welt wiederum eine künstliche Schöpfung ist, zeigt sehr gut, warum es nichts nützt, ohne zwingenden Beweis den Ursprung der Welt mit einem Schöpfer erklären zu wollen. Dann muss man nämlich den Ursprung dieses Schöpfers erklären und eine endlose Kausalkette tut sich auf. Da wir in unserem Universum keinen zwingenden Beweis für einem Schöpfer haben, ist es sinnvoll das Universum aus sich selbst heraus zu erklären, wobei ich denke, dass intelligente Wesen, die das Universum beobachten und analysieren dabei eine unentbehrliche Rolle spielen. Ein Universum in dem niemand ist, der es wahrnimmt, existiert allenfalls als abstraktes Gedankenkonstrukt von Wesen in einem anderen Universum.


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