Hallo.
@Ralph: Für mich sind länder-, sprach-, epochen- bezogene Vergleiche (und überhaupt sonstige), immer nur Mittel zum Spiel oder (wenn Ernst) zum Kampf. Hier ist aber eindeutig Spielwiese und deshalb ists mir wurscht, wie jemand vergleicht. Selbst die brachialste Holzhammermethode kann grazile Flächen freilegen.
Zudem hängt es von der Laune oder einem längerfristig gefaßten Betrachtungs-Blickpunkt ab, ob man diese oder jene Art von Vergleich derzeit mag oder nicht.
Ich geb ja zu, daß speziell Vergleiche der Art USA-Deutsch derzeit schnell mal nerven, tun sie mich ja auch. Nehme ich also zumindest die positiven Aspekte solcher Vergleiche und Verwandtschaften zur Kenntnis und freu mich über Autoren wie Matt Ruff, Neal Stephenson, Annie E. Proulx, von mir mir aus auch Herrn Franzen (»Korrekturen« siehe »Buddenbrocks«) und wen noch nicht alles. Umgekehrt freu ich mich ja auch über Dorris Dörrie, Jakob Ajourni und Acif Pirinci, weil sie auf eine für mich angenehme Art (auch) viel US-Amerikanisches in den deutschsprachigen Fiktionsraum transportieren.
Allgemein kann ich an Deinen positiven Kick ebenfalls mit einem
Lesehinweis anschließen: Mich erinnert jetzt das
»Die Frau des Zeitreisenden« von Audrey Niffenegger (Fischer Hardcover, noch) wegen des ähnlich mutigen dramaturgischen Geschichtenerzählens. Auch hier wieder die Romanze als gröbste Grundfolie. Habe ich vor 10 Tagen nur mal zum Inspizieren in die Hand genommen, und bin gleich bis Seite 150 reingerutscht (mir gings also wie Mouse: Buch aufgeschlagen †¦ und plötzlich wars Stunden später und eine andere Seele in mir gierte nach Kaffee).
@Rusch: Die Programmatik der drei großen Teile GLEICHGEWICHT, CHAOS und ORDNUNG ist doch ziemlich deutlich. In »Gleichgewicht« folgen drei Kapitel Mouse immer auf drei Kapitel Andrew. In »Chaos« gibts diese Ordnung eben nicht mehr, und in »Ordnug« findet - wie es sich für ein
Märchen gehört - sich alles zu einem friedlichen Ende ein.
Vielleicht ist aber auch meine Kapitelstrukturgraphik schlicht zu durcheinander :-)
@Joe Chip: Nun, die Stunde der Gender-Wahrheit in Kapitel 15 ist der HAMMER, den ich oben hauptsächlich meinte. Etwas derartig Grundlegendes über die Hälfte des Buches vor dem Leser zu verbergen, ist schon außerordentlich, ganz allgemein »literarisch«, egal in welchem Genre.
Bei meiner Erstlektüre, habe ich nach lesen von Kapitel 15 erstmal einige frühere Kapitel nochmal gelesen, †¦
†¢ Andy am Morgen beim Anziehen und das unpassende Hemd;
†¢ Adam, der in Kapitel 2 beim ersten Date mit Julie (1995) mit dem Geheimnis fast rausplatzt;
†¢ überhaupt: die Liebes-Episode mit Andrew und Julie zu Weihnachten/Sylvester 1996 schimmert anders.
Zu dem {Prolog} des Buches kam mir gestern eine Idee - eigentlich kommen diese ersten drei Seiten nur mit dem englischen Titel im Hinterkopf richtig gut. Da heißt es (grob selbst übersetzt):
»I was called to finish the job that my father had begun: a job that he had chosen, but that I was made for«
»Ich wurde gerufen um die Arbeit abzuschließen, die mein Vater begonnen hatte: eine Arbeit, für die er sich entschieden hatte, aber für die ich gemacht war.«
Und da macht der englische Titel voll Sinn: diese Arbeitsaufgabe (Programmierung) von Andrew lautet eben: BRING DAS HAUS IN ORDNUNG und eben nicht ICH UND DIE ANDEREN †¦ ich hoffe Ihr könnt meine Bedeutung fangen, es ist so eine von denen Sounddingens :-)
Übrigens: auf englisch steht an entsprechender Stelle, bei der Du, Ralph, dieses »Sinn« zuerst so peinsam fandest: »to know (their)
purpose in life«. --- Gut, das kann man mit »Sinn« übersetzten, und ist auch gar nicht super-Bäh das zu tun, aber »Aufgabe« oder »Ziel« erscheint mir passender. --- Aber ich les ja auf englisch: Deutsch check ich erst als Taschenbuch.
Und ich sag Euch: eine Timeline, also chronologische Ereignisübersicht zu diesem Buch zu erstellen, bedeutet sich auf eine fortwährendes Vor- und Zurückblättern einzulassen. Harrgh.
Grüße vom blätternden
Alex / molosovsky