Hallo.
Wegen Maledicta und Malefica.
Kann ja sein, ich assoziiere arg wild, aber mir springt zu Beginn der beiden Namen das
male (männlich) entgegen. Vielleicht eine beabsichtigtes Signal von Ruff: »die männlich, auf Männer-Art Handelnde« (= Gewalttätige) und die »männlich, in Männer-Art Sprechende« (= Fluchende).
Bekannt sind mir außer
Malaise,
Maledictum (siehe Requiem-Messe, z.B. Mozart) auch noch
Malefiz und verwandte Begriffe, die vom lateinischen Wort für »Übel, ungelegen, schlecht†¦« abgeleitet sind.
Im Roman werden die beiden Namen übersetzt mit
Evil-Speaker und
Evil-Doer, gerade letzteres ist ja eine Lieblingsvokal von uns allen geworden, seit ein Weltpolitiker sie gern und oft gebraucht :-)
@Rusch: Vorweg: Du liegst freilich mit Deinem Argument auf der sichereren Seite †¦ ABER: Ich denke, es ist leichter zu schreiben, daß »Ich und die anderen«
keine SF ist, als es ausformuliert zu begründen, aus mehreren Gründen.
Eindeutige Genre-Definitionen sind meiner Ansicht/Erfahrungen nach Wunschdenken, denn ein Genre lebt vom Wechselspiel zwischen Routine (Genre-Regeln) und Innovation (Abweichen von Genre-Regeln).
Ich finde es etwas fad, daß man sich unter SF (fast) außschließlich fiktive Zukunftswelten vorstellt, noch dazu ist viel SF ziemlich auf Technik fixiert (oder auf Politisch-Gesellschaftliches wie bei Bradbury, Orwell oder Capek). --- Ab und zu fällt es ja jemanden auf, daß der Genre-Namen SF ja noch nicht mal die Zukunft als Handlungszeit impliziert. Wie siehts mit »Der Schwarm« von Frank Schätzing oder »The Day after Tomorrow« aus? Sind in der Gegenwart angesiedelt und dennoch akzenptieren viele diese Stoffe als SF.
»Ich und die anderen« ist im besten Sinne eine
spekulative Fiktion, und spekuliert wird eben über das, was man »Ich« oder »Persönlichkeit« zu nennen pflegt. Zwei große Theorien werden vorgebracht: die Vasen-Theorie und die aufgeteilter Rosenstock-Theorie.
Daß darüberhinaus so gut wie keine Psychologie auftaucht, ist für mich eine der großen Stärken des Romans. Psychoanalytisch gibts kaum mehr Kluges zu theoretisieren, solange um und mit den
harten Neuro- und Kognitionswissenschaften.
Alles was im Roman an sogenannter
Innerer Geographie/Landschaft geschildert wird (sowohl Andys Haus am See, als auch Penny Höhle), ist für mich zweifelsohne Phantastik, wenn man sich des Wortes in der ursprünglichen und klarst zu handhabenden Bedeutung annimmt: »sichtbar werden lassen, erscheinen lassen«. Etwas ist also
phantastisch, wenn es sichtbar oder anschaulich werden läßt, was so nur schwelich bis gar nicht mit eigenen Augen zu betrachten ist. Beispiel:
»Ich hatte 2,8 Promille«, wäre die faktisch gemessene Wirklichkeit eines toxologischen Mischungsverhältnis.
»Ich hatte 5 Weizen und mehere Runden Scotch«, ist das gleiche anhand der Getränkebezeichnungen, weniger exakt, aber immer noch sehr anschaulich.
»Ich war so besoffen, daß ich einigen Bergen die Gipfel abgebrochen habe«, ist eine von vielen Redewendungen, die obwohl sie total ungenau und gar nicht bei der Sache ist, ziemlich gut rüberbringt, WIE besoffen man wohl gewesen ist.
Zum Thema passend: »Ich war so besoffen, daß ich nicht mehr wußte, ob ich Männlein oder Weiblein bin«.
Schön ist ja auch: »Diese Erinnerungen sind so verlohren in der Zeit, wie Tränen im Regen.« --- Da ist außer dem Regen nichts Gegenständliches zum sich-Vorstellen, und dennoch kommt einem (mir zumindest und anderen P.K. Dick/»Blade Runner«-Fans) dieser Satz äußerst anschaulich/wahr vor.
Ich geh lieber mal weiterlesen, sonst fang ich noch an, hier über die ontologischen Provokationen von Phantastik gegenüber den tradierten mono-hierarchischen Großillusionen (Religionen, Ideologien), nur soviel:
Jeder hat eine selbst-konstruierte Welt im Kopf, was aber noch keine Apologie des Solepsismus sein soll.
Grüße
Alex / molosovsky
Bearbeitet von molosovsky, 05 Januar 2005 - 11:03.