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'Die Wälder am Fluss'


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7 Antworten in diesem Thema

#1 HarryW

HarryW

    Ufonaut

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Geschrieben 04 März 2005 - 14:41

Vorneweg möchte ich darauf hinweisen, dass dieses Buch KEINE Science Fiction ist. Ich persönlich bin aber der Meinung, man sollte sich auf keinen Fall auf nur ein einziges Genre beschränken. Abwechslung bringt Frische, Frische bringt Freude, und all das sorgt letztendlich dafür, den eigenen Horizont zu erweitern. Umschlagstext: Anfang der Dreissiger Jahre gibt es im Sabine River in Texas noch Alligatoren. Ein Junge wie Harry kann in den dichten Auwäldern Eichhörnchen schiessen. Doch am Ufer macht der Elfjährige eine schreckliche Entdeckung - die mit Stacheldraht an einen Baum gefesselte Leiche einer Schwarzen. Zusammen mit seiner kleinen Schwester verdächtigt er den Ziegenmann, eine Sagengestalt des Flusses. Harrys Vater ist der Friseur und Constable des Dorfes, ihn überfordert der Fall. Als ein Unschuldiger gelyncht wird, macht Harry sich selbst auf die Suche nach einem grausamen Mörder. Dem kindlichen Blick des Helden, der an Tom Sawyer und Huckleberry Finn erinnert, enthüllt sich die Düsternis eines Faulknerschen Südens voll Gewalt und Rassismus. Mein Eindruck: Wenn man (wie ich) alle auf deutsch erschienen Bücher Lansdales gelesen hat, fällt auf, dass dieses eher neue Werk sprachlich hinter den älteren hinterher hinkt. Ob das nun an der Übersetzung, einem mangelhaften Lektorat oder schlicht dem Autoren selbst liegt, vermag ich nicht zu beurteilen. Wahrscheinlich wird es aber eine Kombination dieser drei genannten Möglichkeiten sein. Zu den Stärken Lansdales hat es schon immer gehört, menschliche Brutalität kalt und knapp zu beschreiben, so kalt und beiläufig, dass einem klar wird, dass der Mensch letzten Endes zu allem fähig ist. Wie im Epilog des Buches erwähnt, weist die Geschichte vier verschiedene Ebenen auf. Ein verbindendes Element dieser Ebenen ist letztendlich die oben genannte Gewalt, die vom Menschen ausgeht. Ebene 1: Kindheitserinnerung / Abenteuer Ebene 2: Rassismus Ebene 3: Die Möglichkeit mythischer Geschehnisse (hier der Ziegenmann) Ebene 4: Kriminalistische Handlung 'Die Wälder am Fluss' funktioniert auf alle diesen Ebenen gut bis hervorragend. Stark ist die Erzählperspektive - Ebene 1 -, Harry, der die Geschichte in der Ich-Form als Kindheitserinnerung erzählt. Der leider auch heutzutage noch immer herrschende Rassismus - Ebene 2 - wird eindrücklich und schockierend geschildert. Ich persönlich glaube nicht, dass der Autor hierbei übertrieben oder dazugedichtet hat. Diesem Kriminalfall einen Schuss Mystik - Ebene 3 - beizumischen, macht das ganze interessant. Immerhin muss man sich vor Augen halten, dass der Held 11 Jahre alt ist und die Geschichte in den 30-iger Jahren spielt. Von Aufklärung also noch keine Spur. Ebene 4, der Kriminalfall an sich, ist nicht gerade hervorragend gelungen, aber zumindest solide. Die psychologischen Motive des Täters scheinen mir nachvollziehbar, auch wenn ich keinerlei psychologische Ausbildung habe, um dies wirklich zu beurteilen. Fazit: Lesenswert (4 Punkte auf der Fünffingerskala) Hier gibt es hervorragende Infos über den Autoren und sein Schaffen: http://www.joerlansdale.com/ Bücher, die auf deutsch erschienen sind: - Nightrunners (Thriller / Verlag: Rowohlt) - Texas Blues (Krimi / Verlag: Rowohlt) - Mambo mit zwei Bären (Krimi / Verlag: Rowohlt) - Kalt brennt die Sonne über Texas (Thriller / Verlag: Rowohlt) - Schlechtes Chili (Krimi / Verlag: Dumont Noir) - Batman 3 - Tanz in den Tod (Superhelden, Mystery / Verlag: Goldmann) - Drive In (Splatter, Pulp / Verlag: Pulp Master) - Akt der Liebe (Thriller / Verlag: Pulp Master) - Die Wälder am Fluss (Krimi / Verlag: DuMonts)

Bearbeitet von HarryW, 04 März 2005 - 14:44.


#2 Jürgen

Jürgen

    CyberPunk

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Geschrieben 04 März 2005 - 14:51

Hallo HarryW,Danke für deine Rezension zu diesem Buch.Mit deiner Aussage, dass ein wenig Abwechslung gut tut hast du unzweifelhaft Recht (auch ich musste mich mal von der SF ein wenig "erholen" und habe zwischendurch ein Douglas Coupland verschlungen).Gemäss einer Absprache der Moderatoren und Admins wurde aber festgelegt, dass Rezensionen und Vorstellungen zu Romanen, die nicht in das Genre Science Fiction fallen, in den Bereich -Off Topic- verschoben werden.Ich hoffe auf dein Verständnis zu dieser Maßnahme.GrussJürgenPS: ich versuche in den nächsten Tagen innerhalb des Off-Topic einen Thread für Non-SF Romane zu bekommen...
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#3 ANUBIS

ANUBIS

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Geschrieben 05 März 2005 - 00:05

Das ist eine ausgezeichnete Idee, Jürgen :D Zu Wälder am Fluß kann ich nur sagen....Spitzentitel, unbedingt lesen!!!!!!!!!!!!!!!Greetz

Bearbeitet von ANUBIS, 05 März 2005 - 00:06.

" Der erste Trank aus dem Becher der Naturwissenschaften macht atheistisch; aber auf dem Grund des Bechers wartet Gott "

Werner Heisenberg,Atomphysiker
  • • (Buch) gerade am lesen:Der Totenerwecker von Wrath James Wright
  • • (Buch) als nächstes geplant:???
  • • (Film) als nächstes geplant: ???
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#4 Hardy

Hardy

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Geschrieben 05 März 2005 - 02:12

Hallo Leute, "Die Wälder am Fluss" ist das beste Buch, das ich in den letzten Monaten gelesen habe. Aber so ganz Off-Topic ist es eigentlich nicht, denn immerhin geht darin nicht nur um recht drastische Kriminalfälle, sondern auch um Mythen. Wer es gelesen hat: Ich meine den Ziegenmann. Allerdings kann man darüber nicht allzu viel schreiben, ohne die Handlung zu verraten. Beste GrüßeHardy

#5 Gast_g. b. corner_*

Gast_g. b. corner_*
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Geschrieben 12 März 2005 - 17:46

passt aber vielleicht hierher, weil lansdale doch auch einiges im genre schreibt. seine horrorstories (sehr empfehlenswert!!!) enthalten oft SF-elemente, wenn er auch (noch?) keine reine SF produziert hat. die 'wälder am fluss' hat nichts wirklich fantastisches, ist aber trotzdem ein super buch (wenn auch etwas moralinsauer). wer's gerne etwas handfester und humorvoller hat, wird von lansdale mit den romanen um Hap Collins und Leonard Pine, zwei der unwahrscheinlichsten aufklärer im krimi-genre, hervorragend bedient - kann ich empfehlen!seine kurzgeschichte 'Bubba Ho-Tep' ist übrigens vor zwei jahren verfilmt worden - falls jemand gelegenheit hat, den film zu sehen: sehr zu empfehlen! (wird leider nur auf festivals gezeigt)georg(und wenn wir schon bei empfehlungen zu krimis sind: lansdales texanischer mitverschwörer, Neal Barrett jr., dürfte SF-fans ja bekannt sein, aber vielleicht ist weniger bekannt, dass er auch krimis schreibt - nichts hochtrabendes, aber teilweise zum schreien komisch und ungeheuer rasant. mein favorit: Pink Vodka Blues!)

#6 Gast_Jorge_*

Gast_Jorge_*
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Geschrieben 12 März 2005 - 22:35

seine kurzgeschichte 'Bubba Ho-Tep' ist übrigens vor zwei jahren verfilmt worden - falls jemand gelegenheit hat, den film zu sehen: sehr zu empfehlen! (wird leider nur auf festivals gezeigt)

Den hab`ich auf dem FF-Köln gesehen, Elvis Presley und John F. Kennedy versus mordlüsterne Mumie ;) . Die DVD gibt`s auch schon(allerdings nur US Regio Code 1) Gibt es die Kurzgeschichte auf deutsch in irgendeiner Sammlung?

#7 Gast_g. b. corner_*

Gast_g. b. corner_*
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Geschrieben 14 März 2005 - 17:02

fürchte nicht, nicht einmal in einer anthologie.im original ist es in 'Writer of the Purple Rage' enthalten. inzwischen wird aber einiges von lansdale übersetzt, vielleicht kommen da auch einmal seine vielen kurzgeschichten dran.georg

#8 HarryW

HarryW

    Ufonaut

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Geschrieben 14 März 2005 - 18:05

Vor ein paar Monaten - d.h. als der Film anlief - war die Kurzgeschichte, auf der der Film basiert, für einen ganzen Monat auf Joe R. Lansdales Homepage zu lesen (in englischer Sprache natürlich). Mit einem netten Mail an die Betreiber oder den Autoren könnte man vielleicht irgendwie nochmal Zugang erhalten. Hier die Homepage: http://www.joerlansdale.com/


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