Nur in Deutsch, für die Originale reicht mein Englisch nicht.
Aber, ich bin schwer begeistert:
Hier meine Leseeindrücke:
Achtung Spoiler!!!
In einem anderen Buch
Sie gibt sich wirklich Mühe. Ein Leben für die Literatur und dennoch schlägt das Leben grausam donnernd zu. Thursday Next hat eine Menge Probleme. Ihre Familie beginnt sich im temporalen Chaos zu verlieren, ihr erstes Abenteuer bescherte ihr neue Feinde und große Begehrlichkeiten und natürlich müssen Lehren gezogen werden, was direkt zu einer Lehrstelle bei Miss Havisham aus Große Erwartungen von Charles Dickens führt: Genau, die ewige Braut.
Ach ja, etwas Pressearbeit ist zu leisten, Dodo Pickwick legt ein Ei, und die Entropie entropiert.
Das Lesen des zweiten Thursday-Next Bandes ist wieder eine Entdeckungsreise in die englische Literatur. Dabei geht es fast mehr um die nicht geschriebenen oder verschollenen Werke, so etwa um Shakespeares Cardenio und den großen Pool der mangelhaften Ideen und Konzepte, die von der Grinsekatze verwaltet werden.
Aber wir erleben einen Prozess natürlich in Kafkas Gerichtsaal aus dem Prozess, wir begegnen der Herzdame, wie die Grinsekatze aus Alice im Wunderland, und begeben uns in Verstand und Gefühl von Jane Austen; ach ja, im Raben von Poe hat Thursday auch noch etwas zu erledigen.
Die zum Teil völlig absurden Geschehnisse sind Teil einer sehr komplexen und gut durchdachten Handlung, Nebensächlichkeiten gibt es in diesem Buch nicht, so nebensächlich sie auch versteckt werden. Fforde ist ein begeisternder Erzähler, mit britischem oder besser waliser Humor lästert er bitterböse über die Macht globaler Konzerne und unüberlegter Manipulation der Natur.
dtv hat den zweiten Fforde-Band in der Reihe dtv galleria premium herausgebracht, wobei ein Unterschied zur alten dtv-Premium Reihe nicht zu erkennen ist. Die gelbe Einbandgestaltung passt zum Vorgänger, wirkt aber doch etwas sehr signalhaft, es steht zu befürchten, dass dtv die farbliche Gestaltung der Philip K. Dick Reihe von Heyne nachahmt.
Der kleine Oldtimer auf dem Cover hat nur einen vagen Bezug zum Buch, ist damit aber ausreichend neutral, um den Leser nicht abzuschrecken.
Inzwischen ist Fforde in Deutschlands Leserherzen angekommen und man sollte wirklich keinen Band verpassen.
Und es ist egal, ob das Werk unter Literaturwissenschaft, Science Fiction oder einfach im Belletristik Regal steht, Langeweile gibt es in einem anderen Buch, in diesem nicht!
Der Fall Jane Eyre
Das Familie Next ihre Tochter Thursday nennt, mag befremden. Aber dieses wohlige Befremden hält den Leser bis zum Schluss gefangen. Für alternative Welten gibt es viele Möglichkeiten, ja selbst die Reise in ein Buch war schon da, aber der Walise Fforde zückt mit seinem Roman gleich mehrere Tricks aus der Westentasche um es gehörig knallen zu lassen.
Die Geschichte handelt von der jungen Agentin Thursday Next, die bei einer Spezialabteilung der Polizei arbeitet und sich intensiv mit Literaturfälschungen beschäftigt, denn Next lebt in einer Welt, in der Literatur wirklich wichtig ist.
Die Leute lesen und kaufen, was das Zeug hält und so ist es nicht verwunderlich, dass fiese Schurken zu rabiaten Mitteln greifen. So nutzt der Drittübelste von allen eine nette Gelegenheit und entführt erst das Manuskript von „Martin Chuzzlewit“ und dann natürlich auch das titelbestimmende „Jane Eyre“ von Charlotte Brontë.
Next ist die Nächstbeste dieses böse Spiel zu beenden. Und so erfahren wir vom Krimkrieg, von einer deutschen Besetzung Englands, von der walisischen Volksrepublik und natürlich die abschließende Antwort auf die Frage nach der Urheberschaft shakespearescher Werke. Wie Terry Pratchett in seinen besten Scheibenwelt-Romanen, ist es kaum möglich alle Pointen und Albernheiten zu inhalieren oder nachzuerzählen. Selbst wenn man nur rudimentäre Ahnungen von britischer Literatur besitzt, wird man nicht allein gelassen mit den vielen Anspielungen auf die großen Werke, deren Essenz durch den Roman wogt. Selbstironisch wird sogar die offensichtliche Parallelität zwischen Jane Eyre und ihrem Fall dem bereits nachdenklichen Leser offenbart. Die Sprache ist klar und effektvoll, jeder Figur angepasst, eine Reporterin redet BBC-like und der Schurke gibt das intelligente Genie im Stile Sherlock Holmes.
Jasper Ffordes Erstling erschien 2001 und in Großbritannien ist „The Eyre Affair“ ein Riesenerfolg. Erstaunlich, wie lange eine deutsche Veröffentlichung dauerte. Erst in diesem Jahr brachte dtv das Werk in einer überzeugenden Übersetzung von Lorenz Stern heraus und ist nun sogar schon in der Zweitauflage im Handel.
Der Deutsche Taschenbuch Verlag gönnte dem Buch ein Auftauchen in der „premium“-Ausgabe, die mit leuchtendem Rot und mit einer kleinen Zeichnung Thornfields sehr gut aussieht und überhaupt nicht auf einen amüsanten Band Science Fiction schließen lässt. Aber es würde nicht verwundern wenn nun auch „Sturmhöhe“, Martin Chuzzlewit“ und natürlich „Jane Eyre“ neue Verkaufserfolge erzielten. Zumindest bis Ende des Jahres Band 2 in den deutschen Läden liegt.
„Der Fall Jane Eyre“ ist ein großes Amüsements, ein Buch zum Immerwiederlesen und ein hochprozentiger Cocktail der zu einer ausgelassenen Mahlzeit anregt.