Hallo zusammen,
Galax Acheronian "Erstkontakt: Koloniewelten 4" beendet.
Die zweite Kurzgeschichte im Band heißt "Schicksal" und mit ihr wurde ich nicht so recht warm. Wir haben eine Wissenschaftlerin, die aus ihrer Trauer nicht herauskommt, und wir haben den guten Menschen, der ihr (durchaus nicht ohne Hintergedanken) helfen will. Wieder wird das Große "repressive Gesellschaft" auf das Kleine (persönlicher Umgang mit den Folgen des Ausbruchsversuch) heruntergebrochen. So etwas finde ich überaus spannend. Jetzt ist es ja ein Nebeneffekt von kurzen Texten, das sie nicht viel Platz bieten. Viel mehr als ein kurzes Aufbauen hin zur großen Krise und dann zur Lösung ist kaum möglich. Bei "Schicksal" mischt sich da nun für mich etwas zu viel Beiwerk ein. Wie jetzt welche Technik funktioniert, mhm. Es geht um die Wissenschaftlerin. Um ihr Leiden. Und die Möglichkeiten, ihr zu helfen. Da hätte ich mir mehr Tiefe der Figuren gewünscht und weniger Technik.
Der Roman funktioniert in der Hinsicht wesentlich besser. Es geht um künstliche Schwerkraft. Und einen sich überraschend anbahnenden Deal zwischen dem repressiven System und den Nachfahren der von dort Vertriebenen. Es prallt Engstirnigkeit auf Toleranz. Und dazwischen die, die sich clever durchlavieren. Und auch manche, denen diese Fähigkeit fehlt. Ich kenne jetzt die anderen Romane aus der Reihe nicht, werde aber wie Nebenbei über die gesellschaftlichen Zustände auf der Erde informiert. Das wirkt nicht aufgesetzt. Und baut die Fronten geschickt auf. Zwischen die überraschend schnell der Kadett gerät. Er ist zutiefst von Erziehung/Indoktrination geprägt, eigentlich ein Musterbeispiel für den Menschen, den sich das repressive System wünscht. Und dann, bamm, kommen die Zweifel. Ja, die werden durch seinen Kumpel genährt. Aber wie glaubwürdig ist es, dass der Kumpel mit einem Mal so offen mit dem Kadetten redet? Ja, der Wandlungsprozess des Kadetten ist durchaus nachvollziehbar, gerade auch weil er durch die Folgen (s)einer Handlung dazu gezwungen wird, sich zu entscheiden, auf welcher Seite er stehen will. Da lässt der Text sich viel Zeit. Erste Bedenken, Neugierde, Rückfall in den "Glauben", Reue, Entscheidung - das passt.
Ein paar Sachen missfielen mir. Was braucht es in der Nasszelle eines Raumschiffes ohne Schwerkraft den Hinweis, das Wasser auf dem Boden Rutschgefahr bedeutet? Und warum bekommt die Crew Tabletten zur ...? Kleine Pumpe implantieren und, zack, gesicherte Dauerabgabe des Wirkstoffs. So ist auch verhindert, dass jemand die Tablette nicht schluckt. Und da es kein Handbuch "Navigation für Science-Fiction Leser" gibt, kann ich da nicht nachschlagem, wie viele Raumschiffe benötigt werden, um die Grenze des beherrschten Raums zu sichern. Die im Roman genannte Zahl erscheint mir auch für einen "Sektor" viel zu gering. Vor allem frage ich mich, welchen Sinn diese Grenzsicherung hat, wenn Raumschiffe "springen" können?
Ich bin bewusst vage geblieben weil ich nicht spoilern will.
Ach ja, hat mir gefallen. Gute Unterhaltung. Nicht Action ist der Held, es sind die Menschen. Auch wenn gerade das Schwarz dann doch etwas zu schwarz gezeichnet ist, die Grautöne wiegen das auf.
Sprachlich holpert es manchmal arg, aber Sprache ist Geschmackssache. Dass ich kein Freund von <"...", keuchte er.> etc. bin, habe ich schon zuvor erwähnt. Manches Mal reden Offiziere auch arg flappsig (und klingen dabei wie 2020). Da ist noch Potential. Bin schon gespannt, wie sich die Texte von Galax in zwei, drei Jahren lesen :-)
Gestern dann angefangen: Adam Brooks "Der chinesische Verräter". Ich bin ja bei Klappentexthymnen a la "Auf einer Höhe mit John le Carré und Frederick Forsyth" stets skeptisch, aber hier scheint mir der bislang (Seite 158) zu passen. Ich vernachlässige dabei mal bewusst die Unterschiede zwischen le Carré und Forsyth.
Viele Grüße
Tobias