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Der "Ich lese gerade..."-Thread


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5704 Antworten in diesem Thema

#4741 Dadaistin

Dadaistin

    Cybernaut

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Geschrieben 29 Oktober 2020 - 22:26

Ich habe die Szene (und noch um einiges weiter) heute gelesen, bin bereits irgendwo in den Wäldern Amaraks. Aber du hast recht, die Kuba-Sequenz ist unglaublich gut gelungen, fast schon poetisch zusammenkondensierte Lebensfreude. Wobei man aber sagen muss, dass der Roman es genau an dieser Stelle auch nötig hat. Nach der zynischen Abrechnung mit der "Festung Europa" und dem doch blutigen Piratenkampf davor ist man trotz aller kleinen Späßchen und Wortspiele in einer derart grimmigen und düsteren Stimmung, dass der Urlaub in der Karibik einfach notwendig ist.

Ja, klar. Die Schreibe davor war ebenso hart wie wichtig.
Ist auch ein gutes Beispiel dafür, wie sich Selfpublisher einfach um einiges weiter aus dem Fenster lehnen können. Ob ein deutscher (oder auch österreichischer) Verlag es einfach so durchgewunken hätte, wenn der Autor unter den bitterbösen, abgrundtief zynischen Kapitelnamen "Futter für die Fische" und "Absaufen lassen" ein flammendes Plädoyer FÜR die Seenotrettung und Flüchtlingsaufnahme hält? Inklusive Todeswunsch gegenüber jenen, die sich ihr entgegenstellen?
Ich wage es zu bezweifeln.

Aber weiter geht es:
 

Der Dieb und der Söldner von Sam Feuerbach beendet

 

Durchgehend gute Unterhaltung, die Laune und Lust auf mehr macht. Man kann sicher darüber streiten ob und wie man es noch als "historisch" bezeichnen kann, und ob einige der humoristischen Elemente nicht doch ein wenig aufgesetzt wirken, aber das ist am Ende Detailkritik. Sam Feuerbach schreibt flott und witzig, wagt sprachlich und stilistisch etwas, ohne sich in Experimenten zu verzetteln. Die Story hat Hand und Fuß, die Figuren genug Identifikationspotential und die Antagonisten jene Ecken und Kanten, die sie interessant machen.
Werde sicher mittelfristig die ganze Reihe lesen.
 

Der letzte Regent von Andreas Brandhorst begonnen

 

Auf der Suche nach SF zur Abwechslung nach meinem Ausflug in die Fantasy stolperte ich über einen Brandhorst Roman, den ich noch nicht kannte. 600 Seiten insgesamt, 100 habe ich bereits hinter mir, und handlungstechnisch will es bis jetzt noch nicht so richtig Fahrt aufnehmen. Großartiger Weltenbau, spannende Konstellationen aus Fraktionen und "menschlichen Daseinsformen" (anders kann man es nicht nennen), es gibt irgendwo einen übermächtigen Gegner als dauerpräsente Bedrohung. Genug Faszination und Motivation, um weiterzulesen, aber Spannung stellt sich bis jetzt nicht ein.



#4742 Naut

Naut

    Semantomorph

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Geschrieben 30 Oktober 2020 - 10:19

Ja, klar. Die Schreibe davor war ebenso hart wie wichtig.
Ist auch ein gutes Beispiel dafür, wie sich Selfpublisher einfach um einiges weiter aus dem Fenster lehnen können. Ob ein deutscher (oder auch österreichischer) Verlag es einfach so durchgewunken hätte, wenn der Autor unter den bitterbösen, abgrundtief zynischen Kapitelnamen "Futter für die Fische" und "Absaufen lassen" ein flammendes Plädoyer FÜR die Seenotrettung und Flüchtlingsaufnahme hält? Inklusive Todeswunsch gegenüber jenen, die sich ihr entgegenstellen?
Ich wage es zu bezweifeln.

Ohne das Buch von Ertlov jetzt im Detail zu kennen: Diese Aussage halte ich für unbegründet. Kein deutscher oder österreichischer Belletristik-Verlag wird seinen Autoren inhaltlich dermaßen reinreden. Letztlich geht es nur darum, ob sich etwas verkauft oder nicht. Wenn das Buch gut ist, kann der Autor (im Buch) ein großes Spektrum problematischer Anschauungen vertreten, dafür gibt es genug Beispiele. (Anders liegt der Fall, wenn er sich außerhalb der Bücher politisch seltsam äußert. Da gab es ja auch jüngst ein paar Fälle. Aber das ist eher ein Fall misslungener Außendarstellung.)


Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#4743 Dadaistin

Dadaistin

    Cybernaut

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Geschrieben 30 Oktober 2020 - 13:06

Kein deutscher oder österreichischer Belletristik-Verlag wird seinen Autoren inhaltlich dermaßen reinreden. Letztlich geht es nur darum, ob sich etwas verkauft oder nicht.

Ich habe in diversen Positionen insgesamt 6 Jahre lang für zwei verschiedene Verlage gearbeitet. In dieser Zeit sind mir einige Male Fälle untergekommen, in denen auf Zuruf der Verlagsleitung "entschärft" wurde. Zwei sind mir noch im Gedächtnis: 1. Ein Buch über die Habsburger, wo man einige historisch belegte, aber sehr unvorteilhafte Details streichen ließ. 2. Ein Buch über das Österreich der Nachkriegszeit, in dem ganze Kapitel, in denen es um die halbherzige oder gar nicht durchgeführte "Entnazifizierung" von Behörden und politischen Ämtern ging, umgeschrieben wurden, um nicht den Zorn der Großparteien auf sich zu ziehen. Gut, das war im Sachbuchbereich, und du sagst sehr richtig "Belletristik" - da habe ich keine eigenen Erfahrungswerte, nur die Aussage eines befreundeten deutschen Autors, dem laut seinen Angaben von einem großen Publikumsverlag sehr nachdrücklich nahe gelegt wurde, wertende politische Aussagen seines Ermittler-Protagonisten abzuschwächen. Vielleicht ist das ein Einzelfall, dann bin ich auf dem Holzweg.



#4744 Naut

Naut

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Geschrieben 30 Oktober 2020 - 15:19

Interessant! Ich vermute, das hängt dann sehr davon ab, wie stark sich ein Verlag selbst positionieren möchte. Meine Erfahrungen sind ja nur aus dem Kleinverlagsbereich.
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#4745 Ender

Ender

    Temponaut

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Geschrieben 31 Oktober 2020 - 00:19

Hallo Tobias,

Uwe Post "E-Tot". Clever & zynisch, mitreißend & zeitkritisch. Den Genuss einzig etwas trübend, dass das ", sagt ..." nicht durchgezogen wurde, mal ", blafft ..." jemand,, mal ", braust ..." wer, es wird ", bemängelt ..." und auch ", versetzt ...".

Diesen Kritikpunkt finde ich etwas überraschend. Ich habe schon Bücher gelesen, in denen mich das ständige "Er sagte, Sie sagte, Er sagte, Sie sagte ..." ziemlich genervt hat. Ist da die abwechslungsreichere Variante nicht wesentlich eleganter und angenehmer? Zumindest, solange die Begriffe - wie in den von dir genannten Beispielen - passen, und sich kein "[...]", schüttelte er den Kopf. dazwischen mogelt.

#4746 heschu

heschu

    Illuminaut

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Geschrieben 31 Oktober 2020 - 07:55

Ich fand das auch elegant gelöst. Das Wort hab ich mal von dir geklaut, Ender. Das trifft es. 


Carpe diem!

  • • (Buch) gerade am lesen:Alles, was mich interessiert ...

#4747 heschu

heschu

    Illuminaut

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Geschrieben 31 Oktober 2020 - 10:43

Den Jugendroman Die Chronos Sphere - Die Retter der Zeit von Ben Calvin Hary habe ich zwischendurch eingeschoben. Den Autor kannte ich nicht, er hat aber eine routinierte Schreibe, die mir gefällt. 

 

@Dadaistin

Von Sam Feuerbach kenne ich auch noch nichts. Deiner Beschreibung nach (Der Dieb und der Söldner), scheint der Autor für mich lesenswert zu sein.

 

Aber jetzt ist erst das Buch von Bennett dran. Freue mich darauf.


Carpe diem!

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#4748 Naut

Naut

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Geschrieben 31 Oktober 2020 - 13:43

Hallo Tobias,Diesen Kritikpunkt finde ich etwas überraschend. Ich habe schon Bücher gelesen, in denen mich das ständige "Er sagte, Sie sagte, Er sagte, Sie sagte ..." ziemlich genervt hat. Ist da die abwechslungsreichere Variante nicht wesentlich eleganter und angenehmer? Zumindest, solange die Begriffe - wie in den von dir genannten Beispielen - passen, und sich kein "[...]", schüttelte er den Kopf. dazwischen mogelt.

Das ist letztlich eine Frage der Mode und Gewohnheiten. Sprechverben waren bis in die 1980er ziemlich "in", danach wurden sie ausgehend vom angelsächsischen Sprachraum zunehmend geächtet. Prominente Sprechverbenhasser sind z.B. Stephen King und John Lansdale, die dazu auch sehr einleuchtende Erklärungen verfasst haben. Ich persönlich mag Sprechverben auch nicht (mehr), ihr zu häufiger Gebrauch wirkt auf mich als Leser oft etwas dümmlich. Die moderne Empfehlung vieler Autoren ist, die Dialogführung so zu bauen, dass keine Sprechverben gebraucht werden. Wenn z.B. nur zwei Personen sprechen, wechseln die sich sowieso ab. Oder es wird ab und zu ein "Der Kommissar kratzte sich den Stoppelbart." eingeworfen, um klarzumachen, wer da spricht.
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#4749 Weltraumschrott

Weltraumschrott

    Cybernaut

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Geschrieben 04 November 2020 - 12:42

Andreas Eschbach: Herr aller Dinge

Der in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsene Hiro hat einen Traum: Allen Menschen Reichtum zu ermöglichen. Dazu macht er es sich zur Lebensaufgabe, so hoch entwickelte Roboter zu entwickeln, dass diese den Menschen sämtliche Arbeiten abnehmen können.

In der ersten Hälfte des Romans wird die Handlung von der Beziehung der beiden Hauptfiguren zueinander und Stationen auf deren Lebensweg dominiert. Spannung kommt in dem Teil zwar kaum auf, doch ist dieser Teil glaubwürdig und interessant geschrieben. Spannung und eine actionreiche Handlung finden erst in der zweiten Hälfte des Romans statt.

Obwohl die Science-Fiction-Elemente erst spät eine dominierende Rolle spielen, sind sie im Roman zahlreich und werden gut durchdacht und überzeugend geschildert. Für mich war die "zentrale Idee" neu.

Wer den Roman noch lesen möchte, sollte folgenden Spoiler nicht lesen.

Spoiler

Ich werde sicherlich noch weitere Eschbachs lesen.



#4750 Amtranik

Amtranik

    Hordenführer

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Geschrieben 04 November 2020 - 13:21

Andreas Eschbach: Herr aller Dinge

Der in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsene Hiro hat einen Traum: Allen Menschen Reichtum zu ermöglichen. Dazu macht er es sich zur Lebensaufgabe, so hoch entwickelte Roboter zu entwickeln, dass diese den Menschen sämtliche Arbeiten abnehmen können.

In der ersten Hälfte des Romans wird die Handlung von der Beziehung der beiden Hauptfiguren zueinander und Stationen auf deren Lebensweg dominiert. Spannung kommt in dem Teil zwar kaum auf, doch ist dieser Teil glaubwürdig und interessant geschrieben. Spannung und eine actionreiche Handlung finden erst in der zweiten Hälfte des Romans statt.

Obwohl die Science-Fiction-Elemente erst spät eine dominierende Rolle spielen, sind sie im Roman zahlreich und werden gut durchdacht und überzeugend geschildert. Für mich war die "zentrale Idee" neu.

Wer den Roman noch lesen möchte, sollte folgenden Spoiler nicht lesen.

Spoiler

Ich werde sicherlich noch weitere Eschbachs lesen.

Ja, fand ich auch ein sehr schönes Buch. Ist mein persönlicher Favorit von Eschbach.



#4751 Weltraumschrott

Weltraumschrott

    Cybernaut

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Geschrieben 04 November 2020 - 14:55

Ich möchte von Eschbach auf jeden Fall noch Eine Billion Dollar lesen. Die Grundidee gefällt mir sehr gut.



#4752 Dadaistin

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    Cybernaut

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Geschrieben 06 November 2020 - 08:34

Der letzte Regent von Andreas Brandhorst beendet

 

Habe meinen Ausführungen oben nicht viel hinzuzufügen. Wer großangelegte, tausende Systeme umspannende militärische Bewegungen wie in der Kantaki Reihe erwartet, ist hier vielleicht ein wenig fehl am Platz, aber ansonsten 100% empfehlenswert. 

Mutter der Nacht von Michael Anderle begonnen

 

Nachdem mir Amazon das dauernd als Empfehlung ins Gesicht hält, und es dank KU ja kein finanzielles Risiko ist, habe ich es einmal gewagt, eines der gefühlt tausend Bücher von Michael Anderle zu beginnen. 
Und ich bin ziemlich sprachlos.
Nicht, weil es so gut ist, sondern weil ich mir die vielen lobsingenden Fachrezensionen im englischssprachigen Raum ebenso wenig erklären kann wie den Bewertungsschnitt der deutschen Ausgabe auf Amazon. Bis jetzt ist einfach nur ein Abbruchkandidat.



#4753 Selma die Sterbliche

Selma die Sterbliche

    Nautilia sempervirens

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Geschrieben 08 November 2020 - 11:38

Nachdem ich den November-Neuerscheinunungszirkel gänzlich verpennt hatte, bin ich nun dem Buchtipp von 

@Birgit gefolgt und habe mir "Artefakt Sternenpforte" von Stephen Baxter bestellt. Mal schauen, wie es mir so gefällt!

 

Zum Thema Eschbach: ich habe so meine Probleme mit ihm. Er schreibt nicht schlecht - aber dass er mich schon einmal "umgehauen" hätte, kann ich wirklich nicht behaupten.


Bearbeitet von Selma die Sterbliche, 08 November 2020 - 11:40.

Nieder mit den Gleichmachern. Sie wollen uns durch Langeweile mürbe kriegen. Es lebe die Vielfalt, denn Gegensätze ziehen sich an!  jottfuchs.de

 

 


#4754 T. Lagemann

T. Lagemann

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Geschrieben 08 November 2020 - 13:59

Hallo zusammen,

 

Michael Marrak "Lord Gamma" ausgelesen und für sehr gut befunden.

 

Aktuell: Ulrich Weber "Friedrich Dürrenmatt - Eine Biographie". Hochspannend :-)

 

Viele Grüße

Tobias


"Wir sind jetzt alle Verräter."
"Ha!", machte die alte Dame. "Nur wenn wir verlieren."

(James Corey, Calibans Krieg)

"Sentences are stumbling blocks to language."

(Jack Kerouac in einem Interview mit der New York Post, 1959)

"Na gut, dann nicht, dann bin ich eben raus
Ich unterschreib' hier nichts, was ich nicht glaub'
Na gut, dann nicht, nicht um jeden Preis
Ich gehöre nicht dazu, das ist alles was ich weiß"

(Madsen, Strophe 1 des Songs "Na gut dann nicht")
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  • • (Film) gerade gesehen: Im Westen nichts Neues

#4755 Garuda

Garuda

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Geschrieben 08 November 2020 - 15:03

Hi,

 

ich lese derzeit "To Hold Up The Sky", eine Anthologie mit Kurzgeschichten von Cixin Liu, einem meiner Lieblings-SciFi-Autoren. Einige der Geschichten sind auch schon an anderer Stelle veröffentlicht worden (auch auf Deutsch) und waren mir deshalb bereits bekannt. Ich bin - wie bereits von mir vermutet - sehr begeistert. Die Ideen sind stellenweise grandios und, wie ich finde, trotz des Alters der Kurzgeschichten von bis zu 20 Jahren immer noch sehr innovativ.

Das Buch enthält 11 Kurzgeschichten und ein Vorwort des Autors. Ich kann die Lektüre nur empfehlen.

 

Viele Grüße

Garuda



#4756 Dadaistin

Dadaistin

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Geschrieben 09 November 2020 - 21:11

Mutter der Nacht von Michael Anderle [font="tahoma, geneva, sans-serif;"]abgebrochen[/font]

 

Ich bin richtig verärgert und wütend, vor allem auf mich selbst. Normalerweise google ich zumindest ein wenig über Autor und Welt, bevor ich bei mir Unbekanntem zuschlage. Hätte ich das auch diesmal gemacht, wäre ich früher auf eine Schreibfabrik aus 40 Ghost- und Co-Autoren gestoßen, deren Schund unter dem Namen Anderles und einer Handvoll anderer im Wochenrhythmus veröffentlicht wird. Nichts gegen gut gemachten Schund, ich liebe Trash, aber das ist billigste Massenware, fragwürdig übersetzt. Seichte Handlungsstränge, platte Charaktere, sprachlich irgendwo in den verfluchten Druckplatten der Krone oder Bild-Zeitung zuhause. Finger weg.

No Good Deed von Lynn S. Hightower begonnen

 

Das krasse Gegenteil von oben. Die Autorin von "Flashpoint" führt am Anfang gekonnt in die irre - hinter dem Mysterium um eine verschwundene Teenagerin und ihr Pferd könnte genauso gut eine Young Adult stecken. Ist es aber nicht, sondern ein düsterer, blutiger, dicht gewebter Kriminalfall, in dem sich die Ermittlerin Sonora Blair rasch zu verlieren droht. Bis jetzt wirklich eine Empfehlung wert.



#4757 Naut

Naut

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Geschrieben 09 November 2020 - 22:04

40 arme Schreiber, die sich ein Pseudonym teilen? Krass, ich wusste nicht, dass es so etwas gibt. Na ja, bald kann man Unterhaltungsliteratur (und bestimmt auch den großen Bildungsroman) in Serie mit KIs produzieren. Dann bekommen die 40 Anderles von ihrem Meister eine Socke und sind frei.
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#4758 Weltraumschrott

Weltraumschrott

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Geschrieben 09 November 2020 - 23:58


No Good Deed von Lynn S. Hightower begonnen

 

Das krasse Gegenteil von oben. Die Autorin von "Flashpoint" führt am Anfang gekonnt in die irre - hinter dem Mysterium um eine verschwundene Teenagerin und ihr Pferd könnte genauso gut eine Young Adult stecken. Ist es aber nicht, sondern ein düsterer, blutiger, dicht gewebter Kriminalfall, in dem sich die Ermittlerin Sonora Blair rasch zu verlieren droht. Bis jetzt wirklich eine Empfehlung wert.

 

Hört sich nach einem Crossover von Wendy mit Hannibal an ; )
 



#4759 Dadaistin

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Geschrieben 10 November 2020 - 08:19

40 arme Schreiber, die sich ein Pseudonym teilen? Krass, ich wusste nicht, dass es so etwas gibt.
Na ja, bald kann man Unterhaltungsliteratur (und bestimmt auch den großen Bildungsroman) in Serie mit KIs produzieren. Dann bekommen die 40 Anderles von ihrem Meister eine Socke und sind frei.

 

Es sind sogar etwas mehr als 40, die sich 5-6 Hauptautorenpseudonyme teilen. Ich bin da gestern noch in einen richtig tiefen und abgründigen Kaninchenbau gestiegen. Vielleicht sollte ich auf  Privatdetektivin umsatteln.

Zwischenfazit:

Das ganze ist ein pyramidenspielartiges "Writing Imperium" (so nennen sie es selbst) mit Michael Anderle als Gott-König. Wenn man genug schreibt, steigt man zum genannten Co-Autor und dann sogar zum Hauptautor auf (der für den KU Bonus berechtigt wird, dazu gleich was). 
Es gibt sogar einige Podcasts online, wo Anderle (der von den anderen "Big Boss" genannt wird), relativ offen über die Methoden redet. Im Prinzip geht es um "20to50k", das Ziel mit je 20 Büchern jeweils 50.000 Dollar innerhalb eines Monats zu machen. Eines der Mittel dazu ist das bündeln von 10-15 echten Schreibern in einem Autorenaccount bei Amazon, um so die höchstmöglichen Kindle Unlimited Boni zu kassieren. 
Die Bücher werden nach "massentauglich" Vorgaben in jeweils 1-2 Wochen runtergeschrieben und dann von einer mexikanischen Hinterhof-Translation-Agency übersetzt.
Als ehemalige Verlagsmitarbeiterin dreht sich mir dabei der Magen um.

 

Hört sich nach einem Crossover von Wendy mit Hannibal an ; )
 

Den Eindruck hatte ich auf den ersten Seiten, aber noch wurde niemand aufgegessen  :bighlaugh:


Bearbeitet von Dadaistin, 10 November 2020 - 08:20.


#4760 Ender

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Geschrieben 10 November 2020 - 09:19

Das ganze ist ein pyramidenspielartiges "Writing Imperium" (so nennen sie es selbst) mit Michael Anderle als Gott-König.

Das James Patterson - Modell auf die Spitze getrieben. Und schon dessen Bücher schauen extrem nach Reißbrett aus. Das hier scheint allerdings noch einen Schritt weiter zu gehen. Kultur am Fließband. Rechnet sich wohl (leider).

#4761 Naut

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Geschrieben 10 November 2020 - 10:30

Das James Patterson - Modell auf die Spitze getrieben. Und schon dessen Bücher schauen extrem nach Reißbrett aus. Das hier scheint allerdings noch einen Schritt weiter zu gehen. Kultur am Fließband. Rechnet sich wohl (leider).

Die Frage ist, wie lange noch. Es bestünde die Möglichkeit, dass derartiges "Culture Economics Hacking" Verkaufs- und Bewertungssysteme wie Amazon langfristig zum Zusammenbruch bringt, weil Leser den Mechanismen nach einer Enttäuschung nicht mehr vertrauen. (Ich z.B. gehe überhaupt nicht nach Amazon oder Spiegel-Bestseller-Rankings, sondern orientiere mich ausschließlich an Meinungen aus meiner Media-Blase, also vorwiegend dem, was hier und in Nachbarforen so geschrieben wird.)

 

Und wie gesagt: Wir sind da noch am Anfang. Mit KI-Unterstützung steht uns da noch eine ganz andere Ausbaustufe des Contentbetriebs bevor.


Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#4762 Aramor

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Geschrieben 11 November 2020 - 10:51

Es sind sogar etwas mehr als 40, die sich 5-6 Hauptautorenpseudonyme teilen. Ich bin da gestern noch in einen richtig tiefen und abgründigen Kaninchenbau gestiegen. Vielleicht sollte ich auf  Privatdetektivin umsatteln.

Zwischenfazit:

Das ganze ist ein pyramidenspielartiges "Writing Imperium" (so nennen sie es selbst) mit Michael Anderle als Gott-König. Wenn man genug schreibt, steigt man zum genannten Co-Autor und dann sogar zum Hauptautor auf (der für den KU Bonus berechtigt wird, dazu gleich was). 
Es gibt sogar einige Podcasts online, wo Anderle (der von den anderen "Big Boss" genannt wird), relativ offen über die Methoden redet. Im Prinzip geht es um "20to50k", das Ziel mit je 20 Büchern jeweils 50.000 Dollar innerhalb eines Monats zu machen. Eines der Mittel dazu ist das bündeln von 10-15 echten Schreibern in einem Autorenaccount bei Amazon, um so die höchstmöglichen Kindle Unlimited Boni zu kassieren. 

 

Danke für die Recherche und die Warnung. Inzwischen ist bei mir mehr als die Hälfte aller Amazon-"Empfehlungen" (egal ob per email oder auf dem Kindle) aus dem Dunstkreis dieser Autorenschar.

 

 

Die Frage ist, wie lange noch. Es bestünde die Möglichkeit, dass derartiges "Culture Economics Hacking" Verkaufs- und Bewertungssysteme wie Amazon langfristig zum Zusammenbruch bringt, weil Leser den Mechanismen nach einer Enttäuschung nicht mehr vertrauen. (Ich z.B. gehe überhaupt nicht nach Amazon oder Spiegel-Bestseller-Rankings, sondern orientiere mich ausschließlich an Meinungen aus meiner Media-Blase, also vorwiegend dem, was hier und in Nachbarforen so geschrieben wird.)

 

Und wie gesagt: Wir sind da noch am Anfang. Mit KI-Unterstützung steht uns da noch eine ganz andere Ausbaustufe des Contentbetriebs bevor.

Das befürchte ich auch. In manchen Bereichen sieht man es ja jetzt auch schon beziehungsweise geht es in diese Richtung. Ich las letzte Woche einen Artikel über Handyspiele, mittlerweile ja ein Milliardengeschäft, und da werden viele Klone erfolgreicher Titel inzwischen von semi- oder beinahe vollautomatischen Systemen entwickelt.

Einige Updates von mir:

Beendet:

Raue See & Reiche Beute von Ivan Ertlov - hat stark angefangen, wie bereits vorher im Thread diskutiert, zeigt dann meiner Meinung nach einen kurzen Durchhänger mit dem einen oder anderen Scherz am Rande zu viel, ehe es in ein spannendes, humorvolles und sogar melancholisches letztes Drittel geht. Insgesamt aber auch wieder eine Rundumempfehlung. Von den gewohnt irren Kämpfen über die sowohl schräg als auch kultursensibel ausgearbeiteten Mythologien im Mixer bis hin zu der Story passt einfach alles. Klar, noch immer keine feingeistige Erbauungsliteratur, aber es schmeckt nach Witcher und Pratchett, Lovecraft und Conan gleichzeitig - und kein bisschen schlechter. Ganz im Gegenteil.

Infinitum - Die Ewigkeit der Sterne von Christopher Paolini, in der deutschen Knaurr-Fassung. Ich muss gestehen, ich habe Eragon nie gelesen, deswegen habe ich offenbar auch nicht jene Vergleichswerte oder Erwartungshaltungen, die bei manchen Lesern hier für Verwirrung gesorgt haben. Das ist keine Fantasy, ja nicht einmal SF-Fantasy, es ist der Versuch einer gewaltigen, weltenumspannenden Space Opera. Und funktioniert als solche gar nicht mal schlecht. Wenn man einige Logiklücken und die unbewusst immer wieder aufkeimende "WARUM???" Frage in Bezug auf die Handlungsweisen der Protagonisten verschmerzen kann, durchaus solide Unterhaltung auf sehr, sehr sehr vielen Seiten. Davon abgesehen wäre mein einziger weiterer Kritikpunkt die Sprache. Manche Begriffe wirken einfach fehl am Platz, aber das kann auch an der Übersetzung liegen.

Begonnen:

Endlich! Wir sind nicht allein von Klaus Seibel - ein Paradebeispiel dafür, wie man einen Leser nicht von Anfang an abholt und mitnimmt. Der Prolog - hier "Der Beginn" genannt - liest sich wie eine Schüleraufsatzfantasy über die Aliens von Planet Generika 12. Ich war ehrlich kurz davor, es wieder sein zu lassen, aber im ersten Kapitel wird es schon besser. Trotzdem eine für Seibel sehr ungewöhnlich einfache Sprache und hohe Klischeedichte, hätte mir das nicht erwartet. Mal sehen wie es weitergeht.



#4763 Dadaistin

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Geschrieben 11 November 2020 - 21:42

Danke für die Recherche und die Warnung. Inzwischen ist bei mir mehr als die Hälfte aller Amazon-"Empfehlungen" (egal ob per email oder auf dem Kindle) aus dem Dunstkreis dieser Autorenschar.

In meiner letzten "das könnte Sie interessieren" Email von Amazon sind es 6 von 8. Die haben einfach den Markt überflutet. Wie @Naut richtig sagt, die haben das [color=rgb(40,40,40);font-family:helvetica, arial, sans-serif;]"Culture Economics Hacking" (tolle Wortschöpfung) perfektioniert.[/color]
 

No Good Deed von Lynn S. Hightower beendet

 

Durchgehend hohe Spannung, durchgehend elegante, teils auch komplexe Sprache. Ich würde mir anmaßen, in Sachen Englisch beinahe als Native durchzugehen, aber das war definitiv am oberen Ende jenes Bereiches, in dem ich noch schnelllesen kann. Passagenweise sehr düster, mit viel Hoffnungslosigkeit und Pessimismus in Bezug auf die Menschheit (sowohl auf ihre kriminellen Elemente, als auch jene, die diese gewähren lassen). Story - die ist richtig gut, aber sehr leicht zu spoilern.
Nur soviel - es ist tatsächlich mehr Hannibal als Wendy  :happy: 

Das Gefühlsupgrade von Jo Brode begonnen

 

Herrlich lockere Geschichte über eine near-future Hackerin, die Besuch von einem Kampfroboter mit außergewöhnlichem Wunsch bekommt. Vielleicht ein klein wenig zu viele Lehnwörter aus Film & Fernsehen eingewoben, aber ein so flüssiges Lesevergnügen mit Schmunzelfaktor, dass ich inzwischen bei der Hälfte bin. Ist ja auch nicht lang.



#4764 T. Lagemann

T. Lagemann

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Geschrieben 12 November 2020 - 11:21

Hallo zusammen,

 

die Dürrenmatt Biographie von Weber hat sich gelohnt. Werde das ein und andere von Dürrenmatt wiederlesen bzw. nachholen.

 

Dann: "Risse im Beton - Das Beste aus dem MDR-Literaturwettbewerb". Eine Auswahl aus dem 2009er Jahrgang. Da waren schon ein paar interessante Kurzgeschichten dabei, anderes kam mir dann doch zu erwartbar vor. Schwierige Kindheit scheint in dem Jahr echt gut gelaufen zu sein.

 

Dann noch: Ralf Rothmann "Hotel der Schlaflosen". Im Vergleich zu dem 2009er Band des MDR-Literaturwettbewerbs zeigt sich die große Kunst Rothmanns. Hat mir ausnehmend gut gefallen!

 

Jetzt: Bernhard Schneidmüller (Hrsg.) "König Rudolf I. und der Aufstieg des Hauses Habsburg im Mittelalter".

 

Viele Grüße

Tobias


"Wir sind jetzt alle Verräter."
"Ha!", machte die alte Dame. "Nur wenn wir verlieren."

(James Corey, Calibans Krieg)

"Sentences are stumbling blocks to language."

(Jack Kerouac in einem Interview mit der New York Post, 1959)

"Na gut, dann nicht, dann bin ich eben raus
Ich unterschreib' hier nichts, was ich nicht glaub'
Na gut, dann nicht, nicht um jeden Preis
Ich gehöre nicht dazu, das ist alles was ich weiß"

(Madsen, Strophe 1 des Songs "Na gut dann nicht")
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#4765 T. Lagemann

T. Lagemann

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Geschrieben 15 November 2020 - 08:01

Hallo zusammen,

 

im Radio läuft gerade ein Gespräch über das Interregnum, das passt zum ausgelesenen "König Rudolf I. und der Aufstieg des Hauses Habsburg im Mittelalter". Einige (wenige) Beiträge waren mir dann doch etwas zu fachspezifisch, aber der Band hat mir viel Freude bereitet. Geschichte ist spannend. Und jetzt habe ich wieder jede Menge unnützes Wissen (über die Habsburger, Speyer, Vorderösterreich) abgespeichert :-)

 

Dann: Mike Knowles "Tin Men". Geradliniger Noir Krimi über durchdrehende Cops. Bei der Übersetzung hat mich manchmal der Ton gestört - cool klingt das (z.B. wenn jemand "verhaut" wird) nicht immer, eher ins banale abgleitend. Habe daher mal in die Leseprobe des Originals hinein geschaut, dafür reicht mein angejahrtes Englisch. Die "Wilson" Romane werde ich mir dann im Original genehmigen.

 

Aktuell: Mick Herron "Real Horses". Band 3 der Jackson Lamb-Reihe. Ha ha. Soooooooooooo lustig.

 

Viele Grüße

Tobias


"Wir sind jetzt alle Verräter."
"Ha!", machte die alte Dame. "Nur wenn wir verlieren."

(James Corey, Calibans Krieg)

"Sentences are stumbling blocks to language."

(Jack Kerouac in einem Interview mit der New York Post, 1959)

"Na gut, dann nicht, dann bin ich eben raus
Ich unterschreib' hier nichts, was ich nicht glaub'
Na gut, dann nicht, nicht um jeden Preis
Ich gehöre nicht dazu, das ist alles was ich weiß"

(Madsen, Strophe 1 des Songs "Na gut dann nicht")
  • • (Buch) gerade am lesen:Ich lese zu schnell, um das hier aktuell zu halten.
  • • (Film) gerade gesehen: Im Westen nichts Neues

#4766 T. Lagemann

T. Lagemann

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Geschrieben 17 November 2020 - 07:56

Hallo zusammen,

 

durch: Maxim Volland "Die Republik"

 

Der Verlag wirbt ja damit, dass es ein Roman für Fans von Harris' "Vaterland" von Harris und Eschbachs "NSA" wäre. Für mich reißt der Roman die Messlatte Harris chancenlos, denn nicht die Atmosphäre erschafft den Thrill, sondern pures Tempo. Auch ohne eine ordentliche Dosis Popcorn (oder Nachos) habe ich viel Spaß gehabt. Man darf jedoch nicht den Logikmeter einschalten, zumindest meiner ist beim Lesen mehrmals fett ins ROT gesprungen. Denn, hüstel, auf Dauer strapaziert es die Glaubwürdigkeit der Personen, wenn alle um sie herum weggeballert werden, sie aber bis auf ein verlorenes Ohrläppchen ungeschoren davon kommen. Auch einige der Kloppereien sollte man sich besser nicht vorstellen, die funktionieren dann nämlich nicht. Also: Popcorn holen, Cola knacken und Spaß haben.

 

Ach ja, "NSA". Popcornthriller und Zeigefingerhochmahnwarnliteratur lassen sich wirklich nicht vergleichen. Nur soviel: Volland /Heitz liest sich für mich weitaus mitreißender als Eschbach.

 

Aktuell: Lincoln Child "Der Luna Effekt". Lag schon länger herum ...

 

Viele Grüße

Tobias


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#4767 rostig

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Geschrieben 17 November 2020 - 11:36

Vor vier Jahren erschien "Schwarzes Gold aus Warnemünde" von Martenstein und Peuckert. Das Thema scheint mir sehr ähnlich zu "Die Republik" zu sein: dank Ölfunden avanciert die DDR zur Wirtschaftsmacht und assimiliert die BRD. Hat Volland sich da inspirieren lassen?



#4768 T. Lagemann

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Geschrieben 17 November 2020 - 13:50

Hallo,

Vor vier Jahren erschien "Schwarzes Gold aus Warnemünde" von Martenstein und Peuckert. Das Thema scheint mir sehr ähnlich zu "Die Republik" zu sein: dank Ölfunden avanciert die DDR zur Wirtschaftsmacht und assimiliert die BRD. Hat Volland sich da inspirieren lassen?

Die Ausgangslage bei Volland/Heitz ist eine völlig andere. Da hat es nie wirklich eine Bundesrepublik gegeben, die Sowjets haben 1949 bis auf West-Berlin alles übernommen. Der Aufstieg der DDR ähnelt dann etwas vorauseilend dem Chinas der letzten Jahrzehnte. Kapitalismus unter einer angeblich sozialistischen Staatsführung (und die Sowjets wurden rausgeschmissen). Hightech meets Stasi. Und mittendrin mit einem Mal Terroristen (die in Berlin Sarin freisetzen), die sehr, sehr gut ausgerüstet sind und viel zu viel zu wissen scheinen. Für den MI6 versucht Harper den Sarin-Anschlag zu lösen, für die Nomenklatura der DDR ein etwas abgehalfteter Stasi Oberst (der aber prompt wieder topfit ist), hinzu kommt ein Deutsch-Franzose und eine, öhm, wie nennt man sie bloß, ah ja, eine junge Ich-kann-alles-reparieren-und-zudem-die-überwachungsmaßnahmen-der-führung-austricksen Dame aus dem Saarland (Autofahren kann sie auch wie Hamilton, das kann der Deutschfranzose auch, aber auch Terroristen. Und Schießen können alle, aber nur NVA-Soldaten, Stasi SEK und dumme Terroristen kommen dabei um, ach ja, auch ein paar MI6 Leute).

 

Viel, viel Action. Popcornthriller. Der augenzwinkernde Witz von Martenstein/Peukert fehlt völlig. Sehr hohe Todesrate. Würde verfilmt einen typischen Til-Schweiger Action-Film abgeben.

 

Mir hat das ganze Spaß gemacht. Und trotz des hohen Tempos bleibt der Sinn nicht vollends auf der Strecke - denn was wäre gewesen, wenn es nach dem Zweiten Weltkrieg nur ein Deutschland a la dem modernen China gegeben hätte?

 

Viele Grüße

Tobias


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#4769 T. Lagemann

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Geschrieben 17 November 2020 - 18:45

Hallo zusammen,

 

Lincoln Child "Der Luna-Effekt" durch. Und da musste ich doch nachschauen, ob der Mond tatsächlich eine Atmosphäre hat. Hat er, wenn auch eine extrem dünne (10to Gesamtgewicht). Aber über die schrieb Child nicht in dem Roman, sondern über den Mondstaub, der den Mond umschwirrt. Da hat er sich dann doch etwas von den bekannten Fakten (zumindest denen, die ich auf die Schnelle gefunden habe) entfernt. Tatsächlich hebt Mondstaub von der Oberfläche ab und kann dabei auch hüpfen, aber er bildet dabei offenbar keine - wenn auch sehr dünne - Schicht in 80km und mehr Entfernung von der Oberfläche (wie im Roman). Es gibt aber wohl tatsächlich das Phänomen des Mondschleiers. Cool.

 

Ansonsten: Ließ sich angenehm lesen. Nach Volland/Heitz war es angenehm, durch ein beinah actionloses Buch zu pflügen.

 

Viele Grüße

Tobias


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Ich unterschreib' hier nichts, was ich nicht glaub'
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#4770 heschu

heschu

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Geschrieben 18 November 2020 - 17:26

Fertig bin ich mit der Anthologie Das Alien tanzt Walzer von Hrsg. Ellen Norten. Von den meisten Autoren habe ich schon mal was gelesen. Ein paar Namen waren mir unbekannt, merke ich mir aber auch. 

 

Jetzt bin ich bei Nicole Rensmanns Gewebewelten, Fantasy für Leser von 12 bis mindestens 101 Jahre. Steht jedenfalls auf der Website der Autorin. Das ist sehr gut, ich gehöre also gerade noch zur Zielgruppe.  :happy:

Liest sich flott weg. 


Carpe diem!

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