Gard Spirlin - Scott V.P.I.:Mörderjagd im Cyberspace
Ein Near-Future-Kriminalroman, der von Schriftsteller Frank Dekker und seiner Assistenz-KI Marke RoboWrite handelt, die er Scott nennt und wie die beiden einen Mordfall aufklären. Stilistisch gut, stellenweise witzig, flüssig zu lesen, Marke Pageturner, allerdings mit etwas über 170 Seiten auch eher dünn geraten. Worldbuilding dementsprechend rudimentär, nette Unterhaltung für zwischendurch ohne tiefergehenden Impact.
Carole Stivers - Der Muttercode
In der vorliegenden Dystopie geht es um eine Krankheit, welche die Menschheit nahezu ausgerottet hat. So weit, so altbekannt. Interessant wird der Roman durch die Erzählweise und die Zusammenstellung der Zutaten in meinen Augen. Stivers verbindet hier nämlich den Weltuntergang, das Ende der Menschheit und Zivilisation, mit dem derzeit sehr präsenten KI-Thema. Es werden Robotermütter geschaffen und mit einem sogenannten Muttercode versehen, die eine neue Generation immuner Kinder zur Welt bringen und danach beschützen und aufziehen sollen. Der Roman wird zunächst in zwei Ebenen erzählt, einer Gegenwartsebene, die von den Robotermüttern und ihren Schützlingen berichtet und einem Rückblick, in dem vom Beginn der Seuche und der Entwicklung des Projektes Muttercode erzählt wird, bis beide Handlungsfäden dann im letzten Teil des Romanes zusammengeführt werden. Ich darf sagen, dass mich der Roman positiv überrascht hat, erwartet hatte ich einen weiteren Science-Fiction-Roman zum Thema KI, er war aber dann doch etwas anderes. Irgendwie mehr. Vor allem war er spannend und gut erzählt. Hat mir sehr gut gefallen.
Exodus 43 - Anthologie
Nach der zuletzt überragenden Ausgabe 42 ist auch die neueste Inkarnation des Exodus Magazins wieder eine äußerst gelungene. Die Geschichten wussten mir überwiegend gut bis sehr gut zu gefallen. Beste Geschichte für mich aus dieser Ausgabe war die Story von Thomas Grüter - Meine künstlichen Kinder.
Auch Aiki Mira möchte ich namentlich erwähnen, die mir jetzt in diesem Jahr in einigen Geschichten als überdurchschnittlich gute Stilistin aufgefallen ist, auch wenn ich noch etwas mit Ihren Themen fremdle.
Marion Herzog - Algorytmica
Algorytmica von Marion Herzog ist eine Dystopie, in der, nachdem das Leben an der Erdoberfläche unmöglich geworden ist, die letzten Menschen sich in 3 Bunkeranlagen, genannt Archen, tief unter der Erdoberfläche zurückgezogen haben. Die Handlung des Romanes spielt in der Arche Hope of Tomorrow. Im ersten Moment und oberflächlich fühlt man sich an die Silo-Reihe von Hugh Howey erinnert, weiß nicht, ob das jemand von euch kennt und gelesen hat, zumal der Roman mit dem Prolog die Erkundung der Oberwelt mittels Drohnen schildert und es eben mehrere Bunkerwelten gibt.
Der vorliegende Roman ist aber ganz anders, denn hier wird eine virtuelle Welt beschrieben, wo die Bewohner der unterirdischen Bunkerwelt in Tanks liegen und ihr Leben als virtuelle Avatare verbringen. Ich möchte hier gar keine weitgehende Inhaltsangabe geben, aber es gibt natürlich einen Twist, denn die Machthaber dieser Bunkerwelt, die derzeitige Präsidentin nebst dem obersten Ratsmitglied, der zugleich der führende Programmierer der virtuellen Umwelt ist, planen aufgrund Ressourcen und Energiemangels die Terminierung der lebenden Körper und das Aufgehen aller Bewusstseine für immer in die künstliche Welt der Hologramme. Leider ohne die Bewohner zu fragen, ob sie das, überhaupt wollen. Eine Gruppe mit Namen Darksurfer möchte dies verhindern und stattdessen die Oberfläche erreichen, um sich dort eine neue Zukunft aufzubauen.
Im Grunde sind dies alles interessante und gute Zutaten und ich habe den Roman auch als überwiegend unterhaltsam empfunden. Da wäre aber in meinen Augen noch eine ganze Menge mehr drin gewesen, denn die Autorin nutzt das Szenario in weiten Teilen um eine in meinen Augen mehr oder weniger triviale Liebelei zwischen der eher farblosen Hauptprotagonistin und Tochter des obersten Rates und einem Mitglied der Darksurfer zu erzählen, die mir eindeutig zu sehr Teenie Drama und Liebesroman und zu wenig Science-Fiction gewesen ist. Der ganze Weltenbau ist in meinen Augen auch nicht so wirklich von wasserdichter Logik, man muss das eher einfach mal so hinnehmen. Zumal nicht wirklich darauf eingegangen wird aus welchen Gründen man sich jetzt dazu entschloss die Überlebenden in einer virtuellen Welt leben zu lassen, denn das ganze System mit den Überlebenstanks und den virtuellen Welten ist sehr Energieintensiv. So wirklich darauf eingegangen wird nicht. Man merkt, dass es der Autorin einfach darum ging, die virtuelle Welt der Hologramme zu schildern, mit all seinen Möglichkeiten und weniger wie das ganze funktioniert und warum eigentlich. Einige Szenen waren aber auch durchaus sehr stark geschrieben und erzählt, wie z. b. ein Verhör eines der Verschwörer zugehörigen Technikers. Das ganze endet dann eher abrupt und auf eine Weise, die in mir den Verdacht aufkommen lässt, dass eine Fortsetzung geplant sein könnte.
Mark Brandis - Vorstoß zum Uranus
Wie üblich gute Unterhaltung ohne weiteren Anspruch. Erwähnenswert erscheint mir an diesem Band eine Auseinandersetzung mit dem Apartheidregime in Südafrika, was vermutlich in den 1970er Jahren, als diese Reihe geschrieben wurde, weit weniger üblich war als dann ein Jahrzehnt später.
Marie Grasshoff - Der Dunkle Schwarm
Mir hat dieser Roman von Marie Grasshoff deutlich besser gefallen als das seinerzeit gelesene Neon Birds.
Hauptgrund ist für mich zum einen der Plot, den ich durchaus überzeugend fand und zum anderen, dass Grasshoff mit Hauptprotagonistin Atlas eine Figur erschaffen hat, mit der ich mitfiebern konnte. Ich würde nicht so weit gehen Charaktere jetzt zu einer generellen Stärke der Autorin zu erklären, es gab aber noch mindestens 2 bis 3 weitere sehr gelungene. Das war weitaus besser als in Neon Birds. Die Stärken von Marie Grasshoff liegen in einer schnörkellosen sehr kurzweiligen Erzählweise, wobei sie natürlich Actionlastig schreibt, das aber auch für meinen Geschmack sehr gut beherrscht. Der Roman ist ein echter Pageturner. Das Szenario von Der Dunkle Schwarm ist in meinen Augen sehr gut, der Plot interessant und er wartet auch mit einer guten Wendung bzw. Auflösung zum Ende auf. Soweit zu den positiven Aspekten, die für mich insgesamt überwogen. Punktabzug gibt es von mir, für den eher dürftigen Weltenbau, welcher mich als Leser so manches Mal innehalten ließ, um mich zu überzeugen, auch nichts überlesen zu haben. Ein Effekt, der mir schon im bereits erwähnten Neon Birds bei der Lektüre aufgefallen war. Da wäre noch so einiges zu verbessern gewesen, zumal das was angerissen wird von der Autorin durchaus sehr stark und überzeugend gewesen ist. Nur leider etwas dünn. Hier ist Grasshoff doch allzu sehr Popcorn Kino wie ich das einschätze.