Der "Ich lese gerade..."-Thread
#5461
Geschrieben 19 Dezember 2022 - 05:44
Podcast: Literatunnat
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#5462
Geschrieben 28 Dezember 2022 - 10:03
Hallo zusammen,
Jennifer Egans "Candy Haus" ist der Roman, den es aus deutschsprachiger Genre-Produktion wohl bis auf Weiteres nicht geben. Denn Egan befasst sich mit dem, was Technik mit uns macht, gemeint sind hier die (sozialen, gesellschaftlichen, pöerslnlichen) Folgen und Möglichkeiten einer App (Besitze dein Bewusstsein), die das Bewusstsein zu speichern weiß und - wenn gewollt - (mit)teilen kann. Und, ja, es wird auch Unbewusstes gespeichert. Und damit sind wir Leser*innen mittendrin in dem, was Erinnerungen sind. Und eben auch dem Trügerischen der Wahrnehmungen von Anderen. Wie ist etwas geschehen, was haben wir dabei gefühlt. Und weil sich Egan eines breit gestreuten Spektrums an Personen bedient, die alle - durchaus an Schnitzlers Reigen erinnernd - irgendwie Irgendwetwas miteinander zu tun haben, entspinnt sich ein wundersamer Blick auf die Weise, mit der auf die Welt geblickt wird. Dass Egan all das nicht chronologisch erzählt, sondern a la Social Media durch die erlebten Zeiten springend, macht den Roman zusammen mit ihrem spielerischen Umgang mit (unterschiedlichsten) Stilen zu einem wunderbaren Lesegenuss. Das Wechselhafte unserer Zeit wird sichtbar und greifbar, die Möglichkeiten unserer Zukumnft - hier als "ich im wir" - spürbar. Ich mutmaße mal, dass sich K. Le Guin über den Roman als Beispiel für "Tragebeutel"-Literatur gefreut hätte.
Warum ich so einen Roman aus deutschsprachiger Produktion nicht sehe? Naja, Weltenrettung ist in. Böse Konzerne, Verschwörungen. Und, naja, Egans Roman kommt nicht dystopisch daher. Ach ja, und man hat ja korrekt queer zu sein (und nicht bloß casual queer). Kurz: Es fehlt, so scheint es mir, am Mut, sich mit den sozialen und ethischen und sonstwie "weichen" Fragen unserer nahen Gegenwart und Zukunft zu befassen. Ja, ich weiß, mit "Future Fiction" haben wir ein Produkt, das auch eben da sehr aktiv ist. Aber ein Roman? Von Autor*innen der SF? Ja, ich weiß, Jennifer Egan ist keine SF-Autorin, sie ist "nur" Autorin. Vielleicht ist ihr deshalb dieser großartige Roman gelungen. Sie schert sich nicht um
die Konventionen der SF.
Und, ach ja, da waren Kapitel in dem Roman, die saugute Kurzgeschichten waren. Also richtig saugute, Okay, Jennifer Egan hat so mit dem Schreiben angefangen, als Autorin von Short Stories. Da sich ja letztens jemand enthusiastisch über Aiki Miras Kunst, großartige Kapitel schreiben zu können, also Kapitel, die saugute Kurzgeschichten sind, bin ich nun versucht, mit "Neongrau" anzutun. Aber noch wirkt "Titans Kinder" abschreckend genug ...
Stattdessen liegt ein Band mit Egans Kurzgeschichten recht weit oben auf meinem SuB. Und bis dahin: Lest Egan! Lest den Roman!
Viele Grüße
Tobias
"Ha!", machte die alte Dame. "Nur wenn wir verlieren."
(James Corey, Calibans Krieg)
"Sentences are stumbling blocks to language."
(Jack Kerouac in einem Interview mit der New York Post, 1959)
"Na gut, dann nicht, dann bin ich eben raus
Ich unterschreib' hier nichts, was ich nicht glaub'
Na gut, dann nicht, nicht um jeden Preis
Ich gehöre nicht dazu, das ist alles was ich weiß"
(Madsen, Strophe 1 des Songs "Na gut dann nicht")
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#5463
Geschrieben 28 Dezember 2022 - 11:50
Podcast: Literatunnat
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#5464
Geschrieben 28 Dezember 2022 - 12:40
Hallo Yvonne,
Ist aber schwer teuer, die deutsche Übersetzung ...
ja, die deutsche Übersetzung. Die ist frisch auf den Markt und Egan hat einen guten Ruf, da möchte der Verlag natürlich was von haben. Für den Kindle aber gibt es den Roman im Original für 10,99 und wer Audible nutzt, der kann (das Original) umsonst hören.
Aber es stimmt schon, wir brauchen mehr preiswerte Bücher. Denn, herrje, 26,- für 416 Seiten sind ja im Hinblick auf das, was Selfpublisher für ihre Romane nehmen, der reinste Wucher! Man bekommt ja inzwischen für 1,99 Romane (Variante e-book) mit richtig vielen Seiten! Boah, da könnte man ja glatt 13 Romane zum Preis von einem Jennifer Egan lesen! Aber jetzt mal im Ernst, wenn ich mein Lesevergnügen in Relation zum Preis setze, dann ist das Buch ein echtes Schnäppchen!
Im gemeinsamen podcast ("weiter lesen") von rbb Kultur und dem Literarischen Colloquium Berlin vom 19.11. gibt es übrigens einen Beitrag (Interview mit der Autorin).
Viele Grüße
Tobias
"Ha!", machte die alte Dame. "Nur wenn wir verlieren."
(James Corey, Calibans Krieg)
"Sentences are stumbling blocks to language."
(Jack Kerouac in einem Interview mit der New York Post, 1959)
"Na gut, dann nicht, dann bin ich eben raus
Ich unterschreib' hier nichts, was ich nicht glaub'
Na gut, dann nicht, nicht um jeden Preis
Ich gehöre nicht dazu, das ist alles was ich weiß"
(Madsen, Strophe 1 des Songs "Na gut dann nicht")
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#5465
Geschrieben 28 Dezember 2022 - 15:05
Ich hätte bei 15€ oder so auch nichts gesagt, aber bei 20€+ fange auch ich an mit den Ohren zu schlackern
Leseprobe habe ich mir trotzdem besorgt
Podcast: Literatunnat
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#5466
Geschrieben 29 Dezember 2022 - 09:12
Hallo Yvonne,
Ja nur lese ich unglaublich gerne auf deutsch ...
Ich hätte bei 15€ oder so auch nichts gesagt, aber bei 20€+ fange auch ich an mit den Ohren zu schlackern
Leseprobe habe ich mir trotzdem besorgt
wird es ja wahrscheinlich irgendwann auch als Tb oder Pb geben ... Dann zum ohrenschlackerfreien Preis. Musst halt nur Geduld haben.
Viele Grüße
Tobias
"Ha!", machte die alte Dame. "Nur wenn wir verlieren."
(James Corey, Calibans Krieg)
"Sentences are stumbling blocks to language."
(Jack Kerouac in einem Interview mit der New York Post, 1959)
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#5467
Geschrieben 29 Dezember 2022 - 13:21
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#5468
Geschrieben 31 Dezember 2022 - 20:33
Wo beginnt die Nacht von Sven Haupt ist ja längst gelesen und kurz beschrieben.
Fertig geworden bin ich jetzt mit One of us is lying von Karen M. McManus.
Amerikanische Filme über Highschools mit den ganzen Beziehungskisten, Außenseitern und Cliquen kenne ich zur Genüge. Der Roman schlägt zwar auch die Richtung ein, ist aber viel besser.
Ein Schüler, der zusammen mit anderen nachsitzen muss, stirbt. Was dann passiert, wird kapitelweise von den Nachsitzenden erzählt. Die Spannung steigert sich, je mehr Informationen herauskommen. Toll geschrieben!
Eine weitere Shortstory von Jim Butcher habe ich nun als E-Book. Ein kurzer Fall für Harry Dresden: B steht für Bigfoot.
Harry Dresden lässt mich momentan sowieso nicht los. Der 3. Teil der Reihe ist fertig. Mal sehen, ob ich sie bald satt habe oder die ganzen E-Books schaffe.
Carpe diem!
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#5469
Geschrieben 09 Januar 2023 - 20:35
Hallo zusammen,
habe die Neuübersetzung von Hemingways "Wem die Stunde schlägt" gelesen. Und mir sogleich die Frage gestellt, ob es auch nur ansatzweise etwas Vergleichbares über den Krieg im Bereich der SF gibt. Mehr als Lucius Shephards "Das Leben im Krieg" fällt mir nicht ein. Hat jemand Empfehlungen? Ich suche ja schon eine ganze Weile nach Military SF, die mehr bietet als die Erfolgsstory eines/r Wehrpflichtigen, die/der Roman für Roman ein Stückchen die Karriereleiter hinauf befördert wird (weil er/sie/es so supertoll und clever ist).
"Wem die Stunde schlägt" hat mir übrigens wieder vor Augen geführt, was für ein toller Autor Hemingway war. Und ich bin froh, dass ich meinen Hollywood-Horror abgeschüttelt habe, denn wegen dem war der Roman bislang ungelesen. Ich fand die Verfilmung des Romans einfach nur schrecklich kitschig (weil arg melodramatisch), entsprechend hatte ich keinen Bock auf den Roman. Liebe im Bürgerkrieg? Nee, bitte nicht ... Aber eben das ist ja der Roman nicht, keine Liebesgeschichte, sondern ein Roman über das, was Krieg mit Menschen macht.
Die Tage werde ich dann mal die Altübersetzung mit der Neuübersetzung vergleichen, denn die alte Fassung steht im Familienbücherregal.
Viele Grüße
Tobias
"Ha!", machte die alte Dame. "Nur wenn wir verlieren."
(James Corey, Calibans Krieg)
"Sentences are stumbling blocks to language."
(Jack Kerouac in einem Interview mit der New York Post, 1959)
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#5470
Geschrieben 11 Januar 2023 - 00:30
Buck Rogers
#The World from the nefarious Ming the Merciless- • (Buch) gerade am lesen:Adam Christopher - Empire State
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#5471
Geschrieben 13 Januar 2023 - 09:10
Hallo zusammen,
ach ja, Sachbücher waren ja auch mal wieder an der Reihe. Hervorheben möchte ich von den gelesenen eigentlich nur Adrian Daubs "Cancel Culture Transfer" (Untertitel: Wie eine moralische Panik die Welt erfasst). Daub befasst sich darin mit der Geschichte der "Cancel Culture" (und geht dabei zurück bis zu Reagans Gouverneurs-Wahlkämpfen in den 60ern) und einer quantitativen Analyse sogenannter Fälle von "Cancel Culture". Nein, für blaune Fans und erklärte Feinde der "Cancel Culture" ist dieses Buch nichts ... Denn was Daub aufzeigt, ist letztlich eine Instrumentalisierung des Begriffs "Cancel Culture" durch konservative und konservatiefste Kreise und die damit einhergehenden "moralische Panik" a) in weiten Teilen der Medien und b) der Öffentlichkeit. Dabei hat das, was ach so aufregt, all diese "Fälle" zum "Schweigen" gebrachter Professoren und Künstler, oftmals keine Substanz. Oder anders formuliert: Unter dem Deckmäntelchen von "Liberalismus" wird der liberale Meinungsaustausch überhaupt erst bekämpft. Ein Buch, das sich höchst vergnüglich liest, weil Daub richtig gut schreiben kann. Und, ach ja, er kennt sich mit dem amerikanischen Hochschulsystem und der ja dort - so zumindest in Teilen der Medien fortwährend erzeugte Eindruck - ach so schrecklich wütenden Cancel Culture sehr gut aus - Daub ist Professor in Stanford.
Für mich hat das Buch übrigens viel mit Science Fiction zu tun, denn Daub zeigt letztlich die Wirkmacht von ideologiegesteuerten Kampagnen auf. Was konservative Kreise in den 60ern losgetreten haben, zeigt heute Wirkung in einer Verengung des Diskurses und einer Diffamierung durchaus berechtigter Interessen von Minderheiten. Womit wir bei den Begriffsumdeutungen sind, die heute losgetreten werden und dem, was daraus in den 2080er Jahren werden könnte ... Was kommt da auf uns zu? Und welche Autor*innen schreiben schon heute darüber?
Viele Grüße
Tobias
"Ha!", machte die alte Dame. "Nur wenn wir verlieren."
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"Sentences are stumbling blocks to language."
(Jack Kerouac in einem Interview mit der New York Post, 1959)
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#5472
Geschrieben 15 Januar 2023 - 17:09
Prinz Harry "Reserve"
Keine Ahnung, wie hoch der Fantasy-Anteil ist.
Auf jeden Fall ein richtig gut geschriebenes Buch (der gar nicht so geheime Ghostwriter Moehringer versteht sein Handwerk), in dem Prinz Harry sein Leben im nicht gewählten Blitzlichtfeuer der Paparazzi schildert und welche Folgen das haben kann.
Ich fand einige Augenöffner. Wenn auch nur ein Bruchteil von dem stimmt, was Harry hier an Interna offenlegt, dann war der totale Bruch mit einer Familie, in der er sich nicht verstanden, nicht gesehen und nicht unterstützt fühlte, der einzig logische Ausweg.
Was ich allerdings nicht gutheißen kann: sein offenherzig zugegebener, unbekümmerter Umgang mit Alkohol, Cannabis und, in gerigerem Maße, anderen Drogen.
Es gibt sie tatsächlich, die Lügenpresse. In Deutschland sind das Schmierblätter à la "Frau im Spiegel" oder "Neue Revue", die beliebige Verleumdungen über Prominente erfinden dürfen, ohne ernsthafte Folgen befürchten zu müssen. Pressefreiheit ist ein hohes Gut und ein wichtiger Grundpfeiler der Demokratie. Um so wichtiger ist es, dass die Presse diese Freiheit nicht missbraucht.
Bin ich "Team Harry" oder "Team Windsor"? Weder, noch.
Ich bin nach wie vor "Team Monxit" (Monarchy exit). Nach Lektüre des Buches mehr denn je.
Gruß
Ralf
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ShockWaveRiders Kritiken aus München
möchten viele Autor'n übertünchen.
Denn er tut sich verbitten
Aliens, UFOs und Titten -
einen Kerl wie den sollte man lynchen!
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#5473
Geschrieben 15 Januar 2023 - 17:29
Ich habe ja sogar den Bruch verschlafen. Stelle mir so ein Leben irre nervig vor
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#5474
Geschrieben 16 Januar 2023 - 09:30
Hallo zusammen,
Geldbeuteltriggerwarnung: Kostet 20,-.
"Die Angestellten" von Olga Ravn (März Verlag GmbH, 143 Seiten, 2022) ist das, was für mich die SF auch weiterhin lesenswert erscheinen lässt. Denn Olga Ravn schert sich nicht um Genrekonventionen. Dass sich Olga Ravn auch nicht um das schert, was Leser*innen (Yupp, nun sind die "nach einem * lese ich nicht weiter"-Leser*innen raus ...) von einem Roman erwarten, ist insofern nur konsequent. Dass der Verlag das Buch mit "Ein Roman über Arbeit im 22. Jahrhundert" untertitelt, bleibt entsprechend unverständlich.
In kurzen Kapiteln ("Zeugenaussage" genannt und mit Nummer versehen) berichten Menschen und Humanoiden von dem, was sie an Bord eines Raumschiffes nach der Übernahme von "Gegenständen" wahrnehmen. Denn etwas verändert sich an Bord, die Strukturen und Routinen laufen aus dem Ruder. Damit einher gehen Veränderungen in der Selbstwahrnehmung von Menschen und Humanoiden.
Dass diese Berichte (der längste ist zwei Buchseiten lang) keine Handlung im klassischen Sinn zulassen, macht das Buch für mich so großartig. Berichte, es sind nur Berichte, aber eben nicht über Ereignisse, sondern über Empfindungen und Stimmungen. Und nur da und dort sind Geschehnisse kurz angerissen.
Was Olga Ravn da macht, geht weit über das hinaus, was man von Ballard & Co. in Sachen "Inner Space" kennt. Das sie dabei auch noch - und da hat der Verlag mit dem Untertitel Recht - "Arbeit" nicht nur thematisiert, sondern in seiner heute von uns wahrgenommenen Wichtigkeit hinterfragt, boah, toll. Denn das alles geschieht mit so leichter Hand und in so leicht verständlicher Sprache, dass das Lesen des Buchs ein Genuss war. Auch weht ein Hauch von Poesie durch das Buch, das mich an an Bradburys Marschroniken erinnert.
Okay, ich weiß, manche werden jetzt wieder den Kopf schütteln und denken "Nicht schon wieder so 'ne total verkopfte Literatur", und damit haben die auch Recht. Denn man muss schon den Kopf einschalten, also mitdenken, um die Handlungen zu erkennen, die die Zeugen anhand ihrer Empfindungen und Träume etc. letztlich doch beschreiben. Aber für mich ist Lesen eben mehr als Popcorn. Lesen ist auch ein Abenteuer. Und Abenteuer finden eben nicht auf der Couch statt, da muss man das Auenland auch schon mal verlassen und nach Mordor gehen.
Apropos Popcorn, jetzt hole ich "Altered Carbon" nach, denn da kenne ich bislang nur die Serie ... Kopf aus, whrummps ...
Viele Grüße
Tobias
"Ha!", machte die alte Dame. "Nur wenn wir verlieren."
(James Corey, Calibans Krieg)
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(Jack Kerouac in einem Interview mit der New York Post, 1959)
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#5475
Geschrieben 23 Januar 2023 - 09:01
Hallo zusammen,
naja, Richard Morgans "Altered Carbon" liest sich zwar sehr angenehm, ist aber aus dem Krimiblickwinkel betrachtet gerade mal Durchschnitt. Okay, Morgan weiß den Elementen des klassischen hardboiled Krimis ein paar Details hinzufügen, aber ansonsten gibt es das gewohnte Personal. Und wenn man sich weg bewegt vom klassischen Ermittler hin zu Verbrechern, dann sind die Details auch nicht wirklich neu. Thompson, Stark und Disher haben den amoralischen "Helden" auch schon im Programm. Und das wesentlich zielführender - Morgan mäandert dann doch sehr. Morgan zieht für mich auch zu viel "Surprise, Surprise" aus dem Hut, gerade was die Einsatzmöglichkeiten von Technik und Waffen jedwelcher Art angeht. Das mieft für mich ein bisschen nach Bond-Feeling und das ist auch nicht neu. Natürlich hat der Roman dennoch viel Positives, denn er ist sehr bildhaft, zudem beschränkt er sich nicht nur auf Action. Zudem kennt sich Morgan aus in Sachen Film, er baut da doch einiges an Zitaten in den Roman ein (ich sage nur "Taxi Driver").
Ich gebe zu, ich war dann versucht, mir die zwei anderen Kovac-Romane zuzulegen, aber Band drei wird zur Zeit für einen Preis angeboten, der für mich nicht akzeptabel ist. Ich werde also warten müssen ... Kein Problem, mein SuB ist gut bestückt.
Viele Grüße
Tobias
"Ha!", machte die alte Dame. "Nur wenn wir verlieren."
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#5476
Geschrieben 23 Januar 2023 - 09:23
Ich hatte nur Teil 1 gelesen (bzw. gehört) und entschieden, dass ich die anderen nicht unbedingt kennen muss. Es war sicher keine Zeitverschwendung, vielleicht komme ich eines Tages auf seine Bücher zurück.
Den Egan-Roman hatte ich übrigens angelesen, aber verworfen, das war mir am Anfang einfach zu schräg. Stattdessen lese ich gerade Der Mann, der vom Himmel fiel, das ist für mich neu. Auch irre teuer, die Neu-Übersetzung von Diogenes, selbst als Ebook, aber da war ich schon auf Seite 1 überzeugt, dass das was für mich sein würde, inzwischen bin ich bei 60%.
Gerade davor hatte ich Fern vom Licht des Himmels gelesen, was vielversprechend anfing und dann eher so mittel war, aber insgesamt immer noch sehr lesenswert. Ich fand nicht, dass es ein fairer Krimi ist, aber es ist jedenfalls ein guter SF-Roman.
Dazu höre ich gerade Verlorene der Zeiten, was eher deutlich überdurchschnittlich ist.
Podcast: Literatunnat
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#5477
Geschrieben 23 Januar 2023 - 17:09
Ich lese gerade "Red Rising" von Pierce Brown. Ich bin schon bei Band 2 und kann mich nicht erinnern, jemals ein so spannendes Buch gelesen zu haben. Offiziell ist diese YA-Reihe zwar Science Fiction, aber es geht schon sehr in Richtung Fantasy mit der Technologie und dem Weltenbau. Mich hat es sehr an Tribute von Panem in düster und brutal erinnert. Ich beneide den Autor sehr, wie er so hochspannend aus der Ich-Perspektive schreiben kann und gleichzeitig mit so viel sprachlicher Feinheit und berührender Introspektive. Ich kann die Bücher kaum aus der Hand legen und sie sehr empfehlen. Die gesellschaftskritischen Töne, die sich durch jede Seite ziehen, wirken am Anfang wie mehr vom Gleichen (Panem eben, unterdrückte Arme gegen dekadente Reiche, die den Kontakt zur Realität und ihrer eigenen Menschlichkeit verloren haben), aber Pierce Brown hinterfragt die Positionen seines auf den ersten Blick "guten" Helden immer wieder und bricht mit seiner Moral. Jede Revolution frisst bekanntlich ihre Kinder und Brown zeigt hier den gesamten Prozess von der Notwendigkeit über die Zweifel und die Gefahr, wie der Gegner zu werden, um ihn zu Fall bringen zu können.
100% Leseempfehlung.
Der Kopf ist rund, damit Gedanken ihre Richtung ändern können ;-)
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#5478
Geschrieben 29 Januar 2023 - 10:20
#5479
Geschrieben 29 Januar 2023 - 12:52
Do not eat!: Wie ein T-Shirt mich vor Aliens bewahrte | Urkomischer Science-Fiction-SpaßGebundene Ausgabe – 1. Juni 2022von Kevin Hearne (Autor), Urban Hofstetter (Übersetzer)Herausgeber : Knaur HC; 1. EditionSprache : DeutschGebundene Ausgabe : 176 SeitenISBN-10 : 3426227398
Das fand ich auch gut. Meine Gedanken zu dem Buch habe ich hier niedergelegt: https://rezicenter.blog/2022/06/10/do-not-eat/
#5480
Geschrieben 01 Februar 2023 - 08:19
Kein SF-Roman, aber nah dran:
Merle Kröger: Die Experten
Zunächst einmal erzählt das Buch eine fiktive Familiengeschichte vor realem Hintergrund. Nach dem zweiten Weltkrieg wandern die Hellbergs nach Ägypten aus, weil der Vater, der im Krieg für Messerschmidt Jagdflugzeuge konstruiert hat, dort nun für Ägypten einen Überschalljäger, die Hellwan HA-300, bauen soll. Gleichzeitig werden ebenso Experten für Raketentechnik angeworben, vorgeblich, um ein Satellitenprogramm aufzusetzen. Am persönlichen Schicksal der Familie Hellberg entfaltet sich das politische Weltgeschehen um den Konflikt zwischen Arabien und Israel, ebenso aber um deutsche "Experten" und viele ehemalige Nazigrößen, die weltweit verschwinden und neue politische und wirtschaftliche Netzwerke aufbauen. Auch in Deutschland geht die Geschichte weiter, denn der Sohn der Familie bleibt hier, kommt in Berührung mit Israelischen Spionen und der Geburt der RAF. Am Schluss ist niemand unschuldig und unversehrt. Der Krieg geht immer weiter.
Auf der anderen Seite ist das Buch formal interessant: Organisiert wie eine Sammlung von Fotoalben, startet jedes Kapitel mit der Beschreibung eines Fotos, blendet dann zurück, um die Entstehung eben jener Fotoszene zu erklären. Das entwickelt einen beträchtlichen Sog beim Lesen, der auch notwendig ist, um durch die über 600 Seiten zu tragen. Dazu wirft die Autorin immer wieder Orginalzitate, Zeitungsausschnitte, Aktennotizen und ähnliches ein, die den Leser aus der Figurenperspektive heben, um einen Überblick über die globalpolitischen Zusammenhänge zu bieten. Als SF-Leser kennen wir diese Collagetechnik von John Brunner, hier wird sie im Textfluss eingebaut. Allein das letzte, überlange Kapitel weicht davon ab, und kippt uns in einem langen Abspann das Nachleben der Figuren in Deutschland vor die Füße. Das wirkt etwas hastig, war aber notwendig, denn es ist fraglich, ob der Roman noch weitere 400 Seiten getragen hätte.
Ein gutes Buch, das es mir als Spätgeborenem ermöglicht, Einblick in ein wenig diskutiertes Kapitel deutscher Geschichte zu nehmen. Es wirft wichtige Frage über Verantwortung von Wissenschaft und industrie auf, die auch heute noch aktuell sind, zeigt aber auch, dass die scheinbar Verantwortlichen oft gar nicht alle Fakten kennen, sondern nur vermeintlich größeren Interessen dienen. Hauptfigur Rita lernt im persönlichen Umfeld wie im Berufsleben, dass es manchmal darauf ankommt, im richtigen Moment "nein" zu sagen, dass aber die Kunst darin besteht, diesen Augenblick zu erkennen.
Bearbeitet von Naut, 08 Februar 2023 - 15:58.
#5481
Geschrieben 07 Februar 2023 - 13:51
Ich bin zwar noch lange nicht durch, stimme dir aber zu, Naut: Ein ungewöhnlicher, genialer Roman. Irgendwie montiert und kühl und doch mitreißend und intensiv. Ich kann gar nicht lange am Stück lesen, weil die Eindrücke so stark sind, dass ich jedes Kapitel auf mich wirken lasse. So viele Kleinigkeiten, die so viel aussagen, über Figuren, Geschichte, Zusammenhänge, Lebensgefühl! Allein die Szene auf dem Sprungbrett ist schon genial oder die Reibereien innerhalb der Familie - ziemlich schmerzhaft, die alle bei ihrem alltäglichen Untergang zu beobachten.
Wie gesagt werde ich noch lange daran lesen - mit Genuss.
Bearbeitet von Nadine, 07 Februar 2023 - 13:51.
Europa ist nicht nur ein Kontinent.
#5482
Geschrieben 07 Februar 2023 - 14:35
Ich bin zwar noch lange nicht durch, stimme dir aber zu, Naut: Ein ungewöhnlicher, genialer Roman. Irgendwie montiert und kühl und doch mitreißend und intensiv. Ich kann gar nicht lange am Stück lesen, weil die Eindrücke so stark sind, dass ich jedes Kapitel auf mich wirken lasse. So viele Kleinigkeiten, die so viel aussagen, über Figuren, Geschichte, Zusammenhänge, Lebensgefühl! Allein die Szene auf dem Sprungbrett ist schon genial oder die Reibereien innerhalb der Familie - ziemlich schmerzhaft, die alle bei ihrem alltäglichen Untergang zu beobachten.
Wie gesagt werde ich noch lange daran lesen - mit Genuss.
Da kannst Du Dich freuen: Es kommen noch viele eindrückliche Szenen. Und ein Nachwort von der "echten Rita", bei dem ich nochmal geflasht war, wie nah das Ganze dann an der Realität war.
#5483
Geschrieben 12 Februar 2023 - 19:24
Hallo zusammen,
ich habe das Buch "Schöner neuer Himmel" von Ines Geipel schon mal im Rahmen von "Ich lese gerade ..." erwähnt. Jetzt hat die FAZ einer Veranstaltung mit Ines Geipel (zum Buch) aus dem September 2022 in einem Podcast veröffentlicht. Ich habe mir ihn noch nicht angehört (das mache ich morgen beim Frühsport), denke aber, gerade auch für SF-Fans wird es interessant, denn in dem Buch geht es ja um die teils abstrus anmutende Raumfahrtforschung der DDR (und der Sowjetunion). Das liest sich teils wie Science Fiction und kam mir schon damals wie eine Blaupause für Kurzgeschichten vor, z.B. eine über Forscher, die am Schwarzen Meer mit Affen forschen. Datt globste nicht, wa, watt die da jemacht ham.
Ines Geipel auf dem Rheingau Literatur Festival
Viele Grüße
Tobias
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#5484
Geschrieben 12 Februar 2023 - 20:14
Podcast: Literatunnat
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#5485
Geschrieben 13 Februar 2023 - 08:41
Hallo Yvonne,
Tobias, kam von dir nicht der Tipp mit Bei Regen im Teich baden? Bin zu 79% durch und hochbegeistert
ja. Und, ja, auch ich war und bin hochbegeistert.
Viele Grüße
Tobias
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"Na gut, dann nicht, dann bin ich eben raus
Ich unterschreib' hier nichts, was ich nicht glaub'
Na gut, dann nicht, nicht um jeden Preis
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#5486
Geschrieben 13 Februar 2023 - 09:24
Hallo Yvonne,
ja. Und, ja, auch ich war und bin hochbegeistert.
Viele Grüße
Tobias
Ich habe gestern die Analyse zu Gogols Die Nase gelesen und habe zwei Seiten lang nur gelacht. Wirklich laut! Und aus vollem Herzen - und das trotz Erkältung und wirklich hartem Wochenende.
Die Erzählung kannte ich tatsächlich vorher schon und fand sie immer irgendwie ulkig, aber so recht habe ich den Sinn nicht verstanden und es war sowas von erheiternd, George Saunders (von dem ich bisher nur Fuchs 8 kannte, übrigens auch großartig!) beim lauten Nachdenken über all diesen Unfug zuzuhören.
Außerdem würde ich dieses Buch am liebsten jedem zweiten deutschsprachigen Schreibenden in die Hand drücken, die allermeisten von uns können daraus eine Menge lernen! Dann würde vielleicht auch dieses ständige schlechte Immitieren aufhören!
Einiges von dem, was Saunders beobachtet habe ich in den letzten zwei, drei Jahren auch selbst schon bemerkt. Anderes kann ich mir ruhig mal selbst hinter die Ohren schreiben.
Podcast: Literatunnat
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#5487
Geschrieben 19 Februar 2023 - 13:07
Ich lese immer noch an den Harry Dresden E-Books von Jim Butcher. Die sind schon spannend. Band 12 ist nun angefangen. Auf die Schnelle weiß ich gar nicht, wie viele es überhaupt davon gibt.
Bearbeitet von heschu, 19 Februar 2023 - 13:08.
Carpe diem!
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#5488
Geschrieben 19 Februar 2023 - 14:56
Hallo Yvonne,
Ich habe gestern die Analyse zu Gogols Die Nase gelesen und habe zwei Seiten lang nur gelacht. Wirklich laut! Und aus vollem Herzen - und das trotz Erkältung und wirklich hartem Wochenende.
Die Erzählung kannte ich tatsächlich vorher schon und fand sie immer irgendwie ulkig, aber so recht habe ich den Sinn nicht verstanden und es war sowas von erheiternd, George Saunders (von dem ich bisher nur Fuchs 8 kannte, übrigens auch großartig!) beim lauten Nachdenken über all diesen Unfug zuzuhören.
Außerdem würde ich dieses Buch am liebsten jedem zweiten deutschsprachigen Schreibenden in die Hand drücken, die allermeisten von uns können daraus eine Menge lernen! Dann würde vielleicht auch dieses ständige schlechte Immitieren aufhören!
Einiges von dem, was Saunders beobachtet habe ich in den letzten zwei, drei Jahren auch selbst schon bemerkt. Anderes kann ich mir ruhig mal selbst hinter die Ohren schreiben.
ich habe da auch aus Lesersicht sehr, sehr viel Freude. Denn Saunders zeigt, was alles in Texten zu entdecken ist - und dass er das anhand von Klassikern macht, boah, das ist doch ein wunderschöner Konter gegen das "Boah, nee, nicht Goethe, der ist doch sooooooo langweilig" aus Schultagen. Denn, nee, wie die russischen Autoren in Saunders Buch ist er - Goethe - das - langweilig - nicht. Und auch Fontane ist nicht langweilig und Kleist auch nicht. Man darf eben nur nicht auf die Frage "Was will uns der Autor/die Autorin sagen?" allergisch reagieren. Denn es ist ja eben doch so, dass uns ein Text etwas sagen will. Und das gilt es zu entdecken. Wobei Saunders ein guter Wegweiser ist! Analog zu dir würde ich dieses Buch am liebsten jedem, der mir bei Büchern mit "total verkopft" kommt, in die Hand drücken. Okay, das war nicht Ernst gemeint. Jede*r hat das Recht auf seine eigene Weise Texte zu lesen und eben auch überhaupt nicht zu lesen. Mache ich ja auch, es gibt Autor*innen, denen ich mich verweigere, z.B. weil sie so arg "entkopft" schreiben ;-)
Viele Grüße
Tobias
"Ha!", machte die alte Dame. "Nur wenn wir verlieren."
(James Corey, Calibans Krieg)
"Sentences are stumbling blocks to language."
(Jack Kerouac in einem Interview mit der New York Post, 1959)
"Na gut, dann nicht, dann bin ich eben raus
Ich unterschreib' hier nichts, was ich nicht glaub'
Na gut, dann nicht, nicht um jeden Preis
Ich gehöre nicht dazu, das ist alles was ich weiß"
(Madsen, Strophe 1 des Songs "Na gut dann nicht")
- • (Buch) gerade am lesen:Ich lese zu schnell, um das hier aktuell zu halten.
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#5489
Geschrieben 21 Februar 2023 - 09:56
Hallo Yvonne,
ich habe da auch aus Lesersicht sehr, sehr viel Freude. Denn Saunders zeigt, was alles in Texten zu entdecken ist - und dass er das anhand von Klassikern macht, boah, das ist doch ein wunderschöner Konter gegen das "Boah, nee, nicht Goethe, der ist doch sooooooo langweilig" aus Schultagen. Denn, nee, wie die russischen Autoren in Saunders Buch ist er - Goethe - das - langweilig - nicht. Und auch Fontane ist nicht langweilig und Kleist auch nicht. Man darf eben nur nicht auf die Frage "Was will uns der Autor/die Autorin sagen?" allergisch reagieren. Denn es ist ja eben doch so, dass uns ein Text etwas sagen will. Und das gilt es zu entdecken. Wobei Saunders ein guter Wegweiser ist! Analog zu dir würde ich dieses Buch am liebsten jedem, der mir bei Büchern mit "total verkopft" kommt, in die Hand drücken. Okay, das war nicht Ernst gemeint. Jede*r hat das Recht auf seine eigene Weise Texte zu lesen und eben auch überhaupt nicht zu lesen. Mache ich ja auch, es gibt Autor*innen, denen ich mich verweigere, z.B. weil sie so arg "entkopft" schreiben ;-)
Viele Grüße
Tobias
Hab's rezensiert, Tobias, und auch einmal verschenkt und mehrfach empfohlen, hoffe, das lesen jetzt alle.
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#5490
Geschrieben 22 Februar 2023 - 08:44
Hallo Yvonne,
Hab's rezensiert, Tobias, und auch einmal verschenkt und mehrfach empfohlen, hoffe, das lesen jetzt alle.
sehr schön, sehr treffend!
Und, ja, auch ich hoffe, dass das jetzt alle lesen.
Von Saunders kannte ich "I can't speak!", "Zehnter Dezember" und "Lincoln im Bardo". Gerade "Lincoln im Bardo" ist einfach nur großartig.
Viele Grüße & vielen, vielen Dank für deine Rezension
Tobias
"Ha!", machte die alte Dame. "Nur wenn wir verlieren."
(James Corey, Calibans Krieg)
"Sentences are stumbling blocks to language."
(Jack Kerouac in einem Interview mit der New York Post, 1959)
"Na gut, dann nicht, dann bin ich eben raus
Ich unterschreib' hier nichts, was ich nicht glaub'
Na gut, dann nicht, nicht um jeden Preis
Ich gehöre nicht dazu, das ist alles was ich weiß"
(Madsen, Strophe 1 des Songs "Na gut dann nicht")
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