Erste Meldung zu einem SachBuch, das ich nur seeehr langsam lesen kann.
»Combined and Uneven Apocalypse: Luciferian Marxism« von Evan Calder Williams; Zero Books 2011.
Williams betreibt u.a. das Blog
›Socialism and/or Barbarism‹ und seine Blogroll erhellt ein wenig, wo sich Williams†™ Interessen- und Sympathie-Kreise mit den meinen berühren: es gibt Links zur Schnipselverwertung
›rejectamentalist manifesto‹ von China Miéville; dem leider viel zu selten mit neuem Material gefütterten Blog
›Eliminative Culinarism‹ von Reza Negarestani (= mit
»Cyclonopedia« irrster neuer Horror-Fiction-Theorie-Autor den ich kenne) und zum italienischen Autorenkollektiv Wu Ming (aka Luther Blissett, Autor von »Q« und den leider nicht auf Deutsch vorliegenden Romanen »54« und »Manituata«). †” Kurz: ich stöbere immer wieder gerne und mit Gewinn in Gefilden, die ich von meiner Warte wohl getrost als als ›extrem linke phantastik-affine Avantgarde‹ bezeichnen darf.
Im deutschsprachigem Raum tut sich leider sehr wenig, was ich anregend und lesenswert finde (selbst solche Gemmen wie »Der Implex« von Dath und Kirchner oder »Blödmaschinen« von Metz & Seeßlen sind bei allem lobenswerten Fruchtfleisch streckenweise trocken und zäh).
»Combined and Uneven Apocalypse« kommt in drei Teilen daher.
Teil 1 ist eine Traumvision, ein Manifest zum Thema
›Salvagepunk‹ (ein Genre, das schon von
Miéville vor einigen Zeiten mal spielerisch vorgeschlagen wurde). Sprich: Vorstellung und ins Leben schreiben einer Bewegung, derzufolge die Apokalypse schon stattgefunden hat. Es gilt, die im Schutt verborgenen Offenbarungen freizulegen.
›Slavage‹ dient auf zweierlei Weise:
a ) als Metapher für die Beziehung zu den Ruinen der Katastophe und dem durch die Konsumzyklen erschaffenen Abfall; †”
b ) als Beschreibung der Art und Weise wie wir mit den im Schutt verborgenen Gebrauswerten, alternativen Historien und Fehlstarts umgehen.
Teil 2 nimmt sich als Alptraumvision und Kulturgeschichte der Zombis an. Es wird die Mainstream-Obsession für tote Körper und Kanibalismus untersucht; ein Bild gezeichnet von der tödlichen Krise, die nie endet oder aufgelöst wird. Das Wissen um die Apokalypse reisst Wunden auf setzt Stressierungen frei und schafft dabei einen Raum, in dem man sich nicht bequem einrichten kann, der sich aber auch nicht dialektisch überwinden lässt.
Teil 3 zeichnet dann anhand postapokalyptischer Stadtlandschaften ein Schema der Apokalypse. Berichtet von Zonen, in denen die Offenbarung verzögert wird; deutet andere Zonen aus, in denen man wehrhaft Stellung beziehen kann. Abgelehnt wird:
a ) Versöhnung mit der (apokalytischen) Weltordnung; †”
b ) das Trugbild welches vorgaukelt, dass sich diese Weltordnung mühelos zum Einsturz bringen lässt.
Soweit grob die Umrisse gemäß der Einleitung. Material dient Williams hierbei der ganze Schutt populärer Medien seit den Sechzigernjahren bis heute. Insofern für Phantasten mit Theorie-Gusto ein lohnendes Buch; allerdings auch heftig bis anstrengend (ohne Klettern keine weite Aussicht), da luziferischer Marxismus eben keine Erbsenzählerei ist, sondern Nachvollziehdenksport.
Bisher hab ich ca. 50 Seiten, die Laune machen. Erste große Überraschung: es gibt einen Film von Richard Lester (Jupp, der mit den ›Beatles‹- und den »Drei ›Michael York‹ Musketiere«-Filmen) mit dem Titel
»The Bed Sitting Room« (1969, Dt. »Danach«) der eine schrille Gemme und ein würdiger Vorfahre von Gilliams »Brazil« und Jeunets »Delicatessen« sein muss.
GrĂĽĂźe
Alex / molo
Bearbeitet von molosovsky, 23 November 2012 - 05:07.