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[Kurzgeschichte] Haydeé Tebelin


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9 Antworten in diesem Thema

#1 thomas t

thomas t

    Yoginaut

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Geschrieben 01 April 2005 - 14:02

Ich rolle auf das Startfeld der GTT Hades und nehme alles um mich herum gleichzeitig war. Nach vorne sehe ich mit einer gestochenen Klarheit wie ich sie mit meinen normalen Augen niemals erreichen könnte. Nach oben, unten, zur Seite und nach hinten ist die Sicht verschwommen und unklar, aber ich habe dennoch einen vollen 360° Rundumblick. Ich erinnere mich noch gut an die Übelkeit die ich hatte als ich zum ersten Mal im Sarkophag meines Jägers lag und diesen Ausblick genießen durfte. Es dauerte einen vollen Monat ehe ich mich daran gewöhnte. Weitere vier Monate dauerte es bis ich das Schiff mit meinen Gedanken steuern konnte. Meine Fähigkeiten in den Kampfkünsten kamen mir da sehr gelegen. Die Anderen benötigten ein halbes Jahr.Ich erreiche meine Startposition, erhalte vom Tower die Freigabe und gebe mit meinen vier Hecktriebwerken Vollgas. In weniger als einer Sekunde lasse ich die Hangartore des Trägers hinter mir und ziehe nach oben. Einen endlosen Augenblick lang genieße ich die unglaubliche Beschleunigung und Wendigkeit. Ich fühle wie die Fliehkraft an meinen Armen/Bugflügel und Beinen/Heckflügel zerrt. Die neuen Jäger stellen alles in den Schatten was man bisher bei KKS für möglich hielt. Darum nennt man sie auch Ketzer und sie tragen ihren Namen mit Stolz.Doch dieser Genuss, diese absolute Freiheit hat auch seinen Preis. Manchmal, wenn ich Nachts versuche einzuschlafen, erinnere ich mich an den Schmerz der Operation. Als die Ärzte mir bei vollem Bewusstsein ins Rückrat schnitten und sich von dort in mein Gehirn vorarbeiteten um die synthetisch-organischen Schnittstellen zu installieren durch die ich den Raum um mich wahrnehme und mein Schiff steuere. Es waren fünfzig Freiwillige die sich für diese Prototypen zur Verfügung stellten. Vierzig erhielten irreparable Nervenschäden, fünf starben. Ich bin die einzige Guardian die es schaffte. Darum führe ich unser kleines Geschwader an. Wir sind vier Frauen und ein Mann. Anscheinend vertragen wir vom schwachen Geschlecht den Schmerz besser.Der letzte meines Geschwaders verlässt die GTT Hades.„Ihr könnt euch später noch austoben!“, rufe ich sie zurecht. „Deltaformation einnehmen!“Ich führe mein Geschwader mit einer Beschleunigung von zwanzig Ge – gewöhnliche KKS schaffen gerade einmal fünfzehn – zur HF-23. Die Fregatte ist die Unterstützung für unseren ersten Kampfeinsatz, denn niemand kennt noch die wahre Kampfkraft der Ketzer. Unser Auftrag ist zwei große Frachter der Atlas-Klasse vom Treffpunkt 346.060.142 zur eine Lichtminute entfernten GTS Nietzsche. Diese Station ist der Kommandoknotenpunkt für die Verteidigung Alphas. Nach der Eroberung von Thetis durch den Feind im vorigen Jahr ist Alpha, das industrielle Herz Groß-Terras das nächste logische Ziel. Daher, und weil bereits die ersten Plänkler des Feindes gesichtet worden waren, wird die GTS Nietzsche mit zusätzlichen Material ausgestattet.Wir erreichen die HF-23, reduzieren unsere Beschleunigung auf zehn Ge und gehen in Formation mit dem einhundert Meter langem Kriegsschiff. „Ketzer-Geschwader: Funkstille halten bis der Treffpunkt erreicht ist“, kommt der Befehl von der Fregatte.Der Treffpunkt liegt drei Lichtsekunden von unserer jetzigen Position entfernt. Wir werden eine Viertelstunde dorthin benötigen. Zu unserem Glück verläuft diese erste Etappe ereignislos.Zwei Minuten nach unserer Ankunft springen die beiden Frachter ins System. Es ist das erste Mal, dass ich dieses Ereignis mit meinen Sensoren wahrnehme. Mit menschlichen Augen sieht man für kurze Zeit einen weißen Strich, an dessen Ende sich das Schiff materialisiert. Mit den Sensoren, die jetzt im wahrsten Sinne des Wortes meine Augen sind, sehe ich zwei solide, absolut schwarze Sphären. Die Kugeln zerplatzen. Dort wo sie waren hängen zwei gigantische Frachter im Raum. Zuerst sind sie noch halb durchsichtig, wie Geister, doch schon bald glättet sich die Gravitationsverwerfung und die beiden Frachter werden solide.„Atlas-Frachter hier ist die HF-23“, höre ich. „Wir werden sie zur GTS Nietzsche eskortieren.“„HF-23 hier ist die GTF Janina“, kommt es zurück. „Wir bedanken uns für die Eskorte. Wir nehmen Kurs auf bei fünfzehn Ge Beschleunigung. EAZ ist fünf Stunden.“„Gut“, meldet sich wieder die HF-23, „Formation einnehmen. Ab jetzt Funkstille wahren.“Wir nehmen unsere Plätze ein. Ich und zwei weitere aus meinem Geschwader gehen vor dem ersten der beiden fünfhundert Meter langen Ungetüme in Stellung. Die HF-23 hält sich zwischen den beiden Atlas auf und letzten beiden Ketzer spielen das Schlusslicht. Diese beiden Beschleunigen mit ihren vier Bugtriebwerken um den rückwärtigen Bereich effektiv mit ihren Sensoren überprüfen zu können.Eine Formation wie diese muss den Frachterbesatzungen vollkommen unbekannt sein. Normalerweise formieren sich Jäger kugelig um ihren Schützling und fungieren als eine Art mobiler Geschützturm. Aber wir Ketzer können auch doppelt so schnell Beschleunigen.Die ersten zwei Stunden der Reise laufen ereignislos ab. Immer wieder stoppen meine Flügelfrauen ihre Beschleunigung und lassen sich zurückfallen um die nicht geschützten Bereiche abzuspannen. Nach einer Stunde und achtundvierzig Minuten ist die Beschleunigung beendet. Wir haben unsere Reisegeschwindigkeit von eintausend Kilometer in der Sekunde erreicht und treiben für die nächsten vierundsiebzig Minuten im freien Fall auf die Station zu. Wir nützen diese Flugphase um die Umgebung gründlich zu scannen. Zwar können wir alles das um uns herum geschieht wahrnehmen, aber am genauesten und weitesten sehen wir immer noch im Bugbereich. Daher drehen wir uns um unser eigenes Zentrum, den Sarkophag, um so viel von der Umgebung wie möglich zu sehen.Vierzehn Minuten nach dem Ende der Beschleunigung kommt die Nachricht auf die wir alle gewartet haben. „Bogeys auf vier Uhr minus fünf“, höre ich von Ketzer-3. Ich drehe mich in die angegebene Richtung und gehe auf maximale Vergrößerung. Tatsächlich ist da eine vollständige Kampfgruppe des Feindes – zwanzig perlmuttfarbene Jäger. Jedes dieser tropfenförmigen Biester besitzt drei Ausleger mit hauchdünnen Segeln darauf, die sie jetzt zu dem sich verjüngendem Heck einklappen. Die Jäger sind alle halb transparent, genauso wie die Frachter kurz nach ihrem Sprung. Mehr denn je sehen sie wie wunderschöne Geister aus. Sie beschleunigen mit fünfzehn Ge in unsere Richtung und haben bereits eine Geschwindigkeit von eintausendzweihundert Kilometern in der Sekunde.„Ketzer-3 und 5 bleiben beim Konvoi“, befehle ich. „2 und 4 gehen in Formation mit mir.“Ich drehe mich auf einen Abfangkurs und beschleunige mit zehn Ge auf die Feinde zu. Während ich mich vom Konvoi entferne sehe ich wie sich HF-23 zusammen mit den beiden zurückbleibenden Ketzern zwischen den Frachtern und den Feinden in Position bringt.Während ich mich den Feinden nähere wundere ich mich über meine Ruhe. Ich weiß, fünf normale Jäger und eine Fregatte sind dieser Kampfgruppe hoffnungslos unterlegen. Aber wir sind Ketzer. Wir sind schneller, wendiger und wir sind die ersten groß-terranischen Schiffe die über die neuen Mk3 Keramikpanzer verfügen. Außerdem weiß ich meinen Körper im noch einmal gepanzerten Sarkophag in Sicherheit. Als ich die Feinde erreiche weiß ich warum ich keine Angst fühle.„Formation auflösen, feie Zielerfassung“, befehle ich während ich den Ersten mit meinen vier Atomlasern unter Beschuss nehme. Ich habe kein Fadenkreuz in meinem Blickfeld. Ich benötige auch keines, denn ich weiß das ich den Feind treffen werde. Wie erwartet leucht sein Schild unter der auftreffenden Energie auf. Dann bin ich an ihm vorbei. Ich stoppe die Beschleunigung, drehe mich um 180° und nehme ihn erneut aufs Korn. Er versucht mit komplizierten Manövern auszuweichen doch bleibt er in meinem Schussfeld während ich mich immer weiter von ihm entferne und tiefer in den Pulk der Feinde eintauche. Ich weiß das sein Schild kurz vor dem Zusammenbrechen ist als ich bemerke wie jemand auf mich schießt. Ich tauche unter dem sengend heißen Energiestrahl durch. Ein zweiter Strahl trifft mich am linken Bugflügel. Mein Keramikpanzer reflektiert dreißig Prozent der auftreffenden Energie, trotzdem fühlt es sich an als würde jemand meine Hand mit einem Bunsenbrenner verschmoren. In wilder Agonie rolle ich mich herum und entgehe so zwei weiteren Strahlen. „Hab ihn!“, höre ich Ketzer-4 und sehe eine Explosion links hinter mir. Ich glaube einen Schrei zu hören.Ich werde von vier Gegnern gleichzeitig bedrängt. Jetzt kommt mir wieder meine Erfahrung im Kampfsport zugute. Ich gehe in meinem Kopf jede nur mögliche Bewegung durch. Der Computer übersetzt sie in wahnwitzige Manöver. In einem normalen Jäger hätte ich vermutlich längst das Bewusstsein verloren. Aber der Sarkophag schützt meinen Körper und diese Manöver sind die einzige Möglichkeit am Leben zu bleiben. Wann immer ich weiß das ich treffen werde schieße ich. So mancher Schild flackert unter meiner Energie auf obwohl keines zusammenbricht. Aber ich weiß das es sich bei fortlaufender Kampfdauer bezahlt machen wird. Die Schilde der Feinde bauen sich nur sehr langsam wieder auf.„Ich hab einen auf sechs Uhr!“, höre ich Ketzer-2. „Ich kann ihn nicht abschütteln!“Ich drehe mich in seine Richtung, ich weiß immer wo meine Leute sind, und sehe wie sie von einem Energiestrahl getroffen wird. Die Panzerung hält das aus, aber genauso wie ich vorhin dreht sich Ketzer-2 in purer Agonie durch den Raum. Für den Bruchteil einer Sekunde weiß ich, dass ich den Feindjäger treffen werde und feuere zwei Raketen ab. Dann bin ich wieder mit Ausweichmanövern beschäftigt.Auch Ketzer-4 feuert zwei Raketen ab. Meine treffen als erstes. Das Schild leuchtet hell unter der einbrechenden Energie, bricht jedoch nicht zusammen. Dann explodierten die anderen Beiden. Das Schild bricht endlich zusammen. Der Feindjäger macht einen Satz nach vorne und unten ehe er schwer beschädigt in den leeren Raum wegtreibt. Einer weniger und wieder glaube ich einen Schrei zu hören.„Genug gespielt“, sage ich zu meinen Flügelfrauen. „Wir sammeln uns beim Konvoi.“Ich gehe auf Kurs und gebe Vollgas. Mit dreißig Ge Beschleunigung laufe ich den Feindjägern weg, die ihrerseits nur zwanzig zusammenbringen. Schon bald habe ich den Pulk hinter mir gelassen. Ich drehe mich um 180°, beschleunige nun mit den Bugtriebwerken und feuere mit meinen Atomlasern auf alles das ich treffen kann. Das Schild eines Feindjägers bricht nach nur zwei Treffern zusammen. Ich sehe wie die Impulse meiner Atomlaser Teile der perlmuttfarbenen Panzerung herausreißen. Dann bricht einer der angelegten Ausleger ab. Diesmal höre ich den Schrei ganz deutlich und sehe wie das Schiff solide wird als es vollkommen unkontrollierbar in den Raum abtrudelt.Da bemerke ich wie Ketzer-2 hinter uns zurück bleibt.„Schadensmeldung!“, befehle ich.„Die Panzerung ist angesengt, nichts ernstes“, kommt es von Ketzer-4.„Triebwerk 3 ist beschädigt. Ich komme schon zurecht“, meldet Ketzer-2.Plötzlich sind überall um mich herum Explosionen. Ich trete in die Flakblase der HF-23 ein. Jetzt aktiviere ich wieder meine Hecktriebwerke um meine Geschwindigkeit zu reduzieren und wieder am Kampf teilnehmen zu können. Doch ich weiß, ich werde weit hinter die Fregatte, fast bis zu den Frachtern treiben ehe meine Geschwindigkeit auf Null ist.Ich sehe wie Ketzer-3 und 5 an mir vorbei zu unseren Gegnern sausen. Das ich ihnen bei diesem Kampf jetzt nicht helfen kann gibt mir einen Stich im Herzen. Aber mir ist genauso bewusst, dass genügend Feindjäger an der Fregatte vorbeikommen und die Frachter, ihr eigentliches Ziel, angreifen werden. Jetzt erreichen die Feindjäger die Flakblase und beginnen sofort mit ihrem Beschuss. Die HF-23 bietet ein leichtes Ziel für die kleineren, wendigeren Raumschiffe, doch sie kontert indem sie jetzt auch ihre Atomlaser einsetzt. Und die beiden Ketzer die bei ihr geblieben sind geben ihr Rückendeckung. Immer wieder erkenne ich die Spuren ihrer Raketen die sie jetzt ungehemmt einsetzen und wünsche ich währe nah genug um meine abzufeuern. Plötzlich zerreist ein orangeweißer Plasmastrahl von der HF-23 die schwärze des Weltraums und schneidet durch zwei Feinde als währen diese gar nicht da. Gleichzeitig höre ich wieder diesen Schrei, fast schon ein Kreischen. Dann zerreist eine Rakete einen weiteren Feind und ich vernehme wieder den Schrei. Eine Explosion auf der Oberfläche der Fregatte deutet auf den Verlust eines Flakgeschützes hin. Acht der Feinde schaffen es durch die Flakblase und nähern sich den Frachtern. Ihre sechs Kollegen versuchen die Fregatte außer Gefecht zu setzen.„Jetzt wird es ernst“, sage ich und beende das Bremsmanöver. Die verbleibende Bewegungsenergie werde ich noch dringend benötigen. Sofort nehme ich den erstbesten Feind ins Visier und warte bis er in Raketenreichweite ist. Dann schicke ich ihm vier Vögel entgegen und wende mich sofort dem nächsten zu. Doch dieser hat mich bereits im Visier und nimmt mich mit allen seinen drei Strahlern unter Beschuss. Es gelingt mir zwei von ihnen auszuweichen indem ich mich nach rechts werfe, doch der Dritte trifft mich im Bug und reißt mir die linke Hand weg.Endlose Sekunden fühle ich nichts als Schmerz. Dann habe ich mich wieder gefangen und finde mich hunderte Kilometer vom Kampfschauplatz entfernt wieder. Ich habe einen Atomlaser eingebüßt. Trotzdem nehme ich wieder Fahrt auf um mich in Getümmel zu werfen. Während ich mich meinen Feinden nähere verschaffe ich mir einen Überblick. Bei der Fregatte sind noch drei Feindschiffe und sie nimmt Kurs auf die Frachter. Bei den Frachtern selbst sind noch immer sechs Jäger.„Ich brauche Hilfe!“, höre ich Ketzer-4.„Ich komme gleich“, gebe ich zurück und hole alles heraus was die Treibwerke hergeben. Ich beschleunige jetzt mit über dreißig Ge. Die Konstrukteure haben mir versichert, dass der Ketzer kurzzeitig diese Belastung aushält. Dennoch zerren die Fliehkräfte so sehr an meinen Flügel das es beinahe schmerzt.Als ich in Raketenreichweite komme bemerke ich das Ketzer-4 von zwei Feinden verfolgt wird. Ich schicke jedem zwei Raketen hinterher und hänge mich an den näheren der beiden. Die Raketen können die Schilde nicht durchdringen. Ketzer-4 tanzt zwischen den Strahlen hindurch, wirft sich herum und feuert seine Atomlaser auf einen der Verfolger. Das angeschlagene Schild hält der Belastung nur kurz Stand. Die Panzerung der Feindschiffe ist kaum der Rede wert. Schon bald trudelt er begleitet von einem Schrei und viel Flüssigkeit in die Leere. Jetzt feuere ich meine Atomlaser ab. Nach nur einem Schuss, der vom Schild abgefangen wurde, bin ich an ihm vorbei. Ich wende und versuche mit den Hecktriebwerken meinen Geschwindigkeitsüberschuss zu reduzieren während ich gleichzeitig weiter auf meinen Gegner feuere. Doch dieser weicht mir in einer Spirale aus. Ich schicke ihm eine Rakete hinterher die leider ins Leere geht. „Hilf...“, höre ich plötzlich von Ketzer-2 und sehe wie das Schiff in seine Einzelteile zerrissen wird.„Sarkophag entdeckt und markiert“, meldet Ketzer-4 und ich bin beruhigt.Jetzt erreicht die HF-23 die Frachter. Sie wird noch von einem Feindschiff und beiden Ketzern begleitet. Der Feind setzt zu einem aberwitzigen Manöver an. Die beiden Ketzer wollen ihn aufhalten, doch es ist zu spät. Er taucht über die Abwehr der HF-23 und rast genau in ihren Bug. Die Explosion reißt ein gewaltiges Loch in den Rumpf der Fregatte und vernichtet den Plasmastrahler. Die austretenden Gase heben die Fregatte kurz in die Höhe, sie stabilisiert sich aber gleich wieder. Die restlichen fünf Feinde suchen ihr Heil in der Flucht. Ich schicke ihnen meine restlichen fünf Raketen hinterher. Meine verbliebenen drei Geschwaderkollegen tun das Gleiche. Die Feinde versuchen den Raketen mit wilden Manövern auszuweichen doch sie haben keine Chance. Die Schreie ihrer Vernichtung sind fast ohrenbetäubend.Während Ketzer-4 den Sarkophag von Ketzer-2 holt um ihn in den Hangar der GTF Janina zu bringen lasse ich mir die Schadensmeldungen geben. Ketzer-3 hat die beiden Hecktriebwerke steuerbords und das Bugtriebwerk backbords verloren. Ketzer-4, unser einziger Mann, ist relativ glimpflich davongekommen. Er hat nur leichte Schäden an der Panzerung. Ketzer-5 meldet einen Durchschuss im linken Heckflügel. Sie musste den dort gelagerten Treibstoff ablassen um eine Explosion zu vermeiden. Aber sie glaubt es noch bis zur GTT Hades zu schaffen. Und wenn nicht lässt sie sich gern von Ketzer-4 huckepack nehmen. Die HF-23 hat es schwer getroffen. Sie verlor drei ihrer vier Flakgeschütze, einen Atomlaser sowie den Plasmastrahler. Außerdem hat sie schwere Rumpfschäden und zwei Besatzungsmitglieder mussten ihr leben lassen. Die beiden Frachter haben nur oberflächliche Schäden. Kaum der Rede wert.„Habt ihr auch die Schreie gehört?“, will Ketzer-5 wissen.„Ja“, bestätige ich. „Was das wohl war?“„Wir stellen bei jedem zerstörten Feindschiff eine Neutrinodruckwelle fest“, kommt es von der HF-23. „Wahrscheinlich habt ihr das gehört.“„Neutrinos?“, wundere ich mich. „Die sind doch viel zu klein und masselos als das wir sie wahrnehmen können.“„Trotzdem kamen die Schreie über keine unserer Frequenzen“, wirft Ketzer-3 ein.Das Rätsel ist noch nicht gelöst als Ketzer-4 zurückkommt. Und auch nicht als wir nach zweieinhalb Stunden ruhigen Fluges die GTS Nietzsche erreichen. Dann aber geschieht etwas, das uns dieses Rätsel vergessen lässt.Die GTF Janina gleitet gerade in die Parkumlaufbahn der Station. Plötzlich explodiert etwas im Heck des Frachters. Das Heck hebt sich in die Höhe. Zwei weitere Sprengsätze lassen das Schiff auseinanderbrechen. Die Bruchstücke werden von weiteren Explosionen zerrissen.So verlieren wir Ketzerpiloten unsere erste Kollegin nicht im Kampf gegen den Feind, sondern bei einem feigen Anschlag der Rebellen aus den Primitiven Welten. Ihr Name war Haydeé Tebelin.
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#2 tichy

tichy

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Geschrieben 01 April 2005 - 17:15

Hej Thomas,Ich gebe zu, ich gehöre nicht ganz zur Zielgruppe, denn Weltraumschlachten interessieren mich wenig. Davon abgesehen ist das eigentlich keine wirkliche Kurzgeschichte, eher eine Szene oder ein Stimmungsbild -- was soweit keine Kritik sein soll, auch diese Form hat ihre literarische Berechtigung.Zum Inhaltlichen: Ich hoffe, ich darf gnadenlos sein? Wenn nicht, dann jetzt nicht weiterlesen :lol: Ich fühle mich total zugeschüttet mit technischen Erklärungen, Akronymen und nebensächlichen Informationsbruchstücken. Du erklärst Funktionsweisen und benennst Bauteile wie in einem technischen Vortrag, und Du beschreibst Vorgänge wie in einem Protokoll, es will dabei einfach keine Spannung aufkommen. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, da erzählt mir jemand die "Wing-Commander"-Mission, die er gestern am Computer gespielt hat ... ;) Bei so viel technischen Erklärungen hätte ich mir eine halbwegs plausible Erklärung gewünscht, warum in diesen Kampffliegern überhaupt noch Menschen sitzen, anstatt mit ferngelenkten Drohnen zu kämpfen, die ja noch viel mehr G-Kräfte aushalten würden.Was da am Ende explodiert und warum, ist mir nicht ganz klar geworen. Hatte das irgendeine Verbindung zur vorangegangenen Schlacht? Wenn nicht, würde ich es weglassen. Ebenso den Neutrino-Erklärungsversuch für die Todesschreie, denn der überzeugt nicht, am besten mitsamt den Todesschreien selbst, die ohnehin etwas theatralisch wirken.Insgesamt ist das Szenario ansich nicht uninteressant. Ich glaube, das Problem liegt in der Perspektive: Für einen Ich-Erzähler ist das ganze einfach zu distanziert und trocken. Vielleicht solltest Du diese Geschichte als "Drehbuch" verwenden, Dich dann in Deine Protagonistin hineinversetzen und das Geschehen diesmal wirklich aus ihrer Perspektive erzählen: Ihre Motive für den schmerzhaften und gefährlichen Eingriff andeuten, den "Körperwechsel" in das Flugzeug und die Sinneseindrücke beim Kampf fühlbarer machen ... ich weiss, das ist leicht gesagt, aber nur so wird eine Geschichte interessant. Und vielleicht merkst Du dann auch, dass die Geschichte dort noch gar nicht zu Ende ist, wo Du es dachtest, dass die dort vielleicht sogar erst anfängt ...-- tichy
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#3 rockmysoul67

rockmysoul67

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Geschrieben 01 April 2005 - 19:40

Hoi ThomasMagst du Stephen King? Ich schon. Oh, thematisch vielleicht nicht, aber wenn ich anfange zu lesen, möchte ich einfach wissen, wie es weiter geht und lese und lese und lese, bis die Geschichte zu Ende geht. Aber wie schafft dieser Typ es eigentlich, mich so zu packen? Neugierig geworden, habe ich vor einiger Zeit "On Writing" und "Secret Windows" gelesen, jene zwei Bücher, in welchen King all seine Schriftstellergeheimnisse verraten sollte ...King schreibt, dass Thema und Plot ihm nicht die Bohne interessieren. (Ehrlich gesagt, zweifle ich stark daran, ob King überhaupt diese zwei Begriffe versteht.) Was ihm wichtig ist, ist die Story. Story, Story, Story. Darum dreht's. Es wäre nett gewesen, wenn er geschrieben hätte, was er denn eigentlich unter Story versteht, oder wie eine Story aufgebaut werden sollte oder welche Elemente eine gute Story von einer schlechten unterscheiden ...Nun, King kann nicht gut erklären, was "Story" ist (erstaunlich für einen Ex-Englisch-Literatur-Lehrer eigentlich) und ich werde nicht wagen, zu versuchen, den Meister zu übertreffen. Aber was King meint, verstehen wir wohl im etwa aus dem Bauch heraus, nicht wahr? Es braucht etwas, was die Leser bei der Stange hält. Was immer dieses Wunderelement ist - es ist nicht in deiner Geschichte. Du schreibst sehr klar. Sehr deutlich. Jeder Satz ist logisch, fehlerfrei, ein Kristall. Kein technisches Element geht vergessen; es ist stets klar was geschieht. Jeder Satz ist wie eine mathematische Formel, die Geschichte als Ganzes ist wie ein Geometrie-Kapitel. Und glaube mir dies, ich bin eifersüchtig! Ich habe so meine Mühe, klar und deutlich etwas Technisches oder eine räumliche Umgebung oder ein Ereignis zu beschreiben. Ich wünsche mir, ich könnte etwas so durchdacht ausdrücken. Aber Thomas, wo ist die "Story"? Wo ist die Spannung? Wo sind die Wendungen? Wo sind die Elemente, die mich mitfiebern lassen? Was macht mich neugierig, wie die Schlacht ausgeht? Wie kann ich mitfühlen (Mitleid oder Jagdfieber) mit den Figuren, wenn du alles wie ein Bericht mit mathematischer Präzision schreibst. King schreibt irgendwo (ich weiss jetzt nicht an welcher Stelle) im etwa das Folgende (ziemlich in den Text versteckt und ohne es weiter auszuführen): Ein guter Schriftsteller plappert und er macht es so, dass man als Leser unbedingt wissen will, wie die Geschichte ausgeht. Du dagegen plapperst nie. Und ich, als Leser, fragte mich an keiner Stelle: "O, wow, wie wird dies je enden?" Interessant, diese How-To-Write-Bücher von King. Er schreibt auch (wieder im etwa): Lass alles raus, was irrelevant ist. Um dann über sein Leben zu quasseln und kaum was über die Frage, WIE man schreibt, bringt. Ich gebe dir den folgenden Tipp. Lese Kurzgeschichten und Romane (vielleicht von King), die DU spannend findest, und versuche dann herauszufinden, was so spannend ist. Versuche dann eine solche Spannung in deinen Geschichten einzubauen. Tue es aber besser als King: Mach es spannend, gib uns Leser den Wunsch, weiter lesen zu wollen, aber erzähle jene Geschichte, deine Geschichte, die du uns Leser geben willst. Bringe weiterhin dein Thema. Und deinen Plot.(Ein heute nicht in einer Genaue-Analyse-seienden Stimmung) RockMySoul67

#4 Konrad

Konrad

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Geschrieben 01 April 2005 - 21:48

... die Story. Story, Story, Story. Darum dreht's. ...

Ich muß gestehen, ich dachte eher "der Leser, der Leser, der Leser". Eine Story hat er, aber er denkt überhaupt nicht an den Leser. Ich bin kein Autor, aber ich stelle mir vor, daß es bei einem gutem Buch etwa so ist, wie bei guten Geschichtenerzähler im Freundeskreis. Ein guter Geschichtenerzähler spielt mit den Zuhörern. Ködern, Wecken der Neugier, Informationen zurückhalten, Mitdenken lassen, Fintieren. Alle diese Elemente, auf die man sofort kommt, wenn man an eine gesprochene Erzählung denkt, spielen bei mir als Leser einer geschriebenen Geschichte eine ebenso große Rolle. Daher denke ich, eine Story hat er; jetzt muß er sie mir nur noch richtig erzählen. Gruß, Konrad

#5 thomas t

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    Yoginaut

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Geschrieben 02 April 2005 - 15:14

Danke für die schonungslose Kritik. Genau das hatte ich mir erwartet. Allerdings hatte ich keine Ahnung von meinen Schwächen. Jetzt hab ich sie und werde versuchen daran zu arbeiten. Danke. Vielleicht sollte ich aber noch etwas erklären: Ich liebe es Universen zu erschaffen und dies war der erste Versuch in diesem Universum zu schreiben. Überhaupt mein erster Raumkampf. Und die ersten Versuche gehen meistens schief.

Bei so viel technischen Erklärungen hätte ich mir eine halbwegs plausible Erklärung gewünscht, warum in diesen Kampffliegern überhaupt noch Menschen sitzen, anstatt mit ferngelenkten Drohnen zu kämpfen, die ja noch viel mehr G-Kräfte aushalten würden.

Für eine Erklärung müsste ich die ganze Ideologie Groß-Terras ausbreiten. Das sie atheistisch-fundamental sind (also Mensch zu Gott erhoben haben), KI's bis aufs Blut hassen, etc. pp. Sorry, aber das ging beim besten Willen nicht. Da wäre die Story noch lahmer geworden.

Vielleicht solltest Du diese Geschichte als "Drehbuch" verwenden, Dich dann in Deine Protagonistin hineinversetzen und das Geschehen diesmal wirklich aus ihrer Perspektive erzählen:

Genau das werde ich tun. Ich habe auch schon einige Bilder im Kopf. Bin schon neugierig wie die zweite Version aussieht.

ich bin eifersüchtig! Ich habe so meine Mühe, klar und deutlich etwas Technisches oder eine räumliche Umgebung oder ein Ereignis zu beschreiben. Ich wünsche mir, ich könnte etwas so durchdacht ausdrücken.

Dafür hab ich meine Probleme im zwischenmenschlichen Bereich. Auf die Leute die das können bin ich eifersüchtig. CU Thomas
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#6 thomas t

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Geschrieben 17 April 2005 - 15:33

Es hat etwas gedauert, aber jetzt ist die zweite Version fertig.Der Plot ist nur noch in groben Zügen erhalten geblieben. Ich hoffe man kriegt jetzt mehr über Groß-Terra mit und das es mehr Atmosphäre hat. Inwiefern es spannender geworden ist kann ich ehrlich gesagt nicht sagen. Vielleich könnt ihr mir da helfen :D . Aber was schreibe ich, lest selbst.
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#7 thomas t

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Geschrieben 17 April 2005 - 15:34

Haydeé TebelinDie Aufzugstüren öffneten sich und ich betrat das Ketzerdock. Derzeit war das Dock, das für ein Geschwader von zwanzig Jägern eingerichtet war so gut wie leer. Nur fünf Schiffe standen auf ihren Stellplätzen und wurden von der Wartungscrew bewaffnet und betankt. Es waren die Ersten. Die Prototypen.Ich ging zu meinen Ketzer und bewunderte seine klare und gerade Form. Kein Cockpit unterbrach die Linienführung. Mit seinen zwei Metern Höhe war er sehr schlank und bot eine geringe Trefferfläche. Zwei große Flügel an Heck und Bug erlaubten Atmosphäreneinsätze. Vier Triebwerke die sowohl zum Bug als auch zum Heck feuern konnten sorgten für eine maximale Beweglichkeit im Raum.„Guardian“, sprach mich einer der Techniker an – die Normalos kannten die Namen von uns Übermenschen nicht.„Ja?“, gab ich zurück.„Ich habe mir gerade Ihre Waffenliste durchgesehen. Sie wollen wirklich vier Atomlaser?“„Ja.“„Ich frage auch nur weil das eine ungewöhnlich schwere Bewaffnung ist.“ An seiner Körpersprache konnte ich deutlich erkennen wie unwohl er sich fühlte. „Wenn Sie stattdessen zwei Atomlaser und zwei Pulser nehmen...“„Stellen Sie etwa die Entscheidung einer Guardian in Frage?“, fuhr ich ihm über den Mund. Es tat mir sofort leid, aber es musste sein.„Nein, natürlich nicht.“„Gut. Wann werden die Jäger abflugbereit sein?“„In etwa einer viertel Stunde.“„Sehr gut. Ich bin im Besprechungsraum“, sagte ich und ließ ihn stehen.Der Besprechungsraum war genauso wie das Dock für mein kleines Geschwader überdimensioniert. „Haydeé!“, grüßte mich Inwabudike und nahm mich in die Arme als hätte er mich seit Jahren nicht mehr gesehen. Dafür erntete ich einen bösen Blick von Liu Tschi-Jan, seiner Lebensgefährtin. Ich grüßte sie und die anderen beiden Mitglieder meines Geschwaders, Maria und Sacajewa, mit einem Kopfnicken, denn der große Schwarzafrikaner wollte mich einfach nicht loslassen. Manche hielten es für eine Schwäche, dass ich mich mit Normalos gemein machte – selbst wenn es Ehemalige waren. Aber sie wussten nichts von dem Einheitsgefühl, das in einem Ketzergeschwader vorherrschte. Wie sollten sie auch, kannten sie doch die Schmerzen nicht die wir alle erdulden mussten und an die wir uns jede einzelne Nacht erinnerten. Nur ein zehntel von uns hatte die Operation ohne bleibenden Schaden überlebt.„Jetzt da wir alle hochoffiziell Übermenschen sind“, fuhr Inwabudike fort als er mich endlich los ließ, „kannst du uns sicher sagen wann wir diese coolen Tattoos kriegen.“ Dabei deutete er auf den Adler, der meine Stirn seit meinem neunten Lebensjahr zierte.„Niemals“, lächelte ich ihn an. „Ihr seit keine Guardians. Aber ich bin sicher das Oberkommando wird sich welche für uns Ketzer ausdenken.“„Sollten sie dich irgendwann einmal nach deiner Meinung fragen“, meinte der einzige Mann in meinem Geschwader, „sag ihnen ich währe für eine Supernova an der Schulter.“„Typisch Mann“, meinte Maria und schob Inwabudike zur Seite. „Hast du schon etwas Neues gehört?“ Ich wusste was sie meinte. Ihr kleiner Bruder arbeitete auf der Janina, einem Großfrachter der Atlas-Klasse. Genauer gesagt hatte er dort gearbeitet, denn der Frachter flog vor einer Woche, kurz vor dem Orbitaleintritt von Alpha in tausend Fetzen. Es gab keine Überlebenden. Das Wrack riss, wenn auch eher zufällig, ein Orbitaldock mit in die Vernichtung. So starben mit der fünfköpfigen Frachterbesatzung auch noch die über tausend Arbeiter auf dem Dock. Es war ein schwerer Schlag gegen die groß-terranische Industrie.Ich kannte Maria mittlerweile gut genug um zu wissen, dass sie ihren Schmerz mit Zorn kompensierte. Zorn gegen diejenigen, die ihr das angetan hatten.„Bis jetzt ist noch kein Bekennerschreiben eingegangen also waren es wahrscheinlich Thoraner.“„Diese verdammten Primitiven“, mischte sich Inwabudike wieder ein. „Wir versuchen die Menschheit zu retten und sie sabotieren uns immer wieder. Neulich habe ich ein Flugblatt gefunden das glatt behauptete der Feind existiere nicht. Die Übermenschen hätten ihn erfunden um ihre Kontrolle über die Menschen zu bewahren.“„Ich wünschte wir würden nach Thor fliegen“, murmelte Maria.„Vergesst es“, gemahnte ich die Beiden, „und jetzt setzt euch. Ich habe zwei Nachrichten. Die Gute ist, wir bekommen in einem halben Jahr sechs neue Piloten.“„Tatsächlich? Wie viele haben sich an die Operation getraut?“, wollte Liu Tschi-Jan wissen.„Dreißig.“„Die Ärzte werden eindeutig besser“, meinte Sacajewa. „Und die Schlechte?“„Wir müssen die Hades verlassen und werden bis auf weiteres auf der Station Nietzsche die orbitale Verteidigung Alphas verstärken. Das Oberkommando hält Alpha für das nächste Ziel des Feindes. Immerhin ist hier die größte Ansammlung an Industrien im gesamten groß-terranischen Reich. Die Hades wird kurz nach unserem Start aus dem System springen.“„Warum bleibt die Hades nicht im System?“, wollte Maria wissen. „Mit ihrer Kampfgruppe könnte sie Alpha viel besser schützen als wir fünf.“„Die Hades wird zusammen mit der Cerberus Präventivschläge gegen Thetis und Bandit 1 führen. Das Oberkommando erhofft sich eine Schwächung der feindlichen Invasionsflotte. Im übrigen wird die Machiavelli in einer Woche hier eintreffen.“„Ist die Machiavelli nicht im Dock von Terra?“, warf Liu Tschi-Jan ein. „Gefechtsschäden und so.“„Deshalb kommt sie erst in einer Woche.“ Ich klopfte mir mit dem Zeigefinger auf die Lippen. Irgendetwas hatte ich vergessen. „Ach ja“, fiel es mir wieder ein, „auf dem Weg zur Nietzsche sollen wir einen Frachter begleiten. Die... Saunière.“„Das heißt dann wieder Tapetenwechsel“, seufzte Inwabudike. „Und ich hatte mich gerade an die Hades gewöhnt.“„Aber du weißt doch, dass du mit mir überall zuhause bist“, meinte Liu Tschi-Jan und hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen.„Stimmt!“, grinste er.„Ich will ja nicht die Spielverderberin sein“, mischte sich Maria ein, „aber was wird aus unseren Sachen?“Ich blickte auf meine Uhr. „Die sind bereits in einem Shuttle untergebracht, das uns zur Station folgen wird.“„Was?“, riefen alle vier gleichzeitig.„Außerdem sollten wir auch schon aufbrechen“, sagte ich schnell. „Der Frachter müsste bald ankommen.“„Die haben einfach so in meinen Privatsachen herumgestöbert?“, entrüstete sich Sacajewa.„Du bist beim Militär. Das Wort Privat existiert da nicht“, meinte Maria.Ehrlichgesagt wusste ich nicht von was die Beiden sprachen. Falls ich jemals so etwas wie eine Privatsphäre gehabt habe, verlor ich sie in meinem neunten Lebensjahr als meine Eltern an dem Lotos-Syndrom starben. Das wusste ich allerdings nur aus den Datenbanken. Ich hatte kaum mehr eine Erinnerung an die Zeit bevor mich die Guardian, wie alle Waisenkinder, aufnahmen.Ich führte mein kleines Geschwader zurück ins Ketzerdock wo wir uns auf unsere Jäger aufteilten. Bei meinem Vogel angekommen berührte ich eine bestimmte Stelle an der braun-schwarz gesprenkelten Panzerung die auf meinen Fingerabdruck reagierte. Der Sarkophag wurde heruntergefahren und öffnete sich. Ich legte mich hinein und fühlte wie die Schnittstelle in das Gegenstück in meinem Rücken einrastete. Als sich der Deckel des Sarkophags wieder schloss schwanden mir bereits die Sinne. Nur kurz noch fühlte ich wie sich die Druckmanschetten meinem Körper anpassten.Als ich meine Sinne wieder bei mir hatte konnte ich im wahrsten Sinne des Wortes alles um mich herum sehen. Selbst das was gerade hinter mir stattfand, während ich gleichzeitig alles vor mir studierte. Wenn ich es wollte konnte ich alle Spektrallinien vom Infraroten bis zur Gamma-Strahlung durchgehen. Derzeit war ich im visuellen Spektrum. Ich wusste die genaue Entfernung eines jeden Objekts in Sichtweite, ich konnte sogar wie aus der Pistole geschossen ihr Volumen und ihre Masse angeben. Auf die sechste Kommastelle genau. Ich kannte unsere genaue Position im System und ebenfalls unsere Geschwindigkeit relativ zu den Fixsternen. Außerdem fühlte ich noch den Techniker, der auf meinem Rücken stand und den Betankungsschlauch entfernte. Nur hören konnte ich nichts.Ich erinnerte mich noch gut an meinen ersten Besuch im Sarkophag. Nach nicht einmal einer Minute musste ich ihn wieder verlassen. Ich schaffte es gerade noch mich hinauszubeugen ehe ich mein halbverdautes Frühstück betrachten durfte. Es dauerte einen Monat bis sich mein Gehirn an diese Fülle an Informationen gewöhnte und ich keine Kopfschmerzen mehr hatte.„Seit ihr bereit für unseren ersten Einsatz mit potentiellen Feindkontakt?“, fragte ich meine Geschwaderkollegen indem ich nur daran dachte.„Jep!“, kam es von Inwabudike.„Ja“, meinte Maria.„Alles klar“, sagte Liu Tschi-Jan.„Von mir aus kann’s los gehen“, fügte Sacajewa hinzu.Ihre gedanklichen Stimmen klangen zuversichtlich doch in ihren Emotionen, die bei der Übertragung zwischen uns nie ausgeschlossen werden konnten, schwang Angst mit. Das war gut so. Wer in so einem kleinen Gefährt in einen Kampf flog sollte Angst haben. Sonst kehrte er womöglich nicht mehr zurück.„Hades-Tower hier ist Ketzer 1“, sagte ich mit der Förmlichkeit und Kühle die sich für eine Guardian geziemte. „Erbitten Starterlaubnis.“„Starterlaubnis erteilt“, meldete der Tower.Ich versank im Boden des Docks. Langsam glitt ich an einem langen Förderband einen Kilometer durch die Eingeweide der Hades. Dann ging es wieder nach oben. Ich kam in einer Seitennische des Hangars heraus und rollte unter Einsatz meiner Steuerdüsen auf das Startfeld – ein drei Kilometer langer Tunnel durch den Schiffsrumpf der an beiden Seiten mit dem Vakuum verbunden war. Als ich in Position war gab ich mit den Hecktriebwerken Vollgas. Ich konnte die Beschleunigung an meinen Flügelspitzen fühlen als ich aus dem Hangar in die sternenübersäte Leere schoss. Ich wendete, glitt an dem riesigen Ungetüm von einem Träger vorbei, sah die braunen Panzerplatten, die sich wie Bienenwaben über den Rumpf erstreckten und fühlte für einen Augenblick Stolz auf dieses größte und mächtigste Symbol unserer Macht. Ich sah wie eine Gruppe Jäger in der Hades landeten. Die kleinen X-förmigen Raumschiffe waren so entworfen um dem Piloten ein Minimum an Fliehkräften zuzumuten. Trotzdem waren sie den feindlichen Gegenstücken unterlegen und ihre Tage waren gezählt. Schon bald würden sie von den Ketzern und ihren Nachfolgemodellen abgelöst werden. Auf dem Weg zum Shuttle trieb ich auch noch an zwei Fregatten der Taurus-Klasse vorbei. Diese einhundert Meter langen Kriegsschiffe waren zu klein um selbst von einem System ins Nächste springen zu können. Daher flogen auch sie im Bauch des Trägers mit.Wir erreichten den Treffpunkt. Das Shuttle war ein kleines quaderförmiges Raumschiff, das mit seinen dreißig Metern knapp doppelt so lang war wie mein Jäger.„Shuttle 05 hier Ketzer 1“, gab ich durch. „Behalten Sie ihre Position bei. Wir warten noch auf einen Gast.“„Verstanden Ketzer 1.“„Wie lange werden wir warten müssen, Haydeé?“, wollte Sacajewa wissen.„Wenn ich das wüsste“, war meine Antwort.Tatsächlich mussten wir gar nicht so lange warten. Keine Minute später entstand zwei Kilometer neben uns eine solide, tiefschwarze Kugel. Schon bald löste sich die Kugel auf und der von uns erwartete Frachter nahm, zuerst noch halb durchsichtig, ihren Platz ein. Schließlich ebbte die Gravitationsverzerrung ab und der Frachter wurde vollkommen fest.„Saunière hier Ketzer 1“, rief ich den Großfrachter der Atlas-Klasse. „Gehen Sie in Formation und folgen Sie uns zur Nietzsche.“„Verstanden Ketzer 1“, kam es von der Saunière zurück. „Seid ihr nicht etwas wenige für einen Geleitschutz?“„Wir sind genug“, gab ich zurück. „Rechnen Sie mit fünfzehn Ge.“„So schnell?“„So langsam.“Die Station Nietzsche lag eine Lichtminute von unserer jetzigen Position entfernt. Bei der Beschleunigung die wir an den Tag legten bräuchten wir fünf Stunden dahin, wobei wir dreiundsiebzig Minuten lang mit eintausend Kilometern in der Sekunde im freien Fall schweben würden. Das war zumindest der Plan.Wir alle freuten uns auf einen schön langweiligen Flug. Denn je interessanter es wurde, desto lebensgefährlicher wurde es. Trotzdem ging ich ins Röntgtenspektrum. Dort waren die Schiffe des Feindes einfach am besten zu entdecken. Außerdem musste man immer auf alles vorbereitet sein, wenn man am Leben bleiben wollte.Das Universum sah in diesem Spektrum unglaublich aus. Weiße Nebelschleier schienen das All zu durchziehen. Die Sterne leuchteten irgendwie dunkler. Ich konnte ein seltsames hell-dunkel Muster in der Sonne Alphas ausmachen. Und die Schiffe leuchteten aus ihren Triebwerken während der Rest dunkel und unerhellbar blieb.„Haydeé?“, fragte mich Inwabudike. Ich fühlte die Neugier die von ihm ausging.„Was gibt es?“„Du hast uns nie gesagt warum du dich der Operation unterzogen hast.“Das war unfair. Es war nahezu unmöglich jemanden zu belügen wenn sich beide Gesprächspartner in einem Ketzer befanden. Ich hatte es bisher peinlichst vermieden auf dieses Thema zu kommen. Inwabudike wusste das natürlich darum hatte er mich auch jetzt gefragt.„Warum willst du das wissen?“, fragte ich statt einer Antwort.„Nun, bei uns ist es klar“, meinte Inwabudike. „Wir wurden zu Übermenschen erklärt. Und unsere Familien erhalten eine absolute Vorzugsbehandlung. Das gilt auch für die, die es nicht geschafft haben. Aber du bist bereits ein Übermensch und eine Familie hast du auch nicht. Darum frage ich mich warum du es getan hast.“„Ehre und Pflicht.“ Das war nicht Gelogen. Aber es war auch nicht die Wahrheit.„Dir ist es also befohlen worden?“„Nein.“„Warum hast du es dann gemacht?“ Seine geistige Stimme klang jetzt schon beinahe verzweifelt.Ich schickte ihm ein Lachen. „Ich könnte es dir während des ganzen Fluges über erklären und du würdest nicht ein Wort davon verstehen. Du bist nun einmal kein Guardian.“Jetzt fiel auch Liu Tschi-Jan in mein Lachen ein. „Ich hab dir von Anfang an gesagt, dass sie so Antworten wird“, meinte sie und begann dann mit ihrem Lebensgefährten über ihre Familienplanung zu diskutieren. Ein Themenwechsel bei dem ich ganz und gar nicht mit kam.Trotzdem war ich froh darüber. Um ein Haar hätte ich an meine wahren Beweggründe gedacht. Etwas, das in einem Ketzer niemals geschehen durfte.In den nächsten zwei Stunden drehte sich das Gesprächsthema meines Geschwaders um allerlei Dinge. Am allermeisten wurde über die Ergebnisse der letzten ASL-Runde, die trotz oder gerade wegen des Krieges weiterbetrieben wurde. Und da jede in meinem Geschwader eine andere Mannschaft bevorzugte barg dieses Thema genug Stoff für einige langweilige Stunden und so manche Schlägerei.„Das solltest du dir ansehen, Haydeé“, sagte plötzlich Sacajewa.„Was?“„Sieh dir den Sektor 047.893.217 im Gammaspektrum an.“Ich tat es. Da war eine ungewöhnliche Spitze im Spektrum. Die lag genau inmitten eines...„Das ist in einem Asteroidenfeld!“„Ganz genau.“„Was soll das?“„Ich habe keine Ahnung.“„In Ordnung.“ Ich schickte das geistige Äquivalent eines Seufzers durch dir Runde. „Maria, du begleitest mich. Ihr anderen beleibt beim Konvoi.“Wir lösten uns vom Konvoi und nahmen Kurs das Asteroidenfeld. Ich war nervös.Mit einem Asteroidenfeld war das so eine Sache. Am besten sollte man es sich als einen Wald bei Nacht vorstellen. Wenn man draußen stand konnte man nur sehr schwer hineinsehen. Und wenn man mit einer Taschenlampe hineinleuchtete wurde man geblendet und sah noch weniger. Aber wer auch immer im Wald war sah alles ohne selbst entdeckt zu werden. Zumindest wenn dieser jemand nahe genug am Waldrand stand.Nach einer kurzen Beschleunigung bremsten wir langsam mit unseren Steuerdüsen. Einerseits durften wir nicht zu schnell in das Asteroidenfeld eindringen. Das würde unsere Panzerung nur unnötig beschädigen. Andererseits sollte uns niemand im Feld entdecken und dafür waren die Steuerdüsen am besten geeignet. Immer vorausgesetzt jemand befand sich zwischen den Asteroiden.Als wir endlich nach einer viertel Stunde in das Asteroidenfeld eintraten waren wir noch immer zu schnell. Ich fühlte den Einschlag winziger Staubkörner wie tausend Nadelstiche auf meiner Haut. Für einen Augenblick war ich instinktiv versucht mit meinen Bugtriebwerken abzubremsen. Dann besah ich mich wieder eines besseren. Sollte sich wirklich etwas hier drinnen befinden durfte es uns auf keinen Fall entdecken. Nur für einen Augenblick sah ich mir die Sterne an, die hier im Feld genauso funkelten als würde man sie durch eine Atmosphäre betrachten. Dann ging ich wieder ins Gammaspektrum. Die Strahlungsquelle war noch immer da.Wir schlichen uns tiefer in das Asteroidenfeld hinein. So knapp wie möglich an den großen rotierenden Felsbrocken vorbei um ja nicht aufzufallen. Wir kamen gerade rechtzeitig um zu sehen wie die Strahlungsquelle verschwand. In diesem Areal befanden sich jetzt...Ich ging ins Röntgtenspektrum um mir ganz sicher zu sein. Ja, in dem weißen Nebel konnte ich tiefschwarze Schatten, fast schon Löcher erkennen.„Ich zähle sechsunddreißig Geistjäger“, wurde ich von Mira informiert.Ich kam auf die selbe Zahl. Offiziell wurden sie ja FJ1 genannt, aber wir Piloten gaben ihnen den Namen Geistjäger, da sie ständig halb durchsichtig waren, als hätten sie gerade einen Sprung hinter sich.Ich schickte alle gesammelten Daten sofort per Richtstrahl an das Hauptquartier auf der Nietzsche. Während wir auf eine Antwort warteten versteckten wir uns in der Nähe eines großen Asteroiden und beobachteten die feindlichen Jäger weiter.Im visuellen Spektrum waren sie unglaublich schön. Jeder der perlmuttfarbenen, tropfenförmigen Jäger war ungefähr sechs Meter lang und hatte drei Ausleger die etwa eineinhalb mal so lang waren wie der Rumpf, an denen ein hauchdünnes Segel befestigt war. Kein Geistjäger sah so aus wie der andere. Der eine war etwas länger, der andere dicker. Beim dritten war ein Ausleger länger als die anderen. Und so weiter und so fort. Ich konnte auch Lebenszeichen in den Schiffen ausmachen, obwohl die Gravitationsverzerrung, die die Jäger durchsichtig werden ließ, mir nicht erlaubte festzustellen wo genau sie sich befanden. Trotzdem sagte mir diese Tatsache, dass sie KI’s genauso sehr verabscheuten wie wir. Der Umstand, das ich kein Cockpit erkennen konnte, sagte mir, dass sie über so etwas ähnliches wie unseren Sarkophag verfügten. Der schieren Anzahl nach, mit der sie diese Jäger einsetzten, war ihrer ausgereifter als unserer.„Du hättest doch Pulser mitnehmen sollen“, sagte plötzlich Maria. „Die Atomlaser funktionieren in all dem Staub so gut wie gar nicht.“Das wusste ich ebenfalls. Atomlaser verschossen Impulse aus kohärenter Materie. Dadurch waren sie ungeheuer mächtig. Aber sie funktionierten nur im Vakuum. Wenn sie auch nur mit einem Staubkorn in Berührung kamen wurde der kohärenter Impuls zu einem gewöhnlichen Materiestrahl, der die hälfte seiner Wirksamkeit verlor und bei weitem nicht mehr die ursprüngliche Reichweite hatte. Aber wer rechnete schon damit während eines Geleitzuges in ein Asteroidenfeld zu kommen.„Wir haben immer noch unsere Raketen“, entgegnete ich.„Ja, wir haben jeder sechzehn Stück davon.“ Sarkasmus und Nervosität waren unüberhörbar. „Und es braucht mindestens vier um einen Geistjäger abzuschießen.“„Wir warten nur noch auf die Antwort vom Oberkommando, dann hauen wir hier ab“, versuchte ich sie zu beruhigen. „Die Raketen müssen im Notfall reichen bis wir aus dem Asteroidenfeld draußen sind.“Es dauerte noch eine Minute bis die Nachricht kam. Sie besagte, dass wir uns zurückziehen sollten. Sie würden ein Schiff schicken, dass sich darum kümmerte.Maria atmete genauso erleichtert auf wie ich als sie das hörte. Langsam gaben wir mit unseren Steuerdüsen Schub und begannen aus dem Feld hinauszugleiten. Noch deutete nichts in den Bewegungen der Geisterjäger darauf, dass sie uns entdeckt hatten.Hinter dem nächsten Asteroiden tauchten zwei Geistjäger auf. Sie entdeckten uns in dem selben Augenblick wie wir sie, legten ihre Ausleger nach hinten an und wurden dadurch Kampfbereit. Wir warfen uns herum, schickten ihnen je vier Raketen entgegen und gaben mit den Hecktriebwerken Vollgas. Ich fühlte wie die dreißig Ge Beschleunigung an meinen Flügelspitzen zerrten und spürte tausend Nadelstiche von den Staubkörnern. Meine gesamte Konzentration brauchte ich um an den Felsbrocken vorbeizufliegen. Ich hatte keine Ahnung ob meine Raketen getroffen hatten.Dann waren wir aus dem Asteroidenfeld draußen. Ich warf mich um einhundertachtzig Grad herum und beschleunigte mit den Bugtriebwerken. Eine halbe Minute hinter uns schossen ein Dutzend Geistjäger aus dem Asteroidenfeld. Sie folgten uns mit zwanzig Ge. Mehr schafften sie zum Glück nicht. Ich setzte einen Notruf ab und feuerte mit den Atomlasern auf den erstbesten Verfolger. Ich konnte gerade noch erkennen wie sein Schild unter meiner Energie aufleuchtete, dann musste ich schon den blendendweißen Energiestrahlen des Feindes ausweichen. Bei zwei oder drei schaffte ich es auch, doch der nächste traf mich. Wir hatten keine Schilde also traf mich der Strahl mit all seiner Kraft. Zum Glück war es nur ein Streifschuss an einem Bugflügel dennoch fühlte es sich an als würde mir jemand meine Hand mit einem Bunsenbrenner versengen. Sekundenlang trudelte ich in wilder Agonie durch den Raum. Ich befand mich nun unterhalb des Pulks. Vier Jäger hatten sich gelöst und folgten mir. Der Rest blieb Maria auf den Fersen, die noch immer auf den Konvoi zuhielt.„Maria! Kurs ändern!“, rief ich. Hoffentlich befand sich der Konvoi noch außerhalb ihrer Sensoren.Sie befolgte meinen Befehl und der Pulk folgte ihr. Ich war wieder damit beschäftigt am Leben zu bleiben. Meine einzige Chance lag in meinem Beschleunigungsvorteil. Nie und nimmer konnte ich einen Kurvenkampf gegen vier Geistjäger überleben.Plötzlich war da eine riesige solid-schwarze Kugel. Die Kugel löste sich auf und ein Kreuzer der Ares-Klasse hing im Raum. Der ein Kilometer lange Moloch war für kurze Zeit genauso durchsichtig wie meine Verfolger. Als er fest wurde erfüllten zahllose Explosionen der Flak, Impulse der Atomlaser und Rauchspuren der Antiraketen den Raum.„Ketzer-Geschwader hier ist die Weishaupt“, hörte ich. „Kehren sie zum Konvoi zurück. Wir übernehmen hier.“Ich tat wie mir geheißen wurde und machte mich daran die Todeszone zu verlassen. Die Sprengwirkung einer Flak war unvorstellbar. Selbst wenn mich nur eine Druckwelle erwischte konnte ich bewegungsunfähig werden. Und auch war der Atomlaser einer GKS bei weitem stärker als der einer KKS.Ich sah wie ein Jäger von einem Flakvolltreffer zerrissen wurde. Selbst mit seinem vollen Schild hatte er keine Chance gehabt. Zwei weitere gerieten in den Fokus der Atomlaser. Ihre Schilde leuchteten und sie tanzten unter der Energie dieser Waffen. Doch schließlich starben auch sie Flüssigkeiten verspritzend im Vakuum als sie von Antiraketen getroffen wurden.Der letzte Jäger hatte es mit mir aus der Todeszone geschafft. Ich schickte ihm eine Rakete entgegen, die sein von der Flak angeschlagenes Schild herunterholte. Dann nahm ich ihn mit meinen Atomlasern aufs Korn. Ohne dem Schild waren die Geistjäger kaum mehr als bewegliche Zielscheiben, wenn auch sehr wendige. Aus irgendeinem Grund waren sie kaum gepanzert. Ich sah wie weite Teile der Panzerung wegbrachen. Der Geistjäger versuchte sich noch aus meinem Beschuss zu winden als ich einen der Ausleger traf und dieser wegbrach. Das Feindschiff trudelte bewegungsunfähig zum sterben verurteilt in den leeren Raum.Seit dem Auftauchen des Kreuzers waren dreiundvierzig Sekunden vergangen. Länger hatte sie nicht gebraucht um alle zwölf Verfolger auszuschalten. Anschließend machte sich die Weishaupt daran mit ihren Torpedos und Plasmastrahlern das Asteroidenfeld in Atomstaub zu verwandeln.Plötzlich taten mir die feindlichen Piloten im Asteroidenfeld leid. Sie hatten keine Überlebenschance.Das war kein Kampf mehr. Das war ein Schlachten. Ich wollte nur noch weg. So schnell wie möglich zum Konvoi kommen und dann zur Nietzsche. Also befahl ich Maria Vollgas zu geben. Trotzdem dauerte es noch zwanzig Minuten bis wir den Konvoi erreichten.„Wir haben euren Notruf gehört, waren aber schon zu weit weg“, sagte Inwabudike als wir sie endlich erreichten. Ich konnte seine Erleichterung über unser Erscheinen fühlen. „Was ist passiert?“„Plänkler“, antwortete ich.„An die vierzig Stück“, fügte Maria hinzu.„Und was ist nach dem Notruf genau geschehen?“, bohrte er weiter.„Die Weishaupt ist gekommen und hat sie alle ausradiert.“ Er musste meine Abscheu fühlen und wissen, dass ich nicht mehr dazu sagen wollte.„Hast du eine Ahnung was die Gamma-Spitze verursacht hat?“, fragte er stattdessen.„Keine Ahnung“, gestand ich. „Darüber sollen sich die Wissenschaftler den Kopf zerbrechen.“Das Gesprächsthema wandte sich wieder der letzten ASL-Runde zu. Während wir mit unserem Bremsmanöver begannen legten sie sogar die Wetten für die nächste Runde fest.Ich beteiligte mich nicht mehr an den Gesprächen. Ich musste nachdenken. Vielleicht hatten die Flugblätter doch recht und wir hatten den Feind erfunden um die Menschheit besser kontrollieren zu können. Anscheinend besaßen sie so etwas ähnliches wie unseren Sarkophag. Demnach mussten sie KI’s verabscheuen. Es erschien mir unwahrscheinlich das eine andere Zivilisation fast die selbe Ideologie hatte wie wir. Andererseits verfügte sie über Schilde, ein uns weitgehend unbekanntes Antriebs und Waffensystem und wie sie die Abgründe der Lichtjahre überbrückten war uns noch vollkommen unklar. Hätten wir solche Technologien würden wir sie auch einsetzen. Oder vielleicht doch nicht? Und woher nahmen sie die gewaltigen Menschenmassen die sie für ihre Flotten benötigten? Fragen über Fragen. Sie beschäftigten mich während des restlichen Fluges zur Nietzsche. Als ich endlich landete konnte ich sie noch immer nicht beantworten. Wahrscheinlich würde ich das nie können.Ich verließ meinen Ketzer so schnell wie möglich und ging sofort in das mir zugeteilte Quartier. Die Nachbesprechung konnte warten. Ich wollte nur mehr schlafen. Das Schlachten vergessen.
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#8 rockmysoul67

rockmysoul67

    Temponaut

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Geschrieben 22 April 2005 - 08:37

Wow! Welch ein Unterschied! Du hast die Geschichte in einem völlig neuen Stil geschrieben - lebendig, mit guten Dialogen und die Technik durch menschliche Nähe gut dargestellt.

Eine Szene, wie z. B. diese:

„Saunière hier Ketzer 1“, rief ich den Großfrachter der Atlas-Klasse. „Gehen Sie in Formation und folgen Sie uns zur Nietzsche.“
„Verstanden Ketzer 1“, kam es von der Saunière zurück. „Seid ihr nicht etwas wenige für einen Geleitschutz?“
„Wir sind genug“, gab ich zurück. „Rechnen Sie mit fünfzehn Ge.“
„So schnell?“
„So langsam.“

ist soviel besser als dein früherer Entwurf:

„Atlas-Frachter hier ist die HF-23“, höre ich. „Wir werden sie zur GTS Nietzsche eskortieren.“
„HF-23 hier ist die GTF Janina“, kommt es zurück. „Wir bedanken uns für die Eskorte. Wir nehmen Kurs auf bei fünfzehn Ge Beschleunigung. EAZ ist fünf Stunden.“
„Gut“, meldet sich wieder die HF-23, „Formation einnehmen. Ab jetzt Funkstille wahren.“

Die Trockenheit ist weg. Der Leser kann sich jetzt in jede Situation eindenken und deinen Text rundaus geniessen.


Der grosse Mangel deiner Kurzgeschichte ist das abrupte Ende, das ein zu offenes Ende ist. Eigentlich sagst du nur, dass die Protagonistin plötzlich Zweifel hat an der Existenz eines Feindes, während sie doch gerade eine weitere Bestätigung erlebt hat. Dies ist schriftstellerisch nicht richtig; der Leser soll eigentlich (durch Beispiele gelenkt) selbst draufkommen, während die Hauptfigur schliesslich die Bestätigung erlebt.
Für mich ist dies nicht wirklich eine „Kurzgeschichte“. Es ist ein Auszug, gewissermassen „ein Tag aus dem Leben des Haydeé Tebelin“. Das ist allerdings okay. Weil du dir dieses Universums so präzise ausgedacht hast, wirst du wahrscheinlich mehr darüber schreiben, und diese Geschichte als Basis benutzen. (Ich sehe dies übrigens auch daran, weil du nicht erzählst, welche Tebelins wahre Beweggründe für die Operation waren.)
Falls du es aber bei dieser einzigen Erzählung belassen möchtest, musst du diese Geschichte nochmals (sorry) verlängern. Vielleicht soll dieser KI-Hass mehr ausgebaut werden - und plötzlich fällt es Haydeé Tebelin auf, dass die „Feinde“ eine terranische Erfindung sind (vielleicht weil die feindlichen Raumschiffe durch ältere/neuere terranische KI†™s geflogen werden). Sie soll den Betrug wirklich entdecken.

#9 thomas t

thomas t

    Yoginaut

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Geschrieben 22 April 2005 - 15:49

Danke für die Lorbeeren. Ich find die Geschichte noch immer nicht wirklich gut. In Kurzgeschichten habe ich einfach zu wenig Platz. Ich versuche das zu kompensieren in dem ich mir vorstelle ich schreibe einfach ein Buchkapitel, oder eben ein kurzer Ausschnitt aus einem Leben. Wahrscheinlich desshalb der offene Schluss. Aber ich weis auch das ich diese Story nicht mehr wirklich verbessern kann. Egal :P Zu Haydeé's Motivation: Die Lösung zu diesem Rätsel liegt in ihrem Namen verborgen. Zumindest in groben Zügen. Mit etwas Kenntnis in klassicher französicher Literatur sollte es sich eigentlich lösen lassen.Zu diesem "Betrug": Das ist reine Propaganda der Primitiven! Der Feind existiert wirklich. Allerdings weiß ich über ihn nur, dass die Menschen noch nicht einmal den Namen dieses Volkes kennen, geschweige denn einen von ihnen gesehen haben. Daher habe ich alle Freiheiten :devil: Ich weiß, ich steh nun einmal auf Rätsel und nachdenken. Ich kann nichts dafür. :devil: Thomas
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#10 rockmysoul67

rockmysoul67

    Temponaut

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Geschrieben 23 April 2005 - 20:36

Ich versuche das zu kompensieren in dem ich mir vorstelle ich schreibe einfach ein Buchkapitel, oder eben ein kurzer Ausschnitt aus einem Leben.

Als Buchkapitel hätte ich den Text (neue Version) auch total akzeptiert und als "gut" bezeichnet.

Zu diesem "Betrug": Das ist reine Propaganda der Primitiven! Der Feind existiert wirklich.

Meinetwegen, es ist deine Geschichte. Aber weshalb bringst du den Leser auf eine falsche Fährte?

Die Lösung zu diesem Rätsel liegt in ihrem Namen verborgen.

+

ich steh nun einmal auf Rätsel und nachdenken.

Solche kleine Rätsel schaden nicht. Du hast deinen Spass dran und viele Leser mögen eine kleine Herausforderung. Du musst aber nicht erwarten, dass jeder Leser A ) merkt, dass du überhaupt ein Rätsel eingebaut hast und B ) das Rätsel lösen kann oder will. Das Rätsel ist hier aber nicht aufdringlich gestellt (im Sinne von, die Geschichte ist nur verständlich, wenn man die Antwort besitzt), somit ganz in Ordnung.

ich weis auch das ich diese Story nicht mehr wirklich verbessern kann.

Mein Tipp für dich, falls du dich mal an eine andere Kurzgeschichte wagst, ist: Denke dir noch vor dem Schreiben einen fertigen, abgerundeten Schluss aus - falls möglich eine Überraschung oder unerwartete Wendung oder eine Charakteränderung.


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