Wird SF von Fluchtliteratur dominiert?
#1
Geschrieben 01 Mai 2005 - 09:39
Thomas Sebesta/Neunkirchen/Austria
Blog zur Sekundärliteratur: http://sebesta-seklit.net/
Online-Bibliothek zur Sekundärliteratur: http://www.librarything.de/catalog/t.sebesta
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#2
Geschrieben 01 Mai 2005 - 09:58
#3
Geschrieben 01 Mai 2005 - 12:33
#4
Geschrieben 01 Mai 2005 - 13:20
"Alles, was es wert ist, getan zu werden, ist es auch wert, für Geld getan zu werden."
(13. Erwerbsregel)
"Anyone who doesn't fight for his own self-interest has volunteered to fight for someone else's."
(The Cynic's book of wisdom)
Mein Blog
#5
Geschrieben 01 Mai 2005 - 13:32
Naja, es geht da nicht unbedingt nur um Liebeskummer, sondern auch um Zoff mit den Autoritäten. Und in diesem Zusammenhang gibt es halt die Neigung, den Problemen durch exzessiven Konsum dieser Literatur zu entfliehen. Daher der Name "Fluchtliteratur".Das mit der Pubertät habe ich nicht verstanden. Die meisten Liebesromane werden von bereits deutlich älteren Hausfrauen erworben.
Bearbeitet von Konrad, 01 Mai 2005 - 13:35.
#6
Geschrieben 01 Mai 2005 - 13:38
Ein Roman ist immer erst einmal Unterhaltungsliteratur, manchmal auf hohem Niveau, manchmal mit Anspruch. Es soll natürlich Leute geben, die es mangels Phantasie nicht schaffen, sich in eine fremde Welt entführen zu lassen und sich deswegen nur daran erfreuen können, wie der Autor die Wörter aneinander gereiht hat. Manche von diesen phantasielosen Leuten werden dann Literaturkritiker, um den anderen einreden zu können, daß Bücher, für die man Phantasie braucht, Fluchtliteratur und somit was ganz furchtbares sind.
Gruß Ronni
#7
Geschrieben 01 Mai 2005 - 15:50
Ich bin kein Literaturwissenschaftler, aber ich denke, daß hier die gezielte Berücksichtigung der Motivation des Lesers den Unterschied macht. Möchte ich meine Welt verlassen, um neue Quellen zur Bewältigung meiner eigenen Realität zu erschließen, oder um meine triste Realität zu vergessen. Bei der Fluchtliteratur ist ein Bezug zur Realität des Lesers unerwünscht, denn er könnte die "Flucht" vereiteln und ein deprimierendes Erinnern an die Probleme in der Realität auslösen. Daher werden Themen und Stoffe bevorzugt, die diesen Effekt garantiert nicht haben. Ich könnte mir vorstellen, daß dies ein Grund ist, warum Social-Fiction in der heutigen SF gemieden wird.Ja, warum lesen ich denn einen Roman? Wohl um meine Welt zu verlassen und mich auf die Reise durch eine andere Welt zu begeben. Sei es nun eine SF-Welt, oder die Gedankenwelt eines Detektivs oder die zerstörte Welt eines Außenseiters. In dem Sinne fliehe ich mit jedem Roman aus meiner Welt und mit etwas Glück nehme ich nach der Lektüre etwas in meine Welt mit zurück.
Bearbeitet von Konrad, 01 Mai 2005 - 15:53.
#8
Geschrieben 01 Mai 2005 - 15:54
ein interessanter Anknüpfungspunkt Gruß ThomasIch könnte mir vorstellen, daß dies ein Grund ist, warum Social-Fiction in der heutigen SF gemieden wird.
Thomas Sebesta/Neunkirchen/Austria
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#9
Geschrieben 01 Mai 2005 - 18:22
#10
Geschrieben 02 Mai 2005 - 11:51
Bearbeitet von Konrad, 02 Mai 2005 - 12:00.
#11
Geschrieben 02 Mai 2005 - 12:00
Kann.Es ging ja nicht darum, die Einzigartigkeit der Fluchtliteratur in der SF zu postulieren, sondern einen gewissen Trend in der SF aufzuzeigen, den man als Verarmung begreifen kann.
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#12
Geschrieben 02 Mai 2005 - 12:03
Bearbeitet von Konrad, 02 Mai 2005 - 12:05.
#13
Geschrieben 02 Mai 2005 - 12:05
#14
Geschrieben 02 Mai 2005 - 12:07
Es geht mir nicht um die Flucht, sondern um eine Art der Literatur, die diesen Impuls gezielt bedient.Ob eine "Flucht" stattfindet, kommt nicht nur auf den Autor an, sondern viel mehr auf den Leser. Man kann sich in so ziemlich jede künstliche Welt eines Buches zurückziehen, um "abzuschalten".
Bearbeitet von Konrad, 02 Mai 2005 - 12:18.
#15
Geschrieben 02 Mai 2005 - 12:29
Ja... und? Auch ein Roman mit großer moralisch-politischer Intention kann, um seine Botschaft zu transportieren, diesen Impuls bewusst bedienen. Sorry, ich wehre mich - offenbar nicht als Einziger - gegen die indirekt abwertende Konnotation dieser Art von Kategorisierung. An "Flucht" ist absolut nichts auszusetzen, Literatur, die diesen "Impuls bedient" ist damit nicht weniger wert als solche, die - und das ist jetzt meine Wertung - furchtbar anstrengend ist und sich dem Leser erst nach mehrstündiger philosophischer Kontemplation erschließt.Es geht mir nicht um die Flucht, sondern um eine Art der Literatur, die diesen Impuls gezielt bedient.
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#16
Geschrieben 02 Mai 2005 - 12:45
#17
Geschrieben 02 Mai 2005 - 13:49
Hm, dieses Argument kann man doch eigentlich auf jeden anwenden, der viel liest, oder. Er liest viel ergo will der Realität entfliehen. Ich drückte es anders aus: Anstatt sich vom Fernseher berieseln zu lassen wollen vielleser ihre Phanasie belebt sehen. Wenn Du den Sachverhalt so betrachtest, dann ich das Argument "Realitätsflucht" wohl nicht mehr haltbar. Und wenn doch, dann will ich all den Millionen Couch Potatoes und Videogame Freakes auch eine Realitätsfluch bescheinigt sehen. Trotzdem bleibe ich dabei: Der Ganze Begriff ist Unsinn.@Rusch: Ich habe ja ein gewisses Verständnis für deine Empörung, aber erkläre doch mal bitte, wie das Auflisten eines weiteren Fluchtmediums das ursprüngliche Statement entkräftet. Es ging ja nicht darum, grundsätzlich SF als Fluchtliteratur abzukanzeln, sondern einen gewissen Trend in der SF aufzuzeigen, den man als Verarmung begreifen kann. Gruß, Konrad
#18
Geschrieben 02 Mai 2005 - 14:30
#19
Geschrieben 02 Mai 2005 - 14:51
... und wenn es auch nur das Anliegen ist, die Taschen des Autors zu füllen. Eskapistische Ansätze kann man sicherlich auch in Büchern finden, die man nicht der Fluchtliteratur zuordnen würde. Der Unterschied ist nur, daß bei der Fluchtliteratur dies das dominante Merkmal ist, dem sich alle anderen Eigenschaften unterordnen. Trotzdem habe ich nichts gegen Fluchtliteratur, wenn man auch anders gestrickte Bücher findet. Und das war meine eigentliche Aussage: Ich habe den Eindruck, daß Bücher mit diesem Merkmalsprofil im gegenwärtigen SF-Genre zu stark dominieren.Da jegliche Form von Literatur ein Anliegen hat, find ich es müßig, eine davon wertend in die Ecke zu stellen, weil sie sich möglicherweise "nur" auf Unterhaltung beschränkt.
#20
Geschrieben 02 Mai 2005 - 21:23
Nun es gibt schon Paralellen - ich kann mit auch Äktschn-Literatur reinziehen und es ist nichts anderes als vor dem Fernseher einen Stalone-Quatsch zu sehen (naja, lesen muss man halt). Von dieser Sorte gibt's ja zu Hauf - ein bisschen Univesum, ein bisschen viel Bumm und Bäng unter den Titel SF und das wars - auch gut - aber das kann man schon unter Fluchtliteratur einreihen. Für mich hat ein guter Roman u.a. eine Aussage, eine Prämisse, die im Roman zu beweisen ist - ob es gelingt ist eine andere Frage. Sehr viel SF heutzutage (aber auch in der Vergangenheit) gelingt es ohne eine solche auszukommen - Fluchtliteratur. Da brauch ich mir keine Gedanken dazu machen - einfach rein in den Raumer, den Strahler umgeschnallt und ab geht die Post. Gruß ThomasWorin liegt der Unterschied, ob sich jemand drei Stunden vor den Fernseher knallt oder ein SF Buch liest? Wohl nur darin, dass der SF Fan noch mehr Leben in seiner Birne hat, sich anregen will und aktiv und nicht passiv unterhalten werden will. Fluchtliteratur?
Thomas Sebesta/Neunkirchen/Austria
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#21
Geschrieben 02 Mai 2005 - 21:38
Nein! Es ist immer ein Unterschied, ob man liest oder fernsieht. Du sagst ja selbst: Lesen muss man halt. Genau das ist der Unterschied. Lesen ist eine aktive Tätigkeit fürs Hirn, die wesentlich anstrengender ist als fernsehen. Selbst bei Action-Literatur. Was die Flucht angeht: Das bedeutet doch, dass man absichtlich die Realität vernachlässigt, weil man keinen Bock auf sie hat. Ich bleibe dabei: Nicht der Autor entscheidet, ob der Leser sich in seine Welt flüchtet oder einfach nur das Buch genießt, ohne dabei seine Realität zu vernachlässigen. Das ist einzig und allein die Entscheidung des Lesers. Bleibt nur noch zu festzustellen, dass man es als Autor dem Leser leichter oder schwerer machen kann, zu fliehen. Aber das ist einfach nur die Frage nach anspruchsvoller Literatur oder reiner Unterhaltung. Und die ist doch akademisch. Es gibt beides, beides hat seine Existenzberechtigung.ich kann mit auch Äktschn-Literatur reinziehen und es ist nichts anderes als vor dem Fernseher einen Stalone-Quatsch zu sehen (naja, lesen muss man halt).
#22
Geschrieben 03 Mai 2005 - 08:35
MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.
Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.
#23
Geschrieben 03 Mai 2005 - 09:09
Lass mich bitte mal den advocatus diaboli machen: Ich möchte mal differenziert haben, ob es Dir nur darum geht, dass SF, die nicht Deinem Geschmack entspricht, zu sehr dominiert, oder bist Du der Ansicht, dass, sofern man/Du das verobjektivieren kannst, die Genre-Gewichtung der SF "nicht so ist, wie sie sein sollte" und wenn ja, warum. (Komplizierter Satz, ich weiß, ich kriege ihn im Moment nicht prägnanter hin.) Anders gefragt, oder auch nicht: Alle sind sich einig, Social Fantasies müssen sein. Warum eigentlich? Wenn ein Autor dazu was Interessantes zu sagen hat, immer gerne, diesem Sub-Genre aber mit sanfter Gewalt auf irgend eine Art und Weise eine Nische einräumen, nur weil es "sein müsse" möchte ich eigentlich nicht befürworten. Auch, weil ich denke, dass Bücher wie "1984", "Wir" oder auch "Planet der Habenichtse" usw. immer ihre Leser finden werden.Ich habe den Eindruck, daß Bücher mit diesem Merkmalsprofil im gegenwärtigen SF-Genre zu stark dominieren.
Bearbeitet von Oliver, 03 Mai 2005 - 12:06.
- • (Buch) gerade am lesen:"Tales of the Shadowmen 1", J.-M. Lofficier (ed.)
- • (Buch) als nächstes geplant:"Tales of the Shadowmen 2", J.-M. Lofficier (ed.)
-
• (Buch) Neuerwerbung: Sherlock Holmes - Aus den Geheimakten des Weltdetektivs (Sammelband, 1973, mit 15 Heftromanen (1907/1908))
-
• (Film) gerade gesehen: "Das Testament des Dr. Mabuse" (Fritz Lang)
-
• (Film) als nächstes geplant: "Jurassic World: Dominion" (Dinos!!!!!)
-
• (Film) Neuerwerbung: "Judex" (Louis Feuillade)
#24
Geschrieben 03 Mai 2005 - 11:46
Tja, beides ist natürlich miteinander verflochten, deswegen stelle ich meinen subjektiven Eindruck ja auch zur Diskussion. Ist doch klar, wenn ich zu den Liebhabern der Fluchtliteratur zählen würde, würde ich mich über dessen Dominanz wohl nicht beklagen. Andererseits habe ich, verglichen mit der gegenwärtigen Situation, in den 70er und 80er Jahren eine größere Anzahl von Bücher gefunden, die mehr zu bieten hatten, als eine kurzweilige Ablenkung. Nun kann man natürlich sagen, "da hat sich wohl dein Geschmack verändert". Dies ist sicherlich auch richtig, erscheint mir aber als Erklärung zu einfach, denn ein Großteil der Bücher in meiner Bibliothek zeigen immer noch, daß sie eine andere Qualität haben, als das derzeitige Angebot. Auch habe ich nun von mehreren Foristen die Meinung gehört, sie würden diesen Mangel nicht so stark empfinden, denn es gäbe ja noch mehr als genug Bücher der Vergangenheit, auf die sie zurückgreifen könnten. Für mich scheint diese Aussage ein klarer Indiz zu sein, daß etwas mit der Qualität der gegenwärtigen Bücher nicht stimmt. Gruß, KonradLass mich bitte mal den advocatus diaboli machen: Ich möchte mal differenziert haben, ob es Dir nur darum geht, dass SF, die nicht Deinem Geschmack entspricht, zu sehr dominiert, oder bist Du der Ansicht, dass, sofern man/Du das verobjektivieren kannst, die Genre-Gewichtung der SF "nicht so ist, wie sie sein sollte" und wenn ja, warum. (Komplizierter Satz, ich weiß, ich kriege ihn im Moment nicht prägnanter hin.)
#25
Geschrieben 03 Mai 2005 - 12:47
#26
Geschrieben 03 Mai 2005 - 13:36
#27
Geschrieben 04 Mai 2005 - 11:19
In der Tat scheint mir dies ein wichtiger Grund zu sein. Ich könnte mir auch vorstellen, daß sich der amerikanische Markt verändert hat, was die internationale Vermarktung angeht. Die Auslandsrechte sind teurer geworden und wahrscheinlich setzt man daher zur Risikominimierung auf "standardisierte Produkte". @Rusch: Ich dachte bisher, "Belletristik" ist das Gegenstück zur Abteilung "Sach- und Fachbücher", und umfaßt alles von Hoch- bis Trivialliteratur. Fluchtliteratur findet man m.E. auch in der Hochliteratur, nur heißt sie dann etwas netter "Eskapistische Literatur".Hinzu kommt noch, daß sich die deutsche Verlagslandschaft in den letzten Jahren gewaltig geändert hat. Nachdem der Markt inzwischen von Buchfabriken dominiert wird, ist das Interesse an kleinauflagigen Titeln sehr tief gesunken. Wo früher aufgrund von Mischkalkulationen auch mal die eine oder andere schlechtverkäufliche Perle mitgeschleppt wurde, ist dies heute nicht mehr üblich.
#28
Geschrieben 04 Mai 2005 - 11:22
Wie kommst Du denn darauf? Das wird m. E. nach deutlich überschätzt.Die Auslandsrechte sind teurer geworden und wahrscheinlich setzt man daher zur Risikominimierung auf "standardisierte Produkte".
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#29
Geschrieben 04 Mai 2005 - 12:41
#30
Geschrieben 04 Mai 2005 - 12:57
Wir sind viel öfter einer Meinung, als Du denkst ;o) Dirk, der jetzt noch ein bisserl McCollum übersetzt...Da muß ich Diboo zustimmen (Oh Gott, daß mir das noch mal passiert ).
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