Science Fiction - die Fortsetzung
#1
Geschrieben 27 Mai 2005 - 17:20
Thomas Sebesta/Neunkirchen/Austria
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#2
Geschrieben 27 Mai 2005 - 20:46
#3
Geschrieben 27 Mai 2005 - 22:32
Nun, das würde ja eigentlich zum Thread passen in dem die Stagnation der SF so vehement beklagt wird. Wenn die Situation (scheinbar oder wirklich) zu komplex wird um sie zu beschreiben, dann würde es die "Sprachlosigkeit" der SF und ihr Abgleiten in die Belanglosigkeit der "Fluchtliteratur" ansatzweise erklären. Es kann aber auch zeigen, dass die Autoren keinen Ansatzpunkt finden oder keine sprachlichen Mittel um der Aufgabe gerecht zu werden. Es würde die allgemeine Sprachlosigkeit der Menschen und die Resnignation vor der Situation aufzeigen und damit wiederum die Hilflosigkeit der Gegenwart. Gruß Thomas...Clute meint aber wohl, dass die Fortsetzung (seit 2000) der SF im Gegensatz zu früher (vor 2000) nicht mehr klar die Situation der Welt aufnehmen und besprechen kann, dafür sei die Gegenwart zu komplex geworden...
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#4
Geschrieben 28 Mai 2005 - 07:56
Ich glaube vielmehr, dass gute Science Fiction und Phantastik zu komplex geworden ist, um sie auf Vorhersage der Zukunft zu reduzieren. Schon seit ihren Anfängen waren möglichst plausible Zukunftsprognosen nur ein Teil der Science Fiction, ebenso wichtig waren Weltentwürfe, die in der Regel in der Zukunft, manchmal aber auch in der Vergangenheit oder einer Parallelwelt angesiedelt wurden. "Vorhersage der Gegenwart" finde ich irgendwie lustig, man könnte die Absurdität noch steigern, in dem man zur "Vorhersage der Vergangenheit" übergeht. Vielleicht ein neues Thema für die Science Fiction? Was ist überhaupt an der Gegenwart komplex?`Oder komplexer als an der Welt vor einigen Jahrzehnten? Pardon, aber ich halte das "es ist alles so komplex" für eine Luftnummer aus irgendeinem Feuilleton, die alle nachplappern, weil sie die Welt nicht richtig verstehen (wollen).Interessant ist, dass Marcus Hammerschmitt den Autoren Bruce Sterling zitiert, der sagt, dass es nicht mehr um die Vorhersage der Zukunft sondern um die der Gegenwart geht.
#5
Geschrieben 28 Mai 2005 - 08:17
Die hier beschriebenen Probleme hätten doch eigentlich Autoren und Autorinnen, die sich an der Gegenwartsliteratur des 21. Jahrhunderts versuchen. Ich trage mich selbst mit dem Gedanken, einen Roman zu schreiben, wo die Menschen mit der heute verfügbaren Technik auskommen und der so gesehen, Gegenwartsliteratur ist (auch wenn soziale Innovationen wie "Wunschhäuser" und "Palisadenländer" oder "Festhalte" vorkommen). Aber über was soll man in der Gegenwart eigentlich schreiben? Wenn ich so mein näheres und weiteres soziales Umfeld ansehen, könnte ich da manchmal KOTZEN. Eine perfekt durchreglemtentierte Welt, wo sich Menschen immer mehr auf Borg-Drohnen oder Kasten-Mitgleider reduzieren, die ihre Rolle wie seelenslose Automaten spielen und Sprüche abspulen, die ihnen irgendein Großer Kommunikator eingegeben hat. Eigentlich ein pervertiertes Utopia, sozusagen die Sparversion mit 1-Euro-Jobs Man braucht durch nur mal die systemkonformen und von den Bürger-Drohnen nachgeplapperten Diskurse zu analysieren, um zu sehen, wie oft das Synonyme für "muss" vorkommen und wie das ganze Leben auf Reaktion auf "Sachzwänge" reduziert wird. Man sagt nicht mehr "ich WILL" sondern "ich muss" oder noch besser "du musst". Passend dazu die Programme, welche sich diese Drohnen runtergeladen haben: LiberalisMUSS, SozisalisMUSS, KapitalisMUSS, NationalisMUSS, FundamentalisMUSS ... alles MUSS-Programme, deren Gläubige vor erfundenen Göttern - Gott, Allah, der Markt, die "Realität" (was immer das sein soll), die Nation, die historische Notwendigkeit ... - im Staub kriechen. IMHO wird da jeder witziger, spannender und origineller Roman automatisch zur Science Fiction, auch wenn konsequent auf noch nicht existierende Technik verzichtet wird. So wäre ein "Wunschhaus" ein Ort, wo Schauspieler fiktive Ambientes schaffen. Die "Palisadenländer" sind Gemeinwesen so in der Größe von Gemeinden oder Landkreisen, die ökonomisch autark sind, Nahrung, Kleidung etc. selbst erzeugen und nur für komplexe oder seltene Waren und Dienstleitungen mit der Außenwelt Handel treiben. "Festhalte" dienen ähnlich den "Palisadenländern" der ökonomischen Selbsthilfe, nur sind sie in Städten angesiedelt. Wunschhäuser sind eine Art, mit konventionellen Mitteln andere Welten Realität werden zu lassen, Palisadenländer und Festhalte eine Form, gleichberechtigt und unabhängig von Amok laufenden Märkten seinen Lebensunterhalt zu sichern. Doch sind die Menschen so sehr darauf programmiert, sich einerseits als asoziale Drohne zu verhalten, die am kranken Wettbewerb der sechs Milliarden um die billigste Arbeitskraft, die billigste Nutte etc. pp. teilnimmt, und andererseits den ganzen Traditions- und Ideologiemüll zu glauben, den ihnen die Herrschen in die leeren Köpfe schütten, dass ihnen die Fähigkeit zur menschenwürdigen Selbstorganisation abhanden gekommen ist. Wir haben nicht Festhalte verarmter Palästzinenser und Israelis, wir haben Hamas und zionistische Siedler. Neonazis verdrücken sich nicht in eigene Gemeinwesen, wo sie unter sich Deutschland spielen können, sondern unterwandern und terrorisieren die übrige Gesellschaft. Wir haben keine Wunschhäuser, aaaaber der Frauenhandel ist eine hm inoffizielle Boombranche der Transformationsländer. Wir haben keine Städte im All, aber der Trottel Bush verballert 400 oder 500 Milliarden Dollar im Jahr für "Verteidigung". Über was soll Gegenwartsliteratur da schreiben? Dass wir alle cooole kleine Arschlöcher sind, die sich willig treten lassen und sich auch noch selbst Schuld geben, dass sie getreten wurde. Lenin sagte mal über die Deutschen, wenn sie den Bahnsteig besetzen würden, würden sie eine Bahnsteigkarte lösen. Hundert Jahre später glaube ich, wenn unsere Bundesregierung so mit Hartz XIV beschließen würde, die Arbeitslosen nach Sibirien zu deportieren, würden die das Tickel dahin auch noch selbst bezahlen. Und bevor hier wieder das libertäre Eingreifkommando auftaucht: versucht euch doch mal, die Erde wie sie ist, als fiktives Szenatio in einem Science Fiction-Roman vorzustellen? Mein Exposé dazu sähe so aus: der Planet Sol Tertia wird von einer Bande reicher und mächtiger Arschlöcher regiert, die sich damit vergnügen, den Rest der Bevölkerung bei ihren Intrigen zu verzeizen. Es ist wie ein komplexes Schachspiel mit lebenden Figuren und daher ungleich reizvoller. Nach Anfangserfolgen bei der Entwicklung der Produktivkräfte haben die Herrschen das Interesse an weiterem technischem Fortschritt verloren und widmen sich ganz ihrem Menschenschach-Spiel. Qua einem Dutzend blödsinniger Ideologien haben sie den Rest dazu gebracht, bei ihrem Spiel brav die vorgesehenen Rollen zu spielen. Doch da die an der Spitze auch nur Menschen sind, wissen sie selbst nicht, ob sie Spieler oder Figuren sind. In toto ist es ein Spiel zum Schaden der ganzen Menschheit, eine gefährliche Sackgasse. Ausweg aus der Sackgasse sind weder Krieg noch Gewalt noch Umstürze, weil auch das alles Scharaden der Schachspieler sind. Auswege sehe ich am ehestens in technischen und gesellschaftlichen Innovationen, nicht beherrschbaren "Durchbrüchen", die den Menschen neue Perspektiven eröffnen, angesichts derer den Schachspielern die Figuren ausgehen und das Spiel für sie selbst vielleicht uninteressant wird. Wie viele Israelis würden sich noch nach Siedlungen in Kriegsgebiet - denn nichts anderes ist die West-Bank - locken lassen, wenn man ihnen Städte im Sonnensystem oder einen eigenen Kontinent auf dem ersten in den kommenden Jahrzehten entdeckten Sauerstoffplaneten anbietet? Wie viele Manager würden noch auf das Gefasel von zu steigernden Umlaufrenditen reinfallen, wenn man ihnen zeigt, wie viele reale Schätze im Sonnensystem darauf waren, gehoben zu werden? Wie schnell würden sich die Korridore der Arbeitsämter leeren, wenn in Kooperativen die Menschen unabhängig von globalen Arbeits- und anderen Märkten ihre Existenz sichern könnten?Wenn die Situation (scheinbar oder wirklich) zu komplex wird um sie zu beschreiben, dann würde es die "Sprachlosigkeit" der SF und ihr Abgleiten in die Belanglosigkeit der "Fluchtliteratur" ansatzweise erklären. Es kann aber auch zeigen, dass die Autoren keinen Ansatzpunkt finden oder keine sprachlichen Mittel um der Aufgabe gerecht zu werden. Es würde die allgemeine Sprachlosigkeit der Menschen und die Resnignation vor der Situation aufzeigen und damit wiederum die Hilflosigkeit der Gegenwart.
Bearbeitet von Beverly, 28 Mai 2005 - 08:59.
#6
Geschrieben 28 Mai 2005 - 12:45
Naja, das wär doch schon was - vielleicht bekommen wir dann das auch mal mit und ändern das. Wär es nicht gut diesen Spiegel vorzuhalten und noch ein Schäuflein nachzulegen? Gruß Thomas...Über was soll Gegenwartsliteratur da schreiben? Dass wir alle cooole kleine Arschlöcher sind, die sich willig treten lassen und sich auch noch selbst Schuld geben, dass sie getreten wurde...
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#7
Geschrieben 28 Mai 2005 - 17:11
Das würde für das 21. Jahrhundert zu einer recht rebellischen und sehr radikalen Gegenwartsliteratur führen, aber tunlichst ohne Anlehnung an eine der aus dem 20. Jahrhundert mitgeschleppten Ideologien (die haben alle versagtt). Hm ... ein literarisches Schlachtfest an eben diesen Ideologien wäre wieder Thema und das nicht zum ersten Mal. Bekanntlich hat George Orwell seine literarische Laufbahn mit der Ablehnung des bürgerlichen Systems begonnen - "Tage in Burma" war die Abrechnung mit der britischen Kolonialherrschaft. Mit "Farm der Tiere" und "1984" war dann auch der Sozialismus abgehakt Und in meinem Unfeld wimmelt es nur so von Menschen, welche die Ideologie ablehnen und hassen, unter der sie leben mussten 1. Mehrere Briten haben vor den Folgen des Thatcherismus gewarnt, "she has made our life so difficult", sagte eine Frau. Manche Briten sind ins Ausland gegangen, um diesem System zu entkommen. 2. Aus den 1980er Jahren kannte ich viele Iraner, die vor dem Chomeini-Regime geflohen sind. Da der sich auf den Islam berief, sind sie stramme Atheisten. 3. Parallel dazu sind viele Menschen aus dem Irak geflohen, der arabisch-nationalistische Baathismus, auf den sich Saddam berief, ist als Ideologie so mausetot, dass man weder pro noch contra darüber redet. 4. Ein US-amerikanischer GI, der im Irak war, war über die katastrophalen Fehler beim Einmarsch der USA so erbittert, dass er Bush und co. am liebsten in Falludscha auf Patrouille geschickt hätte. 5. Viele Menschen, die im "real existierendem Sozialismus" leben mussten, sind mehr oder weniger starke Antikommunisten. Manche Menschen aus Dritte-Welt-Ländern, die im Ostblock studierten, wurden dort sozusagen vom Sozialismus geheilt. 6. Wer den Faschismus miterleben mussten, hasst und verachtet die deutschen Rechtsextremen für ihr Auftreten in schwarz-weiß-rotem Wichs und ihre Dritte-Reich-Nostalgie in besonderer Weise 7. Ein Georgier, der nach dem Zusammenbruch des Sozialismus den Kapitalismus mit erleben musste, wurde auch davon geheilt. Er schrieb im Internet sinngemäß: "Sozialismus und Kapitalismus sind ein Verbrechen". 8. Während die algerische Regierung nach der Unabhängigkeit von "arabisch-islamisch" schwadronierte, hassen viele Algerier die dahinter stehende Ideologie. Sie betrachten sich als Berber und sehen in "arabisch-islamisch" ein Synonym für die Unterdrückung ihrer Kultur, Misswirtschaft und von den Saudis und dem Iran gesponsorte reaktionäre Gottesstaatler und Terroristen. 9. Viele Juden und Israelis lehnen entweder den Zionismus ganz ab oder werfen zumindest Sharon vor, als Totengräber Israels zu agieren. 10. Parallel dazu kenne ich Klagen über Unfähigkeit und Korruption bei palästinensichen Organisationen seit den 1980er Jahren. Ein Araber hat im Internet mal geschrieben "wir Araber hassen all unsere Regierungen". Man könnte das mittlerweile verallgemeinern und sagen, dass die sehr viele, wohl die meisten denkenden Menschen, die nciht Teil irgendwelcher Machtapparate oder Klüngel sind, ihre Regierungen und Wirtschaftsbosse hassen und verachten. Und damit sind wir auch beim Thema "Komplexität". IMHO ist die Welt heute nicht komplexer als vor 40 oder 80 Jahren. Wenn man mal die Zeit 2000-2005 mit den Zeiträumen 1920-1925 und 1960-1965 vergleicht, wird man in allen drei Perioden ungefähr das gleiche Chaos finden. In den 1920ern machten sich in China die Warlords breit, in den 1960ern wurden die Chinesen von Mao tyrannisiert. In den 1960ern gab es den Vietnamkrieg und Bürgerkrieg in Nigeria mit Millionen Toten etc. etc. Doch in den Vergleichszeiträumen 1920-25 und 1960-65 gab es auch Hoffnungen, nach vorne weisende Entwicklungen und das nicht zuletzt in der Science Fiction. 1920 war der Sozialismus noch taufrisch, in den Jahren danach wurden die Grundlagen der Raumfahrt entwickelt und 1961 flog der erste Mensch ins All. Heute ist uns der Glaube an irgendwelche Ideologien abhanden gekommen, man weiß, dass alles gelogen ist, Wahlen nicht nur in der DDR eine Farce waren und sich "die da oben nur die Taschen füllen". Wäre eigentlich eine gute Entwicklung, wenn die Menschen nicht mehr auf Trugbilder hereinfallen, deren Erzeuger nur im Anlegen von Massengräbern richtig gut waren Nur sind wir damit an einem toten Punkt und wissen nicht, wie wir da raus sollen. Uns wird dabei mit großer Brutalität vorgefürht, dass Stagnation zu Rückschritt, Niedergang und Untergang führt und die Menschheit noch nicht reif genug ist, um sich geistig und materiell auf die faule Haut zu legen. Dabei hat gerade die "alte", technikorientierte Science Fiction da Antworten parat: als von Ideologien jeder Art desillusionierte Zeitgenossen stürzen wir uns auf die Entwicklung von Wissenschaft und Technik, bauen kilometerhohe Wolkenkratzer, legen in der Sahara ein Binnenmeer an, erobern den Weltraum, gehen jedes Wochenende in den Sexpark um auf andere Gedanken zu kommen ...Naja, das wär doch schon was - vielleicht bekommen wir dann das auch mal mit und ändern das. Wär es nicht gut diesen Spiegel vorzuhalten und noch ein Schäuflein nachzulegen?...Über was soll Gegenwartsliteratur da schreiben? Dass wir alle cooole kleine Arschlöcher sind, die sich willig treten lassen und sich auch noch selbst Schuld geben, dass sie getreten wurde...
Bearbeitet von Beverly, 28 Mai 2005 - 17:14.
#8 Gast_Jorge_*
Geschrieben 28 Mai 2005 - 18:37
Und das soll also die Lösung sein: "Sternwärts ho!"? Abgesehen davon, das du die Fragen der Kosten(angesichts der realen Probleme auf unserem Globus wie Überbevölkerung, Umweltverschmutzung, Rohstoffverknappung, Nahrungsmangel überhaupt nicht zu finanzieren bzw zu verantworten) und des Transports(Städte im Weltall - fein, wer soll die bauen?; wo sollen sie gebaut werden?; wie soll das ganze sicher und lebensfreundlich sein?; wie sollen die Menschenmassen dorthin transportiert, versorgt etc. werden?; Rohstoffe im Sonnensystem - fein, aber wie soll der Abbau, Verarbeitung, Transport etc. erfolgen?; "neuentdeckter Sauerstoffplanet" - fein, selbst wenn es welche geben sollte: wie sollen die Leute dahinkommen?) geflissentlich ignorierst, erscheinen mir deine Verbessungsvorschläge ziemlich naiv und weltfremd. Meine Entschuldigung im voraus für die offenen Worte, aber die Lösungen für die Probleme des 21. Jahrhunderts können wirklich nicht Ideen sein, die schon die Pulp-SF der 30er des vergangenen Jahrhunderts formulierte.Wie viele Israelis würden sich noch nach Siedlungen in Kriegsgebiet - denn nichts anderes ist die West-Bank - locken lassen, wenn man ihnen Städte im Sonnensystem oder einen eigenen Kontinent auf dem ersten in den kommenden Jahrzehten entdeckten Sauerstoffplaneten anbietet? Wie viele Manager würden noch auf das Gefasel von zu steigernden Umlaufrenditen reinfallen, wenn man ihnen zeigt, wie viele reale Schätze im Sonnensystem darauf waren, gehoben zu werden? Wie schnell würden sich die Korridore der Arbeitsämter leeren, wenn in Kooperativen die Menschen unabhängig von globalen Arbeits- und anderen Märkten ihre Existenz sichern könnten?
#9
Geschrieben 28 Mai 2005 - 21:10
Dann werden wir also weiter in einem Globalen Irrenhaus mit kleingeistigen, zu geistigen Blockwaren mutierten Intellektuellen, einer sich wie Ungeziefer vermehrenden Masse "Mensch", zynischen Politikern und Unternehmer, die aus dieser Masse ihre langweiligen Imperien kneten, leben? Fromme Worte über Toleranz, Humanität und dergleichen sind in diesem Globalen Irrenhaus nur Lügen, weil es für jeden nur darum geht, beim Managen des größten Elends für die größte Zahl den besten Schnitt zu machen. Pardon, aber wenn mir jemand eine Dystopie andrehen will, werde ich sauer. Und kennst du "Versunken im Staub" von Brian W. Aldiss. Da versuchen die Menschen auch, doch erst einmal die Probleme auf der Erde zu lösen, ehe sie sich neuen Hotizonten zuwenden. Als es dann 20 Milliarden Probleme ... äh Menschen gibt, rasten welche aus und beginnen damit, ihre Mitmenschen abzuknallen. Frei nach dem Motto "Lieber ein Ende mit Schrecken als Schrecken ohne Ende". Ich glaube, es endet mit einem Massaker in einem Tempel ... komisch ist das nicht, aber in Wirklichkeit leider nur zu oft vorgekommen, siehe indischer Subkontinent.Und das soll also die Lösung sein: "Sternwärts ho!"? Abgesehen davon, das du die Fragen der Kosten(angesichts der realen Probleme auf unserem Globus wie Überbevölkerung, Umweltverschmutzung, Rohstoffverknappung, Nahrungsmangel überhaupt nicht zu finanzieren bzw zu verantworten) und des Transports(Städte im Weltall - fein, wer soll die bauen?; wo sollen sie gebaut werden?; wie soll das ganze sicher und lebensfreundlich sein?; wie sollen die Menschenmassen dorthin transportiert, versorgt etc. werden?; Rohstoffe im Sonnensystem - fein, aber wie soll der Abbau, Verarbeitung, Transport etc. erfolgen?; "neuentdeckter Sauerstoffplanet" - fein, selbst wenn es welche geben sollte: wie sollen die Leute dahinkommen?) geflissentlich ignorierst, erscheinen mir deine Verbessungsvorschläge ziemlich naiv und weltfremd. Meine Entschuldigung im voraus für die offenen Worte, aber die Lösungen für die Probleme des 21. Jahrhunderts können wirklich nicht Ideen sein, die schon die Pulp-SF der 30er des vergangenen Jahrhunderts formulierte.Wie viele Israelis würden sich noch nach Siedlungen in Kriegsgebiet - denn nichts anderes ist die West-Bank - locken lassen, wenn man ihnen Städte im Sonnensystem oder einen eigenen Kontinent auf dem ersten in den kommenden Jahrzehten entdeckten Sauerstoffplaneten anbietet? Wie viele Manager würden noch auf das Gefasel von zu steigernden Umlaufrenditen reinfallen, wenn man ihnen zeigt, wie viele reale Schätze im Sonnensystem darauf waren, gehoben zu werden? Wie schnell würden sich die Korridore der Arbeitsämter leeren, wenn in Kooperativen die Menschen unabhängig von globalen Arbeits- und anderen Märkten ihre Existenz sichern könnten?
Bearbeitet von Beverly, 28 Mai 2005 - 21:22.
#10
Geschrieben 28 Mai 2005 - 21:40
...Ein Anliegen wäre mir wirklich, endlich eine Generation von Politikern hervorzubringen, die Gebildet ist, denn neunundneunzig Prozent sind ungebildete Trottel. Bush ist ungebildet. Und er ist nicht der Einzige, da befindet er sich in bester Gesellschaft einiger bekannter Regierungschefs und Konzernvorstände, die von ökologischen Kreisläufen nicht mehr wissen, als dass Wasser aus dem Wasserhahn kommt. Dieser Mangel an Bildung, an Universalwissen, an Weltverständnis führt dazu, dass jeder nur in seinem eigenen Bereich herumstochert und kurzsichtige Entscheidungen fällt - oft mit fatalen Folgen. In diesem Verhalten liegt latent auch eine Verachtung der Kultur, denn Schriftsteller, Musiker, Schauspieler - was tun die schon groß? Wer wirklich wichtig ist und die Geschichte de Wirtschaft und der Politik lenkt, hat für sowas keine Zeit. Arroganz und Ignoranz kennzeichnen dieses Denken. Das Resultat ist bekannt. Unwissenheit führt letztlich dazu, dass wir diese Miesere haben, eine Gesellschaft ohne Kenntnisse und ohne Visionen. Darum ist es auch so wichtig, der breiten Bevölkerung wieder die Welt zu erklären, damit man sie nicht so einfach verarschen kann....
Da gibt's eigentlich nicht sehr viel dazu zu sagen, es trifft m.E. den Punkt.
Nun da gibts doch eine riesige Aufgabe für Autoren, auch SF-Autoren?
Gruß
Thomas
Thomas Sebesta/Neunkirchen/Austria
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#11
Geschrieben 28 Mai 2005 - 22:35
Helmut Schmit hat den Satz geprägt "wer Visionen hat sollte zum Arzt gehen". Diesen unseligen satz plappen zu viele nach und kommen sich dabei wer weiß wie schlau vor und mit verhängnisvollen Folgen. Ohne Visionen und gemeinsame "Projekte" zerfleischen sich die Menschen in Nullsummenspielen, den Kampf überlebter Ideologien oder versinken in Depressionen.Zu Beverly - ein Ausschnitt aus dem Interview mit Frank Schätzing aus dem gleichen Buch:
(...)
...Das Resultat ist bekannt. Unwissenheit führt letztlich dazu, dass wir diese Miesere haben, eine Gesellschaft ohne Kenntnisse und ohne Visionen. Darum ist es auch so wichtig, der breiten Bevölkerung wieder die Welt zu erklären, damit man sie nicht so einfach verarschen kann....
Da gibt's eigentlich nicht sehr viel dazu zu sagen, es trifft m.E. den Punkt.
Nun da gibts doch eine riesige Aufgabe für Autoren, auch SF-Autoren?
Von daher denke ich, dass es eine der Aufgaben von Science Fiction ist, Visionen zu entwickeln und wieder hoffähig zu machen und dadurch selbst an Relevanz zu gewinnen.
#12
Geschrieben 02 Juni 2005 - 16:23
Meine Interpretation ist die folgende: da sich die wahrgenommene, gegenwaertige Realitaet so schnell veraendert, macht es keinen Sinn, eine Extrapolation in die Zukunft vorzunehmen. Im Prinzip koennte sie sich sogar fuer jeden einzelnen unterscheiden.In einer Welt, deren Erscheinungsbild, deren Ausdrucksform mit einem Mausklick verändert werden kann, wird aus alltäglichen Worten das Wort Gottes. Im Jahr 2003 gestalten wir die Wirklichkeit, indem wir sie beschreiben.
#13
Geschrieben 02 Juni 2005 - 22:14
Wie unsicher und sinnlos Prognosen sind, habe ich ausgerechnet an den Fragen nach interstellarer Raumfahrt und Reisen mit Überlichtgeschwindigkeit gemerkt. Es gab eine Phase in meinem Denken, wo ich beides für so gut wie unmöglich und daher irrelevant für eine ERNSTHAFTE Zukunftsprognose hielt (wobei ich Space Operas nicht zu ernsthaften Zukunftsprognosen rechnete). Doch dann merkte ich, dass es für ein JA zu Überlichtgeschwindigkeit und interstellarer Raumfahrt (noch) nicht reicht, aber die Wissenschaft absolut unfähig ist, ein klaren NEIN zu formulieren. Das führte mich zu folgender Erkenntnis: wer geistig nicht in der Lage ist, Überlichtantriebe zu entwickeln, ist auch nicht in der Lage, zu sagen, warum es sie nicht geben kann. Mittlerweile haben wir mit dem gekoppelten Quantenzustand ein klares JEIN zur Möglichkeit, Inforationen in Sofortzeit zu übertragen. Die Astronomen haben weit über 100 extrasolare Planeten entdeckt und wenn man einen Flugzeugträger oder ein Kreuzfahrtschiff in den Weltraum versetzt, hat man schon einen Ausgangspunkt für ein Generationenschiff, mit dem man andere Sonnensystem erreichen kann. Bedrückend finde ich nur die intellektuelle und gesellschaftliche Stagnation, die nach 2000 eingesetzt hat. Ich hoffe aber, das moderne Gesellschaften viel zu schnellebig sind, um sich so etwas mehr als einige Jahre anzutunda sich die wahrgenommene, gegenwaertige Realitaet so schnell veraendert, macht es keinen Sinn, eine Extrapolation in die Zukunft vorzunehmen. Im Prinzip koennte sie sich sogar fuer jeden einzelnen unterscheiden.
#14
Geschrieben 03 Juni 2005 - 15:05
#15
Geschrieben 03 Juni 2005 - 16:16
How uncivilizedPhotonenblaster
#16 Gast_Jorge_*
Geschrieben 03 Juni 2005 - 20:00
Selbst wenn man das schafft(theoretisch mit dem Orion oder Enzmann-Antrieb - Man nehme kleine Nuklearbomben, zünde sie unter dem Objekt und -voila!- man ist im Orbit; nicht lachen, bis in die 60er wurde an einem solchen Antrieb ernsthaft gearbeitet) bleibt immer noch das Problem, die Versorgung der Besatzung über Jahrhunderte/Jahrtausende zu gewährleisten. Die ersten Versuche("Biosphere") hierzu haben aber gezeigt, das das nicht so einfach wie in der SF ist. Die Schwierigkeiten, ein autarkes, lebensfähiges Ökosystem über so einen großen Zeitraum funktionsfähig zu halten, sind so gewaltig, das eine Realisierbarkeit selbst in fernerer Zukunft unmöglich erscheint.Die Astronomen haben weit über 100 extrasolare Planeten entdeckt Bei denen aber immer noch der optische Nachweis fehlt(sämtliche Entdeckungen beruhen auf "indirekten" Nachweisen). Ruft man sich in Erinnerung, das es vor ca. 40 Jahren schon mal so eine Euphorie bezüglich extrasolarer Planeten gab(z.b "Barnards Stern" sollte von mehreren Planeten umkreist werden) und sich diese Entdeckungen dann zerschlugen, so gilt immer noch das zum damaligen Zeitpunkt auf einer Astronomietagung vorgetragene ironische Gedicht: "Funkle, Funkle, kleiner Stern, 15 Parsecs von uns fern. Ist dein Schwanken nicht nur Wahn Hat dies ein Planet getan? Oder wars nur ein Versehn´ Bogensekundar gesehn´? " Außerdem ist bei den entdeckten unsichtbaren Begleitern aufgrund des Beobachtungsverfahrens noch nicht ganz geklärt, ob es sich nicht doch um stellare Objekte(braune Zwerge etc) handelt. und wenn man einen Flugzeugträger oder ein Kreuzfahrtschiff in den Weltraum versetzt, hat man schon einen Ausgangspunkt für ein Generationenschiff, mit dem man andere Sonnensystem erreichen kann.
#17
Geschrieben 03 Juni 2005 - 22:05
Ich denke, dass die Ausbreitung in das Sonnensystem, vielleicht noch ein paar andere Sonnensysteme (die ganze Galaxis muss es nicht sein) einerseits neue Herausforderungen bringt, andererseits auch neue Möglichkeiten eröffnet. Und es ist nicht "der Mensch" per se, der sich fertig macht, sondern der Mensch in jeweils spezifischen Gesellschaftsformen. Derzeit ist es so, dass alle auf der Erde nur noch Nullsummenspiele spielen und sich wie Ungeziefer aufführen, das sich gegenseitig auffrisst. Übrigens hätte ich nichts gegen "erdgebundene" Lösungskonzepte, für welche Raumfahrt irrelevant ist. Nur sehe ich sie nicht resp. befürchte, sie laufen auf einen Art Öko-Faschismus "Ressourcen sparen sparen sparen und sich dafür entschuldigen, geboren zu sein" hinaus. Dazu kommt noch, dass dieses Globale Irrenhaus, wo sich sechs Milliarden Menschen drängen und denen qua Globalisierung von allem was schlecht ist, eine Gesellschaftsordnung aufgezwungen wird, welche die wenigsten haben wollen, bei einer über den Weltraum verstreuten Menschheit nicht mehr aufrecht erhalten wird. Weltraumkolonien werden ökonomisch autark sein, weil es witzlos ist, für Dienstleistungen auf Pluto qua EU-Dienstleistungsverordnung den billigsten Anbieter von Merkur nehmen zu müssen. In Weltraumkolonien wird auch eine Vielzahl unterschiedlicher Gesellschaftsformen möglich sein.@ Beverly Es ist zwar grundsätzlich richtig und berechtigt sich über eine Menschheit aufzuregen, die anscheinend wirklich nichts besseres zu tun hat, als sich selbst das eigene Grab zu schaufeln. Leider vergessen viele Kritiker dabei, dass sie selbst Teil des Ganzen sind und ihr Schärflein zum allgegenwärtigen Chaos beitragen. Ich weiß auch nicht, in welcher Weise es uns helfen soll, uns über die Galaxis zu verbeiten. Die Menschheit wäre immer noch dieselbe, nur über mehr Fläche verteilt. Der technische Fortschritt hat zwar unsere Umgebung und damit auch unsere Lebensbedingungen verändert, in manchen Bereichen sogar revolutioniert, aber ich glaube nicht, dass auf diese Weise der Kern der menschlichen Natur wesentlich geändert werden kann. Sprich: Es ist vollkommen egal, ob ich jemandem, den ich nicht leiden kann, mit einer Keule den Schädel einschlage oder ob ich das gleiche Problem mit dem brandneuen GENOCID X8000 MAX Photonenblaster löse. :lookaround:
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