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Cordwainer Smith: V. & R. des Kommandanten Suzdal


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21 Antworten in diesem Thema

#1 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 01 Juli 2005 - 09:25

Hallo Kurzgeschichten-Konsumenten!

Im Vorschlagsthread für diesen Monat wurde aufgrund des Planet-namens-Shayol-Threads Cordwainer Smith empfohlen und einstimmig von euch angenommen.

Um uns auf diese bekannte KG ein zu stimmen, fangen wir heuer mit der weniger bekannten Geschichte

Verbrechen und Ruhm des Kommandanten Suzdal

an. Der Link führt auf eine geschützte Seite, die ihr als Board-Mitglieder mit dem Login sfboard und einem Passwort freischalten könnt. Das Passwort müsst ihr vorher bei mir, oder Sullivan, per Personal Message oder Board-EMail erfragen. (Diskutiert darüber wird dann in diesem Thread...)

Diese Geschichte liefert u.a. ein wenig Hintergrund zur Vorgehensweise der "Instrumentalität", der Elite, die Smiths menschliches Universum in 10000 Jahren mehr schlecht, um nicht zu sagen unmoralisch, als recht regiert. Die Story findet einige tausend Jahre vor den bekannteren Geschichten um K'mell und Shayol statt.

t.sebesta hat im Vorschlagsthread noch einige Links zu Smith herausgesucht:

Nachdem ja feststehen dürfte, dass Cordwainer Smith unser nächster Autor des KLZ ist, erlaube ich mir als Einstimmung einen Link auf epilog, fictionfantasy und die Wikipedia zu platzieren mit jeweils einer Biografie des Autors.

bei Epilog.de
:
bei Wikipedia.de

Für neuere Mitglieder vielleicht hilfreich und für ältere Mitglieder zur Auffrischung.

Interessant finde ich u.a., dass bei Wikipedia steht, dass man das "wa" in Smiths Vornamen (der gesamte Name ist ja eh ein Nom de Plume) gar nicht spricht. (Also etwa wie "Chordiener" ausgesprochen?)

Vielen Dank, Thomas! Viel Spaß/Staunen beim Lesen, alle...

Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 01 Juli 2005 - 10:11.

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#2 Thomas Sebesta

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Geschrieben 05 Juli 2005 - 14:54

Na da ist diesesmal aber eher Ruhe zum Thema.Ich hab' das Geschichtchen mal gelesen -- hmmmm, irgendwie kommt aber nicht so recht Freude auf.Das mit dem Katzen in die Vergangenheit schicken, damit in der Gegenwart Hilfe da ist - ist doch wohl ein arger Kunstgriff.Das Gespräch mit dem Ausrüstungsmann - wozu war das noch gut? Wirkte auf mich sehr gekünstelt. Lag's an der Übersetzung?Dass und wie die Weiblichkeit ausgerottet wird will auch nicht so richtig bei mir einsickern - vielleicht erhellt ja eine gegensätzliche Meinung mein Gemüt und sorgt für ein Aha-Erlebnis.GrußThomas

Bearbeitet von t.sebesta, 05 Juli 2005 - 14:57.

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#3 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 05 Juli 2005 - 15:15

Das mit dem Katzen in die Vergangenheit schicken, damit in der Gegenwart Hilfe da ist - ist doch wohl ein arger Kunstgriff.

Naja, es ist ja schließlich sein zentrales "Verbrechen"! Das Gespräch mit dem Ausrüster am Anfang finde ich gut, weil es fundiert, warum Suzdal der "Sirenenbotschaft" verfällt - evtl. hätte er doch eine weibliche Persona dabei haben sollen...? :rolleyes:

Was die Übersetzung angeht, haben Sulli und ich das mal stichprobenartig vorher angeschaut. Denn Smith ist ein ziemlich idiomatischer Schreiber, finde ich. Die Übersetzung schien mir zumindest Ok, nur "Muschelschiffe" (von "shell ships") schien nicht so ganz treffend. Wir haben's aber so stehen lassen.

Smith hat eben schon einen sehr eigenen Stil... Wie gefiel dir denn die Schreibe an sich, mal vom Plot abgesehen?

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#4 Thomas Sebesta

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Geschrieben 05 Juli 2005 - 16:19

Smith hat eben schon einen sehr eigenen Stil... Wie gefiel dir denn die Schreibe an sich, mal vom Plot abgesehen?

Nun ja, im Grunde genommen nicht so schlecht. Ich hab's in einem Rutsch durchgelesen und er konnte mich durchaus bei der Stange halten. Die Spannung entlädt sich aber zu früh und Schluss ist für eine Kurzgeschichte zu flach. Ich hatte aber nach der Lektüre im Bauch das Gefühl - "Das wahr's?" - also ein eher unbefriedigtes Gefühl. Irgendwie werden Erwartungen geweckt, die für meinen Geschmack aber nicht so richtig erfüllt werden. Sollte ich beuteilen müssen so gäbe es 5 von 10. Grund und Maßstab: Die Geschichte liegt zu Hause offen am Arbeitstisch und jedesmal wenn ich die Blätter sehe überlege ich: nochmal lesen? Regelmäßiges Ergebnis: nöö - abwarten ob die Diskussion mir einen Grund gibt es mit anderen Augen zu lesen. Mein Bauchgefühl verhindert es derzeit. Gruß Thomas

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#5 Sullivan

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Geschrieben 05 Juli 2005 - 17:04

Obwohl ich die Geschichte natürlich schon vor mir liegen hatte, habe ich sie erst jetzt gelesen. Meine abschließende Meinung steht noch nicht fest. Der Beginn liest sich etwas altmodisch, die "Instrumentalität" kann man wahrscheinlich ein wenig mit der "Kultur" von Ian Banks vergleichen (ohne die technische Faszination). Suzdal hinterlässt bei mir einen zwiespältigen Eindruck. Ich hätte gerne noch viel mehr über ihn gewusst oder über diese Expeditionen, irgendwie passt das ganze in meinem Kopf nicht zusammen. :rolleyes: Richtig gut hat mir der Mittelteil gefallen, die Geschichte der Arachosianer in der die Frauen von einer unheilbaren Krankheit dahingerottet werden ist tragisch und wird gut erzählt. Dann wird zurückgeblendet zu Suzdal und ich bin wieder unschlüssig. Angelockt von der Sirenenstimme fliegt er zum Planeten. Seine Sicherheitsoffiziere raten ihm ab, aber die Instrumentalität erlaubt "Fehler". Aber wie ist es möglich, die Katzen in die Vergangenheit zu schicken? Hier hat Cordwainer Smith mich verloren, mit dieser Technologie erschlägt er die ganze Geschichte. Der Schluss ist noch ein wenig Hokus Pokus ("Du hast keinen Namen mehr, du darfst nicht leben, du darfst nicht sterben, ...") und moderne Legende. Vielleicht kommt die Story besser weg, wenn man mehr über den Hintergrund weiß, über die "Instrumentalität" (Cordwainer Smith hat anscheinend eine ganze Reihe von Geschichten dazu geschrieben). So bleibt bei mir nur ein fader Beigeschmack zurück: ein naiver Kommandant tappt in eine Falle, verstößt gegen die Regeln und wird dafür bestraft. Der Rest ist aufgebauschte Fassade.Ich kannte bis jetzt nur das Buch "Der Planetenkäufer" von Cordwainer Smith, welches mir nicht besonders gefallen hat. Das scheint sich hier fortzusetzen. Die Texte lesen sich zwar flüssig, aber was bei mir zurückbleibt ist zum einen eine Leere, die gefüllt werden möchte, und auf der anderen Seite ein durcheinanderwirbelndes Chaos von Eindrücken. Sullivan

#6 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 05 Juli 2005 - 17:42

Aber wie ist es möglich, die Katzen in die Vergangenheit zu schicken? Hier hat Cordwainer Smith mich verloren, mit dieser Technologie erschlägt er die ganze Geschichte.

Dafür dass die Instrumentalität ihre Captains mit "dunklem Wissen" ausstattet, ist m.E. die Sache mit dem Zeitsprung recht gut "erklärt" (eben so ausführlich wie viele andere Gadgets in der SF): Alle Captains haben Zugriff auf ein "chronopathisches" Gerät, das ihr Schiff eine Sekunde in die Vergangenheit bewegen kann in einer Krise (der Effekt wäre also dass das Schiff zumindest eine Sekunde lang verschwindet). Das Gerät ist offensichtlich auf Masse geeicht; d.h. wenn Suzdal eine Packung "Lebensbomben", die das Millionenfache weniger wiegt, mit demselben Gerät zurück schickt, werden Millionen Jahre daraus. Vorgesehen ist das wohl eher nicht, aber Suzdal war mit gutem Grund verzweifelt...

Ich denke "Hokus-Pokus" und "Chaos" sind ganz gute Bildworte für das was Smith oft auslöst. Bei dieser Geschichte geht es u.a. um die Wahrnehmung der Protagonisten (hier Suzdal) und die FORM der Geschichte (nicht nur Suzdals Schiff ist ein Schalen-Schiff, auch die Story ist schalenförmig - man fängt bei der äußeren Schale an, arbeitet sich nach innen durch das ein oder andere Fehlbild, und am Ende ist man wieder an der äußeren Schale angekommen...).

(Aber ich warte lieber noch ein paar andere Meinungen ab, bevor ich mich zu sehr darüber auslasse.)

P.S.1 @Sulli: Die "Kultur" ist m.E. die Beschreibung einer ganzen Gesellschaftsstruktur, die "Instrumentalität" dagegen nur die herrschende Elite im größten Teil von Smiths Universumsbogen. (An die Smith-Gurus: Oder?)

P.S.2 @Sulli: Habe gerade Smiths Norstrilia angefangen zu lesen - der 1. Teil IST das "Planetenkäufer"-Buch - und merke, zu meiner Überraschung, ich habe es vor Urzeiten schon mal in Händen gehabt, und damals im Grunde wie du ein ablehnendes Fazit gezogen. Inzwischen habe ich aber Smiths KGen ein wenig drauf, und merke dass es viele Querklänge zu denen gibt (und, Ok, hier geb ich's zu: ich bin ein Fan der meisten seiner KGen). Bin gespannt ob mir der Roman jetzt besser gefällt.

Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 05 Juli 2005 - 17:48.

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#7 HoudiniNation

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Geschrieben 05 Juli 2005 - 19:00

Im Grunde finde ich die KG "ganz nett". Mir erschließt sich jedoch nicht auf Anhieb, warum Suzdal der "Stimme der Sirene" verfällt.

Von Zeit zu Zeit erwachte Suzdal, erledigte seine Arbeit und schlief dann weiter. Er hatte den Eindruck, daß er die Erde erst vor wenigen Monaten verlassen hatte.

Hier muss man sich fragen, ob dieses "dem weiblichen anheim fallen" etwas mit dem Körper oder dem Geist zu tun hat. Ich meine, es hat mit dem Geist zu tun. Wenn dieser aber nur alle Jubeljahre aktiv wird, kann die Sehnsucht nach einer Frau noch nicht so groß sein. Da hinkts also ein wenig, denke ich. Was mir ein wenig negativ aufstößt, hat vielleicht damit zu tun, dass die KG aus dem Jahre 1964 stammt:

... sich in einem fremdartigen Familiensystem fortzupflanzen, dem kein anständiger Erdenmensch Verständnis entgegenbringen konnte...

Für mich aus heutiger Sicht natürlich starker Tobak. Im gleichen Absatz weiter vorne nämlich schreibt Smith, dass sich die Körper der Menschen verändert haben, um sich anzupassen. Warum er weiter auf "Homosexuellen" herumreiten muss anstatt auf Zwitter oder eine gänzlich andere Art der Fortpflanzung umzuschwenken, ist mir ein Rätsel und verdirbt mir etwas die Lust am Lesen. Smith scheint mir da etwas sehr homophob zu sein. Das Ende finde ich jetzt so pathetisch nicht, aber auch nicht spannend. Es muss schon eine harte Strafe sein, "ewig leben" zu müssen und sich auf ewig seiner Fehler erinnern zu müssen. Nur sollte die "Instrumentalität" daran denken, ihm auch das Vergessen unmöglich zu machen. Am meisten verliert die Geschichte in meinen Augen jedoch durch den Schreibstil. Ich finde, Smith schreibt etwas sehr redundant.

Und er wußte, daß er nicht zu warten brauchte. Er brauchte wirklich nicht zu warten.

Jo. Das nur als Beispiel. Ich denke er hätte da an der einen oder anderen Stelle etwas straffen können und ein paar Einschübe habe ich einfach nicht richtig verarbeitet (das mit den katzen und der Telepathie z.B.), was aber daran liegen mag, dass ich noch nicht so viel von Smith gelesen habe. Fazit: Ganz nett, aber keine wirkliche Perle der Science-Fiction.
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#8 rockmysoul67

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Geschrieben 06 Juli 2005 - 04:21

Der Stil

Ich weiss nicht, ob ich jubeln oder weinen soll.
Einerseits ist alles so klar, ohne Firlefanz. Es ist so und so.
Andererseits bleiben oft Fragen offen und alles geschieht so emotionslos.

Der Prolog und der Epilog gefallen mir. Eine Einleitung und ein Nachwort, wie eine Story aufzufassen ist, hat etwas. Es lässt mich so ein bisschen an mittelalterliche Sagenerzählungen à la "Lass mich heute von König X und seinen tapferen Taten erzählen" denken.

Der Inhalt

Ich bin ziemlich begeistert von den Ereignissen. Eine Krankheit, die nur Frauen befällt. Die Lösung, sie zu Männer zu machen. Eine Männerwelt, in der die Männer schwanger werden. Ein Neukontakt zu einem normalen Menschen. Eine Zeitreise mit Folgen. Eine neue intelligente Art aus Tieren. Krieg zwischen den 'Un'-Menschen und den intelligenten Tieren. Ja, doch, das gefällt mir. Sehr fantasiereich und völlig unerwartet.

Das mit den Würfeln war mir nicht klar. Was bringt eine Konkubine, wenn sie nur aus Persönlichkeit besteht?

Die Instrumentalität

Diese zukünftige Menschheit wird von einem unzimperlichen Kontrollorgan regiert, die Instrumentalität. (Kommt auch in "Shayol" vor). Ein solches übergeordnetes Gerichtshof (?) empfinde ich als realistisches Instrument für eine Zukunft, in der zig Welten bewohnt werden, aber die Erde als Basis bleibt. In dieser Geschichte werden sowohl die Instrumentalität und Shayol schon mal vorgestellt. Auch dies hat mir gefallen.

#9 HoudiniNation

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Geschrieben 06 Juli 2005 - 10:25

Das mit den Würfeln war mir nicht klar. Was bringt eine Konkubine, wenn sie nur aus Persönlichkeit besteht?

Naja, besser als nichts, mag sich manch einer denken. Ein weiterer Hinweis darauf, dass die Anwesenheit eines weiblichen Wesens für die Psyche wichtig ist, nicht für den Körper. Hätte Smith allerdings "Aparate" zum Abbau der Aufgestauten "Lust" erwähnt, wäre er 1964 unter Umständen nicht veröffebtlicht worden. Wäre interessant, die Geschichte aus heutigen Gesichtspunkten zu schreiben. Da wäre man mit der "Lustbefriedigung" vermutlich nicht so zimperlich umgegangen. :) Ich finde diesen Punkt, wie oben erwähnt, aber ebenfalls etwas "unrund".
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#10 Thomas Sebesta

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Geschrieben 06 Juli 2005 - 10:56

...wäre er 1964 unter Umständen nicht veröffebtlicht worden...

Das führt mir wieder vor Augen, dass ich noch einiges an Übung brauche um korrekt zu beurteilen. Ich habe den Zeitpunkt der Entstehung ausser Acht gelassen. Naja, Übung macht den Meister. Unter diesem neuen Gesichtspunkt scheint mir die Geschichte etwas plausibler und ich schliesse mich HoudiniNation an, dass die Geschichte heute gescshrieben ganz anders ausehen würde. Ausserdem wurde mir klar, warum mein Bauchgefühl eher negativ ausfiel. Die unterschwellige Behandlung des Themas "Homosexualität" mag wohl u.a der Grund dafür sein. Wenn in der Wikipedia geschrieben wird: "...werden von einer allumfassenden, gütigen und humanen Regierung, der "Instrumentalität", regiert." so kann ich mich dieser Betrachtung aus heutiger Sicht wohl nicht anschließen. Die Bestrafung lässt sich mit dieser Behauptung wohl nicht verteidigen. Hier mag aber die amerikanische Sichtweise wohl sehr durchkommen, so wie diese in Punkto Sexualität ja wohl auch heute noch (zumindest im offiziellen Amerika) einen anderen Weg geht als von uns gewohnt. Dazu mag es aber bei Weiterführung des SMith-Zirkels wohl noch weitere Stellungnahmen geben. Gruß Thomas

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#11 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 06 Juli 2005 - 17:20

Was mir ein wenig negativ aufstößt, hat vielleicht damit zu tun, dass die KG aus dem Jahre 1964 stammt:

... sich in einem fremdartigen Familiensystem fortzupflanzen, dem kein anständiger Erdenmensch Verständnis entgegenbringen konnte...

Für mich aus heutiger Sicht natürlich starker Tobak. Im gleichen Absatz weiter vorne nämlich schreibt Smith, dass sich die Körper der Menschen verändert haben, um sich anzupassen. Warum er weiter auf "Homosexuellen" herumreiten muss anstatt auf Zwitter oder eine gänzlich andere Art der Fortpflanzung umzuschwenken, ist mir ein Rätsel und verdirbt mir etwas die Lust am Lesen. Smith scheint mir da etwas sehr homophob zu sein.

Houdini, grundsätzlich teile ich deine Einstellung, aber ich glaube nicht, dass die hier präsentierte Smiths Einstellung ist. Ich finde es ist klar, dass die ganze Geschichte von einem Adherenten der Instrumentalität erzählt wird. Also werden auch die Mores derselben durch den Erzähler vertreten. Und im Gegensatz zu dem an anderer Stelle zitierten Wikipedia-Auszug ist die Instrumentalität m.E. alles Andere als nett, oder auch nur tolerant. Sie agiert "für die Menschheit", aber auch immer um ihre eigene Macht zu erhalten.

Wie schon gesagt, die Geschichte hat Schalen, und ich bezweifle dass Smith "innen drin" sitzt, wenn du alles weggeschält hast. (Dort sitzt eine Katze und miaut! :)) Er schnitzt eher am Äußeren herum...

Was den Schreibstil angeht, finde ich ihn animierend, frag mich aber ob das Gute daran bei der Übersetzung evtl. flöten geht. Smith emuliert auch eine traditionelle Art des Erzählens, wie rocky anmerkte. (Mehr dazu später nachdem noch ein paar andere Leser sich hier evtl. geäußert haben.)

@rocky:

Andererseits bleiben oft Fragen offen und alles geschieht so emotionslos.

Ja, das ist interessant. Dass Fragen offen bleiben, ist bei Smith eher normal, merke ich. Wenn man seinen Schreibstil mit weniger bekannten Autoren wie John M. Ford (in Web of Angels) vergleicht, übt Smith allerdings in diesem Punkt noch gewaltige Zurückhaltung. Man hat bei Smith das Gefühl, die Ideen sprudeln hervor, und er muss dauernd filtern, um das Ganze noch lesbar hin zu kriegen. Das mit dem Emotionslosen ist wohl wahr, scheint mir aber besonders "in" gewesen zu sein bei 60er-Autoren, nach dem Motto "less is more" (oder "less is cool"?).

Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 06 Juli 2005 - 17:38.

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#12 HoudiniNation

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Geschrieben 06 Juli 2005 - 17:49

Ich finde es ist klar, dass die ganze Geschichte von einem Adherenten der Instrumentalität erzählt wird. Also werden auch die Mores derselben durch den Erzähler vertreten.

Interessanter Ansatz. Kann man selbstverständlich so sehen. darüberhinaus sollte man den Autor nicht mit den Charakteren in seinen Büchern gleichsetzen. Darauf bin ich mal wieder hereingefallen. An dieser Stelle habe ich aber dennoch einen gewissen Eindruck vom "Erzähler". Schließlich steckt er mir die Geschichte auf eine ganz bestimmte Art und Weise die mich zumindest glauben macht, er sei eigentlich ein recht sympathischer Kerl. Da finde ich die homophobe Ausdrucksweise dann natürlich als nicht so angenehm - denn ich habe mich in "ihm" getäuscht. Nach nochmaligem Lesen stimme ich Dir aber zu. No offence meant, Mr. Smith. Dass bei der Übersetzung etwas verloren gegangen ist, kann natürlich sein. Von wem stammt denn die Übersetzung die ich mir da heruntergeladen habe? ich glaube, es gab keine Angabe dazu?

Smith emuliert auch eine traditionelle Art des Erzählens, wie rocky anmerkte.

Hier allerdings bin ich bei Euch. Ebenso wie beim Schalenmodell. Ich finde, es ist Smith hier ein alter Kniff recht gut gelungen, den man als "Rosa Elefanten-Modell" bezeichnen könnte.

Das ist die Geschichte. Überdies ist sie nicht wahr.

Hmm... und schon fängt man an, über Verschwörungstheorien nachzudenken, "was wäre wenn... etc. Wer erzählt die geschichte? Ist des die Instrumentalität? Ein Anhänger? Ein Gegner? Ich finde, alle Möglichkeiten sind offen.
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#13 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 07 Juli 2005 - 08:42

Wer erzählt die geschichte? Ist des die Instrumentalität? Ein Anhänger? Ein Gegner? Ich finde, alle Möglichkeiten sind offen.

Ja, stimmt. Die Alternative habe ich bisher übersehen: Es könnte ja auch ein Instrumentalitäts-GEGNER sein, der dies erzählt, bei Kerzenlicht in verschwörerischer Runde - ein Fan von Suzdal, sozusagen.

Bei Smith brauchst du dich nicht entschuldigen, HoudiniNation, denn der ist tot (Link kommt von der Wikipedia-Seite).

P.S.: Zur Übersetzung kann evtl. Sullivan etwas sagen, denn er hat die Papierversion dieser Playboy-Ausgabe auch zur Hand, meine ich mich zu erinnern. Ich habe nur die engl. Anthologie Best of CS zur Hand... Ich meine aber, dass CS eh schwer zu übersetzen ist, da er auch mit Klang und Assoziation von (engl.) Wörtern spielt.

P.P.S.:

"Rosa Elefanten-Modell"

^_^ :D (Das musst du gelegentlich mal ausführen...)

Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 07 Juli 2005 - 10:57.

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#14 Sullivan

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Geschrieben 07 Juli 2005 - 09:10

Hallo,

die Übersetzung stammt von Thomas Ziegler, die Geschichte findet ihr in der Playboy Sammlung "Die besten Stories von Corwainer Smith" aus dem Jahre 1980. In ähnlicher Aufmachung sind die besten Stories von P.K. Dick, Robert Bloch, Stanley Weinbaum und einigen anderen erschienen.

Ich habe die Geschichte etwas sacken lassen und eure Kommentare gelesen. Danke für den Hinweis über die "Instrumentalität", yippie, da habe ich etwas zuviel reininterpretiert. Mittlerweile bin ich aber komplett auf der Linie von Neal Asher und Ian Banks eingeschwenkt, wo Drohnen und Superhirne aufpassen, dass die Menschen sich nicht gegenseitig an die Gurgel gehen. Deswegen bleibt ein etwas angestaubter Eindruck zurück.

Cordwainer Smith spielt sehr geschickt mit den Zeiten. Es wird vor und zurück gesprungen, manchmal nur wenige Momente, dann wieder ganze Jahrhunderte. Das kann recht spannend sein, ist es hier aber nicht. Es wurde ja bereits erwähnt, der Stil ist recht unpersönlich. Dadurch verlieren die Erlebnisse von Kommandant Suzdal an Kraft, man wird nicht richtig reingesaugt in die Story. Dabei ist der Anfang noch ganz gut, die Diskussion, was auf die Reise mitgenommen wird, hat mir gefallen. Die Schildkrötenmenschen sind ebenfalls nett. Was ist aber damit gemeint, dass die Reise subjektiv 1000 Jahre dauern kann?! Die meisten Zeit wird im Tiefschlaf verbracht!?!

Mit dem "Fehler" konnte ich nichts anfangen, die Gefahr, in der die Menschheit steckt, wird für mich nicht richtig deutlich. Dadurch werde ich mit der Rahmenhandlung nicht warm, sie funktioniert nur wenn man sich darauf einlässt, dass tief im Weltall etwas lauert, was für die Menschen gefährlich ist.

Übrig bleiben also viele kleine Ideen, von denen ausgerechnet der Haupterzählstrang um Suzdal seine Schwächen hat.

Sullivan

#15 HoudiniNation

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Geschrieben 07 Juli 2005 - 09:48

P.P.S.:

"Rosa Elefanten-Modell"

(Das musst du gelegentlich mal ausführen...)

"Denken Sie nicht an einen rosa Elefanten." "Lesen Sie nicht die folgende Geschichte, sie ist nicht war." Ist in meinen Augen die gleiche Mechanik. Leute dazu zu bringen, etwas bestimmtes zu tun, indem man ihnen sagt, sie sollen es bleiben lassen. ^_^ Überweisen Sie mir nicht 10 Euro. Mal sehen ob's klappt. :D PS: Danke sullivan für die Info. Übersetzen ist ja generell schwierig. Habe mich vor kurzen auch daran versucht und hoffe, nicht auf ganzer Linie kläglich gescheitert zu sein. Ich habe die KG gestern auch im Original nochmal überflogen. Das englische liest sich schon ein gutes Stück besser. In der Übersetzung sind auch ein paar Sachen falsch übersetzt. Allerdings nichts wichtiges.

Bearbeitet von HoudiniNation, 07 Juli 2005 - 09:51.

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#16 Thomas Sebesta

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Geschrieben 07 Juli 2005 - 10:05

...die Übersetzung stammt von Thomas Ziegler, die Geschichte findet ihr in der Playboy Sammlung "Die besten Stories von Corwainer Smith" aus dem Jahre 1980. In ähnlicher Aufmachung sind die besten Stories von P.K. Dick, Robert Bloch, Stanley Weinbaum und einigen anderen erschienen...

ja stimmt, die ganze Reihe schlummert bei mir wo, an die habe ich noch gar nicht gedacht - da muss ich gleich mal stöbern (das ist der Nachteil wenn ein paar tausend Bücher gut verpackt auf Lager liegen und die EDV-Verwaltung nicht aktuell ist - was sich mit dsfdb.org ja bessern soll :D )

Gruß
Thomas

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#17 Morn

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Geschrieben 09 Juli 2005 - 11:51

So, jetzt habe ich die Geschichte auch endlich gelesen. Ich schreibe erst einmal meine Gedanken auf, bevor ich den Thread durchlese. Sorry, wenn ich jetzt noch einmal Sachen aufwerfe, die vielleicht schon geklaert worden sind. Wer sie noch nicht gelesen hat, sollte nicht weiterlesen, da der Text SPOILER enthaelt. Die Geschichte hatte mich gepackt bis zum Abschnitt "Die Magie der Klopten", in dem Homosexualitaet als unmenschlich dargestellt wird: "... denn ihnen [den Kopten] mangelte es an den fundamentalen Strukturen der menschlichen Persoenlichkeit selbst, an dem Gleichgewicht zwischen Mann und Frau, an der Familie, den Wirkungen der Liebe, der Hoffnung, der Fortpflanzung. Sie ueberlebten, aber sie waren zu Ungeheuern geworden, ohne es selbst zu wissen." Die menschlichen Eingriffe in den natuerlichen Verlauf, die Entwicklung der Kopten und der intelligenten Katzen, und somit Gott zu spielen, scheinen hier verurteilt zu werden, was aber m.E. im Gegensatz zur der Benutzung "niedriger" Tiere als Speicher einer menschlichen Persoenlichkeit steht. Vielleicht ist dies schon als Warnung vor den Folgen der Gentechnik zu verstehen. Aber ich denke inzwischen, dass eine Reduktion darauf der Geschichte unrecht tut. Die Geschichte wird von jemandem weit in der Zukunft nach den beschriebenen Ereignissen erzaehlt, die moeglicherweise nie stattgefunden haben, und handelt selbst von einer zumindest zum Teil erfundenen Geschichte. Es scheint mir hier auch um Luege, Wahrheit und Propaganda zu gehen. Es wird dauernd darauf hingewiesen, dass die ganze Geschichte nicht wahr ist; am Anfang steht sogar, dass man diese Geschichte gar nicht lesen soll. Das hat natuerlich den gegenteiligen Effekt, man will sie auf alle Faelle lesen. Wenn mir heute jemand eine Geschichte erzaehlen und immer zu darauf hinweisen wuerde, dass sie nicht wahr ist, wuerde ich vermutlich glauben, dass sie wahr ist. Das ist schaetzungsweise auch der Zweck dieser Geschichte, von der Instrumentalitaet in die Welt gesetzt, um die von ihr als richtig angesehenen Werte wie Verbindung zwischen Mann und Frau, Familie usw. in der Gesellschaft zu verankern; eine Abweichung davon ist unnatuerlich und ein Verbrechen. Ein Widerspruch, der mir auffaellt, ist, dass die Liebe zu den Mitmenschen als hohes Gut angesehen wird (Die Klopten scheinen nur zu Hass und Gewalt faehig zu sein, und das Zitat oben.), wenn es aber darum geht, einem Hilferuf nachzugehen, wird Suzdal seine Hilfbereitschaft zum Vorwurf gemacht und als Teil seines Verbrechens bezeichnet. Darueber hinaus macht ein Sicherheitsoffizier ihm den Vorschlag, die Klopten zu vernichten, die als "die schrecklichsten Menschen, die jemals zwischen den Sternen verlorengingen" bezeichnet werden. Suzdal lehnt dies ab mit der Begruendung, "Es sind Menschen", und gibt auch den Katzen die Anweisung, nicht alle zu toeten. Demzufolge scheint mir die von der Instrumentalitaet beherrschte Welt kein Utopia zu sein, im Gegenteil, nur dass die Dystopie nicht so offensichtlich ist wie in 1984. Schliesslich haben die Kommandanten ihren freien Willen (Sie duerfen Fehler machen.) und Gefuehle werden hier auch nicht unterdrueckt, sondern "nur" in (religioes motivierte?) erwuenschte Bahnen gelenkt. Aber vielleicht interpretiere ich jetzt auch zu viel hinein. Die Geschichte hat mich jedenfalls sehr neugierig gemacht auf weitere Geschichten ueber die Instrumentalitaet. Gibt es auch Romane hierzu?EDIT: Zuerst Nachtrag hinzugefuegt fuer Kommentare zu Threadbeitraegen, dann wieder entfernt und hinter Yippies Beitrag hinzugefuegt.

Bearbeitet von Morn, 09 Juli 2005 - 12:34.


#18 yiyippeeyippeeyay

yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 09 Juli 2005 - 12:09

Tolle Besprechung, Morn! Ich glaube dir, dass du unsere Posts noch nicht gelesen hattest, und doch fasst du (für mich) wesentliche Punkte des Threads in diesem einen Posting zusammen.

Gerade dass die Instrumentalität etwas skurrile Auffassungen "im Namen aller" propagiert, sehe ich auch so, und gerade in dieser Geschichte als das Hintergrundthema. Wobei man sich klar sein sollte, dass Suzdal im Namen der Instrumentalität als deren offizieller Vertreter vor Klopt und Katze auftritt.

Zu dem Zeitpunkt im von der Instrumentalität beherrschten Universum, zu dem die Suzdal-Geschichte spielt, ist z.B. gang und gebe, dass "Untermenschen" - Tiere, die von der Menschheit genetisch weiter entwickelt wurden, um Menschen in Aussehen und Intelligenz zu ähneln - überall als "unwerte" Sklaven vor zu finden sind. Suzdal hat also wahrscheinlich eine entspr. Einstellung zur Erzeugung von sprechenden Katzen... M.E. ist sein Hauptverbrechen aus Sicht der Instrumentalität dass er den blitzevolvierten Katzen evtl. MEHR mit gegeben hat als einem Durchschnittsmenschen.

Ja, es gibt u.a. den Roman Norstrilia, der nach der KG Planet namens Shayol (die wir uns ja demnächst vornehmen) spielt. Ich empfehle dir noch ein paar KGen vorweg zu konsumieren, ansonsten zum Überblick über Smiths Gesamtwerk den Epilog-Link (ganz oben hier im Thread).

Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 09 Juli 2005 - 12:21.

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[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.

Da ergriff eins der kleinsten das Wort:

"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,

dann wünschen wir einfach mit Willen

die Wünsche-Erfüllung fort!"

Sie befolgten den Rat und von Stund an war

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und vielleicht gar ein wenig gescheiter.

(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)


#19 Morn

Morn

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Geschrieben 09 Juli 2005 - 12:31

Ich habe jetzt auch den Thread gelesen und sehe, dass es wohl den meisten so ging wie mir am Anfang. Und mit der Sicht, dass die Geschichte von jemandem, der der Instrumentalitaet nahesteht, erzaehlt wird, stehe ich anscheinden auch nicht allein da. Der Stil hat mir gut gefallen und ist passend zu der Geschichte, da sie meiner Meinung nach dazu dient, die Vorstellungen der Instrumenalitaet zu untermauern. Der Leser (oder Zuhoerer) soll sich mit Suzdal nicht identifieren oder gar mit ihm fuehlen.

Ja, stimmt. Die Alternative habe ich bisher übersehen: Es könnte ja auch ein Instrumentalitäts-GEGNER sein, der dies erzählt, bei Kerzenlicht in verschwörerischer Runde - ein Fan von Suzdal, sozusagen.

Ich denke, ein Fan von Suzdal wuerde nicht dauernd darauf hinweisen, dass die Geschichte nicht wahr ist, sondern das Gegenteil behaupten. Ich bleibe bei meiner obigen Aussage. Ich halte den Zeitverzerrer fuer eine Maschine, die die Zeit im Inneren eines Feldes schneller ablaufen laesst und nicht fuer eine Zeitmaschine. Sonst waere es auch nicht so wichtig gewesen, dass auf dem Mond schon irdische Pflanzen und Insekten waren. Die koennen ja erst nach dem Eintreffen des Siedlerschiffes dort hingekommen sein. Ich finde es jetzt zwar nicht,aber ich meine, dass irgendwo erwaehnt wird, dass 4000 Jahre seit der Besiedlung vergangen sind. Nachtrag:

Ich glaube dir, dass du unsere Posts noch nicht gelesen hattest, und doch fasst du (für mich) wesentliche Punkte des Threads in diesem einen Posting zusammen.

Es ist mir jetzt fast etwas peinlich, dass ich es so gut treffe. Man koennte meinen, dass ich den Thread doch zuerst durchgelesen habe... EDIT: Nachtrag

Bearbeitet von Morn, 09 Juli 2005 - 12:42.


#20 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 10 Juli 2005 - 21:16

Vorweg, ich hab jetzt den zweiten Story-Thread, zum Planet namens Shayol eröffnet! Da es sich um die neue AC-Veröffentlichung handelt, ist diese ohne Passwort lesbar...

Ich denke, ein Fan von Suzdal wuerde nicht dauernd darauf hinweisen, dass die Geschichte nicht wahr ist, sondern das Gegenteil behaupten. Ich bleibe bei meiner obigen Aussage.

Ok. Ich hab noch nie an einer Verschwörung teilgenommen, kann mir aber vorstellen, dass dort gelegentlich Leute so vortragen, also mit dem dauernden Hinweis dass das alles eh nicht wahr sei... :confused:

Noch einige abschließenden Worte von mir zur Suzdal-KG: Sie ist eine der "stilleren" Geschichten Smiths, und gefällt mir deswegen und wegen ihrem "Schalenrahmen" (der Erzähler macht am Anfang und Ende auf sich aufmerksam, er kündigt dort und im Laufe der Geschichte dauernd an, wie die Geschichte weiter geht bzw. zu verstehen ist) besonders. Die ganze Geschichte ist irgendwie wunderbar sinnlos und zeigt auf, dass die Instrumentalität eher arbiträre Logik bei ihrer Vorgehensweise einsetzt. Der Geschmack, der danach bleibt, ist wie der einer tragikomischen Ritter-Ballade, und für balladenartige "Saraszener"-Geschichten hat Smith m.E. eh einen in der SF fast einzigartigen Faible. Da muss man erstmal ein wenig auf den Geschmack kommen...

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#21 Thomas Sebesta

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Geschrieben 10 Juli 2005 - 21:47

...arbiträre Logik...

Das hab' ich nicht mal in meinem Lexikon gefunden? Gruß Thomas

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#22 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 11 Juli 2005 - 15:47

...arbiträre Logik...

Das hab' ich nicht mal in meinem Lexikon gefunden?

Sorry! :D Ich meinte die Instrumentalität geht mal so, mal so vor, mal nach den einen, mal nach einem anderen Prinzip, wie es ihr gerade passt. (Ich halte jetzt erst mal die Klappe...)

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