Mein erster Kurzgeschichten-Ausflug in den Cyperpunk...
...hat mir ja wirklich sehr gut gefallen! Zwar fand ich die Geschichte teilweise ein bissel arg drastisch geschildert, nichtsdestoweniger hat sie mich von Anfang bis Ende sehr beeindruckt.
[Ich möchte nicht garantieren, dass im Folgenden nicht zumindest leichte Spoiler enthalten sind]
Zuerst einmal die Szenerie. Frank Hebben erschafft hier mit bestechender Kreativität das Bild einer "Blade Runner"-anmutenden Zukunft: Asphaltgärten, die traurigen Plätze, an denen die Verstoßenen vor sich hinleben (ein bisschen "Minority Report" und "A.I." war auch mit drin, so hat es sich für mich zumindest angefühlt). Details wie die 5Sense-Tapes und das Flüssigtattoo ermöglichen es dem Leser dabei, ein klares Bild vom Ort der Handlung zu bekommen und zeugen von der Phantasie des Autors. Ich liebe ja solche Feinheiten.
Die eigentliche Geschichte dient in meinen Augen mehr dazu, die faulige Atmosphäre dieser möglichen Zukunft darzustellen, als einen besonderen Plot zu transportieren, war aber auf jeden Fall sehr spannend.
Anfangs fand es ich es zwar etwas irritierend, mit welch gelassener Sprache hier die harte Handlung erzählt wird - es geht um Mord, Prostitution und Drogenabhängigkeit, doch der Autor schreibt, als ginge es um einen netten Waldspaziergang - letzten Endes ist das aber genau richtig so. Der Stil trägt gleich die Botschaft mit, es sind arme Seelen, denen alles egal ist, die alles tun, um mehr oder weniger glücklich zu leben.
Das einzige, was mir nicht ganz so gefiel, war der Schluss. "Willkommen in den Asphaltgärten!" hätte man meines Erachtens weglassen können, vielleicht sogar den ganzen Dialog am Ende. Popcorns Aussage "Komm, ich bringe dir einen neuen Hieb bei" hat meine eigenen Assoziationen des Finales völlig durchgewirbelt.
Sie rettet den Jungen, und das erste, was sie tun will, ist zurück in die Spielhölle gehen und zocken? Ich hatte mir vielmehr vorgestellt, dass jetzt eine Flucht geplant wird, dass Popcorn mit dem Jungen aus der tristen Welt ihres Lebens zu entkommen sucht. Aber nein, stattdessen tappen die beiden direkt zurück in den alten Wahnsinn und setzen sich dabei auch noch der Gefahr aus, Quetzalcoatl über den Weg zu laufen.
Das hat mich ein kleines bisschen gestört.
Ansonsten aber rundum gelungene, faszinierende Geschichte, dir von ihrer Atmosphäre lebt.
Mein Fazit: 8,5 von 10 alten "Blade Runner"-5Sense-Tapes.
Bearbeitet von Jueps, 05 November 2005 - 15:55.