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Harry Harrison & Marvin Minsky


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3 Antworten in diesem Thema

#1 Jürgen

Jürgen

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Geschrieben 11 Dezember 2005 - 19:22

Die Turing Option - Harry Harrison & Marvin MinskyEs gehört zu den seltenen Gegebenheiten, dass sich ein SF-Schriftsteller und ein Wissenschaftler zusammentun, um ein bestimmtes Thema in Romanform zu präsentieren. In diesem Falle sind es sogar zwei Schwergewichte in ihrem Ressort: Harry Harrison, ein in der SF-Welt anerkannter Schriftsteller, mit dem Talent ausgestattet, äußerst spannende und fesselnde Storys zu verfassen und Marvin Minsky, früherer Leiter des Instituts für künstliche Intelligenz am MIT.Wissenschaftlich basierende Science Fiction gilt als eher trocken und mühsam zu lesen, besitzt meist das Flair bzw. den Unterhaltungswert eines Fachbuches und verstauben mit ein paar angelesenen Seiten oft im Regal. Deshalb war das persönliche Interesse für den vorliegenden und schon 1992 geschriebenen Roman, der bei einem Gebrauchtbuchhändler in einem Sammelsurium von Remittenden lag, eher sekundär. Nach kurzem Einlesen wurde aber schnell klar, dass dieses Buch anscheinend eine der seltenen Ausnahmen von der Regel ist.Inhaltsangabe:Die Megalobe Industries, ein großer Konzern in den USA, betreiben unter anderem auch Forschungen im Bereich der künstlichen Intelligenz. Als dem Mathematiker Brian Delaney der Durchbruch gelingt und er ein erstes Modell seiner KI dem Vorstandsvorsitzenden vorführen möchte, wird er Opfer eine Überfalls im hoch gesicherten Laborkomplex von Megalobe. Dabei wird die KI gestohlen und er selbst angeschossen. Das FBI ermittelt, aber sämtliche Spuren führen zuerst in eine Sackgasse.Die Verletzungen an Brians Kopf sind eigentlich irreparabel, aber die Chirurgin Erin Snaresbrook stellt sich der Herausforderung und ersetzt Teile des zerstörten Gehirn durch Prozessoren und Speicher. Diese Art der Ersatzelemente hat Brian in früheren Jahren zusammen mit Dr. Snaresbrook selbst entwickelt und nicht im Traum daran gedacht, für diese revolutionären Technik als erste Testperson zu dienen.Brian überlebt die Operation und außer einem permanenten Gedächtnisverlust der letzten 10 Jahre sind keine Nachteile in seinem Denken bemerkbar... im Gegenteil. Die zusätzliche Hardware in seinem Kopf scheint mehr zu können, als nur die fehlende Gehirnmasse zu ersetzen.RezensionKünstliche Intelligenz und deren Entwicklung waren schon häufiger Themen von SF-Romanen, auch wenn man das Erscheinungsdatum des Romans berücksichtigt. Was diese Buch aber wohltuend von anderen Werken zum Thema unterscheidet, ist die geglückte Kombination von wissenschaftlichen Fakten und spannender Story. Die Grundlagen zur KI sind so geschickt in den Handlungsrahmen eingebaut, dass der Lesefluss nur selten unterbrochen wird. Minsky schafft es souverän, schwierige Zusammenhänge über die Funktion des Gehirns und einem elektronischen Analog dazu, bildhaft darzustellen. Dabei benutzt er zur Erklärung einfache und leicht verständliche Beispiele, die zu keiner Zeit den Leser überfordern. Die Fachbegriffe der Informationstechnik und die unvermeidbaren Leistungsangaben zu Prozessoren und Speichervolumen sind klug gewählt; besitzen auch heute noch genug Aktualität, um nicht antik zu wirken. Das ist in älteren SF-Romanen eher die Ausnahme und zeugt von der Kompetenz des Co-Autors, technologische Entwicklungen richtig einzuordnen.Die Story, die Harrison um die Fakten einer KI geschmiedet hat, ist bodenständig und gekonnt konstruiert. Er verzichtet weitgehend auf irgendwelche sense-of-wonder- Produkte und siedelt seine Geschichte in einer nahen Zukunft im Jahre 2023 an. Nur in wenigen Abschnitten ereilt den Leser der Verdacht, einen SF-Roman zu lesen. Das steigert die Glaubwürdigkeit des Szenario enorm und bietet auch dem eher nicht SF-interessierten Leser einen Einstieg in die Story.Die Spannung, die Harrison gleich zu Beginn erzeugt, kann er zwar nicht über die ganzen 500 Seiten aufrecht erhalten, aber die Geschichte hat im vollen Umfang die Klasse, den Leser an das Buch zu binden. Die Protagonisten sind hervorragend ausgearbeitet und besitzen die richtige Menge an Glaubwürdigkeit, die für einen guten Roman so überaus notwendig ist. Handwerkliche oder logische Fehler sind eher Mangelware und selbst das ein wenig übereilte Ende ist immer noch gut gelungen.FazitHarrison und Minsky, ein Doppel, das sowohl fachlich, als auch stilistisch überzeugt. Eine gelungene Symbiose aus Science und Spannung, die aus dem Einerlei der Fiktionen herausragt. Für den Freund der anspruchsvolleren SF-Literatur eine empfehlenswerte Lektüre und der Beweis, das ein 13 Jahre alter Roman immer noch ein Lesevergnügen erzeugen kann, ohne mit der Patina des Vergänglichen belegt zu sein.Jürgen Olejok / 2005Buchdaten:Die Turing Option / Harry Harrison & Marvin Minsky / 1992Übersetzung: Christian MährDeutsche Ausgabe: Heyne Verlag / 1997TB / 538 SeitenISBN 3453119126@Admin - Daten werden der Buch-DB später hinzugefügt

Bearbeitet von Jürgen, 12 Dezember 2005 - 08:12.

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#2 Scotty

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Geschrieben 12 Dezember 2005 - 10:01

In einem anderem Forum habe ich folgende Kurz-Rezi gepostet:Harrison und Minsky versuchen einen Wirtschaftskrimi, eine psychologische Studie der Hauptfigur, ein bißchen Wissenschaft zum Thema KI und einen Schuss Philosophie unter einen Hut zu bringen. In guten Restaurants werden solche Kreationen als "Crossover" bezeichnet und üben auf mich eine magische Anziehungskraft aus. In diesem Fall passt jedoch eher: "Kein Fisch und kein Fleisch". Es liest sich alles ganz ordentlich und ist ein netter Begleiter für den halbwegs anspruchsvollen Leser auf einer Bahnfahrt. Leider ist keines der Ziele überzeugend umgesetzt. Der Wirtschaftskrimi hat eine zu banale Auflösung, der Hauptakteur entwickelt sich unglaubwürdig, der Philosophie Teil bringt keine neuen Denkanstösse und der wissenschaftliche Teil ist für den Laien zu kompliziert und für den Interessierten zu banal. Im Mittelteil gibt es zudem noch einen Durchhänger. Trotz alledem ein ansonsten flott geschrieber Roman. Das Thema ist interessant und macht Spass. Stellenweise wollte ich wirklich wissen, wie es weitergeht und habe die Seiten verschlungen. Kann man lesen, muss man nicht lesen! Überraschend war für mich die Beschreibung einer Zukunftstechnologie aus dem Jahre 2024, die schon heute alter Hut ist. Da ist geradezu ehrfürchtig von einer Speichereinheit von 1 GByte die Rede! Das gute alte Telefon existiert in seiner bekannten Form. Vernetzung ist noch was neues...Naja! Der Roman wurde 93 geschrieben, da hätte ich mehr erwartet.

#3 Jürgen

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Geschrieben 12 Dezember 2005 - 10:51

@ScottyAbweichende Meinungen zu Büchern werden toleriert. :D

Bearbeitet von Jürgen, 12 Dezember 2005 - 10:58.

Aus dem Weg! Ich bin Sys-Admin...

#4 Scotty

Scotty

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Geschrieben 12 Dezember 2005 - 14:07

@Jürgen:Witzigerweise sehe ich mehr Übereinstimmungen als Abweichungen zwischen unseren Rezensionen. Wahrscheinlich war bei mir die Erwartungshaltung sehr sehr hoch, sodass ich am Ende nur 7 von 10 Punkten vergeben habe.


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