Bearbeitet von Rusch, 01 Januar 2006 - 19:55.
Philip K. Dick: Nach der Bombe
#1
Geschrieben 01 Januar 2006 - 17:32
#2
Geschrieben 01 Januar 2006 - 17:43
Die Zukunft hatte Dick also knapp noch eingeholt. Der Roman beginnt in 1981, ein Jahr vor PKDs Tod.
Interessant finde ich die in den ersten beiden Kapiteln beschriebene Atomkatastrophe, welche für den Leser den Anschein erweckt, dass es sich um diese Bombe handelt nach der wir zurecht kommen mussten. Dies gilt natürlich nur für den Titel: Dr. Bloodmoney or How we got along after the bomb, welcher ja in Anlehnung an den Kubrick-Film Dr. Seltsam oder wie ich lernte die Bombe zu lieben vom Verlag gewählt wurde. Dicks Vorschläge In Earth´s Diurnal Course und A Terran Odyssey wurden abgelehnt. Ich nehme an, dass Dick das also nicht beabsichtigte.
Ich lese das Buch in Englisch (unter Zuhilfenahme der deutsche Heyneausgabe) und - hey - Dr. Bluthgeld trägt auch im Original den deutschen Namen, was mich durch den Titel des Romans natürlich wunderte.
Mit Stockstill und Bluthgeld haben wir eine ähnliche Szene wie in Simulacra und auch ein Hoppy Harrington ähnlicher Protagonist soll nochmals erscheinen und zwar in Deus Irae.
Beides ist nicht weiter verwunderlich wenn man berücksichtigt, dass alle drei Romane 1963 - 1964 geschrieben wurden (letzterer aber erst von Roger Zelazny 1975 vollendet und ein Jahr danach publiziert wurde.) Auch Deus Irae spielt in der Endzeit.
Das Setting gefällt mir sehr gut und die dicktypische Protagonisten lassen auf einen guten Roman des Meisters hoffen. Mit Bonny Keller haben wir es abermals mit einer von Eheproblemen geplagten Frau zu tun welche schon im zweiten Kapitel andeutet dass es ihr Spass machen würde mit in den Weltraum geschossen zu werden um mit Dangerfield fremdzugehen. Dass sie davon überzeugt ist ihm bei seiner Marsmission hervorragend zur Seite stehen zu können, lässt auf einen starken Charakter hoffen.
Nett finde ich auch die Prognosen die Dick für die Weltraumfahrt erstellte.
Was noch - ach ja - Mit Stuart McConchie haben wir einen schwarzen Protagonisten, der sich auf einen Stufe mit dem behinderten Aussenseiter Hoppy Harington stellt (den er aber dennoch hasst), in Dicks Zukunft hat sich das Rassenproblem also auch nicht in Luft aufgelöst; und dieser Behinderte wiederum betrachtet sich selbst nicht als menschlich. Ist er es, in Anbetracht seiner mentalen Fähigkeiten?
Willkommen in der Welt des Philip K. Dick, es verspricht interessant zu werden!
Joe
PS: 5 Dollar pro Tag für einen Parkplatz - uff! Wieviel mag das im Vergleich zu heute im Jahr 1964 gewesen sein?
Eine sehr treffende Prognose würde ich mal sagen. (Traurig aber wahr)
Bearbeitet von Joe Chip, 01 Januar 2006 - 20:11.
#3
Geschrieben 02 Januar 2006 - 22:24
nun denn - Kapitel 3 verrät uns dass es mit Hoppy Harrington mehr auf sich hat, als dass er nur ein Phoko ist. Mit seinem Blick in die Zukunft oder besser das Jenseits (eigentlich unser aller Zukunft) sagt er dem Kapitalisten, dass es dort für ihn keinen Platz gibt (obwohl klar gelegt wurde, dass er stets bemüht ist ein guter Mensch zu sein) und Stuart, dem einfachen Arbeiter prphezeit er im Gegensatz dazu aber auch kein Schlaraffenland sondern stellt ihn vorr die Tatsache, dass er dort zwar anwesend ist, aber nicht nach dem Motto, die letzten werden die ersten sein sóndern als einen der eine Ratte ißt.
Sich selbst sieht er zwar nicht, doch da er alles von oben sieht, kann man annehmen dass Hoppy 1.) dort ist und 2.) über den Dingen zu stehen scheint.
Zu Kapitel 4 und 5/6 möchte ich mich erst später äussern, ich nehme doch an dass da bald fleissig gepostet wird
LG Joe
Hier ein paar Links:
Atomtests ab Ende der 40er auf den Marshall-Inseln
Edward Teller (der Vater der Wasserstoffbombe) und Dicks Vorbild für Dr. Bluthgeld
Edward Teller
Bild: wikipedia.org
Bearbeitet von Joe Chip, 02 Januar 2006 - 22:34.
#4
Geschrieben 04 Januar 2006 - 20:47
R. C. Doege: Ende der Nacht. Erzählungen (2010)
R. C. Doege: YUME. Träumen in Tokio (2020)
#5
Geschrieben 04 Januar 2006 - 21:37
sieht aus als ob da keiner mitliest
mich erinnert das an viele andere Lesezirkel, wo fleissig abgestimmt wurde und dann ein Schnelllesewettbewerb veranstaltet wurde
ich rechne demnächst mit dem ersten Posting: "Ich bin durch, aber ......"
das Buch ist wirklich spitze und man könnte sehr gut darüber diskutieren
Joe
#6
Geschrieben 04 Januar 2006 - 22:25
R. C. Doege: Ende der Nacht. Erzählungen (2010)
R. C. Doege: YUME. Träumen in Tokio (2020)
#7
Geschrieben 05 Januar 2006 - 13:06
Gregory Benford, Larry Niven, "Himmelsjäger"
Gerade am Lesen
Gregory Benford, Larry Niven, "Sternenflüge"
Gerade gesehen
Serie "Mad Men"
#8
Geschrieben 05 Januar 2006 - 13:30
Ich bin ja ebenfalls ein Freund von Ersteindrücken, auch wenn man dann mal daneben liegt und sich selbst korrigieren muss.ich rechne demnächst mit dem ersten Posting: "Ich bin durch, aber ......"
Ich habe etwas geschludert und zu lange mit dem Kauf gewartet, bin aber auch demnächst dabei.
Wir müssen ja nicht das ganze Pulver in der ersten Woche verschießen...
#9
Geschrieben 05 Januar 2006 - 15:24
#10
Geschrieben 05 Januar 2006 - 21:24
sehe ich ebenso!(Bluthgeld und sogar namentlicher erwähnt Mc Carthy)
Na, wenn das 1965 kein politisch brisanter Stoff war.
ich denke, wenn Dr. Bloodmoney nicht als SF roman erschienen wäre, dass es aufgrund dieser Tatsachen heute auch einen höheren Bekanntheitsgrad hätte.
Das sind eben die Nachteile der Science Fiction.
Ein absolut genialerr Einfall Dicks war, finde ich, die gescheiterte Mars-Mission, wodurch die Erde nun den Satelliten hat und mit Dangerfield das Buch einen weiteren hervorragenden protagonisten gewinnt, welcher sich kein Blatt vor den Mund nehmen muss.
Durch Dangerfields Mund stellt PKD zB die Frage, wer die eigentlichen bösen Jungs sind die Polizei oder die jenigen die sie schnappen wollen.
Die Beschreibung der Katastrophe selbst gehören für mich zu den herausragenden Kapitel in Dicks Romanwerk - überhaupt ist Nach der Bombe wuderbar, durchdacht gegliedert.
Frage: Was haltet ihr eigentlich von den vertauschten Kapitel 4 + 5?
Vorausschau und danach wieder ein Rückblick.
Beim ersten Lesen vor einem dreiviertel Jahr störte es mich ein wenig und ich ging sogar soweit es als Fehler der Druckerei von Heyne zu bezeichen (diese klärte sich schnell als Irrtum auf ) , doch nun beim zweiten Lesen, finde ich gerade diesen Kniff Dicks genial.
LG Joe
#11
Geschrieben 06 Januar 2006 - 23:46
Right ! Besonders originell finde ich, daß Dangerfield Fernsehpfarrer, Discjockey & Volkshochschulllehrer in Personalunion ist.Ein absolut genialerr Einfall Dicks war, finde ich, die gescheiterte Mars-Mission, wodurch die Erde nun den Satelliten hat und mit Dangerfield das Buch einen weiteren hervorragenden protagonisten gewinnt, welcher sich kein Blatt vor den Mund nehmen muss.
Durch Dangerfields Mund stellt PKD zB die Frage, wer die eigentlichen bösen Jungs sind die Polizei oder die jenigen die sie schnappen wollen.
LG Joe
#12
Geschrieben 07 Januar 2006 - 09:21
Noch immer zu Kapitel 5,6
Derb aber durchaus nachvollziehbar ist das Verhalten Andrew Gills, der nach kurzem Überlegen zum Schluss kommt, dass es auch Sinn macht, die Katastrophe als Startschuss für eine neues Leben zu nehmen. Obwohl es PKD damals (1964) mit seiner Frau Nancy ausgesprochen gut ging und er glücklich war, erfand er diese Gedankengänge.
Kapitel 7
Nun sind wir schon mittendrin im Jahr 1988, sieben Jahre nach der Katastrophe und Dick eröffnet das Kapitel wieder mit einer neuen Figur (wie schon in einigen Kapitel zuvor), dem Brillenmann. Dieser Einstieg (Brillen, Apotheke, Antibiotika, Radios die nicht mehr funktionieren) vermittelt ein viel realistischeres Bild als wir es aus Filmen wie Mad Max gewohnt sind. (die ich trotzdem auch gern sehe).
Dick hat sich Gedanken gemacht und eine ländliche Idylle geschaffen, in der man eigentlich gern leben würde, mal abgesehen vom Mangel an medizinischen und wichtigen technischen Produkten.
Die kleinen Reibereien (zB.: zwischen Mrs. Raub und Bonny Keller) erinnern stark an das Landleben von heute, wo jeder darum kämpft bei irgendeinem Verein (Sport, Feuerwehr oder Kirche) das Sagen zu haben; und auch dies hat Dick sehr liebevoll zu Papier gebracht dass es absolut reizend ist jene Stellen zu lesen, wie jene in der sich Bonny brüskiert, dass Mr. Austurias das Geheimnis der Pilzkunde nicht preisgibt.
Hoppy kündigen mit dem Satz: Ich will keine kranken Menschen hören, erneut an dass er mehr drauf hat als es den Anschein hat, da unser fliegender Seelsorger Dangerfield tatsächlich an einer Krankheit zu leiden scheint/glaubt.
LG Joe
Bearbeitet von Joe Chip, 07 Januar 2006 - 09:22.
#13
Geschrieben 12 Januar 2006 - 13:12
Ja und ein zustimmendes Nicken zu allem und auch zu dem Zitierten. Ich lese das Buch zum zweiten Mal, aber trotzdem gab es diesen Überraschungseffekt, ich konnte mich nämlich nicht mehr an diese "vertauschten" Kapitel erinnern. Auf jeden Fall find ich den Überaschungseffekt ziemlich nett.Frage: Was haltet ihr eigentlich von den vertauschten Kapitel 4 + 5?
Vorausschau und danach wieder ein Rückblick.
Beim ersten Lesen vor einem dreiviertel Jahr störte es mich ein wenig und ich ging sogar soweit es als Fehler der Druckerei von Heyne zu bezeichen (diese klärte sich schnell als Irrtum auf ) , doch nun beim zweiten Lesen, finde ich gerade diesen Kniff Dicks genial.
@Joe: Keine Panik und ruhig Blut, soweit ich mich richtig erinnere, sollte das ganze Lesevergnügen drei Monate dauern. Bei deiner Postinggeschwindigkeit wird der Lesezirkel wohl drei Wochen dauern .
LG,
Ed
#14
Geschrieben 12 Januar 2006 - 13:29
#15
Geschrieben 12 Januar 2006 - 14:01
#16
Geschrieben 13 Januar 2006 - 08:52
Ich fange, genau wie Sully, heute mit dem Roman an. Auch wenn Du es mir vielleicht nicht glaubst, Joe, aber inzwischen bin ich ein richtiger Dick Fan geworden. Wer hätte das gedacht.Mich interessiert die Thematik ebenfalls, aber im Moment hänge ich auch beim anderen Lesezirkel hinterher.
#17
Geschrieben 14 Januar 2006 - 00:08
#18
Geschrieben 17 Januar 2006 - 11:21
Bearbeitet von Rusch, 17 Januar 2006 - 11:25.
#19
Geschrieben 17 Januar 2006 - 11:42
die Kapitel sind auch im Original vertauscht - dh Dick wollte das eh so
ich finde es aber mittlerweile gut, dass es nicht chronologisch aufgebaut ist
mit dem 7 Jahres Sprung bereitet Dick den Leser sehr gut auf die später geschilderte Katastrophe vor.
durch das Vertauschen kommt das besser in den Kopf denke ich
Wie Du richtig bemerkst, man kennt es den Figuren an, dass er sie liebt und eine Beziehung zu ihnen hat. Gerade dieser Roman ist ein schönes Beispiel für sein Können (gute Protagonisten zu batseln).
Die Mutationen sind auch gut und sprechende Tiere machen es dann noch richtig Kafkaesk - PKDs Welt nach der Bombe gefällt wohl den meisten, da es eigentlich ein niedliches Dörflein ist. wo es sich angenehm leben lassen könnte, mal abgesehen von Strahlung und dem Mangel verwschiedenster Dinge.
LG Joe
#20
Geschrieben 17 Januar 2006 - 12:30
#21
Geschrieben 17 Januar 2006 - 13:24
#22
Geschrieben 17 Januar 2006 - 14:05
#23
Geschrieben 17 Januar 2006 - 21:55
Als John F. Kennedy Anfang der Sechziger das Ziel vorgab, zum Ende des Jahrzehnts einen Amerikaner auf den Mond zu schicken, war dies auch ein Teil des kalten Krieges, aber ich sehe immer eher den romantischen Teil darin. Eben dieses große Abenteuer.
Die Stimmung (auch wenn es später spielt) muss sich in dem Roman niedergeschlagen haben, es ist ja auch kein Zufall, dass das Fernsehen bzw. Modern TV Sales & Service den Auftakt macht.
Ich bin mit der Tatsache aufgewachsen, dass ein Mensch den Mond betreten hat, mit der ganzen Hysterie vorher habe ich mich nie so beschäftigt. Ist ja eigentlich eine interessante Sache. Auch die Annahme, dass es nun richtig los geht, und nach dem Mond gleich der Mars folgt.
Fand ich schon traurig, wie Hoppy versucht, sich in der Arbeitswelt mit seiner Behinderung durchzusetzen. Als er dann eine gute Szene in dem Lokal hatte, wo er im Mittelpunkt stand, konnte man spüren, wie er sich durchzubeißen versteht.
Ich glaube, Dick verwendet den Namen Thalidomid, eine andere Bezeichnung für Contergan, auch ein großes Thema dieses Jahrzehnt und das Medikament, das Hoppy zum Verhängnis wurde.
Dr. Bluthgeld finde ich auch sehr interessant, aber es gab zu Beginn noch nicht so viel Informationen.
Jetzt bin ich erst einmal gespannt, was es mit den verdrehten Kapiteln auf sich hat.
Bearbeitet von Dave, 17 Januar 2006 - 21:57.
#24
Geschrieben 18 Januar 2006 - 11:49
Gregory Benford, Larry Niven, "Himmelsjäger"
Gerade am Lesen
Gregory Benford, Larry Niven, "Sternenflüge"
Gerade gesehen
Serie "Mad Men"
#25
Geschrieben 19 Januar 2006 - 08:50
Lemmy hat bereits den "Untergang des Abendlandes" erwähnt, eine interessante Referenz über die ich nicht allzuviel weiß.
Ein paar Fragen an die Leser der dt. Ausgabe:
- Hoppy Harrington wird als phoce bzw. phocomelus bezeichnet. Was soll das genau sein? Anscheinend ein Geburtsfehler, aber es klingt wie ein Schimpfwort?!
- Vom Psychiater wird der "Rorschach" Test erwähnt. Weiß jemand, was das für ein Test ist?
Geschmunzelt hatte ich bei "he held the cigarette European style". Ich wusste gar nicht dass es da Unterschiede gibt.
Sullivan
#26
Geschrieben 19 Januar 2006 - 09:15
Gestern Abend habe ich die ersten 100 Seiten gelesen und bin jetzt mit dem sechsten Kapitel fertig. Die Bomben sind gefallen und die Protagonisten harren der Dinge, die da hoffentlich rettenderweise auf sie zukommen mögen.
Warum Dick Kapitel 4 aus der zeitlichen Folge geschrieben hat, das weiß ich im Moment nicht. Ich lese einfach mal weiter, weil ich die einzelnen Charaktere und die Schreibe einfach als anspornend empfinde.
Bis dennen,
Henrik
P.S.: Völlig OT aber ich muss es hier einfach mal kurz schreiben: Nachdem ich erfahren habe wer die Regie führt (Richard Linklater( und wer die Hauptrolle spielt (Keanu Reeves) freue ich mich auf "A Scanner Darkly" so richtig!
Bearbeitet von Henrik Fisch, 19 Januar 2006 - 09:20.
Gregory Benford, Larry Niven, "Himmelsjäger"
Gerade am Lesen
Gregory Benford, Larry Niven, "Sternenflüge"
Gerade gesehen
Serie "Mad Men"
#29
Geschrieben 19 Januar 2006 - 11:58
#30
Geschrieben 19 Januar 2006 - 18:56
Was sehen Sie hier?
Eine Ente, die einer nackten Lady Handschellen anlegt.
Und hier?
Eine Fabrik, die von einer 2-Tonnen-Bombe platt gemacht wird.
Dieses?
Oh, ein paar Weidenkätzchen...
die von einem Maschinengewehr abgemäht wurden.
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