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China Miéville - Der Eiserne Rat


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56 Antworten in diesem Thema

#31 Holger

Holger

    Temponaut

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Geschrieben 13 April 2006 - 13:23

Es kommt mir gerade so vor, als würde über Geschmack gestritten! Wenn mir Austern nicht schmecken, wähle ich beim nächsten Besuch im Fischrestaurant eben Lachs und keinen Doppelwopper. :)
"Rezensionen: eine Art von Kinderkrankheit, die die neugeborenen Bücher befällt."
(Georg Christoph Lichtenberg)

#32 Dave

Dave

    Hamannaut

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Geschrieben 13 April 2006 - 17:36

Es kommt mir gerade so vor, als würde über Geschmack gestritten!

Ich vermute einmal, wir sind uns zumindest darin einig, das Miéville sehr schön schreiben kann (besonders im Vorgängerroman), aber in der Diskussion geht es ja wohl in erster Linie um den Inhalt.
Und wenn der problematisch ist, dann muss die Bewertung entsprechend ausfallen. Es kann nicht sein, dass niemand das Buch verstanden hat, womöglich die einzige flaue Erkenntnis einem Lesekollegen verdankt, und dann Punkte in den höchsten Rängen vergibt.

Außer Kaffeesatzleserei ist in diesem Zirkel meiner Ansicht nach nichts herausgekommen. Und die drehte sich dann auch noch um die politische Ausrichtung des Autors, was unterm Strich etwas mager ist und Miéville für meine Begriffe eher in ein ungutes Licht stellt. Gut, das ist dann vielleicht Geschmackssache, ich finde es eher geschmacklos.

Bearbeitet von Dave, 13 April 2006 - 17:37.


#33 T.H.

T.H.

    Giganaut

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Geschrieben 13 April 2006 - 18:53

Habe lange nicht mehr hier rein geschaut. Und daher vom Ende her gelesen und war fast ein wenig geschockt... Aber hat sich relativiert.Na ja, das Buch wir kontrovers aufgefasst, wobei ich Kritik nicht verstehe, die darauf basiert, dass der Roman zu komplex wäre und man lieber was "Einfaches" haben möchte... Ist schon komisch - da kreiert ein begabter Autor eine interessante und sprachgewaltige Romanwelt und dann ist das Phantastik-Fans zu viel? Nun ja, für mich gilt: Mehr davon!!!!

Phantastische Grüße,
Thomas

...meine "Phantastischen Ansichten" gibt's hier.
Auf FB zu finden unter phantasticus

(Hinweis: Derzeit keine Internetrepräsentanz meiner Bilder; schade eigentlich...)


#34 lapismont

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Geschrieben 13 April 2006 - 22:27

Die Kritik befasst sich eher mit der These, ob ein Autor tatsächlich ein gutes Werk vollbringt, indem er Komplexität über Inhalt stellt.Die einen mögen solch intelektuelles Puzzle, die anderen mögen es genau aus dem Grunde nicht.Es ist der Streit wie bei "Der Name der Rose". Der Krimifan moserte über den theologischen Theoriekram, die Philosophen moserten über den profanen Thrill.Natürlich ist IC keine blaubemalte Leinwand, die durch einen diffusen theoretischen Hintergrund zum Kunstwerk wird. IC ist für mich einfach eine Freude.Vielleicht vergleichbar mit "Sperling". Die Handlung steht einfach gar nicht im Vordergrund.Wie gesagt, genau das kann man dem Buch vorwerfen. Das aber ist legitim. Und lieber lasse ich mich durch ein Buch zu solchen Diskussionen verfügen, als mir überlegen zu müssen, wer mit wem und warum dann doch nicht. :)

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#35 oghilscher

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Geschrieben 14 April 2006 - 06:37

Kann sein, daß ich mich hier gleich bei allen in die Nesseln setze, aber ein paar Gedanken zu DER EISERNE RAT muß ich einfach mal loswerden:Zuerst: Das war mein erster Mieville-Roman. Mir wurde dieser Autor schon des öfteren empfohlen, bisher habe ich es nie hingekriegt, mal was von ihm zu lesen. Also habe ich das Erscheinen von DER EISERNE RAT mal als Gelegenheit genutzt, ihn kennen zu lernen.Ich kann nach der Lektüre des Buches vieles in diesem Thread überhaupt nicht nachvollziehen. Mieville hat eine sehr bunte Phantasie und gute Ideen, das stimmt. Und einen gewissen politischen Anspruch kann man ihm in diesem Roman sicherlich nicht absprechen, auch wenn ich den Roman nun nicht wirklich so super komplex und kompliziert empfand, wie es viele von euch hier geschrieben haben.Was mich aber wirklich gestört hat, ist Mievilles Art zu schreiben, die von so vielen gelobt wird. Meinem Empfinden nach schreibt der Kerl wie ein Autist: huschig, hölzern und skizzenhaft, als könne er sich nicht entscheiden, ob er noch am Exposé schreibt oder schon am Roman. "Dichte Sprache" und "sprachgewaltig" sind Attribute, die ich mit Mieville nach der Lektüre von DER EISERNE RAT überhaupt nicht in Verbindung bringen kann. Für mich steht hier eine wirklich farbenfrohe Weltenschöpfung mit super Ideen einer absolut minderwertigen, handwerklich-literarischen Umsetzung gegenüber und ich bin ehrlich gesagt nicht in der Lage, dies als "sprachliches Stilmittel" durchgehen zu lassen. Ich befürchte, dies war mein erster, aber auch letzter Roman von China Mieville.
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#36 lapismont

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Geschrieben 14 April 2006 - 08:09

Was mich aber wirklich gestört hat, ist Mievilles Art zu schreiben, die von so vielen gelobt wird. Meinem Empfinden nach schreibt der Kerl wie ein Autist: huschig, hölzern und skizzenhaft, als könne er sich nicht entscheiden, ob er noch am Exposé schreibt oder schon am Roman. "Dichte Sprache" und "sprachgewaltig" sind Attribute, die ich mit Mieville nach der Lektüre von DER EISERNE RAT überhaupt nicht in Verbindung bringen kann.

Kannst Du zur Einschätzung Deiner Meinung Gegenbeispiele nennen, wer für Dich mit dem Adjektiv "sprachgewaltig" ausgestattet werden kann? Für mich wäre ein Vertreter der platten Sprache etwa Hans Kneifel. :)

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#37 molosovsky

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Geschrieben 14 April 2006 - 09:47

Hallo.@oghilscher: Pech gehabt, denn »Der Eiserne Rat« (= IC) ist so ziemlich die zweit-ungeschickteste Wahl für eine erste Miéville-Lektüre (die ungeschickteste Wahl wäre »Between Equal Rights« in meinen Augen.) Will aber nicht meinen, DU seist deppert. †” Die Sprache von IC hast Du imho ganz treffend beschrieben (›huschig, hölzern und skizzenhaft‹). Es ist ungewöhnlich viel los. Wird ja auch ein 20-Jahreszeitraum umspannt usw. Die Übersetzung ist sehr gut, ›weicht‹ aber den im englischen vorherrschenden extrem knorrigen Sound auf. Auf Deutsch klingt IC ziemlich ähnlich wie PSS und TS; auf englisch nicht. Das fällt nach zwei, drei Seiten auf. PSS und TS nehmen sich Zeit, und ›quälen‹ die Sprache nicht so mit dem Hackebeilchen. †” Schade, daß Du uns nicht sagst, was für Dich zu guter Sprache gehört, was die ›richtigen‹ stilistischen Haltungen eines Autoren sein können.Allgemeiner:IC ist nun mal eine ›unrunde‹ Sache. Die ›Anti-Trilogie‹-›Anti-Tolkien‹-Trilogie findet hier ihren Höhepunkt nach »Perdido Street Station« und »The Scar«. Waren die beiden Vorgänger noch ›rund‹ und linear, stößt einen IC nun vollends vors Hirn.Kleine Abschweifung, warum zumindest ich ästhetisch herleiten kann, warum IC grandiös ist.Immerhin: der Mensch versucht alles dadurch zu verstehen, in dem er es in Geschichten packt. Wie alle feinsinnigeren Spinner, weiß Miéville wohl, daß die Wirklichkeit für uns Menschen immer unerreichbar sein wird. Wir filtern den größten Teil der Realität aus, damit wir sinnvolle Zeichen wahrnehmen können. Selbst dabei, gibts genug falsche Signale, auf die wir hereinfallen.Was ist nun eine Geschichte, und was nicht? Wann erscheint uns eine Story plausibl, wann nicht? †” Kritischer gerfragt: auf welche ›Metaphern‹ lassen wir uns ein? Religion, Politik, Ideologie, Intimität †¦ all diese ›Genres‹ haben ihre eigenen Metaphern, verpacken Wirklichkeit anders in verdauliche Narrationspackete.Paradoxe Sache halt, denn IC will sich weit hinauswagen, um das ›Nicht-Schlüssige‹, das ›Unrunde‹, zu Seltsame, Schiefe der Wirklichkeit zu packen†¡. †” Soll man dies nun mit klassichen, runden, schlüssigen Mitteln dazustellen versuchen, oder sollte die Art und Weise der Darstellung selbst schon ehr gebrochen, befremdlich, verdreht sein?PSS und TS geben zweimal Gelegenheit, auf die sachte Art in Bas-Lag erinzutauchen. IC ›wagt‹ es, uns mal einen Rätselbrocken hinzuhauen.Ansonsten freut's mich freilich, daß es mittlerweile mehr wohlwollende Stimmen zu IC gibt. Das Teil braucht halt seine Zeit, wie's scheint.GrüßeAlex / molosovsky †¡ †¦ das sich für CM wohl viel in politisch-gesellschaftlichen Problemen äußert.Da kann ich ihm folgen. So fragen wie »Warum gibt es die Welt?« oder »Was geschieht mit uns nach dem Tod?«, oder »Gibt es Magie (oder PSI)?« find ich nett, aber müßig.Wirklich umtzreiben tun mich aber Fragen wie: »Warum haben die einen immer mehr, die andern immer weniger?« oder »Wieso wird der Weg zur Hölle gepflastert mit guten Absichten und wohlgemeinten Ratschlägen?«.EDIT: Mißtipser gemerzt.

Bearbeitet von molosovsky, 14 April 2006 - 09:52.

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#38 oghilscher

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Geschrieben 14 April 2006 - 13:02

@lapismont: Vertreter der "platten Sprache" gibt es leider genug, die alle aufzuführen wäre eine Sache von Jahren. Zur Ehrenrettung des von Dir angeführten Hanns Kneifel sei aber gesagt, daß man ihn nicht auf seine Perry Rhodan-Werke reduzieren sollte. Kneifel hat durchaus auch gute Sachen geschrieben, auch wenn das eher historische, denn SF-Romane waren.

Mit dem Prädikat "sprachgewaltig" kann man aber trotzdem auch einige Autoren auszeichnen, hier eine kleine Liste:
Ich halte z.B. Thomas Mann für einen großartigen Schriftsteller (der "Zauberberg" ist nach wie vor eines meiner Lieblingsbücher)
Edgar Allan Poe hat stellenweise eine atemberaubende Schreibe (Tipp: "Die denkwürdigen Erlebnisse des Gordon Pym")
Umberto Eco ist sprachlich ebenfalls große Klasse, auch wenn ich ihn wegen mangelnder Italienischkenntnisse nie im Original gelesen habe
Und wenn ich mich mal nur aufs Genre SF beschränke:
Da wäre zuallererst natürlich Philip K. Dick. Da muß man auch gar nicht viel zu sagen - grandios.
Auch Dan Simmons läßt mich in jeder Hinsicht vor Ehrfurcht erstarren. Der kann es einfach.
James Graham Ballard darf in dieser Liste auch nicht fehlen, "Hello America" ist nicht nur sprachlich einer der befriedigendsten Romane, die ich je gelesen habe.

@molosovsky: wie bereits in meinem letzten Beitrag erwähnt, fand ich DER EISERNE RAT inhaltlich weder schlecht noch schwer verständlich. Ich habe prinzipiell nichts gegen etwas sperrige Plots. Mich stört aber, wenn das ganze sprachlich auf unterstem Niveau dargeboten wird.
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#39 molosovsky

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Geschrieben 14 April 2006 - 18:00

@oghilscher:Schöne Sache, daß Du einige Vergleiche anbietest! Danke dafür.Bei Poe, Eco und Ballard können wir uns die Hand geben. Simmons kenn ich schlicht nicht. Dick schätze ich auch wahnsinnig, betrachte ihn aber weniger als ›Sprachmeister‹. Dick ist mehr ehr so ein ›Metameister‹ für mich, der sich bewunderswert mit Sprachschnickschnack zurückhält. Um so flotter kann er seine hochgradig irren Szenarien effektiv spannend und eingängig aufbereiten.Bei Mann bin ich so ein ›Pffffft-Pöh‹-Sager. Also ich erkenne ihn als Klassiker an, und kann nicht leugnen, daß er künstlerisch was aufm Kasten hatte †¦ nur, es ist nicht mein Sound. ›Unterstes Niveau‹ ist doch krass genug, daß man das mit 'ner Kostprobe illustrieren könnte, oder? (Bin halt immer neugierig auf Details und nicht sauer, wenn sich kein Beispiel einfindet).In IC greift Miéville öfter in die Trash-Register als anderswo, kein Zweifel. Die deutsche Version ist wiegesagt iGuG ›blumiger‹ und imho ein wenig ›milder‹, deshalb aber nicht ›schlechter‹, ›simpler‹ oder ›wirrer‹ als das Original.GrüßeAlex / molosovsky, immer daran interessiert, wie genau man/andere im Literaturmeer navigieren (Beware, there'll be Monsters)

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#40 lapismont

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Geschrieben 15 April 2006 - 20:57

OTZauberberg und Buddenbrocks stehen ganz ober auf der Liste meiner Ekelbücher. Hingegen Mario und der Zauberer und Tod in Venedig gut bei mir ankamen.Molos "Sound" Deklaration ist aber schon recht eingängig. Hinzu kommt ja auch immer ein Gewimmel an Hintergrundwissen und eigener Theatralik. Vielleicht fände ich IC auch schlechter, hätte ich ihn in der Schule lesen müssen. :rofl1: Zum Thema Sprachgewalt. Da hab ich letztes Jahr für mich Theodore Sturgeon entdeckt.Bei den Klassikern stehen Zola und Heine dick in der Erinnerung.Aber selbst da variiert die Vorliebe mit den Jahren. Nichts desto trotz fallen mir da aber eher Lyriker ein.

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#41 Rusch

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Geschrieben 15 April 2006 - 22:19

@Olaf: Also ich fand den Eisernen Rat auch nicht so tolle, aber der Vorgängerband "The Scar" war grandios. Wenn Du also jemals Miéville eine zweite Chance geben möchtest (und ich hoffe Du machst das) dann solltest Du dieses Buch lesen. (Auf Deutsch erschienen als "Die Narbe" und "Leviathan").

#42 molosovsky

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Geschrieben 16 April 2006 - 13:56

Hallo zusammen.

Vielleicht lehne ich mich ein wenig weit aus dem Fenster, wenn ich nun so aufdringlich bin, Theorie UND Eigen-Praxis persönlicher anzugehen. Aber ein Ping-Pong zwischen Skydiver und Henrik Fisch beleuchtet sehr farbig die Problematik des Unterschieds zwischen ›Komplexität‹, ›Vielschichtigkeit‹ und ›Rote-Faden-Losigkeit‹, ›Beliebigkeit‹:

†¦ Diese Forderungen nach einem „roten Faden“ einer „linearen Handlung“ oder „tiefe Einblicke“ in den Charakter einer Person gehen mir ziemlich auf den Keks. Sollte man einem phantastischen Roman nicht mit Fantasie, Einfühlungsvermögen, Neugierde und der Bereitschaft sich überraschen zu lassen gegenüber treten? †¦

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Gemach, edler Himmelsstürmer. Das was ihr dort anmerkt, ist eine unverhohlene Einladung zur Beliebigkeit, die sich erst im Kopf des Lesers zu einer verknüpften Geschichte verfestigt. Die Steigerung davon kommt einem undifferenziertem herniederdrücken von Tasten auf einer Tastatur gleich, solange bis der Umfang eines Romanes erreicht ist. Und sollte der Leser des Jahrhundertwerkes damit nicht zurecht kommen, ist er halt nicht intelligent genug.

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Nun ist das was Henrik übers wahllose Tastenniederdrücken schreibt freilich eine Übertreibung, ich denke aber zu verstehen, was er meint, worauf er hinaus will.

Freilich ist da ein himmelweiter Unterschied, zwischen dem, was Miéville in IC aufführt, und einem Buchdicken Tohuwabohu a la d †¦s (dfhg3?\^ kÜ.: sd; j K-JS posa aks 1 i<ap usw. Hab das selber mal auszureizen versucht: »Das DAtaIiJe †” Lugig schnorcht die Penetrem. Lisig mitfahd webickgens, lig Fallatras tatis, fon Übedrann zu Drundenhain. Tort woant die DAta. Dies habeli obe, wasli somust Drentelmas inskilpig herist Gertalmost, zoom inderwahn Wabenfenstral (sowas als aug dieslich) zermentich zu da spätzligaug Spitzenbandel. {†¦}« †” Ein Auszug aus einer meiner »Zehn Etüden«, in denen ich versuchte, fruchtbar mit dieser Spannung ›Beliebigkeit‹/›Kompexität‹ zu spielen. Soll keine Werbung sein, sondern ›nur‹ ein aus dem Fenster lehnen eben. Soviel weiß ich: Leser die ›nur‹ lesen, lesen iGuG schon anders, als Leser, die selbst auch schreiben (egal wie professionell oder †” wie ich eben †” dilettantisch).

Also: Wann ist was eine Geschichte, wann chaotischer Buchstabensalat? (›semiotic spaghetti‹ wie Alan Moore mal schrieb). †” Kommt auf Buch, Zusammenhang und Leserhaltung an. Wieder mal der gute alte Fiktionsvertrag.

Oder auch: läßt sich IC als pure Unterhaltung lesen, oder ist das Teil ZU ambitioniert? †” Ich denke schon, daß es möglich ist, sich nur am Äktschn-Trara und Seltsamkeits-Sense of Wonder von IC zu berauschen, ohne einen Pfifferling auf all die Diskurs-Subtilitäten zu geben. »Verfolgungs›jadten‹, Ballerein, Magieschlachten, Attentate und Straßenkämpe. Ist doch mords was los und was kümmert mich bei so ner Äktschndichte der ›Zusammenhang‹« , so der Trash-Fan in mir. Der verkopfte Geistesmensch und feingliedrige Ästhet in mir, sind freilich auch begeistert auf ihre Art dabei, IC als feine Sach zu goutieren. †” Sehr interessante Vergleichslektüre bietet imho übrigens Tobias O. Meißners »Das Paradies der Schwerter«.

IC kommt mir vor, wie 'ne Illustration eines Bonmots, daß mal über Luc Besson geschrieben wurde, als »Jean d'Arc« lief (Seeslen?): Der Film sei wie eine wilde Buggytour durch faszinierende Gegenden. Man kommt zwar nicht wirklich irgendwo hin, dafür aber tollerweise erstaunlich weit herum. †” Und so ohne ›Plan und Ziel‹ durch die Gegend zu brettern, ist für mich zumindest einer der sympathischsten Modi der Phantastik oder ›speculative fition‹, oder nicht? †” Zumindest nehm ich IC und die Bas-Lag-›Trio‹ ehr als eine solche wilde Tour, und weniger als eine planvolle ›Argumentations‹-Leiter ›aus dem System raus‹, wie z.B. Wittgenstein mit seinem Traktat vorführt. Kann bis heute nicht wirklich sagen, was am Ende ›die Aussage‹ von IC ist, außer vielleicht, grob aufs elfte Gebot anzuspielen (Du sollst Dich nicht täuschen).

Grüße
Alex / molosovsky

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#43 molosovsky

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Geschrieben 12 Dezember 2006 - 23:47

Hallo zusammen. Einen dicken Nachtrag hab ich zu Chinas EISERNEN RAT. Das komplette Blog-Seminar von Crooked Timber auf Deutsch, bei mir in der Molochronik. Sozusagen die akademische Lesezirkelvariante. http://molochronik.a...tories/1528809/ PDF wird noch hochgeladen. Aber es ist schon alles online zu lesen (wer soviel halt am Bildschirm lesen mag). Viel Spaß damit. Grüße Alex / molosovsky

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#44 molosovsky

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Geschrieben 11 Juni 2007 - 20:44

Dieses Buch hat mich die letzten Jährchen ganz schon auf Trapp gehalten. Heut habe ich meine Empfehlung aus dem MAGIRA JAHRBUCH ZUR FANTASY 2006 in mein Blog eingepflegt zum nachlesen. Hier also meine Rezi zu »Der Eiserne Rat« und Bas-Lag allgemein (natürlich mit Fußnoten). Vielen Dank für die anregenden Gedankengefechte, die mir die SF-Netzwerkschar bescherte, und durch die meine Rezis besser werden (vor Euch allen verbeug). Viel Spaß Grüße Alex / molo

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#45 Tiff

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Geschrieben 04 Juli 2012 - 22:52

Braucht Mieville die Remade um sich von Tolkiens Fantasy und deren archetypischen Figuren abzugrenzen, oder ist ihre primäre Funktion eine andere?

#46 lapismont

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Geschrieben 05 Juli 2012 - 08:29

Braucht Mieville die Remade um sich von Tolkiens Fantasy und deren archetypischen Figuren abzugrenzen, oder ist ihre primäre Funktion eine andere?


In Perdido Street Station wird das bereits recht deutlich, wie ich finde, erklärt.
Mieville führt ein Bestrafungssystem ein, das zwar phantastisch ist und ein Universum an Stoff-Möglichkeiten eröffnet, es hinterfragt aber auch grundsätzlich das Verhältnis von Tat und Strafe. Es gibt in den Baslag-Büchern sehr viele Beispiele für Remades deren Umwandlung ein Zeichen perfider Bestialität ist, aber es gibt eben auch welche, die zu Gedanken passen, die man selbst wohl schon hatte oder so von anderen gehört hat.
"Der sollte das durchmachen, was er seinem Opfer antat!"

Aber durch ihre Vielfalt eignen sich die Remades von Mieville nicht als Archetypen. Es sind ja eher Brandmarkungen. Vielleicht vergleichbar mit dem "Scharlachroten Buchstaben".

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Geschrieben 05 Juli 2012 - 08:51

Braucht Mieville die Remade um sich von Tolkiens Fantasy und deren archetypischen Figuren abzugrenzen, oder ist ihre primäre Funktion eine andere?

Obwohl Miéville seine drei in der Welt Bas-Lag angesiedelten Romane mal (augenzwinkernd) als ›Anti-Tolkien-Anti-Trilogie‹-Trilogie bezeichnet hat, darf man es nicht übertreiben damit, alles, was sich als ›Fantasy‹ lesen lässt — auch und vor allem, wenn es Fantasy ist, die aus dem Rahmen des Üblichen fällt, was man beim Begriff Fantasy erwartet — auf Tolkien zurückzuführen.

Grüße
Alex / molo

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#48 Tiff

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Geschrieben 05 Juli 2012 - 09:42

Mit Mieville bin ich nicht vertraut. Von ihm habe ich nur "Der Eiserne Rat" zuhause und ab und zu mal darin gelesen, aber selbst bei einer flüchtigen Lektüre habe ich den Eindruck, dass Mieville es mit der ›Anti-Tolkien-Anti-Trilogie‹-Trilogie ernst meint und mit Tolkien verglichen werden will. "Herr der Ringe" wurde unter dem Eindruck des Zweiten Weltkrieges geschrieben und stellt eine basale Welt voller Archetypen dar, gegen die Mieville mit fast jeder Zeile anzuschreiben scheint, so als ob er eine ungeheure Wut im Bauch hätte, darüber, was Tolkien verbrochen hat. Vielleicht sieht man das anders, wenn man auch die anderen Bücher von Mieville kennt. (Mir genügt der "Der Eiserne Rat" vollkommen.)

#49 lapismont

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Geschrieben 05 Juli 2012 - 10:36

Mit Mieville bin ich nicht vertraut. Von ihm habe ich nur "Der Eiserne Rat" zuhause und ab und zu mal darin gelesen, aber selbst bei einer flüchtigen Lektüre habe ich den Eindruck, dass Mieville es mit der ›Anti-Tolkien-Anti-Trilogie‹-Trilogie ernst meint und mit Tolkien verglichen werden will. "Herr der Ringe" wurde unter dem Eindruck des Zweiten Weltkrieges geschrieben und stellt eine basale Welt voller Archetypen dar, gegen die Mieville mit fast jeder Zeile anzuschreiben scheint, so als ob er eine ungeheure Wut im Bauch hätte, darüber, was Tolkien verbrochen hat. Vielleicht sieht man das anders, wenn man auch die anderen Bücher von Mieville kennt. (Mir genügt der "Der Eiserne Rat" vollkommen.)


zunächst müsste man klären, ob Deine Einschätzung zu HdR stimmt. Es gibt ja auch die Theorie, dass Tolkien einen Hintergrund zu seinen Kunstsprachen schrieb.
Davon ist Mieville weit entfernt.

Der Eiserne Rat könnte als Aufarbeitung gelten, mit der das Scheitern sozialistscher Diktaturen behandelt wird. Aber ein Absetzen von Tolkien kann ich da nicht erkennen. Ist ja nicht so, als ob Mieville nun für Industrialisierung streitet oder so ...

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Geschrieben 05 Juli 2012 - 10:42

Über die Gefühle und Motivationen von Autoren lässt sich nur (mehr oder weniger schlüssig) spekulieren.

Ich gehe die Sache aber mal so an: wenn man sich mit dem Genre-Begriff ›Fantasy‹ auseinandersetzt, dann nehmen Tolkien und seine Mittelerde-Werke eine unübersehbar wichtige Stellung ein. Die Vorstellungen dazu, was ›Fantasy‹ ist, wurden und werden sehr stark von dem geprägt, was Tolkien vorlegte, und was andere (Leser, Kritiker und auf den Spuren Tolkiens wandelnde Autoren) daraus gemacht haben.

Miéville gehört nun zu einer losen Gruppe Autoren, die das (wie ich finde: durchaus fruchtbar) problematisieren.

Entsprechend finden sich in den drei Bas-Lag-Romane gewisse Themen, Aspekte und auch Stilistiken, die man als Reaktion auf den dominanten Einfluss Tolkiens zum Verständnis des Begriffs ›Fantasy‹ lesen kann. Miéville war in seiner frühen Karriere richtiggehend berühmt-berüchtigt dafür, ein Anti-Tolkien-Phantast zu sein. Im Lauf der Zeit aber hat er gemerkt, dass er damit Gefahr läuft, zu einem wandelnden Klischee zu werden. Manche waren deshalb überrascht, als Miéville für das Amazon-Blog »Omnivoracious« eine Verteidigung und Lobpreisung Tolkiens verfasste (in Stichpunkten als Übersetzung in meinem Blog zu finden: »Fünf Gründe, warum Tolkien rockt«).

Zusammenfassend kann ich sagen, dass Miéville mit einiger Berechtigung gegen Tolkiens dominierenden Einfluss auf das Verständnis des ›Fantasy‹-Begriffs angestänkert hat. Immerhin liefert Miéville mit seinen eigenen Werken (für meinen Geschmack) glänzende Beispiele dafür, dass es zu vielen Aspekten, von denen angenommen wird, sie seien für das, was ›Fantasy‹ ist, wesentliche und bedingende Kriterien, durchaus Alternativen gibt. Abgesehen davon, dass Miéville ein Freund von Genre-Kreuzungen ist (und sich deshalb als großer Freund eines ›gemischten‹ Genres wie der ›Wired Fiction‹ positioniert, in der die Grenzen zwischen Fantasy, Science Fiction und Horror fließender sind), hat er mit vielen seiner Büchern bewiesen, dass man um ›Fantasy‹ zu machen, auch auf anderen literaturhistorischen Quellen, Schulen und Traditionen aufbauen kann, als jenen, die von Tolkien angestoßen wurden oder auf die dieser sich bezogen hat. — Ich persönlich bin deshalb unter anderem deshalb bekennender Miéville-Fanboy, weil er sich z.B. beim Bau seiner Fantasy-Welten von Surrealismus, Dadaismus und eben sozialistischen Ideen anregen lässt, statt von Mittelalter-Epen, christlicher Teleologie und anti-modernen Nostalgien.

Grüße
Alex / molo

Bearbeitet von molosovsky, 05 Juli 2012 - 12:20.

MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.

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#51 Tiff

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Geschrieben 05 Juli 2012 - 11:21

Aber ein Absetzen von Tolkien kann ich da nicht erkennen. Ist ja nicht so, als ob Mieville nun für Industrialisierung streitet oder so ...

Nein, aber anders als Tolkien, dessen Fantasy-Epos auf widersprüchliche Weise nahezu von allem Zeitgeschichtlichen gereinigt wirkt, setzt er sich damit unmittelbarer auseinander.

Zusammenfassend kann ich sagen, dass Miéville mit einiger Berechtigung gegen Tolkiens dominierenden Einfluss auf das Verständnis des ›Fantasy‹-Begriffs angestänkert hat. Immerhin liefert Miéville mit seinen eigenen Werken (für meinen Geschmack) glänzende Beispiele dafür, dass es zu vielen Aspekten, von denen angenommen wird, sie seien für das, was ›Fantasy‹ ist, wesentliche und bedingende Kriterien, durchaus Alternativen gibt.

Tolkien scheint für Mievielle so etwas wie eine literarische Vater-Figur zu sein, gegen die er rebelliert. "Der Eiserne Rat" ist sicher eines der wichtigsten Werke der letzten Jahre und der Fantasy überhaupt. Es verbindet einen herben Realismus mit phantastischen Elementen und kann auch als grundsätzlichen Gegenentwurf zur technikgläubigen Science Fiction gelesen werden. Die Science Fiction legt dar, dass der Mensch mittels Technik sein Schicksal selbst in der Hand hat und sich auch gesellschaftliche Entwicklungen entsprechend gestalten lassen. Diese naive Vorstellung wird in "Der Eiserne Rat" gänzlich verworfen, hier ist der Mensch dem Schicksal ausgeliefert, wobei ich in der Schilderung dieser Umstände speziell Mievilles Thaumaturgie für einen besonderen literarischen Kunstgriff halte. Mittels Thaumaturgie macht Mieville sich unabhängig von kaltem technokratischem Vokabular, mit dem sich eine bestimmte literarische Qualität nicht erreichen lässt.

#52 lapismont

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Geschrieben 05 Juli 2012 - 12:03

Nein, aber anders als Tolkien, dessen Fantasy-Epos auf widersprüchliche Weise nahezu von allem Zeitgeschichtlichen gereinigt wirkt, setzt er sich damit unmittelbarer auseinander.

Ich sehe nicht, was Du sagen willst. HdR ist grundsätzlich etwas anderes als Der Eiserne Rat. Du versuchst hier eine Beziehung aufzubauen, die höchstens vage vorhanden ist und kritisierst dann dann diese Vagheit.

Tolkien scheint für Mievielle so etwas wie eine literarische Vater-Figur zu sein, gegen die er rebelliert. "Der Eiserne Rat" ist sicher eines der wichtigsten Werke der letzten Jahre und der Fantasy überhaupt. Es verbindet einen herben Realismus mit phantastischen Elementen und kann auch als grundsätzlichen Gegenentwurf zur technikgläubigen Science Fiction gelesen werden. Die Science Fiction legt dar, dass der Mensch mittels Technik sein Schicksal selbst in der Hand hat und sich auch gesellschaftliche Entwicklungen entsprechend gestalten lassen. Diese naive Vorstellung wird in "Der Eiserne Rat" gänzlich verworfen, hier ist der Mensch dem Schicksal ausgeliefert, wobei ich in der Schilderung dieser Umstände speziell Mievilles Thaumaturgie für einen besonderen literarischen Kunstgriff halte. Mittels Thaumaturgie macht Mieville sich unabhängig von kaltem technokratischem Vokabular, mit dem sich eine bestimmte literarische Qualität nicht erreichen lässt.


PSS ist deutlich wirkmächtiger. Mieville schuf damit eine neue Nuance der Weird Fiction. Das muss nicht unbedingt gleich ein Gegenentwurf zu irgendetwas sein. Der Eiserne Rat müsste eher gegen das Kapital gelesen werden. Das ist nämlich die eigentliche kulturelle Baustelle Mievilles.

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#53 Pogopuschel

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Geschrieben 05 Juli 2012 - 12:19

Was die Remade angeht, die sollen wollen einfach verdeutlichen, dass es sich hier um eine Gesellschaft mit teilweise völlig anderen Moralvorstellungen handelt, ähnlich wie bei den Vogelmenschen in "Perdito Street Station". Und zwar Moralvorstellungen, die wir als schockierend empfinden.

#54 Tiff

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Geschrieben 05 Juli 2012 - 12:22

Ich sehe nicht, was Du sagen willst. HdR ist grundsätzlich etwas anderes als Der Eiserne Rat.

Natürlich ist es anders. Tolkien hat den Zweiten Weltkrieg miterlebt, aber sein altertümlich-nostalgisches "Herr der Ringe" wirkt einfach nur so, als ob Tolkien den Glauben an das Gute im Menschen nicht verlieren wollte. Es ist kaum zu glauben, dass die Bücher nur sechzig und nicht hundertsechzig Jahre alt sind. Mieville lässt diese Altertum-Nostalgie hinter sich und beschäftigt sich weitaus stärker mit der Verletzlichkeit des menschlichen Körpers, in dem ein Wesen nun mal gefangen ist. Ein Körper ist an Ort und Zeit gebunden, kann leicht zur falschen Zeit am falschen Ort sein, und er ist auf alptraumartige Weise verletzlich und verformbar und seiner Umwelt ausgeliefert. Diese Art von Realismus ist bei Tolkiens heroischem Epos kaum zu finden.

#55 lapismont

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Geschrieben 05 Juli 2012 - 13:14

Natürlich ist es anders. Tolkien hat den Zweiten Weltkrieg miterlebt, aber sein altertümlich-nostalgisches "Herr der Ringe" wirkt einfach nur so, als ob Tolkien den Glauben an das Gute im Menschen nicht verlieren wollte. Es ist kaum zu glauben, dass die Bücher nur sechzig und nicht hundertsechzig Jahre alt sind. Mieville lässt diese Altertum-Nostalgie hinter sich und beschäftigt sich weitaus stärker mit der Verletzlichkeit des menschlichen Körpers, in dem ein Wesen nun mal gefangen ist. Ein Körper ist an Ort und Zeit gebunden, kann leicht zur falschen Zeit am falschen Ort sein, und er ist auf alptraumartige Weise verletzlich und verformbar und seiner Umwelt ausgeliefert. Diese Art von Realismus ist bei Tolkiens heroischem Epos kaum zu finden.


Wird das jetzt so eine Art HdR-Bashing?
Warum willst Du dort Realismus finden? Sicher hat Tolkien seine negativen Empfindungen über Umweltzerstörung und dem Verfall von Werten in seiner Beschreibung des Bösen einfließen lassen. Saruman und Isengart stehen dafür exemplarisch, aber immer noch ist Tolkien in erster Linie Altphilologe gewesen der einen Albion-Mythos vermisste und kein Phantastik-Schriftsteller.
Altertum-Nostalgie? Im Gegenteil, Tolkien war Altertum-Schöpfer.

Der Vergleich zwischen HdR und Eiserner Rat ist wenig ergiebig, da substanzarm.

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#56 Pogopuschel

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Geschrieben 05 Juli 2012 - 13:52


Wird das jetzt so eine Art HdR-Bashing?
..., aber immer noch ist Tolkien in erster Linie Altphilologe gewesen der einen Albion-Mythos vermisste und kein Phantastik-Schriftsteller.
Altertum-Nostalgie? Im Gegenteil, Tolkien war Altertum-Schöpfer. ...


Eben, Tolkien wollte eine ähnlich Mythologie schaffen, wie die Edda, das Gilgamesch oder die giechische Mythologie. Nur in einem Rahmen, der eher auf englische Breitengrade bezogen werden könnte. Er hat eine komplette Historie erschaffen, inlusive Legenden und Märchen. Miévielle hat da einen viel sozialkritischeren Ansatz.
Und was ist daran schlimm, wenn man noch an das Gute im Menschen glaubt?

#57 molosovsky

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Geschrieben 05 Juli 2012 - 15:52

Werke miteinander zu vergleichen, ist vollkommen zulässig, wenn man sich dabei darauf beschränkt, aus diesem Vergleich zu lernen, was Literatur bedingt, was sie kann, und um die Stärken und Schwächen der jeweiligen Werke herauszuarbeiten. Wenn ein Vergleich aber darauf hinausläuft, ein Schwanzvergleich zwischen den Autoren (und / oder ihren Lesern) zu sein, bringt die Sache wenig (sachlich zumindest … aber auch unsachliche Kabbeleien sind mögliche Erkenntnisquellen, halt anderer Arten von Erkenntnissen).


Ich finde, dass Tiff mit seinen Aussagen über LOTR nicht zu weit geht. In mancherlei Hinsicht IST Tolkiens Werk nicht gut gealtert, bestimmte Aspekte allerdings sind revolutionär. Als grobe Orientierung, wie sehr die Rezeptionsgeschichte von LOTR und Mittelerde ein großes Missverständnis ist, muss man sich nur daran erinnern, dass Tolkien eine große Gruppe seiner Leserschaft, die in den Sechzigern und Siebzigern seinen Werke zu so großer Popularität verhalfen, als »langhaarige Irre« bezeichnete.

Statt Tolkien direkt mit Miéville zu vergleichen, finde ich es naheliegender Tolkien mit einem Schriftsteller zu vergleichen, der in der gleichen Zeit einen ebenfalls sehr einflussreiches, wenn auch weit weniger bekanntes Fantasy-Meisterwerk geschaffen hat: Mervyn Peake.

Miéville kommt dabei wieder ins Spiel als einer, der weniger von Tolkien, aber sehr merklich und mit großer Begeisterung von Peake beeindruckt und beeinflusst wurde. Man kann Peake deshalb durchaus zurecht als einen markanten Vorläufer der ›anderen Art von Fantasy‹ bezeichnen.

Grüße
Alex / molo

Bearbeitet von molosovsky, 05 Juli 2012 - 16:03.

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