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Olympos


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5 Antworten in diesem Thema

#1 FraPe

FraPe

    Hauptsachenaut

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Geschrieben 17 März 2006 - 07:50

Nach mehrmaligem Lesen von Hyperion und Endymion sowie von Illium war ich sehr gespannt auf die Fortsetzung von Olympos - in typischer Simmons Manier wie bei Hyperion und Endymion in zwei Teilen verfasst.Für Leser ist der Roman wegen der Länge ein echte Geduldsprobe. Nach meinem Gefühl als Vielleser - vielleicht auch weil ich selbst viel lieber längere Werke schreibe - lag und liegt die Stärke von Simmons bei Romanen, wo er tatsächlich epische Breite erreicht. Im Vergleich dazu sind die wenigen Kurzgeschichten, die bisher von ihm erschienen (in 'Welten und Zeit genug'), eher blass.Im Falle von Olympos ist das Ergebnis leider sehr zwiespältig. Wie schon in Endymion, im geringen Ausmaß auch in Hyperion,fällt der zweite Teil gegenüber dem ersten, weil sich die Ideen auf weit mehr als tausend Seiten abnutzen, schwächer aus. Aber dasGefälle ist bei Illium/Olympos um einiges steiler. Epos ja, Mythen-bildung ja, aber der zweite - wenn auch dicht geschriebene - Teil des Doppelromans trägt dazu wenig bei.Der Stil, den Simmons schreibt, finde ich trotz dieser Tatsachefaszinierend und spannend, nur darf man sich keine neuen, sensat-ionellen und überraschenden Wendungen und Situationen erwarten.Der Roman setzt genau dort, wo Illium endet, ein und führt diesenrelativ geradlinig weiter. Allerdings fällt für meinen Geschmackdas Ende sehr flach und undeutlich, eigentlich schon unvollständigaus.Mehrere der 'Hauptpersonen' (vor allem der geheimnisvolle Setebosund seine Brut) treten einfach aus dem Gesichtsfeld des Lesers - damit bleiben wichtige Fragen unbeantwortet, werden nur ausgeblendet. Für eine Fortsetzung oder weil sie für das Ende nach Meinung des Autors ohne Belang waren. Mich irritiert es, weil keine Auflösungerfolgt - nicht einmal andeutungsweise.Der Roman ist - wie schon gesagt - spannend, aber manche Szenensind auch relativ unglaubwürdig. Vor allem der Grund, warum dieschöne Helena Thomas Hockenberry (ihren Exliebhaber) fast ersticht, ist einfach zu schwach (geschildert) und gerät damit zumsprichwörtlichen Tropfen auf dem heissen Stein. Die Schicksale von Zeus, Pentesilea, Achilles und Odysseus sind zwar- vor dem Hintergrund der griechischen Mythologie, der Ilias und der Odyssee - überraschend, aber die Brutalität, mit der zum Bei-spiel der Tod des jungen Odysseus im Bett der Circe, der TodPentesileas, aber auch der des Zeus geschildert wird, zerstört das Interesse des Lesers unter Umständen schon wieder.Das ist aus meiner Sicht der Hauptschwachpunkt von Olympos: zwargut zu lesen, aber von Anfang an ziemlich gewalttätig, manchmalversehen mit Kraftausdrücken. Ein großer Teil der Handlungsstränge handelt vor allem vom Überleben in einer Welt, in der sich allesfeindlich und lebensbedrohlich verhält. Manche Szenen sind beein-druckend (zum Beispiel die von Harman im Uboot am Boden desAtlantiks), aber etliche sind einfach nur Gemetzel.Man kann keinen einzigen Roman Simmons als pazifistisch bezeichnen,aber so heftig gewalttätig ist weder Hyperion noch Endymion. Hierhat Simmons die Grenzen des guten Geschmacks übertreten. Der Romanhandelt von mehreren Kriegen, den um Troja, den der Götter, denauf der Erde... Dies mag Gründe in der derzeitigen Stimmung in der USA haben. Selbst bei der Schilderung von Kriegen gibt es aber andere - deutlich ästhetischere - Ausdrucksmöglichkeiten. Wäre Simmons nicht Simmons (oder ein anderer anerkannter Bestsellerautor), würde der Roman wahrscheinlich gar nicht in dieser Form erschienen sein.Leider betrifft dies auch einige Szenen, in denen es um die schönsteSache der Welt geht. Andere Szenen dieser Art, auch die, in demHarmann Moira durch einen Koitus aus ihrem langen 'Schlaf' holenmuss, halte ich für nicht besonders aussergewöhnlich, es sei denn,man ist der Meinung, dass Sex nichts in Science Fiction zu suchenhat.Das hiesse für mich aber dreißig Jahre zurückgehen und SF - indenen das Hauptthema Sexualität ist - wie 'Fremde' (Original'Strangers') von Gardner R. Dozois und 'Die Liebenden' (Original'The Lovers') von Philip Jose Farmer zu ignorieren und zu negieren. Beide Romane erschienen 1978, zu einer Zeit, wo Sexualität aber bei weitem nicht so offen wie bei Simmons geschildert wurde. Problematisch finde ich eher, dass die Moravecs (im Prinzip künstliche Wesen) oft genug menschlicher als die Menschen selbsterscheinen. Absicht oder nicht?Auch die Idee, dass sich ursprüngliche Erdmenschen als Götter aufwerfen, indem sie Kräfte, Macht und Unsterblichkeit erlangen, ist nicht neu. In Roger Zelaznys Roman 'Herr des Lichts' (Original 'Lord of light',bereits 1967) haben Nachfahren von Menschen einen fernen Planetenunterworfen und regieren dort in Form von Göttern des hinduistischenPantheons. Auch sie manipulieren normale Sterbliche wie die Götterin Illium/Olympos und tragen Auseinandersetzungen untereinander aus.

#2 Holger

Holger

    Temponaut

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Geschrieben 17 März 2006 - 09:47

Danke für die ausführliche Rezension, FraPe.Ich denke, ich werde Olypos nach all den Kommentaren eher durchschmökern und Auszüge daraus lesen. Immerhin waren einige Motive aus Ilium doch überwältigend. Dass die Idee keine Kapazität für weitere 1000 Seiten hat, hatte ich schon nach Abschluss von Ilium befürchtet.GrüßeHolger
"Rezensionen: eine Art von Kinderkrankheit, die die neugeborenen Bücher befällt."
(Georg Christoph Lichtenberg)

#3 yiyippeeyippeeyay

yiyippeeyippeeyay

    Interstellargestein

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Geschrieben 17 März 2006 - 13:12

Interessante Rezi, auch ich bedanke mich!

Ich habe Ilium gelesen, war aber schon an dessen Ende eher abgeneigt, weiter zu machen. Darin fand ich übrigens die Moravecs auch am sympathischsten.

Der Kern des Problems hier scheint fehlendes Lektorat bei aktuellen SF-Wälzern zu sein, ein Thema, das wir schon öfter hier auf dem Board besprochen haben. Du, FraPe, schriebst:

Wäre Simmons
nicht Simmons (oder ein anderer anerkannter Bestsellerautor), würde
der Roman wahrscheinlich gar nicht in dieser Form erschienen sein.

Exakt auch mein Gefühl bei neueren Romanen vieler Bestseller-Autoren. Dass interessante Autoren sich selbst regelmäßig überschätzen sobald sie erfolgreich sind, ist eh nichts Neues (man lese nur "Doc" Smiths Äußerungen vor 50 Jahren über welche Art von Literatur seine Lensman-Romane seien).

Interessant finde ich auch dass du extreme Brutalität ansprichst, einfach weil es mir auch oft so vorkommt, das aber heutzutage niemand Anderen zu stören scheint. Ich hatte gerade ein ähnliches Erlebnis beim Lesen von 1632 (s. Signature). Bei mir birgt das immer sofort 2 Assoziationen:

    [*]Der Autor zielt auf den möglichen Lesegeschmack eines aktuellen jungen, im engl. Sprachraum aufgewachsenen, Publikums ab.
    [*]Der Autor entspricht damit einem eigenen Zweifel, dass seine Schreibe nicht realistisch genug wirkt, und setzt sich mit entspr. eingestreuter Blutrünstigkeit über solche potenziellen Zweifel bei seinen Lesern hinweg. Ähnlich der "Schock"-Rolle die Sexszenen in den "pulp"-Romanen der 70er und 80er m.E. einnahmen.
    [/list]P.S.: Auch von mir ein verspätetes Willkommen hier auf dem Board! ;)

    Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 17 März 2006 - 13:23.

/KB

Yay! SF-Dialog Ende März...
Senator: Und dies ist nun die Epoche der Laser?

Farmer: [..] Die Anzahl der Menschen auf der Erde, die voller Hass/Frustration/Gewalt sind, ist zuletzt furchterregend schnell gewachsen. Dazu kommt die riesige Gefahr, dass das hier in die Hände nur einer Gruppierung oder Nation fällt... (Schulterzucken.) Das hier ist zuviel Macht für eine Person oder Gruppe, in der Hoffnung dass sie vernünftig damit umgehen. Ich durfte nicht warten. Darum hab ich es jetzt in die Welt verstreut und kündige es so breit wie möglich an.

Senator: (erblasst, stockt) Wir werden das nicht überleben.

Farmer: Ich hoffe Sie irren sich, Senator! Ich hatte eben nur eine Sache sicher kapiert - dass wir weniger Chancen dazu morgen haben würden als heute.

(Leiter eines US-Congress-Kommittees vs. Erfinder des effektivsten Handlasers, den es je gab, grob übersetzt aus der 1. KG aus Best of Frank Herbert 1965-1970, im Sphere-Verlag, Sn. 38 & 39, by Herbert sr.)


#4 FraPe

FraPe

    Hauptsachenaut

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Geschrieben 17 März 2006 - 13:59

Hallo Holger, hallo yiyippeeyippeeyay -danke für Eure positive Resonanz und das zusätzliche Willkommen...Vor allem Deine Antwort, yiyippeeyippeeyay, finde ich nicht nur genau meinGefühl treffend, sondern auch noch sehr interessant.Warum: Das mit dem Lesegeschmack ist genau der Punkt - und dazu dieStimmung in der USA, aber auch weltweit. Ich finde Offenheit in schriftstellerischenArbeiten grundsätzlich sehr positiv, aber die Frage ist halt immer, wo der gute Geschmack endet und ob Gewalt in dem Ausmass noch spannend wirkt.Interessante Autoren werden ganz augenscheinlich von Lektoren 'an der lockerenLeine gehalten', obwohl genau diese Autoren vielleicht spezielle Aufmerksamkeitdurch ein Lektorat benötigen würden. Nachdem ich derzeit selbst versuche, einen Roman bei einem Verlag unterzubringen, habe ich das Gefühl, dass viele Lektoren so stark mit Möchtegernautoren überschüttet werden, dass sie etablierten Autoren 'alles abnehmen' und nur die dringendsten, wichtigsten Massnahmen vor dem Erscheinen eines Romans setzen.Dagegen spricht aber, dass manche Antworten (ich habe schon Ablehnungenbekommen) zeigen, dass Lektoren mehr Zeit haben, als aufgrund von Verlagshomepages angenommen werden müsste. Ein Lektor eines nicht geradeunbekannten Krimiverlags (mein Roman ist ein Thriller) hat mir einen recht intensiven Brief geschrieben, in dem er zuerst gemeint hat, es sei überlegt worden, meinen Roman doch herauszubringen. Dann heisst es, meine Personen seien aber zu stereotyp und ich schweife zu viel vom Kernthema ab. Ich war erstaunt über diese Analyse, weil die sogenannten Abschweifungen ja genaudazu dienen, die Personen näher zu charakterisieren. Und die Leseprobe, die ich diesem Verlag zugesandt hatte, hat - war auch mein Fehler - nur einen sehr, sehr kurzen Dialog. Insgesamt ein Ausschnitt von knapp 15 Seiten aus einem 326 Seiten Thriller.Kurz gesagt, nimmt sich der Lektor viel Zeit, meine Leseprobe zu zerlegen, um dannerst am Ende (Letzter Satz!) festzustellen, dass der Verlag sowieso nur Lokalkrimis herausbringen kann. Und mein Roman spielt in der USA. Aufgrund meines Exposeeshätte sich der Lektor das alles sparen können und einen kurzen Brief schreibenkönnen. Trotzdem finde ich es positiv, dass sich der Lektor eben die Zeit genommenhat.Da setzt auch die Antwort von yiyippeeyippeeyay nochmals ein - auch ich habe michimmer wieder dabei ertappt, Szenen dabei zu verschärfen, weil ich meinte, es wärenicht realistisch genug. Man macht sich auch immer wieder Gedanken, wird derLeser weitermachen oder den Roman weglegen. Liest man dann Monate später sein eigenes Werk, dann stellt man erst fest: Es ist zu viel, zu heftig, zu brutal. Findet das der Autor aber nicht und der Lektor läßt ihm sehr viel Freiraum, so geht der Romanso zum Publikum, eben auch in Länder, wo die Stimmung vielleicht eine andere ist.Bei Simmons könnte zusätzlich Hintergrund seine Vergangenheit und aktive Tätigkeit im Bereich Horror sein, aber da kenne ich seine Horrorromane zu wenig.Grüße, FraPe.

Bearbeitet von FraPe, 17 März 2006 - 14:01.


#5 yiyippeeyippeeyay

yiyippeeyippeeyay

    Interstellargestein

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Geschrieben 17 März 2006 - 18:16

Ähm, das ist jetzt alles OT, aber...@FraPe: Hast du denn schon etwas veröffentlicht? Zu deiner Beschreibung des Verhalten des Lektors des "nicht gerade unbekannten" Verlages, würde ich glaub ich ein ähnliches Fazit ziehen wie du: Gut, dass er sich so ausführlich damit befasst hat (außer es war ein verkappter Werkstudent ;))... Evtl. kann man ja nochmal nach haken, und fragen was er sich denn konkret in punkto Zusendungen wünscht?

/KB

Yay! SF-Dialog Ende März...
Senator: Und dies ist nun die Epoche der Laser?

Farmer: [..] Die Anzahl der Menschen auf der Erde, die voller Hass/Frustration/Gewalt sind, ist zuletzt furchterregend schnell gewachsen. Dazu kommt die riesige Gefahr, dass das hier in die Hände nur einer Gruppierung oder Nation fällt... (Schulterzucken.) Das hier ist zuviel Macht für eine Person oder Gruppe, in der Hoffnung dass sie vernünftig damit umgehen. Ich durfte nicht warten. Darum hab ich es jetzt in die Welt verstreut und kündige es so breit wie möglich an.

Senator: (erblasst, stockt) Wir werden das nicht überleben.

Farmer: Ich hoffe Sie irren sich, Senator! Ich hatte eben nur eine Sache sicher kapiert - dass wir weniger Chancen dazu morgen haben würden als heute.

(Leiter eines US-Congress-Kommittees vs. Erfinder des effektivsten Handlasers, den es je gab, grob übersetzt aus der 1. KG aus Best of Frank Herbert 1965-1970, im Sphere-Verlag, Sn. 38 & 39, by Herbert sr.)


#6 FraPe

FraPe

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Geschrieben 18 März 2006 - 19:02

Hallo, zu Deiner Frage. Veröffentlicht schon, aber noch nicht in einem Verlag, sondern nur über BoD (Books on Demand), siehe http://www.scifinet....?showtopic=4042. Die Kernantwort des Verlags lautete im Prinzip, dass sie nur Krimis mit Lokalbezug in Deutschland herausbringen... Und das ist halt meiner nicht. Der Verlag, den ich angeschrieben hatte, ist ein kleinerer Krimiverlag. Ich fand es einfach nur erstaunlich, dass sich ein Lektor viel Zeit nimmt und analysiert, obwohl mein Thriller schon vom Bezug nicht für den Verlag relevant ist. Das ist wahrscheinlich auch mein Hauptproblem - ich wollte und schrieb einen Thriller, der in der USA spielt. Schauplätze genau dort, wo ich einen überaus interessanten Urlaub verbracht hatte. Thriller, die ausserhalb von Europa spielen, sind hierzulande schwer herauszu- bringen, weil die großen Verlage genügend Material aus dem englischsprachigen Raum haben und Newcomer bei den großen Verlagen einen noch schwereren Stand haben. Kleinere Verlage sind wesentlich interessanter, aber da setzt das Problem ein, dass die meisten, die Thriller und Krimis herausbringen, eben auf Romane mit Lokal- bezug festgelegt sind. Vielleicht sollte ich es doch zuerst mit meinem Science Fiction Roman versuchen, aber deutschsprachige SF hat es im deutschen Sprachraum auch nicht gerade leicht. Wenn man sich z. B. im Deutschen Jahrbuch für Autoren und Autorinnen die Liste der Agenturen oder die Verlagsliste ansieht, so stellt man fest, es gibt doch viele Agenten und Verlage, die Science Fiction explizit ausschließen. So probiere ich es halt weiter... und suche weiter... Grüße, FraPe. :unsure: :lol:


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