J. G. Ballard: Kristallwelt
#1
Geschrieben 01 April 2006 - 10:55
heute beginnen wir mit einem etwas schmaleren Büchlein aus dem Jahre 1966:
J.G. Ballard
Kristallwelt
Und los...
amazon
#2
Geschrieben 01 April 2006 - 11:40
#3
Geschrieben 02 April 2006 - 11:43
#4
Geschrieben 02 April 2006 - 16:05
#5
Geschrieben 03 April 2006 - 06:33
#6
Geschrieben 03 April 2006 - 07:47
Es geht so weiter †¦ wenn ich es noch richtig in Erinnerung habe.
Der Anfang kam mir interessanterweise erstaunlich unspektakulär vor. Vielleicht ist es nicht das richtige Wort, aber Ballard schreibt ja äußerst sparsam, was ja auch die Kürze des Romans erklärt. Und trotz der nur äußerst sparsamen Andeutungen, erahnt man sofort von Beginn an etwas geheimnisvolles. So kann ich mich noch recht gut an ein oder zwei Nebensätze bezüglich der "Dunkelheit" des Ortes erinnern. Wobei ich im Moment nicht mehr in Erinnerung habe, ob das im ersten Abschnitt stand.
Achtet mal darauf, welchen Beruf der Protagonist der Novelle hat. Vielleicht höre ich nur die Flöhe husten, aber ich müsste mich sehr täuschen, wenn der Autor da nicht Hintergedanken hatte.
Bis dennen,
Henrik
Bearbeitet von Henrik Fisch, 03 April 2006 - 07:49.
Gregory Benford, Larry Niven, "Himmelsjäger"
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#7
Geschrieben 06 April 2006 - 09:22
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#8
Geschrieben 06 April 2006 - 10:00
#9
Geschrieben 06 April 2006 - 10:55
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#10
Geschrieben 06 April 2006 - 11:10
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#11
Geschrieben 06 April 2006 - 11:46
Erstaunlich, die gleichen Beispiele wollte ich auch aufgreifen.Mir gefällt die heimliche Beziehung zu Suzanne als Motivation für die Reise. Das ergibt bereits ein komplexes Bild von Sanders. Interessant auch der kritische Rückblick (Passbild, Spiegel) auf die letzten Jahre. Mal sehen, was daraus wird!
Der Brief als Motiv Sanders, zu seiner Reise aufzubrechen, hat mir auch sehr gut gefallen. So liest er also zwischen den Zeilen heraus, dass Suzanna möglicherweise erkrankt sein könnte, weil Lebra das Nervengewebe befallen kann und dabei psychologischen Auffälligkeiten verursachen könnte.
Dabei war der Brief sehr schön zu lesen und so schrieb sie von Licht, das alles mit Diamanten und Saphiren überzieht.
Diese geschwungenen Zeilen könnte man vielleicht sogar noch früher einordnen als den eigentlich Stil des Romans, für den ich bisher noch kein Zeitrahmen ausmachen konnte, in dem er spielt.
Auch die Szene mit dem Passbild und den Spuren, die er nach achte Jahren im Spiegelbild erkennt, fand ich irgendwie beeindruckend.
Die anfängliche Szene auf dem Passagierdeck, die flüchtigen Bekanntschaften und die Beschreibung der sich fast unmerklich verändernden Vegetation, das hat mir schon ausgezeichnet gefallen.
Ein bemerkenswertes erstes Kapitel, das für sich allein schon zu wirken scheint.
Wegen des geringeren Umfangs schalte ich einen Gang runter in der Lesegeschwindigkeit, und der Stil lässt das auch wunderbar zu. Da kann man schon jeden Satz genüsslich ausschwingen lassen.
Ich bin jetzt auch beim 2. Kapitel.
#12
Geschrieben 06 April 2006 - 18:33
#13
Geschrieben 07 April 2006 - 16:14
Bearbeitet von Morn, 07 April 2006 - 16:16.
#14
Geschrieben 07 April 2006 - 18:40
Besonders die Beschreibung der kristallinen Orchidee, die als Schmuckstück feilgeboten wurde, hat mir gefallen. Wie Ballard hier die filigranen Eigenschaften beschreibt und wie das Licht scheinbar keine Reflektion der Sonne, sondern aus dem Inneren heraus zu scheinen scheint, das ist schon wirklich großartig. Man kann sich den Kontrast zu den Skulpturen Afrikas gut vorstellen.
Dann natürlich der theatralische Auftritt des Priesters Balthus mit dem funkelnden Kruzifix. Die ganze Stimmung ist einfach hervorragend eingefangen. Ich weiß zwar nicht worin das Geheimnis liegt, wenn man sich in eine Geschichte hineinversetzt fühlt, aber Ballard hat es geschafft.
Ich muss gestehen, ich habe gar nicht gewusst, was Äquinoktium bedeutet, aber die Sonne über dem Äquator und die Längengleichheit von Tag und Nacht, das unterstreicht noch die Stimmung des Romans hier zu Beginn.
Es wird von Notstand gesprochen und ich gehe einmal davon aus, dass diese besondere Situation dazu beitrug, das Sanders mit der Journalistin etwas überraschend die Nacht verbrachte. Vielleicht aber auch Berechnung.
Nachts entdeckt er durchs Fenster ein seltsames Schauspiel am Sternenhimmel (Peret weist ihn darauf hin), ob dies irgendeine Bedeutung hat, darüber kann man nun erst einmal spekulieren.
Jetzt bin ich gespannt, ob und wie Sanders seinen Weg nach Mont Royal findet.
Da habe ich mir auch Gedanken drum gemacht, es ist ja nicht unbedingt sehr aufdringlich von Ballard beschrieben, dennoch hat man das Gefühl, es handelt sich um etwas Entscheidendes. Das ist sehr geschickt gemacht, unterschwellig, und doch so, dass der Leser es bemerkt.Ich bin sicher, dass diese Farben etwas zu bedeuten haben, nur was?
Bearbeitet von Dave, 07 April 2006 - 18:47.
#15
Geschrieben 10 April 2006 - 10:58
Stimmt, da war ja was!Nachts entdeckt er durchs Fenster ein seltsames Schauspiel am Sternenhimmel (Peret weist ihn darauf hin), ob dies irgendeine Bedeutung hat, darüber kann man nun erst einmal spekulieren.
Bis dennen,
Henrik
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#16
Geschrieben 10 April 2006 - 12:48
#17
Geschrieben 10 April 2006 - 13:25
(Georg Christoph Lichtenberg)
#18
Geschrieben 10 April 2006 - 13:38
Wie meinst Du das? Ich selber habe an einen eventuellen zeitlichen Bezug beim Lesen nicht gedacht. Für mich war das beschriebene dunkle Ambiente verbunden mit den strahlenden Kristallen ausschlaggebend. Ich hatte beim Lesen so etwas im Hinterkopf, als wenn die Kristalle das Licht buchstäblich aufsaugen würden und deshalb ansonsten alles dunkel erscheint.Ich bin nun im fünften Kapitel und maßgeblich wird für mich die Stimmung durch die Tatsache getragen, dass die Geschichte völlig ohne zeitlichen Bezug erzählt wird. In Kapitel vier taucht plötzlich ein Helikopter auf, was mich zunächst richtig verwirrte...
So ähnlich stelle ich persönlich mir das vor †¦ je nach Vorsicht des Behandelnden.Mal eine ganz dümmliche Frage: Lepra ist eine bakterielle Infektion, die eigentlich nur durch intensiven Kontakt mit infektiösen Personen übertragen werden kann. Bedeutet diese Tatsache, dass ein Lepra-Arzt über kurz oder lang auch angesteckt wird? †¦
An anderer Stelle des Buches wird von kristallinen Wucherungen der Krankheit gesprochen. Das fand ich im Zusammenhang mit dem Thema des Buches sehr interessant.
Bis dennen,
Henrik
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#19
Geschrieben 10 April 2006 - 14:16
Ich meine, dass ich keine Ahnung habe, wann die Geschichte spielt. In den 60ern? Früher oder etwa viel später? Ich nehme an, Ballard macht darüber bewußt keine Angaben, um eine geheimnisvolle Stimmung aufzubauen. Und bei mir klappt es vorzüglich: Sanders wandelt für mich in einem unheimlichen Niemandsland, von dem ich keine Vorstellung habe, wo genau es liegt, wann genau das alles passiert, etc.Wie meinst Du das? Ich selber habe an einen eventuellen zeitlichen Bezug beim Lesen nicht gedacht.
Ja, das passt schon ganz gut. Wenn schon nicht fachlich, dann doch metaphorisch. Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt, wie es weitergeht. Wie siehts denn so aus mit eurer Sympathie bezüglich Sanders? Grüße HolgerAn anderer Stelle des Buches wird von kristallinen Wucherungen der Krankheit gesprochen. Das fand ich im Zusammenhang mit dem Thema des Buches sehr interessant.
(Georg Christoph Lichtenberg)
#20
Geschrieben 10 April 2006 - 15:23
#21
Geschrieben 10 April 2006 - 16:17
in der Spiegel Szene sehe ich noch keine Anzeichen von Lepra. Sanders ist dagegen sehr ehrlich, er hatte vor 8 Jahren andere Pläne und ist mehr oder weniger im Krankenhaus hängen geblieben. Aus einer Zwischen- ist wahrscheinlich eine Endstation geworden und er hat keinen Antrieb, diese Situation zu ändern. Ähnlich geht es ihm in seiner Beziehung zu Suzanne (heißt sie bei euch Suzanna???), sie ist zwar Antrieb für ihn aber er schafft es nicht, sie für immer für sich zu gewinnen.
Sympathie wäre jetzt übertrieben, aber Sanders Probleme und sein Leben interessieren mich.
Sullivan
#22
Geschrieben 10 April 2006 - 20:03
Ich muss sagen, gut erkannt. Mir ist das nicht so aufgefallen, aber später gibt es eine Stelle, in der Ballard ganz besonders noch einmal auf dieses schwarz-weiss eingeht.Ich habe das erste Kapitel inzwischen auch gelesen. Ich kann mich da Sullivan und Dave nur anschliessen: es ist phantastisch geschrieben. Sanders und der Grund fuer seine Reise werden hervorragend eingefuehrt. Mir ist besonders aufgefallen, dass immer wieder das Licht bzw das Dunkle und Farben erwaehnt werden. Der Fluss und der Dschungel sind dunkel; die Blaetter der Baeume olivfarben. Es herrscht eine Duesternis, obwohl die Sonne scheint. Der Pater ist schwarz gekleidet, Ventress traegt einen weissen Anzug und auch seine Haut erscheint weiss, er hat schwarze Haare. Die Frau im Hotel hat schwarze Haare und traegt einen weissen Hosenanzug (Was wohl eher ungewoehnlich ist, oder? Ich haette khaki erwartet.) Ich glaube, dass die Gesichtfarbe eines der Stadtbewohner auch als olivfarben beschrieben wird. DIe Kleidung von Sanders ist dagegen verwaschen, scheint also eher farblos zu sein. Ich bin sicher, dass diese Farben etwas zu bedeuten haben, nur was? Im Gegensatz dazu scheint der Brief zu stehen, in dem alles voller Licht zu sein scheint. Mal sehen, wie es weitergeht.
#23
Geschrieben 11 April 2006 - 07:32
Gregory Benford, Larry Niven, "Himmelsjäger"
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#24
Geschrieben 11 April 2006 - 09:01
#25
Geschrieben 11 April 2006 - 13:27
#26
Geschrieben 11 April 2006 - 13:54
Wurde der Satellit namentlich erwähnt? Muss mal nachblättern. Ansonsten ein guter Hinweis! Ich bin jetzt schon recht weit in der Mitte des zweiten Abschnitts etwa. Abgesehen von dem brillianten Inhalt der Geschichte (dazu später mehr) stört mich an der PE-Neuübersetzung von Joachim Körber formal der Gebrauch des Wortes "Neger" (ählich: "Eingebohrene", "Mulatte"). Ich weiß nicht so recht, aber wenn man schon eine Neuübersetzung in Auftrag gibt, dann könnte man doch Wörter, die so nicht mehr im Sprachgebrauch sind (/sein sollten - auch wenn für die 60er üblich) vielleicht austauschen. Oder? Holger (eigentlich sonst nicht päpstlicher als der Papst)Der erwaehnte Satellit Echo gibt uebrigens auch eine Vorstellung davon, zu welcher Zeit das ganze spielt. Echo 1 wurde 1960 gestartet und vergluehte 1968. Der Roman wurde ja 1966 veroeffentlicht. Damit scheint er in der Gegenwart oder der (damaligen) unmittelbaren Zukunft angesiedelt zu sein.
(Georg Christoph Lichtenberg)
#27
Geschrieben 11 April 2006 - 15:02
Gibt aber wiederum einen guten Hinweis auf die Zeit, in der das Ganze spielt. Und da sollte man meiner Meinung nach auch in dem Sprachgebrauch bleiben. So wird damals wohl auch niemand von Computer, sondern eher von "Röhrenrechner" oder "Elektronenrechner" gesprochen haben. Mich stört der Begriff "Neger" mit Blick auf das Erscheinungsdatum des Buches nicht, und schon gar nicht bei Belletristik.Ich weiß nicht so recht, aber wenn man schon eine Neuübersetzung in Auftrag gibt, dann könnte man doch Wörter, die so nicht mehr im Sprachgebrauch sind (/sein sollten - auch wenn für die 60er üblich) vielleicht austauschen. Oder?
Bis dennen,
Henrik
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#28
Geschrieben 11 April 2006 - 18:25
Ja, wobei ich mich darüber wunderte, dass man diese seltsame Veränderung am Körper nicht ein wenig diskutiert hat. Auch wenn für Sanders der Anblick von Krankheit und Tod nicht fremd sein dürfte, war mir die Szene ein wenig zu beiläufig.Spannend dagegen war die Leiche im Wasser, da deutet sich einiges an.
Bei mir war es das Schnellboot, das auf mich etwas befremdlich wirkte. Am Anfang hatte sich ja schon fast ein Mark Twain Gefühl eingestellt und ich hätte auf Jahrzehnte früher getippt.In Kapitel vier taucht plötzlich ein Helikopter auf, was mich zunächst richtig verwirrte...
Stimmt wirklich, und von Chaga war ich damals auch sehr begeistert. Nur die Fortsetzung gefiel mir nicht mehr.Noch etwas: Erinnert sich wer an Ian McDonadls "Chaga"? Das Handlungsgerüst ist recht ähnlich. Genauergesagt erkenne ich nun Ballards Handschrift hinter der Idee des Chaga.
Ein bisschen erinnert es auch an Darwinia, obwohl ich mit dem Buch gar nichts anfangen konnte.
Das Wort Neger ist mir gar nicht aufgefallen, vielleicht hat es mich einfach nicht gestört. Das eigentliche Schimpfwort ist ja eine kleine Variation.Abgesehen von dem brillianten Inhalt der Geschichte (dazu später mehr) stört mich an der PE-Neuübersetzung von Joachim Körber formal der Gebrauch des Wortes "Neger" (ählich: "Eingebohrene", "Mulatte").
Ansonsten finde ich die Übersetzung wirklich klasse, sie liest sich einfach wunderbar.
Bearbeitet von Dave, 11 April 2006 - 18:41.
#29
Geschrieben 12 April 2006 - 20:56
Der ganze Hintergrund mit den Minen, den Schmugglern und dem Militär ist immer noch nicht ganz mein Ding, bleibt glücklicherweise aber eher im Hintergrund. Einen guten Seitenhieb gibt es auf unsere Gesellschaft: die Everglades in Florida kristallisieren und keinen interessiert es, jeder denkt dass es ihn nicht treffen wird. Ich würde auch so denken, man fühlt sich unantastbar wenn Ereignisse weit weg passieren und schwer erklärbar sind.
Womit ich im Moment immer noch nichts anfangen kann, ist der Vergleich mit Lepra. Ballard hat bekanntlich Medizin studiert (wenn auch ohne eine Prüfung abzulegen), so dass er uns da ein Stück voraus ist. Mir kommen die Eigenschaften des Erregers etwas merkwürdig vor: "semianimate, crystalline existence, half-in and half-out of our own time-stream" (Abschnitt 7).
Der Vergleich mit Picknick am Wegesrand ist gut, nur dass es hier mehr ist als eine bloße "Episode" mit lokalem Einfluss.
"Neger" hätte man tatsächlich anpassen sollen, das Wort ist heutzutage nicht mehr politisch korrekt, darauf weist sogar das Oxford English Dictionary hin.
Sullivan
Bearbeitet von Sullivan, 12 April 2006 - 22:05.
#30
Geschrieben 12 April 2006 - 22:29
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