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Was kommt nach Globalisierung und Neoliberalismus?


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19 Antworten in diesem Thema

#1 Beverly

Beverly

    Temponaut

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Geschrieben 04 September 2006 - 09:12

Um der Diskussion ein bisschen Schwung zu verleihen, will ich nicht verhehlen, dass sie durch massive und persönliche Angst vor der Zukunft gespeist wird, die ich mit vielen Menschen teile. Sorry auch für die Verwendung des Unwortes Neoliberalismus, aber man muss die herrschende Ideologie beim Namen nennen. Diese Zukunftsängste sind vielfälig:1. Angst vor der Vernichtung der Existenz, also: Verlust des Arbeitsplatzes, Verlust selbst der bescheidenen Leistungen von Arbeitslosengeld 2, sich nach der Gesundheits"reform" keine medizinische Versorgung mehr leisten zu können. Heute haben schon 32jährige Angst vor Altersarmut und selbst Leistungsträger raufen sich beim Ausrechnen ihrer Rente die Haare. Wenn ich dann im Buchladen Klappentexte in der Art von "2050 ist die Globalisierung noch schneller und tödlicher geworden" lese, möchte ich den Rest gar nicht mehr wissen, geschweige denn am eigenen Leib erleben.2. Angst vor einem neuen Faschismus: diese Ängste kenne ich von Menschen, die sonst nicht zu Paranoia neigen, aber angesichts des wachsenden Rechtsextremismus sehr besorgt sind. Rechtsextreme nutzen Moscheeneubauten als "Startrampe" für ihre Demos und schüren den Hass zwischen Deutschen und Einwanderern, um daran ihr politisches Süppchen zu kochen. Es ist zu befürchten, dass die Rechtsextremen angesichts von Legitimationsverlust der herrschenden, von Zynismus, Korruption und grottenschlechten Konzepten geprägten Politik das "Erbe" antreten und den bis dahin verarmten Menschen auch noch die individuellen Freiheiten nehmen. Nach dem Verlust aller sozialer Errungenschaften darf man sich dann auf Gesinnungsterror, die Entrechtung und Verfolgung von Homosexuellen und die Deportation von Millionen Nichtdeutscher "freuen".By the way kein rein deutsches Problem, angesichts von Le Pen in Frankreich, Berlusconi und co. - zum Glück abgewählt - in Italien und den Nationalkonservativen in Polen - Verfolgung Homosexueller, Diskussionen über Todesstrafe - scheinen unsere europäischen Nachbarn beim Faschismus sogar weiter zu sein. Meines Wissens behandelt ECLIPSE von John Shirley einen neuen Faschismus, habe aber nur die Klappentexte gelesen.3. Angst vor einem neuen Weltkrieg im Sinne einer langfristig geplanten Eskalation z. B. über den Nahen Osten. Der schließlich im Krieg mündende "Kampf der Kulturen" gerät zum Gegenstück der in 1984 von George Orwell stattfindenden Kriege zwischen Ozeanien, Eurasien und Ostasien.4. Angst vor Klimaveränderungen. Dabei hat es Klimawandel schon immer gegeben, auch ohne Verursachung durch den Menschen. Von zu extremen Klimaveränderungen betroffene Völker sahen keinen anderen Ausweg, als ihre Heimat zu verlassen und sich anderswo niederzulassen. Das war schon schwierig, als auf der Erde nur ein paar hundert Millionen Menschen lebten. Heute, mit 6 Milliarden, scheint es nahezu unmöglich.5. Angst vor Umweltkatastrophen, Überbevölkerung und Ressourcenknappheit, spätenstens seit SCHAFE BLICKEN AUF und MORGENWELT von John Brunner auch Thema in der SF. 6. Hat noch jemand Angst vor einem neuen Stalinismus? Die Abrechnung mit dem Stalinismus war schließlich Thema des berühmtesten SF-Romans, nämlich 1984 von Orwell. Einserseits denke ich, die Linke hat ihre historische Lektion gelernt, andererseits kann ich mich aus den 1970ern noch gut an sture und dogmatische Kleinstadt-Kommunisten erinnern. Die Genossen brauchen nur en masse so zu verblöden wie die Neoliberalen mit ihren Diskursen über die tollen Armenhäuser mit Internetanschluss Indien und China oder das Spargelstechen für Erwerbslose. Zu erwartende Opferzahlen: 100 bis 200 Millionen weltweit, und wenn die Genossen mit der Wirtschaft nicht mehr weiter wissen, gehen sie wieder zum Manchester-Kapitalismus über. Siehe China.Beschrieben wird eine weltweite (neo-)stalinistische Herrschaft ansatzweise in dem Roman SCHADRACH IM FEUEROFEN von Robert Silverberg, wo sich der Diktator als Nachfolger von Dschinghis Khan und Mao sieht.7. Fast hätte ich den religiösen Fundamentalismus vergessen. Der ist in keiner Weise auf die islamische Welt beschränkt, sondern macht sich - ausgehend von den USA - auch in der westlichen Welt breit. Aus den Reihen der CSU kamen schon mal Forderungen nach drei Jahren Gefängnis für "Gotteslästerung" und man darf gespannt sein, wass sich die Alpen-Hizbollah noch alles einfallen lässt, wenn solche Ideen salonfähig werden. Selbstverständlich beherzigen gerade im Westen die Urheber der neuen Innerlichkeit den Spruch "Religion ist Opium fürs Volk" und glauben selbst nicht an das, was sie da predigen.8. Angst vor einer Alien-Invasion habe ich keine. Ich würde mit Begeisterung ein Bettlaken zur weißen Flagge umfunktionieren und froh sein, wenn sich irgendwelche Außerirdischer uns erbarmen und uns von unseren unfähigen und verbrecherischen Eliten befreien. Nach den Ängsten nun der Umgang mit ihr in der Science Fiction.In der Science Fiction gibt es zahlreiche Szenarion einer dystopischen "nahen Zukunft" bzw. 21. Jahrhunderts. Die Variante "es wird immer so weiter gehen" hat schon George Orwell in 1984 trefflich beschrieben. Er lässt den Geheimpolizisten sagen, die Zukunft sei wie ein Stiefel, der dem Menschen immer und immer wieder ins Gesicht getreten wird. :lol: Doch es gibt auch Auswege aus dem Globalen Irrenhaus.1. KriegKrieg als Mittel, um eine nicht lebenswerte Gesellschaftsformation loszuwerden, ist menschenverachtend. Doch es kommt noch besser: der Krieg, der als Machtspiel der Herrschenden begonnen hat, muss so eskalieren - und damit noch mehr Zerstörung, Leid und Tote bringen - dass ihm auch die Herrschenden zum Opfer fallen. Hat es in der Realität aber schon mehrmals gegeben: die Franzosen wurden ihren Operettenkaiser Napoleon III., die Deutschen ihren Kaiser Wilhelm II. und die Russen den Zaren jeweils durch verlorene Kriege los. Auch in der SF fungieren Kriege als Ausgangspunkt für Neues, Besseres. Das beginnt mit dem in den 1930ern entstandenen Film "Things to come" (deutsch: "Eine Zeit wird kommen"). In diesem Film wird der damals schon erahnte Zweite Weltkrieg zu einem Jahrzehnte dauerndem und die ganze Welt erfassenden Gemetzel. Schließlich weiß niemand mehr, warum er begonnen hat. Alle Städte liegen in Trümmern und ein Haudrauf versucht in seiner Region nach Art eines mittelalterlichen Fürsten Ordnung zu schaffen. Er verliert Leben und Macht an einen "Bund der Piloten", der von Bagdad (!) aus eine neue Weltordnugn aufbaut, die ungeachtet aller Konflikte besser als das davor ist.Wie viele der zahlreichen Fans von "Star Trek" haben eigentlich darüber nachgedacht, dass Ausgangspunkt ihrer menschenfreundlichen, technokratischen Welt der Dritte Weltkrieg mit 600 Millionen Toten ist? So habe ich es im dem Spielfilem "Der erste Kontakt" um Zefren Cochrane verstanden. Der Krieg hat die alte, schlechte Ordnung vernichtet und mit Hilfe der Vulkanier können die Menschen nun etwas Besseres aufbauen.Insgesamt mag ich trotzdem nicht auf Krieg als Lösung der Probleme des 21. Jahrhunderts hoffen. Ich habe zwar weder einen Bausparvertrag, der dann obsolet würde, noch Kinder, die ich einer tödlichen Gefahr aussetze, aber von ethsichen Problemen abesehen könnte es sein, dass nicht einmal der Weltuntergang eine Lösung ist. So wird in dem Roman DIE LIEBENDEN von Philipp José Farmer die Menschheit durch Biowaffen bis auf klägliche Reste ausgerottet. Aus Sicht absolut menschenverachtender Zyniker also ideale Bedingungen für einen Neuanfang. Doch die Überlebenden fallen auf die Demagogie eines Isaak Sigmen herein, der auf großen Teilen der Erde ein System errichtet, dass wie eine Mischung aus Hitlers Deutschland und Chomeinis Iran ist. Wer keine Kinder bekommt, riskiert die Todesstrafe und die Bevölkerung ist wieder auf viele Milliarden angewachsen.Bleibt als nächste Lösung:2. Das WunderDamit sind wir beim Roman QUAL von Greg Egan. Er setzt das dystopische 21. Jahrhundert bis 2050 fort, doch dann wird die ultimate und absolute Beschreibung des Universums entwickelt. Die von den Physikern schon lange gesuchte "Weltformel" ist nicht nur ein bloßes Gedankenkonstrukt. Da qua Quantentheorie die Welt ohne Gedanken nicht existiert, verändert der absolut zutreffende Gedanke - die Weltformel - die Welt. Danach gibt es Raumfahrt, Kontakt zu Außerirdischen und viele Dogmen kapitalistischer Wirtschaft werden als Unsinn entlarvt.3. EvolutionEigentlich das zugleich Realistische und Wünschenswerteste. Die globale Malaise wird durch schrittweise Weiterentlicklung überwunden. Die westliche Welt geht nach dem Bankrott so ziemliche aller Ideologien einschließlich des Liberalismus zu technokratischen Systemen über, wie sie massenhaft in der SF beschrieben werden. Inder und Chinesen führen den Wohlfahrtsstaat ein etc. Im Idealfall geht alles friedlich und im Rahmen legitimierter Entscheidungsprozesse, aber selbst Revolutionen sind nur unruhige Meilensteine eines evolutiven Prozesses.Dummerweise kann ich in der aktuellen Science Fiction kein Beispiel nennen, wo so eine Entwicklung geschildert wird.

#2 Tarantoga

Tarantoga

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Geschrieben 05 September 2006 - 13:04

Hallo Beverly.Ich würde dir ja gern was Aufbauendes schreiben, nur leider sehe ich es im Kern genau wie du. Allerdings dürfen wir nie vergessen das unsere Perspektive völlig verschoben ist.Es ist Fakt UNSERE Welt ( der Westen ) geht grade zugrunde.Das Gesellschaftsmodell hat versagt, die Tatsache dass die Stammbevölkerungen kaum noch Kinder in die Welt setzen wollen beweist es.Das Wirschaftsmodell hat ebenfalls versagt, die um sich greifende Armut beweist das, ebendso die Tatsache das eine Ausweitung unserer Lebensstiles auf die ganze Welt den Planeten innerhalb von wenige Jahren zerstören würde.Das schliesst auch aus das sich plötzlich alle ganz doll lieb haben und der Frieden ausbricht.Das könnte höchstens passieren wenn irgendwas ganz Einschneidendes passiert, z.B. der Kontakt mit freundlichen Ausseriridischen oder auch das jemand einen kalte Fusionsreaktor für zu Hause bastelt und so das Energie- (und damit das Ressourcenproblem) lösen würde.Das ist hier zwar ein SCIFI Forum, aber ich denke mal dass weder das Eine noch das Andere geschen wird.Zurzeit wird einfach deutlich, das wir eigentlich immer noch eine Art nackter Affen sind, die für das Leben in der Welt die sich sich selber geschaffen haben eigentlich nicht gemacht sind.Vermutlich geht die Welt nicht unter, mit Sicherheit aber Deutschland.Mein Bild von der Zukunft in Deutschland :Die Überwachung greift in allen Lebensbereichen immer mehr um sich.Das ist ja schon heute so, bei uns im Hallenbad hängen bereits Kameras in der Umkleide ( kein Scherz )).Kopien oder auch nur Mitschnitte von Filmen oder Musik wird es dank DRM nicht mehr geben, kritische Berichte dank derselben Mittel auch nicht mehr.Immer mehr Menschen können sich Nahrung, Wohung oder medizinische Versorgung nicht mehr leisten.Die richtigen Arbeitsplätze werden durch Hartz 4 Sklaven ersetzt, die für einen Euro arbeiten, die Hetze gegen Arbeitslos wird weiter verstärkt.Infolge der wachsenden Staatsverschuldung gehen Schulen, Strassen und Gesundheitssystem entgültig vor die Hunde.Irgendwann wird das Vermögen der Bundesbürger beschlagnahmt ( wie schon in Argentinen , Zu diesem Zweck wurde bereits das gläseren Bankkonto eingeführt ) .Die Leute die können wandern aus, zurück bleiben arme Alte und eine wachsende Anzahl völlig unintegrierter moslemischer Neubürger, was recht bald zu bürgerkriegsähnliche Zuständen führen wird.Aufgrund der demographischen Entwicklung wird Deutschland dann recht bald ein moslemischer Staat (vermutlich noch vor Mitte des Jahrhunderts) und verschwindet entgültig aus er Geschichte.Das ist auch so ein Thema.Die Tatsche das die Deutschen kaum noch Kinder bekommen zeigt sehr deutlich wie viele Menschen hier keinerlei Perspektive sehen.Du bist also nicht allein.

#3 Gast_Jorge_*

Gast_Jorge_*
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Geschrieben 05 September 2006 - 13:17

Oh Mann, da haben sich zwei gesucht und gefunden... :P

#4 Ulrich

Ulrich

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Geschrieben 05 September 2006 - 13:45

2020 bis 2030 steht uns die SINGULARITÄT bevor, d.h. die Abschaffung der Spezies MENSCH. Ein Projekt, an dem alle Posthumanisten voller Eifer arbeiten. Der letzte Rest des Homo Sapiens wird dann sein Leben im Schlamm verbringen, während über ihm die total geniale oder total schwachsinnige KI herumtobt. :P Schon komisch, warum man sich selbst überflüssig machen will. Oder warum man Nanomaschinen bauen will, die sich selbst reproduzieren und alles auffressen. Alles ohne Sinn und Verstand.

#5 Diboo

Diboo

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Geschrieben 05 September 2006 - 13:53

Oh Mann, da haben sich zwei gesucht und gefunden... :P

Da sagste mal was.

"Alles, was es wert ist, getan zu werden, ist es auch wert, für Geld getan zu werden."
(13. Erwerbsregel)

"Anyone who doesn't fight for his own self-interest has volunteered to fight for someone else's."
(The Cynic's book of wisdom)

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#6 deval

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Geschrieben 05 September 2006 - 15:24

Oh Mann, da haben sich zwei gesucht und gefunden... :P

Da unterschreibe ich doch glatt. Bei so einem fatalistischen Weltbild ist Selbstmord der einzige Ausweg. Ein Segen haben sich meine Eltern und Großeltern nach dem Krieg am Riemen gerissen und in die Hände gespuckt. Aber so etwas scheint heutzutage völlig aus der Mode gekommen zu sein.

"Dein Wort ist meines Fusses Leuchte und ein Licht auf meinem Weg."
Psalm 119, 105

 

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#7 Beverly

Beverly

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Geschrieben 05 September 2006 - 17:48

Ich bin selbst lieber Optimistin als Pessimistin, nur fällt der Optimismus schwer, wenn vom harten Kern dieser Fraktion keine Überzeugenden Argumente kommen. Wenn Tarantoga keine Lösungen anzubieten hat, wie wäre es, wenn ihr euch die Mühe macht, anstatt nur gegen ihn und mich zu polemisieren? @vallenton, wenn du schreibst: "Ein Segen haben sich meine Eltern und Großeltern nach dem Krieg am Riemen gerissen und in die Hände gespuckt." dann muss dir klar sein, dass sie das auch deshalb konnte, weil im Krieg sie einengende Strulturen untergegangen sind. Damit sind wir bei der Lösung "Krieg", wie ich sie in meinem Eröffnungspost unter Bezug auf die Spielfilme "Things to come" und "Der erste Kontakt" ohne irgendwelche Begeisterung skizziert habe.

(...)Das schliesst auch aus das sich plötzlich alle ganz doll lieb haben und der Frieden ausbricht. Das könnte höchstens passieren wenn irgendwas ganz Einschneidendes passiert, z.B. der Kontakt mit freundlichen Ausseriridischen oder auch das jemand einen kalte Fusionsreaktor für zu Hause bastelt und so das Energie- (und damit das Ressourcenproblem) lösen würde.

Das wäre also Lösung 1: Das Wunder, wobei ich auch die kleine Hoffnung habe, dass irgendein Durchbruch in Technik und Wissenschaft die Entwicklung in eine andere, unvorhergesehene Richtung kickt. Mein derzeitiger Hoffnungsträger ist die Suche nach extrasolaren Planeten, bei der hoffentlich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten erdähnliche Welten gefunden werden. Die sind vielleicht endlich das lohnende Ziel, was der Raumfahrt neue Impulse gibt. Über deren Spin offs ließe sich auch eine totgesagte Gesellschaft wie unsere wieder beleben.

#8 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 05 September 2006 - 22:51

Ich glaube wie vallenton, Jorge u.a. oben auch nicht dass wir am Rande des Abgrundes stehen. Da ging es vor ca. 20 Jahren noch ganz anders zu, und uns allen geht es heute vergleichsweise gut (wenn das evtl. auch nicht lange so bleiben wird). Dass uns ein Umverteilungsschock innerhalb 10-20 Jahren ansteht, denke ich zwar auch, aber ich glaube an die Wandlungsfähigkeit des demokratischen Systems, auch wenn das in der BRD doch etwas ausgehebelt wurde (m.E. stehen da die USA besser da). Die Frage ist ob, wie Emmanuel Todd aus reiner Trendanalyse behauptete, die USA zusammen klappen werden in den nächsten Jahren; ich hoffe nicht...

Womit wir zum eigentlichen Thema kämen:

    [*]Ich denke die USA könnten Vernunft annehmen, ihre Raffgier-Außenpolitik zügeln und sich wesentlich mehr aus der Welt zurück ziehen, und sich auf ihre eigenen Probleme konzentrieren (z.B. wieder mehr lokale Produktion betreiben, und den Lebensstandard der Mittelschicht verbessern).
    [*]Sollte es einen größeren ökonomischen Schock geben, kann ich mir vorstellen, dass sich bisherige "Großmächte" allgemein schneckenartig etwas zurück ziehen. Nationen/Staatsreligionen würden zeitweilig wieder wichtiger; autokratische Systeme, also Juntas, Könige usw. ("Adel" allgemein), könnten wieder aufblühen. Mehr Kleinkriege könnten ausbrechen, hoffentlich ohne Kernwaffeneinsatz...
    [*]Größere Migrationen könnten stattfinden. Länder die darauf eingestellt sind, könnten davon profitieren, andere werden ihre Schotten dicht machen.
    [*]Ich kann mir vorstellen, dass Indien, Afrika und evtl. China in Zukunft eine wesentlichere Rolle in der Weltpolitik spielen werden. Wenn z.B. Afrika es auch nur zur Hälfte der über 50 Nationen dort schafft sich von externen Zulieferungen/Ausbeutungen mehr zu emanzipieren, könnte es sein dass es in 10-20 Jahren danach ganz anders aussieht.
    [*]Ich kann mir vorstellen, dass Anarchie in ihrem ursprünglichen gewaltlosen Sinne an der ein oder anderen Stelle des Globus mal endlich zur Geltung kommt. Auch wird es sicher die ein oder andere Zurück-zur-technologielosen-Natur-Bewegung geben.
    [/list]Im G&G kann ich mir vorstellen dass wir im Westen in 20 Jahren weniger frei sein werden als heute. U.a. werden die Unfreiheiten, die wir anderen aufobtruiert haben, auf uns teilweise zurückfallen.

    Übrigens ist die Mars-Trilogie von Robinson im weiteren Sinne eine Antwort auf die Frage dieses Threads. Der Autor hat zumindest an einer Stelle großes Vertrauen in den ein oder anderen "transnationalen" Großkonzern; dieses Vertrauen teile ich nicht. Aber dass Menschen irgendwo auf der Erde eine neue Gemeinschaft (evtl. eine virtuelle?) bilden mit einer ähnlich fortschrittlichen Verfassung wie bei Robinson, und dass diese dann "fort schreiten", kann ich mir schon vorstellen. Er erinnert in der Trilogie ja auch daran, dass uns noch die ein oder andere Umwälzung anhand einer großen technischen Neuerung ansteht (bei ihm u.a. Langlebigkeit), die alles "umprogrammiert", ähnlich wie z.B. u.a. das Internet das in den letzten 2 Jahrzehnten getan hat.

    Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 05 September 2006 - 23:07.

/KB

Yay! SF-Dialog Ende März...
Senator: Und dies ist nun die Epoche der Laser?

Farmer: [..] Die Anzahl der Menschen auf der Erde, die voller Hass/Frustration/Gewalt sind, ist zuletzt furchterregend schnell gewachsen. Dazu kommt die riesige Gefahr, dass das hier in die Hände nur einer Gruppierung oder Nation fällt... (Schulterzucken.) Das hier ist zuviel Macht für eine Person oder Gruppe, in der Hoffnung dass sie vernünftig damit umgehen. Ich durfte nicht warten. Darum hab ich es jetzt in die Welt verstreut und kündige es so breit wie möglich an.

Senator: (erblasst, stockt) Wir werden das nicht überleben.

Farmer: Ich hoffe Sie irren sich, Senator! Ich hatte eben nur eine Sache sicher kapiert - dass wir weniger Chancen dazu morgen haben würden als heute.

(Leiter eines US-Congress-Kommittees vs. Erfinder des effektivsten Handlasers, den es je gab, grob übersetzt aus der 1. KG aus Best of Frank Herbert 1965-1970, im Sphere-Verlag, Sn. 38 & 39, by Herbert sr.)


#9 Axel

Axel

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Geschrieben 05 September 2006 - 23:54

Ein entscheidender Faktor in den ökonomischen, ökologischen, kulturellen und politischen Entwicklungen der nächsten Jahre ist die Möglichkeit einer Singularität. Wenn bzw. solange es zu keiner Singularität kommt wird sich alles auf "gewohnte" Weise weiterentwickeln. Genau heißt das, dass Angebot und Nachfrage die Witschaft bestimmen werden, das Ökosystem weiter zerstört wird und so weiter. Sobald bzw. wenn es zu einer Singularität kommt sieht das ganze anders aus. Das einzige das dabei gesichert ist ist ein Zusammenbruch/radikaler Wandel der Weltwitschaft. Das dürfte der Natur zunächst nicht allzu gut bekommen. Wie es im Kulturellen und Politschen aussehen wird steht völlig in den Sternen.
Die Zukunft hat begonnen, wenn Geräte intelligent genug sind, um die Dummheit ihrer Nutzer auszugleichen.
Mein Blog (Meine Meinungen über Bücher, Filme und dergleichen)

#10 Diboo

Diboo

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Geschrieben 06 September 2006 - 08:07

Ich bin selbst lieber Optimistin als Pessimistin, nur fällt der Optimismus schwer, wenn vom harten Kern dieser Fraktion keine Überzeugenden Argumente kommen. Wenn Tarantoga keine Lösungen anzubieten hat, wie wäre es, wenn ihr euch die Mühe macht, anstatt nur gegen ihn und mich zu polemisieren?

Möglicherweise halten wir Deine Problemanalyse für Humbug.

"Alles, was es wert ist, getan zu werden, ist es auch wert, für Geld getan zu werden."
(13. Erwerbsregel)

"Anyone who doesn't fight for his own self-interest has volunteered to fight for someone else's."
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#11 Beverly

Beverly

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Geschrieben 06 September 2006 - 09:01

Ich glaube wie vallenton, Jorge u.a. oben auch nicht dass wir am Rande des Abgrundes stehen. Da ging es vor ca. 20 Jahren noch ganz anders zu, und uns allen geht es heute vergleichsweise gut (wenn das evtl. auch nicht lange so bleiben wird). Dass uns ein Umverteilungsschock innerhalb 10-20 Jahren ansteht, denke ich zwar auch, aber ich glaube an die Wandlungsfähigkeit des demokratischen Systems, auch wenn das in der BRD doch etwas ausgehebelt wurde (m.E. stehen da die USA besser da). Die Frage ist ob, wie Emmanuel Todd aus reiner Trendanalyse behauptete, die USA zusammen klappen werden in den nächsten Jahren; ich hoffe nicht...

Womit wir zum eigentlichen Thema kämen:


    [*]Ich denke die USA könnten Vernunft annehmen, ihre Raffgier-Außenpolitik zügeln und sich wesentlich mehr aus der Welt zurück ziehen, und sich auf ihre eigenen Probleme konzentrieren (z.B. wieder mehr lokale Produktion betreiben, und den Lebensstandard der Mittelschicht verbessern).
    [*]Sollte es einen größeren ökonomischen Schock geben, kann ich mir vorstellen, dass sich bisherige "Großmächte" allgemein schneckenartig etwas zurück ziehen. Nationen/Staatsreligionen würden zeitweilig wieder wichtiger; autokratische Systeme, also Juntas, Könige usw. ("Adel" allgemein), könnten wieder aufblühen. Mehr Kleinkriege könnten ausbrechen, hoffentlich ohne Kernwaffeneinsatz...
    [*]Größere Migrationen könnten stattfinden. Länder die darauf eingestellt sind, könnten davon profitieren, andere werden ihre Schotten dicht machen.
    [*]Ich kann mir vorstellen, dass Indien, Afrika und evtl. China in Zukunft eine wesentlichere Rolle in der Weltpolitik spielen werden. Wenn z.B. Afrika es auch nur zur Hälfte der über 50 Nationen dort schafft sich von externen Zulieferungen/Ausbeutungen mehr zu emanzipieren, könnte es sein dass es in 10-20 Jahren danach ganz anders aussieht.
    [*]Ich kann mir vorstellen, dass Anarchie in ihrem ursprünglichen gewaltlosen Sinne an der ein oder anderen Stelle des Globus mal endlich zur Geltung kommt. Auch wird es sicher die ein oder andere Zurück-zur-technologielosen-Natur-Bewegung geben.
    [/list]Im G&G kann ich mir vorstellen dass wir im Westen in 20 Jahren weniger frei sein werden als heute. U.a. werden die Unfreiheiten, die wir anderen aufobtruiert haben, auf uns teilweise zurückfallen.

@yip,

im Grunde widersprichst du dir selbst. Du schreibst sinngemäß "die Welt wird nicht untergehen"und entwirfst dann ein veritables Untergangsszenario. Es ist nicht die finale Katastrophe, eher ein Untergang in der Art der Salami-Taktik. Stück für Stück immer weniger Freiheit, immer weniger Wohlstand, immer mehr Krisen, noch mehr Steinzeit-Kapitalismus (denn anderes praktizieren Indien und China) nicht, noch mehr Perspektivlosigkeit ... dabei übersiehst du, dass für viele Menschen die Grenze des Zumutbaren erreicht ist. Sollen diese Menschen, denen es NOCH gut geht, aber die den Absturz in Verlust des Arbeitsplatzes, Verlust der Wohnung, dank Gesundheits"reform" möglichen Verlustes der Krankenversicherung vor Augen haben, allen Ernstes hoffen, dass die politisch und wirtschaftlich Verantwortlichen für ihre Misere "die Probleme lösen", damit auch in den nächsten 20 Jahren Bettler und Obdachlose eine gar treffliche "Verschönerung" selbst deutscher Provinzstädte sein können? Du schreibst, die USA sollen den Lebensstandard der Mittelschichten heben? Warum nicht auch den der Unterschichten, also aller Menschen?

Übrigens ist die Mars-Trilogie von Robinson im weiteren Sinne eine Antwort auf die Frage dieses Threads. Der Autor hat zumindest an einer Stelle großes Vertrauen in den ein oder anderen "transnationalen" Großkonzern; dieses Vertrauen teile ich nicht. Aber dass Menschen irgendwo auf der Erde eine neue Gemeinschaft (evtl. eine virtuelle?) bilden mit einer ähnlich fortschrittlichen Verfassung wie bei Robinson, und dass diese dann "fort schreiten", kann ich mir schon vorstellen. Er erinnert in der Trilogie ja auch daran, dass uns noch die ein oder andere Umwälzung anhand einer großen technischen Neuerung ansteht (bei ihm u.a. Langlebigkeit), die alles "umprogrammiert", ähnlich wie z.B. u.a. das Internet das in den letzten 2 Jahrzehnten getan hat.

Da wird uns wieder mal eine schöne Zukunft versprochen, wenn wir in der Gegenwart brav leiden und uns für die grenzdebilen Projekte von Politikern, Pfaffen und Wirtschaftsbossen verheizen lassen. Sorry für den Zynismus, aber das fangen Menschen, die in der Gegenwart leben, mit dem Leben an, wenn es das lebenswert immer nur in der Zukunft gibt.
Dieses Trick mit dem Esel Mensch, dem die Mohrrübe an der Stange vorgehalten wird, hat das Christentum erfunden - irdisches Jammertal, schönes Leben im Jenseits -, Kommunisten und Kapitalisten haben es dann übernommen und den Menschen glauben gemacht, sie müssten für eine bessere Zukunft Entbehrungen ertragen. Nur kam diese bessere Zukunft dann nie, weil es ja wieder den nächsten Umbruch, die nächste Herausforderung, die nächste Krise gab und sich die Menschen abhetzten wie auf einer Rolltreppe, die verkehrt herum eingestellt ist.Wenn es eine bessere Zukunft gibt, dann beginnt sie JETZT und hat eigentlich schon begonnen. Nur sehe ich dafür so gut wie kein Anzeichen. Die von mir schon erwähnte Suche nach extrasolaren Planeten ist fast das Einzige, was futuristisch ist und hoffnungsfroh stimmt. Daneben noch die Christopher Street Day-Umzüge, die sollten öfters und überall auf der Welt stattfinden, dann wäre die Stimmung nicht so mies.

Bearbeitet von Beverly, 06 September 2006 - 09:03.


#12 Tarantoga

Tarantoga

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Geschrieben 06 September 2006 - 09:06

Das wäre also Lösung 1: Das Wunder, wobei ich auch die kleine Hoffnung habe, dass irgendein Durchbruch in Technik und Wissenschaft die Entwicklung in eine andere, unvorhergesehene Richtung kickt. Mein derzeitiger Hoffnungsträger ist die Suche nach extrasolaren Planeten, bei der hoffentlich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten erdähnliche Welten gefunden werden. Die sind vielleicht endlich das lohnende Ziel, was der Raumfahrt neue Impulse gibt. Über deren Spin offs ließe sich auch eine totgesagte Gesellschaft wie unsere wieder beleben.

Naja, das setzt aber wieder ein " Wunder" in technologischer Hinsicht vorraus. Wennes gelingt einen brauchbaren Antrieb für Raumschiffe zu entwicklen der eben nicht irrwitzige Mengen von Treibstoff benötigt wie die Rakten heute, dann hätte Raumfahr wirklich eine große Zukunft. In etwa so wie die Shuttels in ST . Etwas das einen in einer Stunde zum Mond und in einem Tag zum Mars bringen kann. Man soll ja niemals nie sagen, aber so was ist auf absehbare Zeit nicht in Sicht. Man soll ja wirklich nicht immer nur schwarz sehen, es gibt ja in der Tat auch viel Gutes heutzutage. Z.B werden die Menschen so alt wie nie zuvor, so schlecht können die Bedingungen also nicht sein. Ausserdem gibts inzwischen mehr Leute die zu fett als Menschen die unterernährt sind. Ist nicht unbedingt was Gutes, beweist aber das wir genügend Lebensmittel produzieren können. Was die Umweltzerstörung angeht : Zumindest hier in Ostdeutschland hat sich der Zustand der Umwelt dramatisch verbessert, viel können sich gar nicht vorstellen wie es vor derWende ausgesehen hat. Das Hauptproblem ist ein gesellschaftliches und genau da bezweifele ich, das eine Änderung möglich ist. Es gibt ja nicht mal eine Vorstellung wie das "Danach" aussehen soll . Die Idee vom Kommunismus ist zwar symphatisch, aber dieses Modell funktioniert nun mal nicht. Vieleicht hat Herbert ja recht und die natürliche Ordung für den Menschen ist der Feudalismus ?

#13 Beverly

Beverly

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Geschrieben 06 September 2006 - 09:07

Ich bin selbst lieber Optimistin als Pessimistin, nur fällt der Optimismus schwer, wenn vom harten Kern dieser Fraktion keine Überzeugenden Argumente kommen. Wenn Tarantoga keine Lösungen anzubieten hat, wie wäre es, wenn ihr euch die Mühe macht, anstatt nur gegen ihn und mich zu polemisieren?

Möglicherweise halten wir Deine Problemanalyse für Humbug.

Möglicherweise kannst du nicht über deinen ideologischen Tellerrand gucken.

#14 Beverly

Beverly

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Geschrieben 06 September 2006 - 09:26

Ein entscheidender Faktor in den ökonomischen, ökologischen, kulturellen und politischen Entwicklungen der nächsten Jahre ist die Möglichkeit einer Singularität. Wenn bzw. solange es zu keiner Singularität kommt wird sich alles auf "gewohnte" Weise weiterentwickeln. Genau heißt das, dass Angebot und Nachfrage die Witschaft bestimmen werden, das Ökosystem weiter zerstört wird und so weiter. Sobald bzw. wenn es zu einer Singularität kommt sieht das ganze anders aus. Das einzige das dabei gesichert ist ist ein Zusammenbruch/radikaler Wandel der Weltwitschaft. Das dürfte der Natur zunächst nicht allzu gut bekommen. Wie es im Kulturellen und Politschen aussehen wird steht völlig in den Sternen.

Damit sind wir wieder bei der Lösung "Wunder" und vielleicht brauchen wir auch eines. Aus der Mathematik kenne ich Singularität als den Punkt, wo in einer Kurve der Form 1/x x=0 ist. Dann ist die Kurve unendlich hoch, weil 1 durch 0 unendlich ist bzw. Teilen duch 0 nicht möglich ist. Ganz allgemein kann man aus dem mathematischen Beispiel ableiten, dass Trends und Prozesse einen Punkt erreichen, an dem sie nicht weiter ausgeführt werden können. Die Kurve 1/x kann bei x=0 nicht mehr dargestellt werden, ein kollabierender Stern kann nur bis zu einem Punkt schrumpfen, aber nicht weiter. Auf globale Trends übertragen bedeutet das, dass diese Trends Punkte erreichen, wo sie nicht weiter ausgeführt werden können. Da ich die meisten dominierenden Trends für schädlich halte, würde eine Singularität immerhin die Chance auf etwas Neues, Anderes, Besseres eröffnen.

#15 yiyippeeyippeeyay

yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 06 September 2006 - 09:29

Hallo BeverlyDein erster Post oben und deine Replik auf meinen sind eher Polemiken. Evtl. solltest du mal andeuten ob du hier ernsthaft deine Frage diskutieren willst; nur dann möchte ich es auch. Ich widerspreche mir nicht - ich meine nur es wird überall schwerer, und wir (Europäer) müssen wohl Einbußen hin nehmen. Natürlich meine ich nicht einige mehr als Andere (auch nicht in den USA), sondern IM SCHNITT. Meine Punkte sollten Möglichkeiten sein, die politische und ökonomische Entwicklung betreffend. Wenn es also der Mittelschicht besser geht, soll es damit nach meinem Wunsch auch den weniger bemittelten Schichten besser gehen; z.B. würde das in der BRD evtl. mal endlich zur Festlegung eines Mindestlohns führen.Deine Beschreibung der kommenden relativen Armut in der BRD ist natürlich nicht das was ich mir für die BRD wünsche, aber den Zustand der Deutschen IM SCHNITT als Grund zu nennen, warum jetzt unbedingt etwas unternommen werden muss, finde ich etwas kurzsichtig. In anderen Ländern geht es den meisten Menschen wesentlich schlechter als unseren Armen/Arbeitslosen - eine große Welle die es gilt kleiner zu machen, in dem man sich die Situation vor Ort ansieht und zum Besseren verhilft; eine der einfachsten Schritte ist dass wir (Europäer) aufhören diese Menschen wirtschaftlich aus zu beuten. Wenn ich mich (in Berlin) umsehe, geht es meistens "Fremden" (z.B. Geduldeten) am dreckigsten; wenn ich lokal tätig werde, dann erstmal für solche Menschen. Viele Deutsche, die gerade Probleme mit Arbeit und Staat haben, klagen m.E. auf relativ hohem Niveau.

Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 06 September 2006 - 14:48.

/KB

Yay! SF-Dialog Ende März...
Senator: Und dies ist nun die Epoche der Laser?

Farmer: [..] Die Anzahl der Menschen auf der Erde, die voller Hass/Frustration/Gewalt sind, ist zuletzt furchterregend schnell gewachsen. Dazu kommt die riesige Gefahr, dass das hier in die Hände nur einer Gruppierung oder Nation fällt... (Schulterzucken.) Das hier ist zuviel Macht für eine Person oder Gruppe, in der Hoffnung dass sie vernünftig damit umgehen. Ich durfte nicht warten. Darum hab ich es jetzt in die Welt verstreut und kündige es so breit wie möglich an.

Senator: (erblasst, stockt) Wir werden das nicht überleben.

Farmer: Ich hoffe Sie irren sich, Senator! Ich hatte eben nur eine Sache sicher kapiert - dass wir weniger Chancen dazu morgen haben würden als heute.

(Leiter eines US-Congress-Kommittees vs. Erfinder des effektivsten Handlasers, den es je gab, grob übersetzt aus der 1. KG aus Best of Frank Herbert 1965-1970, im Sphere-Verlag, Sn. 38 & 39, by Herbert sr.)


#16 Beverly

Beverly

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Geschrieben 06 September 2006 - 09:44

Das wäre also Lösung 1: Das Wunder, wobei ich auch die kleine Hoffnung habe, dass irgendein Durchbruch in Technik und Wissenschaft die Entwicklung in eine andere, unvorhergesehene Richtung kickt. Mein derzeitiger Hoffnungsträger ist die Suche nach extrasolaren Planeten, bei der hoffentlich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten erdähnliche Welten gefunden werden. Die sind vielleicht endlich das lohnende Ziel, was der Raumfahrt neue Impulse gibt. Über deren Spin offs ließe sich auch eine totgesagte Gesellschaft wie unsere wieder beleben.

Naja, das setzt aber wieder ein " Wunder" in technologischer Hinsicht vorraus. Wennes gelingt einen brauchbaren Antrieb für Raumschiffe zu entwicklen der eben nicht irrwitzige Mengen von Treibstoff benötigt wie die Rakten heute, dann hätte Raumfahr wirklich eine große Zukunft. In etwa so wie die Shuttels in ST . Etwas das einen in einer Stunde zum Mond und in einem Tag zum Mars bringen kann. Man soll ja niemals nie sagen, aber so was ist auf absehbare Zeit nicht in Sicht. Man soll ja wirklich nicht immer nur schwarz sehen, es gibt ja in der Tat auch viel Gutes heutzutage. Z.B werden die Menschen so alt wie nie zuvor, so schlecht können die Bedingungen also nicht sein. Ausserdem gibts inzwischen mehr Leute die zu fett als Menschen die unterernährt sind. Ist nicht unbedingt was Gutes, beweist aber das wir genügend Lebensmittel produzieren können. Was die Umweltzerstörung angeht : Zumindest hier in Ostdeutschland hat sich der Zustand der Umwelt dramatisch verbessert, viel können sich gar nicht vorstellen wie es vor derWende ausgesehen hat. Das Hauptproblem ist ein gesellschaftliches und genau da bezweifele ich, das eine Änderung möglich ist. Es gibt ja nicht mal eine Vorstellung wie das "Danach" aussehen soll . Die Idee vom Kommunismus ist zwar symphatisch, aber dieses Modell funktioniert nun mal nicht. Vieleicht hat Herbert ja recht und die natürliche Ordung für den Menschen ist der Feudalismus ?

@Tarantoga, natürlich geht es uns materiell besser als den Menschen in früheren Epochen. Sogar vielen Menschen in Schwellenländern geht es besser als ihren Vorfahren. Aber das große Problem gerade der Postmoderne ist SINNLOSIGKEIT. Diese Sinnfrage hatten die Menschen früher nicht, weil sie zu sehr mit dem Kampf ums Überleben beschäftigt waren und sich vor Hungersnöten, Seuchen und dem Zorn Gottes fürchteten. Die Antwort auf die Sinnfrage kann nur in Herausforderungen liegen, welche auch zu den Menschen und sie auslasten. Deswegen müsste u. a. schon deshalb Raumfahrt betrieben werden, um solche Herausforderungen zu bieten und by the way Menschen auch über ideologische Tellerränder zusammen zu führen. So wahren und sind mir die ideologischen Orientierungen derjenigen, die sich für Raumfahrt begeistern und sie fördern, weitgehend egal. Von Kommunisten bis Kapitalisten war und ist eh alles darunter. Zum Feudalismus: ich bezweifle, dass der eine "natürliche Ordnung" ist oder dass es sowas überhaupt gibt. Nur wurden im Mittelalter wirtschaftliche Dinge vielleicht rationaler organisiert als in Endzeit-Kapitalismus. Wenn Menschen zu Fronarbeit gezwungen wurden, diente das der Ausbeutung. Bei Hartz IV dient es v. a. der Bevormundung und Demütigung (ökonomisch sinnlose Tätigkeiten, keine regulären, tarifvertraglichen Arbeitsverhältnisse). Im Mittelalter konnte den Menschen nach Missernten das Getreide ausgehen und es gab Chaos, weil jede Gebietskörperschaft ihr eigenes Geld hatte. Aber mit dem Satz "es ist kein Geld da" an sich reiche und potente Wirtschaften zu strangulieren und zu Tauschzwecken entwickelte Metallscheibchen und Papierschnipsel zu einer kostbaren Naturressource zu erklären - für so viel Dummheit muss man schon Wirtschaftswissenschaften studiert haben.

#17 Diboo

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Geschrieben 06 September 2006 - 09:44

Möglicherweise kannst du nicht über deinen ideologischen Tellerrand gucken.

Während Du diese Fähigkeit schon mehrfach unter Beweis gestellt hast, verstehe. :)

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#18 Beverly

Beverly

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Geschrieben 06 September 2006 - 10:07

Hallo Beverly Dein erster Post oben und deine Replik auf meinen sind eher Polemiken. Evtl. solltest du mal andeuten ob du hier ernsthaft deine Frage diskutieren willst; nur dann möchte ich es auch. Ich widerspreche mir nicht - ich meine nur es wird überall schwerer, und wir (Europäer) müssen wohl Einbußen hin nehmen. Natürlich meine ich nicht einige mehr als Andere (auch nicht in den USA), sondern IM SCHNITT. Meine Punkte sollten Möglichkeiten sein, die politische und ökonomische Entwicklung betreffend. Wenn es also der Mittelschicht besser geht, soll es damit nach meinem Wunsch auch den weniger bemittelten Schichten besser gehen; z.B. würde das in der BRD evtl. mal endlich zur Festlegung eines Mindestlohns führen. Deine Beschreibung der kommenden relativen Armut in der BRD ist natürlich nicht das was ich mir für die BRD wünsche, aber den Zustand der Deutschen IM SCHNITT als Grund zu nennen, warum jetzt unbedingt etwas unternommen werden muss, finde ich etwas kurzsichtig. In anderen Ländern geht es den meisten Menschen wesentlich schlechter als unseren Armen/Arbeitslosen - eine große Welle die es gilt kleiner zu machen, in dem man sich die Situation vor Ort ansieht und zum Besseren verhilft; eine der einfachsten Schritte ist dass wir (europäer) aufhören diese Menschen wirtschaftlich aus zu beuten. Wenn ich mich (in Berlin) umsehe, geht es meistens "Fremden" (z.B. Geduldeten) am dreckigsten; wenn ich lokal tätig werde, dann erstmal für solche Menschen. Viele Deutsche, die gerade Probleme mit Arbeit und Staat haben, klagen m.E. auf relativ hohem Niveau.

Was den Mindestohn angeht, stimme ich dir zu. 8 Euro pro Stunde brutto sind da nicht zu viel. In der BRD sind aus drei Gründen viele Leute, denen es NOCH gut geht, unzufrieden: 1. Es gibt keine "Bestandsgarantie" für die Essentials des Wohlstandes - also eigene Wohnung, Kleidung, Gesundheit, Bildung - sonnerm immer nur neue Diskussionen über noch mehr Kürzen, Streichen, Sparen 2. Der Wohlstand ist immer ungleicher verteilt, was nützt ein hohes Durchschnittseinkommen, wenn es nicht auf dem eigenen Bankkonto ist? 3. Entsetzlicher Bürokratismus z. B. mit Hartz IV, dessen Kernstück eben Ausbau von Bürokratie, Kontrolle, Bevormundung und Verunsicherung der Leistungsempfänger ist. Dabei scheinen Bürokratie und Misswirtschaft auch woanders zuzunehmen.

Möglicherweise kannst du nicht über deinen ideologischen Tellerrand gucken.

Während Du diese Fähigkeit schon mehrfach unter Beweis gestellt hast, verstehe. :)

Ich bezeichne mich zwar manchmal als "Anarchistin", hänge aber keiner eng umrissenen, mit Dogmen versehenen Ideologie an, nicht einmal einer linken. Ich bin allerdings mit dem Zustand der Welt entsetzlich unzufrieden und sehe da nicht einmal im so genannten "Realismus" eine Lösung. Ein sinnvoller Realismus würde darin bestehen, alle Heilslehren zu verwerfen und die Menschen auf ein weitgehend unpolitisches Leben in privaten Nischen zu orientieren. Ideologie wäre dann ebenso Privatsache wie Religion und ob jemand zu Hause Arbeiterlieder oder Chorgesänge abspielt ist seine Sache. Nur sind wir selbst von so einem Realismus Lichtjahre entfernt und was unter dem Label "Realismus" läuft, ist ebenso grottig wie das bei anderer Ideologien.

Bearbeitet von Beverly, 06 September 2006 - 10:06.


#19 Gast_Jorge_*

Gast_Jorge_*
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Geschrieben 06 September 2006 - 10:58

Viele Deutsche, die gerade Probleme mit Arbeit und Staat haben, klagen m.E. auf relativ hohem Niveau.

Jau, da gibt es ein klassisches Zitat aus dem ebenso klassischen Film "Berliner Ballade"(hier wurde der Begriff des "Otto Normalverbraucher" geprägt): "Oh Otto! Ich leide! Ach Otto, wie ich leide! Du hungerst - und ich muß Schweinebraten essen!"

#20 Ulrich

Ulrich

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Geschrieben 06 September 2006 - 12:51

Aus eigener Erfahrung kenne ich genügend Beispiele, dass es einem nicht gut gehen muss in Deutschland und man trotz Leistungsbeweis nicht weiter kommt. Das Jammern kann durchaus auf einem sehr niedrigen Niveau stattfinden. Vielleicht jammern aber nur die, denen es immer noch gut geht. Während alle anderen, die um ihe Zukunft kämpfen, lieber sich anstrengen aus sich was zu machen.Was mich eindeutig ärgert, dass Beziehungen mehr zählen, als Können und Wissen. So mancher sitzt auf mehreren Posten, ohne wirklich Leistung zu erbringen. Vielleicht sollte ich auch mal in die Politik gehen.


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