Die binäre Logik als Irrweg, zwei Geschlechter ein Handicap
#1
Geschrieben 21 September 2006 - 10:02
#2
Geschrieben 21 September 2006 - 10:26
#3
Geschrieben 21 September 2006 - 11:08
Ich wäre da auch ein bisschen vorsichtig, soviel durcheinanderzuwerfen. Erstmal müsste man genaugenommen die Worte "binär" und "Logik" auseinanderklamüsern, zumindest, wenn man Hegel bemüht. Denn Hegels Denken basiert sehr wohl grundsätzlich auf binären Modellen, auf dem Begriffspaar von "Identität" und "Nichtidentität", im Gegensatz zur herkömmlichen Logik postuliert er aber eine fundamentale "Einheit von Identität und Nichtidentität". Ob in dieser Figur jetzt wirklich ein drittes hinzutritt, wie du andeutest, finde ich erst mal zweifelhaft, bin jetzt gerade aber nicht engagiert genug, das rauszufinden ... jedenfalls: Hegel geht von einem binären Modell aus, das "Dritte" ist wenn dann überhaupt sowas wie eine konstitutive Leerstelle und kann nicht einfach auf eine Ebene mit dem Dualismus gestellt werden. Das mag ja spitzfindig sein, aber man kann Hegel schlicht und einfach nicht für eine Theorie des "Sowohl-als-auch" in Beschlag nehmen, weil die Kategorien, die er verwendet, eben genau auf grundlegender Unterscheidung beruhen. Ich würde die Binarität auch nicht im Geschlechterdualismus begründen - oder noch würde ich den Gedanken umdrehen und sagen, dass die Tradition dualistischen Denkens die Verstärkung von Geschlechterdualismen begünstigt. Zuletzt wäre ich auch mit der politischen Dimension vorsichtigt - Kommunismus und Kapitalismus standen sich vielleicht in der Blockkonfrontation als "entweder/oder" gegenüber, dort aber tatsächlich als grundlegend "gleiche", nämlich einfach als zwei politische Machtblöcke (deshalb sprechenen einige Theorien in Bezug auf den Realsozialismus ja auch vom staatsmonopolistischen Kapitalismus, um die grundsätzliche Verwandtschaft zu den kapitalistischen Staaten hervorzuheben und den Unterschied zur kommunistischen Idee). In der politischen Theorie sieht das aber ganz anders aus, da ist der Kommunismus ja gerade nicht einfach "das andere" des Kapitalismus, sondern die dialektische Aufhebung seiner inneren Widersprüche - wenn überhaupt ist der Kommunismus also das "dritte" jenseits des strukturellen Widerspruchs von Arbeit und Kapital (nicht zu verwechseln mit "Arbeitern" und "Kapitalisten"). Die diversen Entwürfe für "Dritte Wege" (die es wie Sand am Meer gab und gibt) sind dagegen meistens eher Versuche gewesen, diesen Widerspruch zu "vermitteln" statt aufzuheben, meistens im Namen irgendeiner ideologischen Größe, zu deren Gunsten sich jetzt mal alle am Riemen reißen und zusammenarbeiten sollten (der Staat, die Nation, die Umwelt ...) Gegen "dritte Wege" sollte man meines Erachtens erst mal misstrauisch sein - nicht zuletzt war der Nationalsozialismus erklärtermaßen ein Modell des "Dritten Weges" zwischen Kapitalismus und Kommunismus. Lieber ist mir da die Sozialdemokratie, sofern sie ganz offen sagt, dass ihr an einer sozial verträglicheren Reform des kapitalistischen Status quo gelegen ist, anstatt irgendein "drittes" zu beschwören, was dann doch meistens nur der ideologischen Einschwörung dient.Nur scheint es so zu sein, dass ab einer bestimmten Entwicklung des Denkens sich die binäre Logik als untauglich erweist. So hat schon Kant nachgewiesen, dass die Welt weder endlich ist - weil es ja auch nach einem "Ende" noch etwas dahinter gibt - noch unendlich - da nichts eine unendliche Welt zusammenhalten kann. Hegel verdanken wir den Dreisatz These-Antithese-Synthese und seit Schrödingers Gedankenexperiment wissen wir, dass eine Katze zugleich tot und lebendig sein kann. Besonders die Quantenphysik mit ihren sich "überlappenden" Zuständen scheint mir mit herkömmlicher binärer Logik unvereinbar zu sein. Die Welt an sich besteht ihr zufolge nicht aus "entweder-oder" sondern "sowohl als auch" und ein eindeutiger Zustand ist nur das Resultat bewusster Beobachtung ("Kollaps der Wellenfunktion"). Was die Politik betrifft, kann ich mich noch aus den Anfängen der Grünen um 1980 an die zaghafte Suche nach "Dritten Wegen" ("weder Kapitalismus noch Kommunismus") erinnern, also das Aufbrechen der während der Blockkonfrontation sehr populären binären Logik. Seitdem diese Blockkonfrontation getreu der binären Logik - "es wird Gewinner und Verlierer geben" - mit dem Sieg einer Seite geendet hat, scheint es komischerweise immer mehr Verlierer zu geben.
R. Scott Bakker
"We have failed to uphold Brannigan's Law. However I did make it with a hot alien babe. And in the end, is that not what man has dreamt of since first he looked up at the stars?" - Zapp Brannigan in Futurama
Verlag das Beben
Otherland-Buchhandlung
Schlotzen & Kloben
Blog
- • (Buch) gerade am lesen:Zachary Jernigan, No Return/James Tiptree Jr., Zu einem Preis
- • (Buch) als nächstes geplant:Samuel R. Delany, Dunkle Reflexionen/Thomas Ziegler, Sardor - Der Flieger des Kaisers
-
• (Buch) Neuerwerbung: Julie Phillips, James Tiptree Jr. (Biographie)
-
• (Film) gerade gesehen: Oblivion
-
• (Film) als nächstes geplant: Star Trek Into Darkness
-
• (Film) Neuerwerbung: American Horror Story (Serie)
#4
Geschrieben 21 September 2006 - 13:06
#5
Geschrieben 21 September 2006 - 13:11
/KB
Yay! SF-Dialog Ende März...
Senator: Und dies ist nun die Epoche der Laser?
Farmer: [..] Die Anzahl der Menschen auf der Erde, die voller Hass/Frustration/Gewalt sind, ist zuletzt furchterregend schnell gewachsen. Dazu kommt die riesige Gefahr, dass das hier in die Hände nur einer Gruppierung oder Nation fällt... (Schulterzucken.) Das hier ist zuviel Macht für eine Person oder Gruppe, in der Hoffnung dass sie vernünftig damit umgehen. Ich durfte nicht warten. Darum hab ich es jetzt in die Welt verstreut und kündige es so breit wie möglich an.
Senator: (erblasst, stockt) Wir werden das nicht überleben.
Farmer: Ich hoffe Sie irren sich, Senator! Ich hatte eben nur eine Sache sicher kapiert - dass wir weniger Chancen dazu morgen haben würden als heute.
(Leiter eines US-Congress-Kommittees vs. Erfinder des effektivsten Handlasers, den es je gab, grob übersetzt aus der 1. KG aus Best of Frank Herbert 1965-1970, im Sphere-Verlag, Sn. 38 & 39, by Herbert sr.)
#6
Geschrieben 21 September 2006 - 13:58
Leicht OT: Was Du meinst, ist nicht Mathematik, sondern "Rechnen". Die Mathematik kann mit jedem n-adischen System umgehen & tut es auch.Ein sehr interessanter Denkansatz und zumindest in der Mathematik hat sich ja das Zehnersystem durchgesetzt weil wir 10 Finger haben.
Besucher die dieses Thema lesen: 0
Mitglieder: 0, Gäste: 0, unsichtbare Mitglieder: 0