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Tabula Rasa


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140 Antworten in diesem Thema

#1 Naut

Naut

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Geschrieben 29 September 2006 - 09:27

So, dann wollen wir mal loslegen mit der Krittelei :bigcry:

Nein, bisher habe ich noch nichts zu meckern, das Buch ist hübsch, auch wenn ich das Covermotiv nicht ganz so gut finde (Zitat meiner Frau: "Was soll DAS denn wieder sein?").

Bisher habe ich drei Geschichten gelesen:

20 Zeilen Code von Niklas Peinecke.
Da sag ich mal nichts zu, schließlich bin ich ja selbst der Autor :( Interessant ist vielleicht nur, dass es die erste SF-Kurzgeschichte ist, die ich jemals vollendet habe. Allerdings habe ich sie vor der Einsendung an Armin noch mal kräftig überarbeitet.

Der Marsianer von Frank W. Haubold.
Eine kurze Geschichte, die sehr ruhig daherkommt. Die fast meditative Stimmung hätte vermutlich nicht einmal ein SF-Setting benötigt, denn hier geht es um grundlegende menschliche Regungen. Auch hier integriert Frank Haubold wieder ein wenig stimmungsvolle Lyrik in die Geschichte. Hat mich etwas an Bradburys Marschroniken erinnert, und würde auch in einen größeren Rahmen passen: Kommt da eine Fixup-Novelle auf uns zu?

Leben am Schlund von Henning Mühlingshaus.
Die Dyson-Sphäre wird ja zurecht allenthalben als mit der größte Schwachsinn bezeichnet, die die SF je verbrochen hat. Da ist etwas Wahres dran, wenn man in die technischen Details geht. Henning Mühlinghaus aber demonstriert, warum dieses Konzept so faszinierend ist: Weil es einfach einen gigantischen Rahmen abgibt für Stories, die sogar an den kleinen Ecken und Rändern einer solchen Sphäre spielen können. Hat mir sehr gut gefallen.

Mehr demnächst ...

Bearbeitet von Naut, 29 September 2006 - 09:28.

Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#2 Armin

Armin

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Geschrieben 29 September 2006 - 15:11

Falls sich jemand wundert, von welchem Buch Niklas redet - die Ankündigung findet sich hier. Vielleicht könnte ja einer der Moderatoren die beiden Threads zusammenführen (und dann auch gleich noch im Titel aus Band 5 - das war Entheete - Band 6 machen :( ).

#3 Ernst Wurdack

Ernst Wurdack

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Geschrieben 30 September 2006 - 08:35

Zitat meiner Frau: "Was soll DAS denn wieder sein?

DAS ist ein Fractaloid. Sieht man doch ganz deutlich. :smokin: Und ein Selbstbildnis von mir ...

#4 Gast_Frank W. Haubold_*

Gast_Frank W. Haubold_*
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Geschrieben 30 September 2006 - 08:51

Der Marsianer von Frank W. Haubold.
Eine kurze Geschichte, die sehr ruhig daherkommt. Die fast meditative Stimmung hätte vermutlich nicht einmal ein SF-Setting benötigt, denn hier geht es um grundlegende menschliche Regungen. Auch hier integriert Frank Haubold wieder ein wenig stimmungsvolle Lyrik in die Geschichte. Hat mich etwas an Bradburys Marschroniken erinnert, und würde auch in einen größeren Rahmen passen: Kommt da eine Fixup-Novelle auf uns zu?

Danke für die freundliche Einschätzung, die - so fürchte ich - von Freunden actionintensiver SF kaum geteilt werden wird. :lol:

Ein "größerer Rahmen" ist durchaus beabsichtigt, allerdings nicht im Novellenformat, denn einige Episoden aus dem Mars-Umfeld erreichen selbst Novellenlänge. Was fehlt, um das Ganze nach mehr als zehn Jahren Arbeit endlich in Buchform zu bringen, ist ein Verlag, der neben saftigem Honorar noch einen Leineneinband, Werkdruckpapier und die Kosten für die Illustrationen spendiert. :smokin:

Gruß
Frank

Bearbeitet von Frank W. Haubold, 30 September 2006 - 10:34.


#5 † Christian Weis

† Christian Weis

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Geschrieben 30 September 2006 - 09:05

DAS ist ein Fractaloid. Sieht man doch ganz deutlich. :smokin:

Fractaloid :blink: Was's'n das?


Und ein Selbstbildnis von mir ...

Die Augen hinter der Maske? :lol:
Die Fingernägel solltest du vielleicht mal schneiden ... :D

Mir gefällt das Cover ausgesprochen gut. Ich mag z.B. die Sachen von Giger (ohne jetzt gleich Vergleiche zu ziehen).

#6 Naut

Naut

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Geschrieben 02 Oktober 2006 - 09:09

@Frank H.: Wow! 10 Jahre Arbeit! Klingt nach einem großen Opus.

@Armin: Ich hatte extra bei den Vorgängerbänden nachgesehen, da gibt es auch immer die Trennung in Verlagsankündigung und Kritiken. Das mit Band 5 tut mir Leid.

So, weiter im Text.

Tabula Rasa von Frank Hoese.
Ein grandioser Opener: Mysteriös, sprachlich und formal hervorragend, mit einem straffen Spannungsbogen. Die Pointe wohlplatziert in genau der richtigen Mischung aus "ich hab's ja geahnt" und "ach DAS!".

Regenmacher von Veronica Bicker.
Eine tolle Social-Fiction-Story, ganz in der Tradition von John Brunner. Vielleicht formal etwas braver, aber mit einem stimmungsvollen Hintergrund. Wirklich gut.

Das Projekt Moa von Heidrun Jänchen.
Frau Jänchen war ja, wie ich nicht nur ihrer Kurzvita entnehme, bereits für diverse Preise nominiert. Ich hoffe sehr, dass auch diese Story es wieder auf die Listen schafft. Sie ist ganz klar von den bisherigen mein Favorit: Tief in der Charakterisierung, unterhaltsam, kritisch und dabei anrührend.

Der Wintergarten des Herrn Mix von Christian Weis.
Gut geschrieben und irgendwie bunt. Die Pointe hat mich nicht so begeistert, ich fand sie für einen SF-Text etwas beliebig. Vielleicht hätte der Story eine Umsetzung als Horror- oder allgemeine Phantastik-Geschichte gutgetan.

Fermente von Melanie Metzenthin.
Eine tolle Grundidee, die mich die Story irgendwo zwischen Frank Hebbens "Hunger!" und John Shirleys "Quill Tripstickler entkommt einer Braut" einordnen lässt. Das lustige Setting beinhaltet durchaus einige Sozialkritik, dabei ist das Ganze aber unterhaltsam genug, um nicht zu platt daherzukommen. Hat mir gefallen.

arche noah von Arnold H. Bucher.
Gut geschriebene und recht rasante Geschichte um Kolonisten, die ein dunkles Geheimnis aufdecken. Diese Story punktet vor allem durch die Stream-of-Consciousness-Präsentation der Geschehnisse. Schleierhaft ist mir nur, weshalb auf Großbuchstaben verzichtet wird, das finde ich schwer lesbar und ich finde in der Geschichte keine Rechtfertigung dafür.

Welt der Insekten von Nina Horvath.
Nina Horvath konzentriert sich (wie so oft in ihren Geschichten) auf die Situation weniger Menschen, die sich einer bedrohlichen Situation gegenüber sehen. Auch hier erweist es sich, dass die größte Bedrohung letztlich in der Psyche der Handelnden zu suchen ist. Der Konflikt ist interessant und gut ausgearbeitet, allerdings hätte ich mir den Charakter des Protagonisten und die grundsätzliche Situation etwas tiefer dargestellt gewünscht. Trotzdem eine gute Geschichte.

Ordentlicher Lärm von Edgar Güttge.
Eine ziemlich lustige Grundidee, mit netten Ideen (Eindeutschung der Bandnamen) illustriert. Leider verläuft die Geschichte irgendwie im Sand, ohne sich wirklich zu konzentrieren.

Mehr demnächst.

Bearbeitet von Naut, 02 Oktober 2006 - 09:10.

Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#7 Armin

Armin

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Geschrieben 02 Oktober 2006 - 15:30

@Armin: Ich hatte extra bei den Vorgängerbänden nachgesehen, da gibt es auch immer die Trennung in Verlagsankündigung und Kritiken.

Eigentlich nicht :wine: Macht aber auch nichts. Und vielleicht erbarmt sich ja doch noch ein Moderator ...

#8 Naut

Naut

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Geschrieben 04 Oktober 2006 - 07:45

Weiter geht's:

Dunkle Tiefen von Peter Hohmann und Thomas Liss.
Sehr ordentlich geschriebener und recherchierter Unterwasser-SF-Thriller. Diesmal nicht das Bermuda-Dreieck, trotzdem gibt's beste Ufo-Technologie im Stil von Akte-X. Sehr stimmungsvoll. Das Ende fand ich allerdings eher etwas lahm, so als wäre den Autoren keine richtige Auflösung eingefallen. Aber wie gesagt, bis dahin sehr flott.

Der Wühler von Frank Hebben.
Kannte ich schon aus der Vorkorrektur, daher fällt es mir ziemlich schwer, zu der Story eine "objektive Distanz" aufzubauen. Wie dem auch sei, Frank Hebben verbindet wieder einmal die SF von gestern (in diesem Fall ca. 1920) mit der Sprache und einigen Ideen von heute. Eine irgendwie opulente Mischung, mit einem Bein im 22. mit dem anderen im frühen 20. Jahrhundert. Das gefällt mir sehr gut.

Das ganze Aroma von Andreas Flögel.
Es mag am Echo von Hebbens Story liegen, aber diese fand ich irgendwie unbeholfen erzählt. Es ist eine Art Detektiv-Story (auch, wenn der Protagonist betont, ja kein Detektiv zu sein). Die Handlung taumelt etwas hin und her und auch die Sprache hat mich nicht überzeugt. Ausgeglichen wird das ganze aber von der wirklich überragenden Idee, die dem zugrunde liegt. Diese Aroma-Sache ... wirklich gut eingefädelt.

Alles wird gut von Andrea Tillmanns.
Ist mir fast ein wenig zu routiniert. Charaktere, lineare Erzählung, alles wie aus dem Lehrbuch. Aber auch hier schmälert das nicht die gute Grundidee, die hier eine fast pädagogische Wirkung entfaltet (ohne moralinsauer zu wirken). Allerdings habe ich von Andrea Tillmanns schon bessere Sachen gelesen (muss ja, bei dem Output!).

Na, ich lehn mich sicher nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich sage, dass Tabula Rasa mit Sicherheit eine der Anthologien 2006 ist. Hoffentlich wird das von den Preisen diesmal wieder honoriert.

Mehr demnächst ...
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#9 Nina

Nina

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Geschrieben 04 Oktober 2006 - 13:46

Da sind ja die ersten Kritiken schon da, bevor ich das Buch überhaupt in Händen halte! ;) Aber obwohl ich schon sehr gespannt bin, hole es mir trotzdem lieber persönlich auf dem BuCon ab - und bis dahin ist es ja nicht mehr lange hin.

#10 Armin

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Geschrieben 04 Oktober 2006 - 13:49

Da sind ja die ersten Kritiken schon da, bevor ich das Buch überhaupt in Händen halte! ;) Aber obwohl ich schon sehr gespannt bin, hole es mir trotzdem lieber persönlich auf dem BuCon ab - und bis dahin ist es ja nicht mehr lange hin.

Die drei Tage hältst du noch aus - oder?

#11 Frank Hoese

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Geschrieben 04 Oktober 2006 - 17:40

Tabula Rasa von Frank Hoese.
Ein grandioser Opener: Mysteriös, sprachlich und formal hervorragend, mit einem straffen Spannungsbogen. Die Pointe wohlplatziert in genau der richtigen Mischung aus "ich hab's ja geahnt" und "ach DAS!".

Wow! Danke, Niklas! Das kommt aber gut :o
Ich habe jetzt etwa die erste Hälfte gelesen - prima Mischung, abwechslungsreiche Auswahl, die in Bezug auf Stil, Thema, Erzählweise eine ganz hübsche Bandbreite bietet. Respekt! Mal sehen, was noch so kommt. ;)
Hier könnte Ihre Werbung stehen. Aber billig wird das nicht.
  • (Buch) gerade am lesen:Edward Bulwer-Lytton, Zanoni

#12 Nina

Nina

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Geschrieben 05 Oktober 2006 - 16:39

Die drei Tage hältst du noch aus - oder?

Jetzt sind es nur noch zwei. Naja, ich muss wohl :thumb:

#13 Naut

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Geschrieben 06 Oktober 2006 - 08:10

Weiter geht's:

Die Wege des großen Konstrukteurs von Uwe Hermann:
Sag mal Uwe, kennst Du eigentlich "Die Produktionsmaschine" (The Laxian Key) von Robert Sheckley? Diese Geschichte hat mich sehr daran erinnert - und das ist gut, denn Sheckleys Geschichte ist eine meiner absoluten Lieblingsgeschichten. Uwe Hermann präsentiert uns hier eine sehr ähnliche Idee, die sich aber in den Details geradezu komplementär mit Sheckleys Vision ergänzt. Sehr gut und sehr lustig.

Team Omega von Bernhard Weißbecker:
So ab der Hälfte habe ich das Ende geahnt, aber weil es absolut konsequent ist, tut das der Geschichte keinen abbruch. Ragt jetzt zwar für mich nicht heraus, hat mir aber dennoch gefallen.

Mehr demnächst ...

Bearbeitet von Naut, 06 Oktober 2006 - 12:34.

Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#14 Armin

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Geschrieben 06 Oktober 2006 - 08:45

Die Wege des großen Konstrukteurs von Uwe Hermann:
Sag mag Uwe, kennst Du eigentlich "Die Produktionsmaschine" (The Laxian Key) von Robert Sheckley?

Man nennt Uwe nicht umsonst den deutschen Robert Sheckley :thumb:

#15 Uwe Hermann

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Geschrieben 06 Oktober 2006 - 11:16

Sag mag Uwe, kennst Du eigentlich "Die Produktionsmaschine" (The Laxian Key) von Robert Sheckley? Diese Geschichte hat mich sehr daran erinnert - und das ist gut, denn Sheckleys Geschichte ist eine meiner absoluten Lieblingsgeschichten.

Naut: Nein, die Geschichte kenne ich noch nicht, aber das wird sich ändern, wenn du mir sagen kannst, in welcher Anthologie sie erschienen ist? Ging es darin auch um Bier? :P Und vielen Dank für die nette Kritik. Dann macht das Schreiben gleich viel mehr Spaß!!! Armin: Danke für das Kompliment!

#16 Naut

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Geschrieben 06 Oktober 2006 - 12:33

Naut: Nein, die Geschichte kenne ich noch nicht, aber das wird sich ändern, wenn du mir sagen kannst, in welcher Anthologie sie erschienen ist? Ging es darin auch um Bier? :P

Nein, um eine andere Nahrung. Ich habe die Geschichte im Heyne Jubläumsband 1960-1985, aber ich denke mal sie müsste in einer Unzahl weiterer Nachdrucke verfügbar sein. Ach ja: :P Weiter so.
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#17 Uwe Hermann

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Geschrieben 06 Oktober 2006 - 22:01

Ach ja: :P Weiter so.

Mache ich, wenn meine kleine Tochter mich lässt! :P

#18 Naut

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Geschrieben 09 Oktober 2006 - 13:55

Nur ein Kind und Du jammerst? Tss, wir sprechen uns bei Nummer 2 :smokin:

Nun also die übrigen Geschichten:

Das Herz der Sonne von Armin Rößler:
Armin Rößler hat mittlerweile einen sehr eigenen Stil einer nicht-technische SF entwickelt. Er stellt dabei meist die Konfrontation künstlerisch oder medial begabter Menschen gegen Mächte, denen sie (zumindest zunächst) weit unterlegen sind. Die Wahl eines SF-Settings ist dabei ein Mittel zur Abstraktion der Handlung, weniger (wie sonst oft in der SF) eine Extrapolation bestehender (technischer) Gegebenheiten.
Rößler steht damit in der Tradition einer dem generellen Rahmen der Phantastik noch nicht entwachsenen SF der 30er bis 40er-Jahre, wie man sie z.B. bei der früher C.L. Moore findet (vor der Heirat mit Kuttner). Diese SF hat wenig mit Hard-SF- und Near-Future-Szenarien gemein, sondern trägt eher mythologische Züge. Standen bei "Faust" und "Entheete" der Konflikt des Einzelnen gegen ein Kollektiv im Vordergrund, so ist es hier die Isolation des Elitären, die thematisiert wird. Die mehr oder weniger freiwillige Entscheidung eines Heranwachsenden für eine elitäre Kleingruppe erweist sich als endgültig und kann - in letzter Konsequenz - nur durch einen weiteren endgültigen Schritt abgelöst werden. Was am Schluss von Entheete noch als Ausflucht wirkte, ist bei vorliegender Geschichte konsequente Entwicklung der Ausgangssituation.
Sehen wir einmal von meinem theoretisierenden Geschwafel ab, so bleibt mir zu sagen, dass mir die Geschichte wieder sehr gut gefallen hat.

Die Formel von Ines Bauer:
Die Idee einer totalen Vorberechnung und Kontrolle gewisser Personen durch ein eigenes Amt gefällt mir sehr gut. Ich finde aber, dass sie in der ansonsten doch recht konventionellen Zeitreisegeschichte etwas untergeht.
Gut, hätte man aber mehr daraus machen können.

KI 21 von Bernhard Schneider:
Eine Detektivgeschichte, die recht routiniert daherkommt. Auch hier beeindruckt mich in erster Linie die Idee. Die Handlung selbst fand ich etwas konfliktarm und daher nur mäßig spannend. Ein Detail: Mir war auch unklar, wie die "zweite Infrastruktur" eine globale Katastrophe überstehen sollte, dies aber nur am Rande.

Die Augen ihrer Mutter von Birgit Erwin:
Wenn es um künstliche Menschen geht, kommt immer jemand um die Ecke, der "Asimov" ruft. Auch hier, wobei die Ähnlichkeiten auf den zweiten Blick gar nicht so groß sind. Birgit Erwin hat es verstanden, ihrer Story genug Konfliktstoff mitzugeben, um sie für mich spannend zu halten. Die angedeutete Liebesgeschichte hätte ich mir etwas klarer gewünscht, aber auch so hat mir die Geschichte ausgezeichnet gefallen.

und schließlich
Böses Erwachen von Axel Bicker:
Das haben die Herausgeber gut eingefädelt, denn so, wie die Anthologie mit einem Paukenschlag beginnt endet sie auch. Hatten wir dort ein dichtes, psychologisches Kammerspiel, so ist Axel Bickers Story ein perfides Konstrukt über egoistische Pläne und deren Auswirkungen im Zusammenspiel mit relativistischen Zeiteffekten. Klassische Vergleiche? Schwierig, aber mir gingen irgendwie die Namen A.E. van Vogt und Frederic Pohl durch den Kopf.
Die Geschichte hätte rihig in der Vergangenheit geschrieben sein können, wenn schon klassisch, dann auch richtig, aber das mag mein geschmack sein.
Auf jeden Fall ein toller Schluss für eine hervorragende Sammlung.

Insgesamt ist Tabula Rasa wirklich eine mehr als lohnende Zusammenstellung. Zwar bin ich versucht, in die alte Leier einzustimmen (so nach dem Motto: keine neuen Ideen, bla blubb, knüpft in puncto Innovation nicht an die 90er an, hält nicht den Standard von "Synergy" oder "Internationale SF"), aber die vorliegende Sammlung demonstriert doch recht eindrucksvoll, dass die jüngere Generation der deutschsprachigen SF zumindest ihr Handwerk verstehen und erzähltechnisch mit den Klassikern gleichauf liegen. Sicher wünsche ich mir auch thematische Innovationen, aber man sollte bedenken, dass diese "Marktlücke" ja eigentlich von NOVA besetzt wird/sein sollte, wogegen der Schwerpunkt der Wurdack-Sammlungen immer mehr auf soliden und unterhaltsamen Geschichten lag. (Ich träume schon wieder von einem eigenen Magazin, einem deutschen "cheap truth", aber nein, noch nicht ...)
Absolutes Highlight des Buches ist für mich die Geschichte von Heidrun Jänchen, der ich wärmstens die eine oder andere Nominierung wünsche.
Insgesamt ist das Buch sicher für jeden Leser von SF-Kurzgeschichten zu empfehlen.

Und das sage ich nicht nur, weil eine Geschichte von mir dabei ist. :thumb:

Bearbeitet von Naut, 09 Oktober 2006 - 14:53.

Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#19 Armin

Armin

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Geschrieben 09 Oktober 2006 - 14:08

Nur ein Kind und Du jammerst? Tss, wir sprechen uns bei Nummer 2 :rofl1:

Uwe hat drei; aber das jüngste ist das neuste :smokin:

Nun also die übrigen Geschichten:

Eine hast du vergessen :thumb:

Bearbeitet von Armin, 09 Oktober 2006 - 14:08.


#20 Naut

Naut

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Geschrieben 09 Oktober 2006 - 14:54

Wie konnte ich nur! Ich hoffe, meine obige Betrachtung entschädigt Dich. :thumb:
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#21 Armin

Armin

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Geschrieben 09 Oktober 2006 - 14:58

Wie konnte ich nur! Ich hoffe, meine obige Betrachtung entschädigt Dich. :thumb:

So arg hättest du mich gar nicht loben müssen :smokin: Danke.

#22 Helmuth W. Mommers

Helmuth W. Mommers

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Geschrieben 11 Oktober 2006 - 07:10

...eine hervorragende Sammlung.

Insgesamt ist Tabula Rasa wirklich eine mehr als lohnende Zusammenstellung. Zwar bin ich versucht, in die alte Leier einzustimmen (so nach dem Motto: keine neuen Ideen, bla blubb, knüpft in puncto Innovation nicht an die 90er an, hält nicht den Standard von "Synergy" oder "Internationale SF"), aber die vorliegende Sammlung demonstriert doch recht eindrucksvoll, dass die jüngere Generation der deutschsprachigen SF zumindest ihr Handwerk verstehen und erzähltechnisch mit den Klassikern gleichauf liegen. Sicher wünsche ich mir auch thematische Innovationen, aber man sollte bedenken, dass diese "Marktlücke" ja eigentlich von NOVA besetzt wird/sein sollte, wogegen der Schwerpunkt der Wurdack-Sammlungen immer mehr auf soliden und unterhaltsamen Geschichten lag. (Ich träume schon wieder von einem eigenen Magazin, einem deutschen "cheap truth", aber nein, noch nicht ...)
Absolutes Highlight des Buches ist für mich die Geschichte von Heidrun Jänchen, der ich wärmstens die eine oder andere Nominierung wünsche.
Insgesamt ist das Buch sicher für jeden Leser von SF-Kurzgeschichten zu empfehlen.

Und das sage ich nicht nur, weil eine Geschichte von mir dabei ist. :rofl1:

Ich wollte, ich könnte Deine euphorische Meinung teilen. Vielleicht hatte ich auch zu viel erwartet, getragen von der Hoffnung, dass eine statt zwei KG-Ausgaben dieses Jahr genügend Potential dafür ergäben. Ich wäre so gern einmal voll des Lobes gewesen, allein schon um meine Glaubwürdigkeit zu unterstreichen. - Zumindest in einem Punkt (natürlich auch in ein paar anderen Fällen) kann ich Dir zustimmen: Jänchens Story war die beste dieser Anthologie.

#23 Naut

Naut

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Geschrieben 11 Oktober 2006 - 08:16

@Ines: Interessiert Dich das wirklich? Das Problem mit "Autorentipps" ist nämlich, dass sie meist total an der Intention des eigentlichen Autors vorbeigehen. Ich kenne das aus eigener Erfahrung, weil ich auch manchmal Kritiken lese/höre, in denen steht: "Aber in der Story fehlt ja noch dies und das", und ich mir dann denke: "Nö, denn das wollte ich damit gar nicht sagen".Aber gut, ich geh das Risiko ein und werfe meine persönliche Idee in den Raum: Ich hätte mich in der Story mehr auf die tatsächliche Ausgestaltung dieser Zeitkontrollinstitution konzentriert. Dabei treten nämlich massenhaft Probleme auf, u.a. welche Personen überprüft werden müssen, wie das geschieht (durch Stichproben), wie die Voraussagen getroffen werden (Computersimulationen? wieder Stichproben?), schließlich, wie entschieden wird, wann zu sanktionieren ist und wer nach welchen Kriterien dafür ausgewählt wird. Die Story würde dann ein paar meiner Lieblingstheorien berühren, z.B. Systemtheorie, Kontrolltheorien, fraktale Geometrie (und Chaostheorie) und theoretische Informatik. :unsure:Du siehst, dann wäre das eine ganz andere Story, insofern rechne ich kaum damit, dass Du diesen "Tipp" besonders verwertbar findest. :rofl1:@Helmuth: Ich hätte mir natürlich auch gewünscht, dass Du lobende Worte für eine Anthologie findest (vielleicht sogar für diese), andererseits bist Du ja auch für Deine sehr hohen Maßstäbe bekannt; und die sind für Dich als Herausgeber ja auch legitim.Mehr als das aber wünsche ich der deutschen SF einen gewissen kommerziellen Erfolg, denn gestern in der Buchhandlung schien das SF-Regal schon wieder zugunsten des "Erotik"-Regals verkleinert geworden zu sein. Das macht mir etwas Sorgen.Daher denke ich, dass manche Publikationen einfach primär auf einen gewissen Unterhaltungswert setzen müssen, und den finde ich hier definitiv gegeben.
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#24 Armin

Armin

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Geschrieben 11 Oktober 2006 - 09:00

Ich wollte, ich könnte Deine euphorische Meinung teilen.

Danke. Ich habe soeben eine Wette mit mir selbst gewonnen.

#25 Ernst Wurdack

Ernst Wurdack

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Geschrieben 11 Oktober 2006 - 09:41

Vielleicht hatte ich auch zu viel erwartet

Helmuth, ich glaube, du siehst da etwas falsch. Die Reihe sollte nie eine Konkurrenz zu Visionen oder Nova sein! Ziel unserer SF Reihe war es von Anfang an, eine möglichst breite Leserschaft zu erreichen, auch solche Leute, die SF aus bekannten und nachvollziehbaren Gründen lange Zeit nicht mehr gelesen haben, und vor allem, diese Leserschaft auch zu unterhalten. Dass wir diesem Ziel mit riesen Schritten näher kommen, zeigt die enorme Resonanz bei unseren Lesungen und das Interesse, das der Reihe mittlerweile entgegengebracht wird. Nächstes Jahr wird es nicht 2 Bände geben, wie bisher, sondern mindestens vier, darunter die Outskirt Geschichten von Desirée und Frank Hoese, die über 3 Jahre verteilt in der C't erschienen sind. Natürlich mit Zusatzmaterial und als Episodenroman. Hi-End SF für einen elitären Leserzirkel zu machen, die extrem schwer verkäuflich ist, das überlasse ich gerne anderen, denn ein Verlag hat auch gewisse finanzielle Aspekte zu berücksichtigen: Honorare für die Romanautoren, Werbung, Beiträge an Verbände und Organisationen etc. Und das ist nur mit guter und spannender Unterhaltungsliteratur zu schaffen. Um es deutlich zu sagen: Mich interessiert nicht, ob ein Buch irgendwelche Preise gewinnt, sondern, ob es sich gut verkauft. Ich glaube, es war Andreas Eschbach, der sinngemäß mal geschrieben hat, dass ihm der wichtigste Publikumspreis der Geldbeutelpreis ist. Denn daran läßt sich messen, ob ein Buch wirklich ankommt. Ja, so sehe ich das auch ...

#26 Helmuth W. Mommers

Helmuth W. Mommers

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Geschrieben 11 Oktober 2006 - 17:13

Helmuth, ich glaube, du siehst da etwas falsch. Die Reihe sollte nie eine Konkurrenz zu Visionen oder Nova sein!

Lieber Ernst,

ich fürchte, auch Du siehst etwas falsch. Mir geht es nicht darum, diese Anthologiereihe mit NOVA oder den VISIONEN zu vergleichen. Auch nicht darum, die Erfüllung hoher literarischer Ansprüche einzufordern oder originärer Ideen, um die Bedürfnisse eines elitären Leserkreises zu befriedigen. Auch ich habe mich ganz offen dazu bekannt, dass ich mit den Erzählungen in meinen Anthologien (wie auch in SPACE VIEW) in erster Linie unterhalten möchte, Preise hin oder her. Dass der Leserkreis der WURDACK-Anthologien vermutlich breiter gestreut ist, liegt wohl an Deiner eigenen Tüchtigkeit und die Deiner Mannen/Frauen, die viel Mühe auf sich nehmen, um Buchhändler dafür zu gewinnen. Es liegt aber nicht am Inhalt; die Storys, die ich ausgewählt habe, lesen sich mindestens so leicht und unterhaltsam, nur sind sie länger und ergo für Lesungen weniger geeignet. Anders verhält es sich bei NOVA - hier finden sich wesentlich mehr Experimente und schwerer zu verdauende Kost.

Es ist einfach nur ein qualitativer Unterschied, was nicht weiter verwundert, wenn man (größtenteils) Nachwuchsautoren und Amateure versierteren, geübteren (größtenteils) Semiprofessionals und Profis gegenüberstellt.

Das ändert nichts an der Notwendigkeit, auch für erstere eine Plattform zu schaffen, und das erfüllt Ihr auf höchst löbliche Weise. Nur sollte man - ich wiederhole mich - bei der Beurteilung die Kirche im Dorf lassen und dem Nachwuchs höhere Ziele stecken. Dazu gehört, dass dieser Nachwuchs nebst dosiertem (wo immer berechtigt, aber im Gegensatz zu überschwenglichen, wo nicht begründet) Lob auch Kritik einstecken muss, sonst meint er, er hat schon alles erreicht und muss sich nicht mehr anstrengen.

Ich hatte gedacht - ja, gehofft -, dass aus den mutmaßlich Hunderten Manuskripten, die diesmal auf nur eine, wenn auch zum selben Preis (sehr positiv und klug, um die Konkurrenzfähigkeit zu erhöhen!) erweiterte KG-Anthologie eingegangen sind, ein deutlich besseres Ergebnis resultieren würde.

Viel mehr erwarte ich mir von der Novellen-Ausgabe, die Ihr für nächstes Jahr geplant habt. Wenn man 40-70 Seiten zu füllen hat, kann man es nicht bei Ideensplittern belassen; da muss was Handfestes her. Meine alte Behauptung: Wirklich gute Storys sind in der Regel eben deutlich länger.

Hoeses Outskirt-Erzählungen sind eine feine Sache; ich habe die Autoren bereits vor zwei Jahren darauf angesprochen und kenne natürlich alle Storys. Fein sind sie vor allem für SF-Fans; das „gemeine“ Publikum wird damit weniger anfangen können.

Und dass Ihr (ich meine damit natürlich stets Dich und Dein Team, Armin also und Dieter und Heidrun) das Verlagsprogramm noch weiter ausbaut, spricht für Euch: offenbar packt Ihr das kommerziell richtig an. Meinen Glückwunsch!

#27 Ernst Wurdack

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Geschrieben 11 Oktober 2006 - 19:18

Es ist einfach nur ein qualitativer Unterschied, was nicht weiter verwundert, wenn man (größtenteils) Nachwuchsautoren und Amateure versierteren, geübteren (größtenteils) Semiprofessionals und Profis gegenüberstellt.

Ach Helmuth, komm runter von deinem hohen Roß und auf den Boden der Tatsachen zurück. Der größte Teil der Nachwuchsautoren ist inzwischen handwerklich deutlich besser als ein großer Teil jener sogenannten Semiprofis und Profis, die seit Jahren Geschichte um Geschichte runternudeln und die damit wesentlich dazu beigetragen haben, dass SF nur noch von einer verschwindenden Minderheit gelesen wird. Genau viele dieser Autoren SIND das Problem, das wir jetzt haben. Nur weil jemand Profi ist oder war, bedeutet das doch nicht, dass er besser ist als Nachwuchsautoren. Es gab Zeiten, da konnte man in der SF jeden Mist absetzen. Was mich aber wirklich ärgert, ist dein pauschales Runtermachen der Reihe, immer in schöne und nette Worthülsen und Killerphrasen verpackt, und das bei jedem Band, nur um herauszustellen, wie toll deine Anthologiereihe im Gegensatz dazu doch ist. Die Absicht, die hinter diesem Vorgehen steckt, muss inzwischen dem Dämlichsten hier im Board aufgegangen sein. Wenn du konkrete Kritik anzubringen hast, dann tue es. Die Autorren werde sie sicherlich beherzigen. Aber in diesem Punkt bist du schon beim letzten Mal ausgewichen. Ansonsten solltest du wenigstens so viel Anstand haben, die 'Konkurrenz' nicht pauschal zu verunglimpfen. Ich empfinde das gelinde gesagt als Frechheit und ich kenne auch keinen anderen Herausgeber, der es nötig hätte, solch abwertende Pauschalurteile in regelmäßigen Abständen von sich zu geben. Aber Schwamm drüber, geschehen ist geschehen, und ich hoffe, beim nächsten Mal kommt konkrete Kritik zu Texten oder eben gar kein Statement.

#28 Jürgen

Jürgen

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Geschrieben 11 Oktober 2006 - 22:22

Es ist einfach nur ein qualitativer Unterschied, was nicht weiter verwundert, wenn man (größtenteils) Nachwuchsautoren und Amateure versierteren, geübteren (größtenteils) Semiprofessionals und Profis gegenüberstellt.

Naja Helmuth, auch wenn ich den qualitativen Unterschied zwischen geübten Semiprofessionals und mit Talent bedachten Amateuren nicht immer bestätigen kann... mir sind, ehrlich gesagt, Amateure mit einem neuen Konzept oder einer ungewöhnlichen Handlungsumgebung lieber, als Professionals, deren Texte zwar gekonnt, aber ohne jegliche Fortune runtergeschrieben sind. SF lebt ja auch von der Idee, die der Autor präsentiert. Ideen, am liebsten vollkommen neue Ideen, machen das Lesen von SF zum Vergnügen. Und wenn ich eine neue Idee lese, ist es mir schnurzegal, ob man an dieser oder jener Stelle noch hätte feilen können. Der "Spaßfaktor" ist entscheidend.

Meine alte Behauptung: Wirklich gute Storys sind in der Regel eben deutlich länger.

Tja, da muß ich dem alten Schlachtroß wirklich Recht geben. :whistling: Ist ja auch kein Wunder, wenn man den Platz hat, statt eines Fragments ein komplettes Bild dem Leser zu präsentieren. Gruß Jürgen

Bearbeitet von Jürgen, 11 Oktober 2006 - 22:36.

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#29 Helmuth W. Mommers

Helmuth W. Mommers

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Geschrieben 12 Oktober 2006 - 08:27

Was mich aber wirklich ärgert, ist dein pauschales Runtermachen der Reihe, immer in schöne und nette Worthülsen und Killerphrasen verpackt, und das bei jedem Band, nur um herauszustellen, wie toll deine Anthologiereihe im Gegensatz dazu doch ist. Die Absicht, die hinter diesem Vorgehen steckt, muss inzwischen dem Dämlichsten hier im Board aufgegangen sein.

Du unterstellst mir niedere Intentionen. Schade, dass Du das so siehst. Du lehnst Dich hier sehr weit aus dem Fenster. Dabei habe ich mich bewusst kurz angebunden und zurückhaltend ausgedrückt, um nicht wieder eine Diskussion vom Zaun zu brechen. Mir lag daran, die Erwartungen der Leser von Nauts Lobeshymne zu dämpfen und gleichzeitig den Autoren zu sagen, dass sie meines Erachtens von ihrem Ziel, Science Fiction auf einem dem englischsprachigen Raum ebenbürtigen Niveau zu schreiben, noch sehr weit entfernt sind. Ich mache die Produkte "meiner Mitbewerber" um die Lesergunst nicht schlecht, um die eigenen hervorzuheben. Lächerlich. Absurd. Der Leser, der Käufer (wir sprechen hier nicht vom breiten, über den Buchhandel erreichbaren Publikum, das ist im Fall der Kleinverlage eine Frage der Distribution) urteilt darüber. Was die eigenen Anthologien, die VISIONEN, betrifft, so breche ich auch nicht in Euphorie aus, dazu habe ich - leider - keinen Grund. Es sind immer nur eine Handvoll Storys, die ich als "sehr gut" bezeichne, die meisten übrigen sind eben auch nur "gut", bzw. einige eben nur "nett". Wer meine "Jahresrückblicke" in den VISIONEN studiert, merkt das, denn nicht alle Storys sind genannt. - Dafür auch immer, und nicht wenige, von den "Mitbewerbern". Ich mag in meinem Urteil bisweilen falsch liegen, gewiss wird es nicht immer und von allen geteilt, das ist unmöglich, aber mir mangelnde Objektivität vorzuwerfen, schmerzt. Eines noch: Muss denn jede Meinungsäusserung zu einer Neuerscheinung gleich kommentiert werden? Kann man die pauschale Aussage "das war nicht so doll" oder "hat mir nicht gefallen" nicht einfach stehenlassen? Muss man jede Kritik gleich als Angriff verstehen? - Wollte ich zu den einzelnen Storys Stellung nehmen, würde mich das einige Stunden Arbeit kosten, in der Tat müsste ich sie ein zweites Mal lesen, um wirklich fundierte Kritik äussern zu können, und mit welchem Ergebnis? Ich würde viele Autoren in ihren Hoffnungen und in ihrer Selbsteinschätzung arg beeinträchtigen (die meisten wollen gelobt, nicht kritisiert werden). So aber darf sich jeder in der Hoffnung wiegen, er sei nicht gemeint. Es ist schon eigenartig: Je prominenter ein Autor, desto herber die Kritik, wenn er den hochgesteckten Erwartungen nicht gerecht wird; "Jungautoren" scheinen dagegen eine gewisse Narrenfreiheit zu geniessen, wenn sie nur was halbwegs Passables abliefern. Und was die Profis betrifft: Ich spreche natürlich von den Herren Erler, Eschbach, Franke, Hammerschmitt, Marrak, Simon, Vlcek (ja, auch ihn). Ich spreche nicht von der Perry Rhodan-Crew oder den üblichen Verdächtigen. Und die Autoren Küper, Iwoleit, Gruber, Henkel, Vogt, um mal einige zu nennen, nebst jenen, die schon viele Storys in einer professionellen Zeitschrift wie C'T veröffentlicht haben, Hoeses, Isenberg, Hermann, sind zwar Nachwuchsautoren, aber eigentliche Semiprofis. Ich würde mich freuen, wenn das etwas zur Klärung beitrüge, und wir Frieden schliessen könnten.

#30 Naut

Naut

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Geschrieben 12 Oktober 2006 - 08:48

Um hier nochmal kurz zum Vergleich mit dem englischsprachigen Raum etwas zu sagen:
Ich denke, ein Teil des Problems ist, dass wir viele amerikanische/englische Geschichten gar nicht zu Gesicht bekommen. Was nämlich die USA uns voraus haben, ist eine gigantische Magazin-Szene (die immer noch riesig ist, trotz einer auch dort einsetzenden Rückläufigkeit). Wenn wir also hier die Geschichten aus Asimov's sehen, dann ist das nur die Spitze des Eisbergs, die Autoren haben bis zu diesem Punkt ein Levelsystem von ständig wachsenden Anforderungen durchlaufen, sich von den Fanzines über diverse Semi-Pros in die Pro-Liga heraufgearbeitet.
Etwas vergleichbares gibt es bei uns nicht.

Insofern ist auch nicht alles, was in Übersee publiziert wird Gold, es gibt nur ein besseres Trainingsprogramm.

Sehen wir es so: Die wirklich guten Stories (im Sinne über Jahre bleibender Eindrücke) in Englisch machen vielleicht 1% der publizierten aus. Es wäre unrealistisch, bei uns einen anderen Anteil zu erwarten.
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen


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