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Frauen und Männer: Fantasy oder SF?


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32 Antworten in diesem Thema

#1 de_sutton

de_sutton

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Geschrieben 19 Oktober 2006 - 11:06

Eine Fragestellung beschäftigt mich schon seit einiger Zeit: Woran scheiden sich die Geschlechter, wenn es um Fantasy und SF geht?Lesen Frauen andere SF/Fantasy als Männer? Oder hat SF tendenziell mehr männliche als weibliche Leser, Fantasy vice versa?Wie sind Eure Erfahrungen?

#2 Matthias

Matthias

    Illuminaut

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Geschrieben 19 Oktober 2006 - 11:26

Durch "Herr der Ringe" gibt es sicher einen Aufschwung in der Fantasy-Literatur, der auch einigesdort inhaltlich verändert hat.Zum einem gibt es Überschneidungen mit historischen Romanen und eine Menge neuer Fantasy mit Zielgruppe junger Frauen.Aber auch genauso einen starken Anstieg an düsterer Fantasy (George Martin, Erikson etc).Wobei diese Romane sicher auch von beiden Geschlechtern gelesen werden.SF ist im Moment nicht so wahnsinnig angesagt, Lois McMaster Bujold wäre vielleicht eine vonFrauen bevorzugte Autorin. Eine generelle Ausssage, die zusätzlich auch noch unabhängig vom Trend der Zeit ist, erscheint mir sehr schwierig.
Lieblingsautoren: Alastair Reynolds, R.C. Wilson, G. Benford

#3 Linda Budinger

Linda Budinger

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Geschrieben 19 Oktober 2006 - 11:46

Hallo,

Tja, eigentlich wollte ich sagen, dass ich das Thema geschlechtsspezifische Literaturauswahl für aufgebauscht halte, weil ich so viele Leute kenne, bei denen das keine bis kaum eine Rolle spielt. Andererseits habe ich aber auch schon gehört, dass bestimmte Themen und Ausgestaltungen unterschiedlich ankommen. Ich denke, die Zielgruppen splitten sich da ebensogut nach Alter und Genre-Erfahrungen auch innerhalb der Geschlechtsgruppen. Die Kitschwelle in der Fantasy wird wohl vor allem von jüngeren Liebesroman-Leserinnen konsumiert, bzw von solchen Lesern, die sich nicht zu tief in das Genre wagen. Splatter und Gore wird vermutlich besonders gerne von jugendlichen Männern gelesen, weil Gewalt cool ist. Von Verlagsseite gibt es aber schon feinere Raster für die Zielgruppen als nur Frau/Mann.

Aussagen wie: "eher ein Buch für die Jungs" oder "das ist ein typisches Frauenbuch" fallen durchaus in meinem Dunstkreis. Erstaunlicherweise aber immer genau dann, wenn die Bücher dem Leser, respektive der Leserin, nicht gefallen haben und damit eine gewisse Abwertung mitschwingt. Psychologisch finde ich es hochinteressant, dass man ein Werk, das einen nicht berührt (oder war das jetzt zu weiblich :) ) durch solche Aussagen quasi so weit wie möglich über die "Geschlechtergrenze" von sich fortschiebt.

Viele Grüße,

Linda (gedanklich tief in einem Sachbuch mit dem Titel: Das Lillith-Prinzip :) )

PS: @mlich: ja stimmt, Bujold lese ich sehr gerne. Ihre SF und ihre Fantasy ebenso. Weil nicht nur die Figuren und der Plot stimmen, sondern auch noch Humor und Selbstironie mitschwingen.
edit: den Skinner von Neal Asher hab eich jedoch ebenfalls mit Vergnügen gelesen

Bearbeitet von Linda Budinger, 19 Oktober 2006 - 12:24.

Neuster Roman:
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#4 Naut

Naut

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Geschrieben 19 Oktober 2006 - 13:35

Ich denke, man muss nach Marketing und tatsächlichen Vorlieben trennen.Unbestritten ist, dass es Marketingstrategien gibt, die sich eher an Männer/Frauen wenden. Ob das allerdings mit den tatsächlichen Vorlieben zu tun hat, wage ich zu bezweifeln. Ich kenne mehr als eine Frau, die einen anspruchsvollen Splatter zu schätzen weiß, umgekehrt verschließen sich die wenigsten Männer einer (ebenso anspruchsvollen) Herz-Schmerz-Geschichte. Es geht letztlich um andere Anknüpfungspunkte.Eines meiner absoluten Lieblingsbücher des letzten Jahres, "Die Frau des Zeitreisenden", wird deutlich als eine Art Frauenroman vermarktet. Das hält mich absolut nicht ab, denn der Inhalt hat wenig von einem reinen "Frauenbuch".
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#5 Linda Budinger

Linda Budinger

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Geschrieben 19 Oktober 2006 - 13:56

Ich denke, man muss nach Marketing und tatsächlichen Vorlieben trennen.

Unbestritten ist, dass es Marketingstrategien gibt, die sich eher an Männer/Frauen wenden. Ob das allerdings mit den tatsächlichen Vorlieben zu tun hat, wage ich zu bezweifeln. Ich kenne mehr als eine Frau, die einen anspruchsvollen Splatter zu schätzen weiß, umgekehrt verschließen sich die wenigsten Männer einer (ebenso anspruchsvollen) Herz-Schmerz-Geschichte. Es geht letztlich um andere Anknüpfungspunkte.

Eines meiner absoluten Lieblingsbücher des letzten Jahres, "Die Frau des Zeitreisenden", wird deutlich als eine Art Frauenroman vermarktet. Das hält mich absolut nicht ab, denn der Inhalt hat wenig von einem reinen "Frauenbuch".

Du hast mit der ersten Aussage sicherlich Recht. - Allerdings meinte ich bei meinen Beispielen tatsächlich eher die niveauloseren Vertreter ihrer Art, vereinfachend eindimensionale Texte. Keine Frage, dass sich die Zielgruppen vermischen, je anspruchsvoller Texte werden. Zumindest erlebe ich das so.
Aber genau das wollte ich ausdrücken. Für mich ist das Geschlechterproblem kein wirkliches, sondern eher ein einfaches Zielgruppenmodell. Intelligentere Leserinnen und Leser sind meiner Erfahrung nach tatsächlich vielseitiger in der Wahl ihrer Lektüre. Was nicht ausschließt, dass auch sie mal Spaß an einem triefenden Liebesroman oder knallharter Militaryaction finden. Zum größeren Teil lesen diese Leute jedoch genreübergreifend (und hiermit habe ich doch wieder den Phantastik-Fachdeppen-Thread zitiert) :)

Gruß,

Linda

Bearbeitet von Linda Budinger, 19 Oktober 2006 - 15:51.

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#6 molosovsky

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Geschrieben 19 Oktober 2006 - 22:33

Ich nehm gern ein paar fäden auf die schon da sind und mach daraus etwas spitzes gegen marketing und PR.Schlimm ists halt, wenn medien und vor allem die hardcore-missels der kunden-zähmung in den vorstellungs-haushalt von leuten einschlagen. Sprich: es wird viel ›krieg um geschlechts-rollen-bilder‹ betrieben mit nicht zu knappen aufwand.Zwar frag ich mich immer noch, wie das eigentlich vonstatten geht: eine geschlechterrolle entwickeln. Aber ich denke eben schon, daß es entwicklungen gibt, wo leute aufhören ›subjekt zu sein‹ wie so schön heißt. Dann pimpt man sich entsprechend der regeln des rattenrennens zurecht. †” Ansonsten: heikles henne/ei problem. Zeitigen die biologischen unterschiede merkliche psycho-kulturellen unterschiede, oder eben nicht? Müßt ich mich erst ein wenig einlesen, bevor ich da meinungen wage.†¢†¢†¢Dann aber wieder auf bücher bezogen: der gedanke macht ja spaß, sich vorzustellen, daß es weibliche und männliche bücher gibt, unabhängig davon ob schriftstellerInnen nun ihre geschlechtsorgane größtenteils inwendig oder als anhängsel durchs leben tragen. Gut, oft fällt das zusammen und einige bücher dürfte sich vielleicht (surprise) als hermaphrodit entpuppen.Worauf ich raus will? Muß man denn immer auf was aus sein?Trotz all dem: ich finde schon, daß schriftstellerische männlein & weiblein eher unterschiedliche klangfarben produzieren.G'nachtAlex / molo

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#7 Naut

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Geschrieben 20 Oktober 2006 - 07:27

Ja, na ja: Bennenen wir ruhig die Pole: Dass Nick Hornby Jungsbücher schreibt, wogegen Susanne Fröhlich eher die weibliche Perspektive einnimmt, dürfte klar sein.
Dubios allerdings erscheint mir die Vorstellung, diese Bücher dann aus eben diesem Grund zu meiden: Das wäre so, als würde ich mir "Star Wars" nicht ansehen, weil ich kein Jedi-Ritter bin, oder "I, Robot" nicht läse, weil ich nicht über ein positronisches Gehirn verfüge.

Im Gegenteil: Als Mann müsste ich doch hochgradig interessiert sein an Frauen, insbesondere daran, was diese antreibt, motiviert, bewegt. Es wäre also regelrecht verkehrt herum gehäkelt, wenn ich demzufolge keine Cosmopolitan läse, nicht Sex and the City anschauen würde und die "typisch weiblichen" Bücher miede.

:)
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#8 de_sutton

de_sutton

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Geschrieben 20 Oktober 2006 - 12:21

Gehen wir einen Schritt weiter, so müssen wir nach "gender", also dem gesellschaftlichen Geschlecht, und nicht nach "sex", dem biologischen, fragen. In den USA gibt es etliche Debatten zu diesem Thema auf universitärer Ebene: Gender studies und Feminismus in der SF etc. Liegt wohl daran, dass SF dort einen anderen Stellenwert als hier hat und über den Geek-/Nerd-Nischenstatus hinaus ist.Back to basics: Meine Frau liest ab und zu ganz gerne mal einen Fantasyroman, aber an SF hat sie nullkommanull Interesse. Zu technisch, sagt sie.

#9 Linda Budinger

Linda Budinger

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Geschrieben 20 Oktober 2006 - 13:39

Back to basics: Meine Frau liest ab und zu ganz gerne mal einen Fantasyroman, aber an SF hat sie nullkommanull Interesse. Zu technisch, sagt sie.

dann schenk ihr doch mal einen Band Barrayar ;-) "Cordelias Ehre" oder "Der junge Miles" Wenn es da um Technik geht (und die gibt es im Bereich Kloning, künstliche Gebärmuttern u. ä. dann ist sie nie Selbstzweck, sondern dient der Geschichte.) Kann sein, dass du irgendwo liest, die Barrayar-Bände seien Military SF. Die Autorin jedoch verwehrt sich gegen diese Aussage und meint, sie schreibt "Figurenromane" und das Label "Military" habe ihr nur die Marketing-Abteilung aufgeklebt. Und Bujold sollte es schließlich wissen. :-) Gruß, Linda
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#10 de_sutton

de_sutton

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Geschrieben 20 Oktober 2006 - 14:57

dann schenk ihr doch mal einen Band Barrayar ;-) Gruß, Linda

Danke für den Tipp. habe mir eben die Cover auf der Heyne-Seite angesehen: Allein optisch schon abschreckend (nicht für mich, sonst würde ich von Bastei Lübbe gar nichts lesen). Ich glaube, Fantasy liegt ihr eher, weil sie auch schon mal historische Romane liest und die Settings oftmals mehr oder weniger starke Ähnlichkeit mit echten historischen Epochen aufweisen, eben nur mit Magie.

#11 Theophagos

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Geschrieben 20 Oktober 2006 - 19:11

Die sex/gender Trennung ist sicherlich hilfreich. Sex hat wohl keinen Einfluß auf die Lektürevorlieben - jedenfalls keinen direkten. Indirekt schon, da das männliche biologische Geschlecht die Wahl eines männlichen sozialen Geschlechts vereinfacht.Meiner Wahrnehmung nach, gibt es schon Unterschiede nach m/w-gender:Fantasy wird von Frauen und Männern etwa gleich häufig gelesen.SF wird häufiger von Männern als von Frauen gelesen. (SF sei zu technisch, höre ich häufiger)Horror wird häufiger von Frauen als von Männern gelesen. (Keine Ahnung warum)Utopien werden etwas häufiger von Frauen gelesen. (Es gibt hervorragende feministische Utopien)Wie gesagt, das sind meine Wahrnehmungen - vielleicht werden sie von meinen Vorstellungen, wer was liest, beeinflußt.Insgesamt glaube ich, dass der gender-Einfluß allerdings nicht so groß ist - ich kenne auch viele Männer, die keine SF lesen. Die sagen allerdings nicht, es sei zu technisch. Vielleicht finden sich hier die Reste klassischer Rollenblider: SF ist zu technisch, während Fantasy irrational ist. Theophagos
"Cool Fusion? What is 'Cool Fusion'?" - "As Cold Fusion is beyond our grasp, we should reach for something ... less ... cold. Cool Fusion."
- Dr. Karel Lamonte, Atomic Scientist (Top of the Food Chain, Can 1999)
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#12 MartinHoyer

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Geschrieben 21 Oktober 2006 - 09:23

Meine Wahrnehmung deckt sich mit der von Theophagos.Ergänzend möchte ich hinzufügen: Fantasy ist weniger eng umrissen, was die verwendetene Elemente, Motive und Plots angeht. Vom traditionellen Märchen bis hin zu "fast SF" wird so ziemlich alles abgedeckt, was es naturgemäß einfacher macht, als Leser/in dort eine individuelle Wohlfühl-Nische zu finden.Beim Lesen von SF gibt man/frau eine Art Verzichtserklärung ab, á la "Ich bin mir bewußt und nehme billigend in Kauf, dass ich jetzt mit technisch-naturwissenschaftlichen Details bis hin zur Gefühlskälte konfrontiert werden kann und mir selbst beim Fehlen dieser einer stark action-betonten Handlung gegenwärtig sein muß."Diese Erklärung ist nicht jede/r bereit abzugeben, und Leserinnen fällt es wohl besonders schwer, sich darauf einzulassen, auf die vage Hoffnung hin, dass auch für sie interessante Aspekte behandelt werden. Interessant ist auch, dass die SF, die von Frauen gelesen wird, von (zumeist männlichen) SF-Puritanern ruckzuck im "unteren Bereich" der Space Opera landet, was sozusagen das Ei für den Vegetarier ist - die Space Opera ist das wohl stärkste Subgenre der SF und umfaßt alles von "Fantasy mit Raumschiffen" bis hin zu "nicht ganz so harter Hard-SF".
Though my soul may set in darkness, it will rise in perfect light;
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(Sarah Williams: The Old Astronomer To His Pupil)

#13 de_sutton

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Geschrieben 21 Oktober 2006 - 19:42

@Theophagus: Manch eine/einer behauptet, bereits der Feminismus sei eine Utopie... :cheers:@MartinHoyer: Eine Verzichtserklärung gibt auch der Leser von Fantasy ab: Ich werde mit Magie konfrontiert, die es weder gegeben hat noch jemals geben wird und blende in dieser Hinsicht jedwede mögliche Realität komplett aus.Aber im Ernst: Meine Vermutung ist, dass SF oberhalb des Star Wars Niveaus meist lösung- und zielorientiert ist und Technologie dabei mal mehr, mal weniger Mittel zum Zweck ist.Fantasy lesen bedeutet dagegen oftmals: Der Weg ist das Ziel. Und weil Bücher immer dicker werden, seitdem Schriftsteller auf Computern statt auf Schreibmaschinen schreiben, nimmt die Geschwätzigkeit eben zu.Es gibt mehr SF- als Fantasy-Kurzgeschichten, oder hat jemand eine andere Einschätzung?

#14 Linda Budinger

Linda Budinger

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Geschrieben 21 Oktober 2006 - 23:57

Fantasy lesen bedeutet dagegen oftmals: Der Weg ist das Ziel. Und weil Bücher immer dicker werden, seitdem Schriftsteller auf Computern statt auf Schreibmaschinen schreiben, nimmt die Geschwätzigkeit eben zu. Es gibt mehr SF- als Fantasy-Kurzgeschichten, oder hat jemand eine andere Einschätzung?

Hallo de_sutton, in puncto "dickere Bücher" stimme ich dir zu. Da ist gewiss vieles Seitenschinderei. Allerdings beobachte ich das bei den meisten Büchern aus 'neuerer Produktion'. Den Passus "der Weg ist das Ziel" würde ich für Lektüre im Allgemeinen bejahen. Denn sonst könnte man ja einfach das letzte Kapitel lesen und sich viel Zeit ersparen. Aber nein, es reicht bsp. dem Krimileser nicht, zu wissen, wer der Mörder ist. Er will miterleben, wie man ihm auf die Schliche kommt, möchte an psychologischen Profiler-Spielereien teilhaben, das Leben des abgewrackten Gesetzeshüters beobachten, die Ränke des Meisterverbrechers nachvollziehen... Dass die phantastische Kurzgeschichte in Deutschland einen anderen Stellenwert besitzt, und es dafür sehr viel weniger "paying markets" als zum Beispiel in den USA gibt, ist leider eine Tatsache. Die Fantasy ist hier besonders vernachlässigt. Gerade im semiprofessionellen Magazinbereich ist SF und Horror ganz gut abgedeckt, die Fantasy jedoch nicht. Es gibt die eine oder andere Anthologie ohne nennenswertes Honorar und deren Auflagen sind im Vergleich zu Romanen eher mau. Ob nun aber die geringen Verkäufe am geringen Angebot liegen oder umgekehrt, dazu möchte ich keine Vermutungen äußern. Im angelsächsischen Bereich sieht das mit den Kurzgeschichten wieder ganz anders aus. Dort wird allerdings auch eine andere thematische Bandbreite geboten. Gruß, Linda

Bearbeitet von Linda Budinger, 21 Oktober 2006 - 23:58.

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#15 MartinHoyer

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Geschrieben 22 Oktober 2006 - 01:16

@MartinHoyer: Eine Verzichtserklärung gibt auch der Leser von Fantasy ab: Ich werde mit Magie konfrontiert, die es weder gegeben hat noch jemals geben wird und blende in dieser Hinsicht jedwede mögliche Realität komplett aus.

Das tun allerdings in diesem Fall LeserInnen gänzlich unabhängig vom speziellen Genre - sie lassen sich auf Fiktion ein. Fantasy stellt insofern keine Erwartungen daran, bestimmte Konventionen in Kauf zu nehmen, sondern allenfalls die maximale Auslastung der Fiktion. Wenn wir mal zum Ursprung des Erzählens zurückgehen, hat ein am Lagerfeuer mündlich tradiertes Mythos den Stellenwert heutiger Fantasy, und die ganze Sippe hörte zu. Ein Thema, welches die denkbare Weiterentwicklung einer Speerschleuder, deren Anwendung und die möglichen (militärischen, politischen, kulturellen, wirtschaftlichen etc.) Konsequenzen dieser Anwendung behandelt, dürfte die Zahl der interessierten Zuhörer schnell gesenkt haben.

Es gibt mehr SF- als Fantasy-Kurzgeschichten, oder hat jemand eine andere Einschätzung?

Nein, habe ich nicht. Im direkten Vergleich des anglo-amerikanischen Kurzgeschichtenmarktes mit dem hiesigen bleibt das Verhältnis von SF zu Fantasy beinahe gleich. Die Gesamtzahl steigt, die Verteilung ändert sich jedoch nur geringfügig. Schwierig ist das Ganze natürlich dadurch, dass praktisch nur im deutschsprachigen Raum eine halbwegs klare Trennung phantastischer Genres überhaupt als erstrebenswert betrachtet wird. Oder eine Trennung von Allgemeiner Belletristik und Genre-Literatur an sich.
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#16 molosovsky

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Geschrieben 22 Oktober 2006 - 12:15

OT zu was von Martin:

Wenn wir mal zum Ursprung des Erzählens zurückgehen, hat ein am Lagerfeuer mündlich tradierter Mythos den Stellenwert heutiger Fantasy, und die ganze Sippe hörte zu.

Da möcht ich wiedersprechen.

Fantasy ist - genauso wie die allermeisten kommerziellen unterhaltungsangebote - zuförderst ein selbstergänzungs- und damit wellness-produkt. (Der zeitgeist/geldgeist strebt an, aus allen fiktionalen literaturen erstmal wellnes-produkete zumachen. So sehr die fürsprecher von ›engagierter literatur‹ auch anderes behaupten und anstreben.*)

Die heutigen ›echten‹ mythen sind woanders anzutreffen, nämlich da wo eben der (irrationale oder auch rationale) wahn des mythos eine fassende grenzwirkung entfaltet (oder entfalten soll).
Im falle von z.B. angst-sähen geben die (fachlich unseriösen) demographischen hiobs-spekulationen vom ›austerbenden volk‹ ein schönes beispiel für mythos-partikel.
Was vereinfachende ›erklärungs-lügen für infanten‹ angeht, gibt das ›magische viereck‹ der wirtschaftslehre seinen mythologischen kern ja schon im namen preis. ectppff.


Frei nach meiner grad abgeschlossenen Sloterdijk-lektüre von »Zorn und Zeit« hier drei trinitäten verschiedener mythos-epochen:

a) ausklingende klassische, v.a. christliche schöpfer- und erlösermächte: Vater | Sohn | Heiliger Geist †” Ziel des mythos: weltgericht der weltgeschiche.
B) derzeit vorherreschender moderner geldmonotheismus der gierdynamik: Geld | Erfolg | Prominenz †” Ziel des mythos: das jubelnde fleisch der ewigen jugend (= immer flüssig sein).
c) immer noch nicht dominierende algemeine menschenrechte z.B. nach J. Locke: Leben | Freiheit | Eigentum †” Ziel des mythos: etwas, das den begriff ›weltkultur‹ wirklich und nicht nur schöntuend erfüllt.

Grüße
Alex / molosovsky

* Ich persönlich hab große sympathien für engagierte kunst, die mehr will als nur unterhalten. Vergleicht man künstler mit ärzten, dann sollten sie eben mehr bieten als warme worte und placebos. Doch ich schätze es auch, wenn kunstvoll meine ›knalligeren‹ geschmächsknospen gezeizt werden (z.B. die schauwerte explodierender außerirdischer und magischer kämpfe zwischen alten knackern).

Bearbeitet von molosovsky, 22 Oktober 2006 - 12:23.

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#17 molosovsky

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Geschrieben 22 Oktober 2006 - 12:28

Ach ja. Ich bin gestern erst auf diesen text von Neil Gaiman gestoßen, in dem ›der meister‹ meint, daß bücher ein geschlecht, genauer eben ein ›gender‹ haben: http://www.powells.c...hor/gaiman.html Grüße Alex / m.—

Bearbeitet von molosovsky, 22 Oktober 2006 - 12:43.

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#18 Theophagos

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Geschrieben 23 Oktober 2006 - 16:32

OT zu was von Martin: ZITAT Wenn wir mal zum Ursprung des Erzählens zurückgehen, hat ein am Lagerfeuer mündlich tradierter Mythos den Stellenwert heutiger Fantasy, und die ganze Sippe hörte zu. Da möcht ich wiedersprechen. Fantasy ist - genauso wie die allermeisten kommerziellen unterhaltungsangebote - zuförderst ein selbstergänzungs- und damit wellness-produkt. Die heutigen ›echten‹ mythen sind woanders anzutreffen, nämlich da wo eben der (irrationale oder auch rationale) wahn des mythos eine fassende grenzwirkung entfaltet (oder entfalten soll). Im falle von z.B. angst-sähen geben die (fachlich unseriösen) demographischen hiobs-spekulationen vom ›austerbenden volk‹ ein schönes beispiel für mythos-partikel. Was vereinfachende ›erklärungs-lügen für infanten‹ angeht, gibt das ›magische viereck‹ der wirtschaftslehre seinen mythologischen kern ja schon im namen preis. ectppff. [Ich habe da lustig gekürzt.]

(Selbst völlig unvorsichtig seiend gemahne ich zur:) Vorsicht im dem Begriff "Mythos". Der lässt sich nämlich in sehr unterschiedlicher Art verwenden. Martin verwendet ihn - so glaube ich - im Mythologie-Kontext. Ein Mythos quasi als kleinstes Teilchen einer Mythologie; ein Atom der Götter- und Sagenwelt, (sehr) grob gesagt. Alex verwendet ihn - vermute ich, denn der Beitrag ist mir sehr dunkel - im Sinne der mythos-kritischen spätantiken Philosophie. Ein Mythos als für Wahr gehaltenes Ammenmärchen. Grob gesagt: Logos - Gut! und: Mythos - Böse! (Die Dinge und - marxistisch gedacht - die Problemlösung verschleiernd.) (Und vom literaturwissentschaftlichen, theologischen oder psychologischen Gebrauch will ich gar nicht anfangen.) Verwendet man den Begriff im von mir Alex zugeschreibenem Sinne, gibt es kaum eine Ähnlichkeit zwischen Fantasy und Mythos (denn es wird kaum einer Fantasy für Wahr halten). Verwendet man den Begriff im Mythologie-Kontext, dann kommt es sehr darauf an, welchen Zeitraum man bertachtet. Am Lagerfeuer im Neandertal dürft die Funktion eine erklärende gewesen sein: "Wieso rollt da eine leuchtende Kugel über den Himmel? - Siehst du diesen Mistkäfer hier? Der rollt eine Kugel vor sich her, genauso ist das mit der Kugel am Himmel - der Obergott hat dem göttlichen Mistkäfer den Auftrag erteilt, eine Kugel über den Himmel zu rollen." Der unterhaltende Aspekt war sekundär. In späterer Zeit, als eben der Mythos nicht mehr verstanden und von den Logos-Anhängern kritisiert wurde, war der erklärende gegenüber dem unterhaltenden Aspekt deutlich zweitrangig. Hier ist - imho - die Ähnlichkeit so groß, dass man überlegen kann beides mit denselben literarischen Mitteln zu fassen. BTW: Alex, Welche fassbare Grenze der wahnhaften Seite des Mythos soll denn wirken? Hmm, Gaiman sagt ja (zu uns'rem Thema) auch nicht viel mehr, als dass es Geschichten für Jungs, Mädchen und Männer (und impliziert: Frauen) gibt. Das habe was mit der Hauptfigur, aber auch mit dem Plot zu tun. Geschenkt, würde ich sagen. Ich wage einmal folgende These: Je anspruchsvoller eine Geschichte ist, desto eher wird sie Männern wie Frauen gleichermaßen gefällen und je schlichter eine Geschichte ist, desto leichter lässt sie sich als Männer/Jungs- oder Frauen/Mädchen-Sache (ab-)werten. Theophagos
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#19 de_sutton

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Geschrieben 24 Oktober 2006 - 07:50

Ich wage einmal folgende These: Je anspruchsvoller eine Geschichte ist, desto eher wird sie Männern wie Frauen gleichermaßen gefällen und je schlichter eine Geschichte ist, desto leichter lässt sie sich als Männer/Jungs- oder Frauen/Mädchen-Sache (ab-)werten. Theophagos

Das mag für Belletristik stimmen. Sieht es aber gerade hinsichtlich SF nicht so aus, dass Frauen tendenziell an Aliens, Zeit-Raum-Verschiebungen, K.I., Singularität und co eher weniger Interesse haben? Vinge, Stross, Reynolds sind meiner Meinung nach Autoren, die anspruchsvolle SF schreiben. Absolute Technik-Freaks. Nerds, die für Nerds schreiben. Eben Männer. Frauen suchen nach meiner Erfahrung eher andere (anspruchsvolle) Unterhaltung, da sie mehr Wert auf soziale Interaktion legen als auf kalte Techno-Prosa. Pro? Contra?

#20 Naut

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Geschrieben 24 Oktober 2006 - 08:39

Was hat denn Technophilie mit SF zu tun? Ich meine, natürlich gibt es SF, die sich auf Technikbegeisterung konzentriert, aber es gibt ja genauso viele Beispiele für das Gegenteil. Und bloß, weil in Deutschland dem Klischee des SciFi(!)-Nerds gefröhnt wird, muss das ja nicht der Wahrheit entsprechen.Meine Frau liest fast nie SF, weil andere Themen sie nun mal mehr interessieren, aber sie mochte z.B. Alan Dean Fosters "Die denkenden Wälder" und "Auch keine Tränen aus Kristall" sehr, ebenso das erwähnte "Die Frau des Zeitreisenden", und Wells "Die Zeitmaschine" liebt sie geradezu.SF ist wie jede Literaturgattung vielfältig genug, um für jeden etwas zu bieten, außer, man liest lieber Steuerratgeber oder die Bohlen-Biografie.
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#21 Thomas Sebesta

Thomas Sebesta

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Geschrieben 24 Oktober 2006 - 08:42

...Frauen suchen nach meiner Erfahrung eher andere (anspruchsvolle) Unterhaltung, da sie mehr Wert auf soziale Interaktion legen als auf kalte Techno-Prosa...

Dem stimme ich dem Grund nach zu, ob jedoch anspruchsvollere Lektrüre gewählt wird hängt wohl von der Betrachtungsweise und Wertigkeit ab. Wenn ich mal meine Frau betrachte, dann würde das nicht stimmen. Als kompetente, moderne, inteligente und gebildete Frau, die auch Technisches durchaus verwerten kann (naja, für eine Frau halt :fun: wählt sie in der Regel sehr gefühlsbetonte Leselektüre - sprich Liebesroman und -schnulzen von (manchmal) durchaus anspruchsvoller Qualität bis aber regelrecht unsäglicher Sentimentalität, das man, verwendet man es als Bettlektüre eine Unterlage benutzen müsste um zu verhindern, dass das Schmalz Flecke in der Bettwäsche erzeugt. Von Zeit zu Zeit tauschen wir manchmal die Lektüre - und ich habe auf diesem Weg auch schon sehr schöne Bücher zu lesen bekommen. Umgekehrt konnte ich auch bei sehr sorgfältiger Auswahl eine anerkennende Bemerkung über ein Fantasybuch erreichen (bei SF konnte mir das noch nicht gelingen). Diese Erfahrung ist auch übertragbar auf einen sehr großen Teil unseres Freundeskreises. Zusammenfassend würde ich aus meinen Beobachtungen resümieren, dass Männer im Buchsektor einem größeren Fundus schöpfen können - von Sachbüchern verschiedenster Richtungen über Fantasy, SF bis zu Thriller-Krimi. Frauen wählen mehr den Zeitschriftenbreich (mit Mode, Gesellschaftberichte, undso) und wenn Buch, dann eher den gefühlsbetonten Bereich der Literatur (Liebesroman in allen Ausprägungen - jedenfalls beziehungsorientiert), wobei der Krimi irgendwo ein gemeinsames Mittel zu sein scheint. Gruß Thomas

Thomas Sebesta/Neunkirchen/Austria

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#22 de_sutton

de_sutton

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Geschrieben 24 Oktober 2006 - 09:23

@naut:Gegenfrage: Haben Fantasy-LARPs eine Gummischwertphilie?Nerds gibt es überall, manch einer ist sogar stolz darauf, einer zu sein. Und da sich gleich und gleich gern gesellt, schreiben wir im SF-Buchforum und nicht im Belletristikforum der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.SF und Fantasy haben bisweilen hohe literarische Qualität, doch aus der Genre-Ecke ist bislang nur der Krimi ins Licht der sogenannten E-Kultur getreten. Obwohl Phantastische Literatur vielfältiger ist, als Bohlen-Biografien, wird sie nur am Rande wahrgenommen. Für SF und F dürfte es also noch ein längerer Weg sein, vom Feuilleton oder gar der Literaturkritik anerkannt zu werden.

#23 Naut

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Geschrieben 24 Oktober 2006 - 11:07

SF und Fantasy haben bisweilen hohe literarische Qualität, doch aus der Genre-Ecke ist bislang nur der Krimi ins Licht der sogenannten E-Kultur getreten. Obwohl Phantastische Literatur vielfältiger ist, als Bohlen-Biografien, wird sie nur am Rande wahrgenommen. Für SF und F dürfte es also noch ein längerer Weg sein, vom Feuilleton oder gar der Literaturkritik anerkannt zu werden.

Jein. Es gibt eine Reihe von SF-Büchern, die durchaus anerkannt wurden, allerdings wird diesen Werken dann gern das Label "SF" abgesprochen, so nach dem Motto: Wenn es gut ist, kann es ja gar keine SF sein.
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#24 de_sutton

de_sutton

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Geschrieben 24 Oktober 2006 - 11:14

Jein. Es gibt eine Reihe von SF-Büchern, die durchaus anerkannt wurden, allerdings wird diesen Werken dann gern das Label "SF" abgesprochen, so nach dem Motto: Wenn es gut ist, kann es ja gar keine SF sein.

Eben. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf. In den feuilletonistischen Olymp werden höchstens Asimovs, Lems oder Strugatzkis vorgelassen. Alle anderen sind Phänomene, die mit Hochkultur nichts zu tun haben dürfen.

#25 Morn

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Geschrieben 24 Oktober 2006 - 11:21

Sieht es aber gerade hinsichtlich SF nicht so aus, dass Frauen tendenziell an Aliens, Zeit-Raum-Verschiebungen, K.I., Singularität und co eher weniger Interesse haben? Vinge, Stross, Reynolds sind meiner Meinung nach Autoren, die anspruchsvolle SF schreiben. Absolute Technik-Freaks. Nerds, die für Nerds schreiben. Eben Männer.

Frauen suchen nach meiner Erfahrung eher andere (anspruchsvolle) Unterhaltung, da sie mehr Wert auf soziale Interaktion legen als auf kalte Techno-Prosa.

SF und Fantasy haben bisweilen hohe literarische Qualität, doch aus der Genre-Ecke ist bislang nur der Krimi ins Licht der sogenannten E-Kultur getreten. Obwohl Phantastische Literatur vielfältiger ist, als Bohlen-Biografien, wird sie nur am Rande wahrgenommen. Für SF und F dürfte es also noch ein längerer Weg sein, vom Feuilleton oder gar der Literaturkritik anerkannt zu werden.

In der SF geht es ja nicht nur um "Aliens, Zeit-Raum-Verschiebungen, K.I., Singularität und co". Das duerfte aber wohl ein relativ weit verbreitetes Vorurteil sein. Es gibt und gab auch viele Romane, in denen die Technik nicht im (oder nicht nur) im Vordergrund steht. (Beispiele: Theodore Sturgeon "Die Ersten ihrer Art", Ursula K. LeGuin "Die linke Hand der Dunkelheit", Joanna Russ "Eine Weile entfernt") Manches davon wir dann in letzter Zeit auch oft als "Social Fiction" bezeichnet. Oder es wird erst gar nicht mehr mit dem Label "SF" (oder F) versehen (Audrey Niffenegger "Die Frau des Zeitreisenden"). Dazu zwei Zitate aus dem letzten Krise-der-SF-Thread:

von molosovsky:

Unterm strich: ich finde die these, daß vor lauter zukunft, die bereits gegenwart ist, die SF sich in den mainstream (und damit die ›Allgemeinen Reihen‹ von verlagen) wechselt sinnig. Statt von einer krise zu sprechen könnte man schlicht auch sagen: »Die SF hat gewonnen!« Ich geb aber zu, daß die oberfläche der hiesigen bücherwelt andere schlüsse nahelegt.

und von eRDe7:

Ansonsten gefällt mir Deine [oben zitierte] Aussage, dass man sagen könnte, die SF hätte "gewonnen". Die SF ist tatsächlich inzwischen im Mainstream und der sog. "Hochliteratur" zuhause.

de_sutton, bist Du nicht auch dieser Meinung? Hat es die SF nicht geschafft (auch wenn sie vielleicht nicht als solche (an)erkannt wird)? Wird sie dann nicht auch gleichermassen von den Geschlechtern gelesen?

#26 de_sutton

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Geschrieben 24 Oktober 2006 - 13:28

Jetzt sind wir aber vom Thema des threads abgedriftet. Ich suche mal, ob die Diskussion um die Einsortierung von SF/F in Hoch-, Mittel- oder Tiefkultur schon an anderer Stelle geführt wurde. Vielleicht findet Ihr ja etwas, ansonsten können wir ja einen neuen thread sticken. Zum generellen Frauen/Männer-Diskurs gibt bei spiegel.de gerade einen schönen Artikel mit sehr polemischem Titel, der uns vielleicht bei der Frage nach eventueller geschlechtsspezifischer Vorlieben weiterhilft: http://www.spiegel.d...,444343,00.html Gut, dass Thea Dorn "nur" Krimis schreibt... :D

#27 molosovsky

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Geschrieben 24 Oktober 2006 - 14:38

mainstream schreibt SF: Ich hab ja mal Sorokin, Ruffin in die DB eingepflegt. Hat sich aber noch keiner außer mir für interessiert.neueste nachrich: Jakob Ajourni (bekannt durch seine Frankfurt-krimis und erzählungen) legt mit CHEZ MAX einen gesellschafts-kritischen SF-roman vor (so europa in ein paar jahrzehnten). Nenn ich ne sehr gute nachricht, und nicht vergessen: Vergangenheit ist futsch, zukunft rückt fortwährend nach - deshalb: wir haben gewonnen ohne uns anzustrengen!GrüßeAlex / m.†”

MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.

Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.

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#28 Black Cat

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Geschrieben 30 Oktober 2006 - 14:07

Dann kehr ich mal zur Originalfrage zurück (Ich versuche es, weiß aber nicht, ob ich jetzt wen wiederhole, hab nämlich ein bißchen den Überblick verloren).

Ansonsten: heikles henne/ei problem. Zeitigen die biologischen unterschiede merkliche psycho-kulturellen unterschiede, oder eben nicht? Müßt ich mich erst ein wenig einlesen, bevor ich da meinungen wage.

Abgesehen davon, daß du ein wenig klingst wie Siebente Schwester der Kriegslisten vom Stamm der Kritiker aus Charles Stross' "Singularität" (was kein Nachteil ist, mir nur auffiel) muß ich dir Recht geben. Ähm. Was ich meine, ist folgendes: Du kannst mit so großer Sicherheit, wie ich als Nicht-Wissenschaftlerin dir garantieren kann, davon ausgehen, daß es einhergehend mit dem Unterschied im biologischen Geschlecht auch Unterschiede im gesellschaftlichen Verhalten gibt. Meistens.
Darum behaupte ich: Frauen stehen tendenziell mehr auf Fantasy als auf SF (so meine Erfahrung). Und einige von ihnen stehen insbesondere auf furchtbar scheußlich-schnulzige Fantasy (nichts gegen ein bißchen Romantik, aber das is kein Zustand!!!). Entschuldigung, das mußte ich jetzt loswerden.

---

Zurück zum Thema:
Viel wichtiger ist aber meines Erachtens auch der Charakter. Ängstliche kleine Wesen mit zarten Nerven sollten vielleicht bei ihren Einhörnchen und Feechen bleiben, anstelle sich Resident Evil zu Gemüte zu führen. Und [hier einen bösen Kommetar über Spießer und gute Literatur einfügen] :whistling: . So. Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, daß technisch orientierte SF eher Männerdomäne ist (Ich gestehe. Ich bin ein Mannweib. :aliensmile: ), andernfalls würde es wohl kaum so viele weibliche StarWars-Fans geben, oder? (So gut sehen Skywalker und Solo nun auch wieder nicht aus.) Und die ganzen technisch versierten Frauen, die ich kenne, haben kein Interesse an SF.
Darum:

Tötet die Bodenständigkeit den Markt für SF-Literatur? :aliensmile:

---

Ich sage:

Mädelz, lest mehr SF! (Warum nicht mal Cybersex? ;) )

Also, packt eure hübschen Hintern in die Pilotensitze, schnallt euch an und fahrt die Reaktoren hoch. Wir veranstalten ein Rennen in den Outer Rim. Krallt euch die Faser*-Geschütze, ich will, daß die Fetzen fliegen. Für abgebrochene Fingernägel gibts Bonuspunkte. Möge die Beste gewinnen!

*Faser: "Furionen-Laser". Furionen sind hochenergetische Partikel Dunkler Materie, eine Art Gegenstück zu Photonen (also gleichzeitig auch Dunkle Strahlung: "Schwarzes Licht", nicht verwechseln mit Schwarzlicht = UV). Ich hab' sie Furionen getauft, weil sie sie so schöne Knalleffekte produzieren. Ein Schatten-Laser, wenn man so will, hehe. (Mehr dazu, sobald mein Projekt online ist.)

---

Okay, genug geschwafelt.

Gruß,

Black Cat

P.S.: molosovsky, es gibt tatsächlich Männer, die Sex and the City schauen.
Honni soit, qui mal y pense.

#29 Naut

Naut

    Semantomorph

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Geschrieben 30 Oktober 2006 - 14:47

P.S.: molosovsky, es gibt tatsächlich Männer, die Sex and the City schauen.

Ja, mich. Wenn man sich erstmal an die seltsam überdrehte Erzählweise gewöhnt hat, entwickelt die Serie eine sehr eigene Faszination.
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#30 emphyrio

emphyrio

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Geschrieben 30 Oktober 2006 - 17:04

Könnte es sein, dass die meisten hier vertretenen Frauen SF lesen, weil sie sonst nicht hier wären? Das wird totsicher keine repräsentative Umfrage. :devil: Ich glaube aber, es gibt durchaus eine große Anzahl von Frauen, die keine schnulzige Fantasy lesen. Außerdem gibt es ganz unschnulzige Fantasy, zB. die Borribles von deLarrabeiti. Am Ende kommt man auf "Frauen lesen Schnulzen, Männer lesen Schiessereien", egal ob mit Raumschiff oder Drachen. Oder? Oder nicht?


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