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Zwischentöne?


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#1 Yoscha

Yoscha

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Geschrieben 30 November 2006 - 21:35

Cyberpunk Kultur - Zwischentöne
WeepingElf - 18.11.2005, 13:40 Uhr
Titel: Zwischentöne
Hallo!

Wenn ich mir die üblichen SR- und CP2020-Runden so ansehe, oder diverse Stories im Netz, dann frage ich mich mitunter: Wo bleiben die Zwischentöne?

Ich meine: in der CP-Literatur, selbst in den "Klassikern" des Genres, wird die Welt meistens deutlich differenzierter beschrieben als in vielem von dem, was das Fandom so hervorbringt. Gerade in den Rollenspielen werden ja mit Vorliebe Klischees bedient.

Nehmen wir zum Beispiel Gibsons Roman Count Zero. Zwei der drei Protagonisten - der jugendliche Hacker Count Zero und der Abwerbespezialist Turner - sind "typische" CP-Figuren. Aber die dritte Protagonistin (Marly) ist eine Kunsthändlerin, eine Intellektuelle, eine Angehörige der Mittelschicht, die weder auf der Straße lebt noch eine Konzernsklavin ist. Das Paris des späten 21. Jahrhunderts, in dem sie lebt, scheint sich nicht allzu stark von dem Paris von heute zu unterscheiden. Man gewinnt den Eindruck, dass die Welt der Neuromancer-Trilogie eben doch nicht so homogen düster ist, wie viele CP-Fans sich vorstellen - Gibsons Europa ist anscheinend doch das "alte Europa", wie wir es kennen. In Mona Lisa Overdrive sagt in einem der Kumiko-Kapitel jemand, dass es in England noch eine Regierung gäbe, die nicht käuflich sei.

Noch mehr Zwischentöne finden sich in Sterlings Grüne Tage in Brunei und Inseln im Netz. Die Rizome Corporation in letzterem Roman ist eine sehr zivilisierte, demokratisch organisierte Angelegenheit, die mit den "typischen" CP-Konzernen nur so viel gemein hat, dass es halt eben ein großes Wirtschaftsunternehmen ist, um nur ein Beispiel zu nennen.

Dreifinger-Faultier - 01.12.2005, 12:35 Uhr
Hm.... wo sie bleiben? Die muss man schon einbauen... Winken nee also im ernst, ich bemühe darum in meiner Spielrunde sehe die Sache auch grundsätzlich etwas anders. Meine Spieler spielen Cyberpunks und für die ist die Welt düster (und es gehört auch zum stil der Charaktere) und die meisten haben auch nicht gerade eine hohe Bildung, können sich kaum etwas anderes vorstellen. Wie schon gesagt es handelt sich hier nur um die meisten der Charaktere, die leben allein schon von ihrer Vorstellungswelt - in einer düstern cyberpunk Welt.
Hier und da lass ich sie mal über den Tellerrand schauen und sie ein wenig überrascht sein, so sehen Zwischentöne bei mir aus...... auch wenn ich es einmal schön fände es anderherum zu betreiben, eine Kunsthändlerin die in Dunkelheit eintaucht, als PC - aus was für gründen auch immer und davon total geschockt/überwältigt ist. Nur wollte bisher einfach keine direkt einen zwischenton bei mir spielen..... oder ihre Charaktere war dennoch zu cool um sich den kultur schock anmerken zu lassen.

hal-o-term - 01.12.2005, 16:34 Uhr
Ich schreibe seit ca. 2002 an einer Geschichte namens "Somebody's Paradise". D.h. das letzte Mal habe ich an ihr... Anfang 2005 geschrieben, nun... Sie ist aber nicht gestorben.

Jedenfalls... hat sie auch Cyberpunk-Elemente, ich halte es aber so, dass es mehrere Ebenen gibt. Eben nicht nur das düstere, hoffnungslose Element, sondern auch Leute, denen es gut geht, die nicht kriminell sind, sondern auch von der Herrschaft der Konzerne profitieren, indem sie deren technische Errungenschaften so ziemlich genauso konsumieren, wie wir es tun.

Die Kluft zwischen diesen Gruppen ist nur viel viel größer.

WeepingElf - 01.12.2005, 16:52 Uhr
Wer hätte das gedacht: es gibt doch noch Meinungen zum Thema "Zwischentöne"

Bei dieser Gelegenheit möchte ich ein paar Dinge von der Welt erzählen, die ich momentan für meine eigenen Stories und evtl. für eine spätere Rollenspielrunde am Zusammenbasteln bin. Diese Welt hat klar cyberpunkige Züge, ähnelt aber mehr der Welt von Inseln im Netz als der von Neuromancer, und ist eine Welt voller Kontraste und - wer hätte das gedacht Smilie - Zwischentöne.

In meiner Welt des Jahres 2020 haben sich die EU und die USA in unterschiedliche Richtungen entwickelt. Die USA werden diktatorisch von den Republikanern beherrscht (also nicht viel anders als jetzt schon), immer mehr Staatsfunktionen werden privatisiert, die Konzerne sind praktisch extraterritorial. Dort sieht es "typisch cyberpunkig" aus. In der EU hingegen ging der Trend eher nach links, es dominieren Sozialdemokraten in Koalitionen mit Grünen und anderen kleineren Parteien der Linken und der linken Mitte. Es gibt immer noch mächtige Konzerne in Europa, aber im Gegensatz zu den USA und deren Verbündeten sind sie an Recht und Gesetz gebunden. Zwischen der EU und den USA ist ein neuer kalter Krieg ausgebrochen, in dem es auch um Umweltpolitik geht (die USA verhalten sich immer noch verantwortungslos, während in Europa die Energiewende in vollem Gang ist), und die NATO gibt es nicht mehr.

Der chinesische Boom fand um 2010 ein jähes Ende. 2009 versuchte die VR China, Taiwan zu erobern, wich dann aber vor der Machtdemonstration der USA zurück. Die Folge war ein US-amerikanisches Handelsembargo gegen die VR China, und eine politische Krise in China selbst, die schließlich zum Ausbruch eines Bürgerkrieges mit Millionen von Toten führte.
Seit 2017 besteht zwischen der neoliberal orientierten Küstenrepublik und dem neo-maoistischen Inland ein brüchiger Waffenstillstand.

Es gibt also Gegenden, in denen es wirklich düster aussieht, aber auch Regionen in der Welt, in denen das Leben eigentlich nicht schlechter ist als heute.

hal-o-term - 01.12.2005, 16:55 Uhr
Hehe, das mit Taiwan findet bei mir auch statt. Allerdings unterstützt der Westen bei mir China mit von Konzernen bereitgestellten CHIFOR-Truppen (die Bezeichnung ist angelehnt an SFOR, IFOR etc.), weil man den neuen Markt nicht verlieren will. Dieser Krieg ist dann auch Auslöser für die persönliche Krise meines eines Haupt-Protagonisten.

Dreifinger-Faultier - 01.12.2005, 18:06 Uhr
auf alle fälle sind zwischentöne wichtig - für cyberpunk im allgemeinen, in dem die komplexität und nicht nur, ein schwarz/weiss schema, einer düster oder heiteren hellen zukunft zum ausdruck kommt, eigentlich verschiede grautöne. Den gerade die kompexität macht, für mich, auch ein gutes stück cyberpunk aus, ein part der in den welt meist zu einer realitätsflucht führt.... oder zumindest damit in zusammenhang steht

scal - 02.12.2005, 19:31 Uhr
So ghört es ich ja auch, viel grau und etwas schwarz und sehr wenig weiss.
Ich muss mal sehen, ob wir es schaffen, ne genauaere Aufstelung der Dinge im Dead-Channel zu erstellen...

WeepingElf - 08.12.2005, 17:57 Uhr

scal hat folgendes geschrieben::

So ghört es ich ja auch, viel grau und etwas schwarz und sehr wenig weiss.


Und hier und da darf auch mal ein Farbtupfer drin sein.

Arkam - 23.09.2006, 13:07 Uhr
Hallo zusammen,

gerade bei den diversen Rollenspielen ist es leider so das Zwischentöne Recourcen für etwas was man wahrscheinlich nie verwenden wird abzieht.
Gerade bei größeren Gruppen oder Gruppen die sich selten treffen gehen solche Zwischentöne dann auch leider schnell verloren.

Gruß Jochen
Willkommen am Teufelsmeer.
Eine nicht ganz ernsthafte Zukunftsvision.
Coming Soon.


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