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Sternennebel


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11 Antworten in diesem Thema

#1 Dave

Dave

    Hamannaut

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Geschrieben 06 Januar 2007 - 00:34

Adam Roberts
Sternennebel
(Salt)
Heyne 12/06

In seinem neuen Roman erzählt der gefeierte Autor von „Sternenstaub“ von der Besiedlung des Planeten Nebel-2, die zunächst euphorisch, doch dann immer schwieriger verläuft: Denn unter den Kolonisten von der Erde bilden sich schon bald zwei Fraktionen, die sich mit allen nur erdenklichen Mitteln bekämpfen - und damit die Existenz ihrer neuen Welt gefährden.
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Ich kann mich entsinnen, dass mir der Lesezirkel zu Sternenstaub gut gefallen hat, obwohl ich währenddessen einige Nerven gelassen habe. Das liegt in erster Linie daran, dass der Autor offensichtlich den Schalk im Nacken hat (er schreibt auch Parodien) und sich so einige Scherzchen mit dem Leser leistet. Allerdings hat mir sein Schreibstil stellenweise sehr imponiert, Grund genug, einen Blick in Sternennebel zu werfen. Zudem ist Kolonisierung für mich immer ein besonders interessantes Thema.

Die ersten anderthalb Seiten sind zum Dahinschmelzen, so erstaunlich gut geschrieben (in einer Übersetzung von Alfons Winkelmann), dass ich sie gleich mehrere Mal lesen musste. In fast poetischer Manier ist hier von Salz die Rede, wie es in der Substanz widersprüchlich und der Mensch dabei in seiner elementaren Eigenart selbst salzig ist.
Da ist der Jammer umso größer, als ich nach dem ersten Viertel das Buch zur Seite legte und es vermutlich in absehbarer Zeit nicht zu Ende lesen werde.

Die Geschichte wird erzählt aus der abwechselnden Sichtweise zweier Protagonisten. Zunächst berichtet Petja von seiner entbehrungsreichen Reise, zumindest von der Zeit, die er nicht in einem künstlichen Tiefschaf verbringt. Hier ist sehr eindringlich von der klaustrophobischen Enge, den Entbehrungen, der psychischen Belastung und dem körperlichen Verfall, der zu erdulden ist, die Rede.
Nun schwenkt die Aufmerksamkeit zu Barlei, welcher sich auf der selben Reise befindet, was mich zunächst leicht, dann doch ganz erheblich verwundert hat. (Die Distanz wird in einer Mischung aus Raumschiff und Komet überbrückt). Nun geht es um Geräumigkeit, die sich immer weiter aufschaukelt, bis nicht nur ganze Football-Turniere veranstaltet werden, sondern gar Geschütze in Position gebracht werden und Kriege (!) ausgefochten werden. So wird einem schnell klar, dass diese völlig absurde Darstellung allein das Gedankenexperiment des Autors ist und mit SF eigentlich eher marginal etwas zu tun hat.
Um die Atmosphäre dann noch komplett gegen die Wand zu fahren, wird nach Ankunft auf dem Zielplaneten in Windeseile Land und Leute verteilt, samt passenden Staudamm. Dazu benötigt der Autor kaum mehr als eine Buchseite.
Gut, das Hintergründige könnte so manchen interessieren, als SF-Roman ist dieses Buch in meinen Augen aber absolut nicht zu empfehlen.

#2 Christian Günther

Christian Günther

    Cybernaut

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Geschrieben 06 Januar 2007 - 01:47

Da hast du mir das Topic quasi vor der Nase weggeschnappt, ich lese auch gerade dieses Buch und interessiere mich dafür, was andere davon halten. Ich kann mich deiner Meinung auch im Großen und Ganzen anschließen.Die ersten Seiten fand ich jetzt zwar nicht so packend wie du, aber die Ungereimtheiten im weiteren Verlauf des Buches stören schon und schaden der erzeugten Atmosphäre.Dass Barlei und Petja in zwei verschiedenen Schiffen unterwegs sind (insgesamt wurden zwölf Schiffe an den Kometen angehängt), und diese ja nicht unbedingt die gleiche Größe aufweisen und die gleiche Zahl an Kolonisten beherbergen müssen, kann ich hinnehmen.Aber dass das gesamte Buch nur aus Tagebucheinträgen von Barlei und Petja besteht, stört mich schon arg. So werden große Teile der Geschehnisse lediglich aus zweiter Hand beschrieben, man "erlebt"jedoch nichts davon.Die alte Geschichte von "show, don't tell". So fehlt einfach die Faszination der Welt, die Schilderungen sind sehr nüchtern und ich kann die fremde Atmosphäre des Planeten nicht richtig wahrnehmen. Ich bin z.Zt. ca. auf Seite 180, die Tagebuchform löst sich langsam etwas auf, die Einträge werden mit mehr Dialogen aufgelockert, was ein wenig den Aschein erweckt, als habe der Autor gemerkt, dass die vorgesehene Schreibweise sich nicht für einen kompletten roman eignet.Keine Frage, der Mann hat es stilistisch, und, soweit ich das beurteilen kann, fachlich drauf, aber fesselnd ist das Buch deshalb noch lange nicht.

#3 Dave

Dave

    Hamannaut

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Geschrieben 06 Januar 2007 - 02:45

Hallo Christian,

Dass Barlei und Petja in zwei verschiedenen Schiffen unterwegs sind (insgesamt wurden zwölf Schiffe an den Kometen angehängt), und diese ja nicht unbedingt die gleiche Größe aufweisen und die gleiche Zahl an Kolonisten beherbergen müssen, kann ich hinnehmen.

Ich hatte dieses anschauliche Bild von den Perlen an einer Schnur zwar im Sinn, die der Komet hinter sich her zieht, aber das passte für meine Begriffe nicht zu diesem Gigantismus. Dies ist rein organisatorisch allein schon Unsinn (Klassenunterschiede), finde ich. Nach dem Motto, wir packen uns den Kofferraum auch gleich mit Problemen voll. Ich drücke die Daumen, dass Du es bis zum Schluss schaffst... :rolleyes:

Bearbeitet von Dave, 06 Januar 2007 - 02:47.


#4 Rusch

Rusch

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Geschrieben 06 Januar 2007 - 03:49

Hehe, ich wusste genau, warum ein Roberts für micht genug ist. Mir hat Stone schon nicht so richtig gefallen und ich habe erwartet, dass es bei diesem Buch ähnlich sein würde. Wenn ich lese, was ihr so schreibt, dann lag ich goldrichtig.

#5 Dave

Dave

    Hamannaut

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Geschrieben 06 Januar 2007 - 04:24

Hehe, ich wusste genau, warum ein Roberts für micht genug ist.

So eine Ahnung hatte ich auch, allerdings hatte ich gehoffte, dass es mir wie mit Iain Banks gehen würde. Das nämlich die die zahlreichen guten Passagen es einfach wert sind gelesen zu werden.
Hier bei Sternenebel zieht Roberts den Karren dadurch nicht mehr aus dem Mist, befürchte ich.

Ich hoffe nur, ich lerne meine Lektion, denn demnächst heisst es ja:

Sternensturm

:rolleyes:

#6 Teletubbie

Teletubbie

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Geschrieben 06 Januar 2007 - 05:02

Also ich hab ihn auch vor kurzem gelesen.Ich schließe mich an. Es gehört zu den Büchern, die ich schnell gelesen hab. Davon gibt es zwei Sorten. Die eine Sorte lese ich schnell und aufmerksam durch. Schnell in dem Sinne, dass ich nur ein Paar Tage für brauche. Dafür geht anderer Freizeit drauf. Zu der Sorte gehörte Sternennebel nicht. Ich hab es schnell gelesen, weil ich irgendwann angefangen hab Sätze und Passagen weg zu lassen oder nur stichwortartig zu lesen.Aber ich will ihn nur subjektiv verreissen, da mein Buchhändler ihn mir aufgrund von Empfehlungen anderer Kunden empfohlen hat. Mein Buchhändler ist ok., deshalb denke ich, dass es vielleicht auch Leute gibt, denen das Buch gefällt.In diesem Sinne ...

#7 Rusch

Rusch

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Geschrieben 06 Januar 2007 - 06:08

Du kannst immer nur Subjektiv vorgehen. Wenn man so in Fantasy Foren reinliest, dann kann man nur den Kopf schütteln, was die Kiddies so gut finden. Es ist halt so, dass die nicht so viel kennen und davon ausgehen, dass sie der Weißheit letzten Schluss gelesen hätten. Wir sagen dann aber: Hey, das ist eine billig Tolkien Kopie, mit hölzernen Charaktären, einer vorhersehbaren Handlung, verfasst von einem wahrhaft untalentierten Schreiber, der dies nur nach der dritten Umschulung macht. Aber wenn Du so etwas schreibst, dann fangen sie zum Weinen an und deshalb halte ich mich immer ganz dezent zurück und denke mir meinen Teil. :rolleyes:

#8 Kopernikus

Kopernikus

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Geschrieben 06 Januar 2007 - 16:36

Dies hier bestätigt meine Eisntellung zu dem Buch, "Sternenstaub" war zwar keine hundertprozentige Pleite aber begeistert hat es mich genau so wenig. Nachdem was man hier ließt, scheint dieser Band in eine ähnliche Richtung zu gehen, insofern danke für die Warnung :rolleyes:

#9 Anno

Anno

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Geschrieben 07 Januar 2007 - 20:37

Moin!Ich bin so ziemlich im letzten Romanviertel angelangt. Der Roman ist wirklich schnell wegzulesen und transportiert eine sehr einfach gestrickte Aussage. Roberts hat die gesellschaftlichen/religiösen Konflikte unserer Welt einfach in den Weltraum und einem recht lebensfeindlichen Planeten versetzt. Anstatt sich gegenseitig zu helfen und so eine vernünftige und tragfähige Existenz aufzubauen, kommt es aufgrund haarsträubend anmutender Mißverständnisse zu einem kriegerischen Konflikt, der schnell auf alle Nationen/Raumschiffbesatzungen übergreift. Konnte mich die Beschreibung des Planenten Salt zu Beginn noch faszinieren, so verlor sich dies sehr schnell im Verlaufe der Handlung. Momentan ist diese auf dem Niveau eines schnell zu konsumierenden Action-Romans angelangt und unterscheidet sich für mich nicht allzusehr von den einfacher gestrickten Military-SF-Werken. Da der Autor die Handlung aus der Sicht zweier Hauptbeteiligter in einem tagebuchähnlichen Stil präsentiert und so seine eigene Stimme so gut wie gar nicht zum tragen kommt, muss er wohl bei einer Beschreibung der Ereignisse bleiben. Hier liegt aus meiner Sicht einer der Schwachpunkte in der Romankonzeption. GrußAndreas

#10 Sullivan

Sullivan

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Geschrieben 09 Januar 2007 - 23:30

Das sind ernste Warnungen, um das Erstlingswerk von Roberts nicht anzufassen. Was nützen gute Ideen, wenn sie das Gerüst für eine krude Story abgeben müssen. Die Kritiken für "Polystorm" (Sternensturm) verheißen ebenfalls nichts gutes, obwohl sich die Zusammenfassung toll liest.Sullivan

#11 Christian Günther

Christian Günther

    Cybernaut

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Geschrieben 10 Januar 2007 - 13:12

So, es ist nun vollbrahct, ich habe mich tapfer durch dieses Buch hindurchgebissen.Zum Ende hin wurde ich dabei immer schneller, aber nicht, weil es so fesselte, sondern weil ich immer flüchtiger und desinteressierter lese, und teilweise ganze Passagen nur noch überflog.Hier noch ein paar Eindrücke, könnte sein, dass ich da ein wenig SPOILERE, aber da es ohnehin keine Überraschungen im Plot gibt, ist das vielleicht gar nicht so tragisch.Die Handlung tröpfelt das ganze Buch lang bedächtig dahin. Das Umschalten zwischen den beiden Tagebuchschreibern Petja und Barlei beschert dem Leser oft aufeinanderfolgende Schilderungen derselben Ereignisse. Aus verschiedenen Blickwinkeln, okay, aber trotzdem ermüdend.Das Verhalten der Hauptfiguren wirkte auf mich die ganze Zeit über befremdlich und seltsam kindlich naiv. Roberts wollte wohl deutlich machen, wie unterschiedlich Menschen aus der anarchischen Umgebung und wie im Gegensatz dazu Menschen aus der strengen, hierarchischen Gesellschaft dieselben Ergeinisse sehen. Aber dass sie so überhaupt nichts voneinander zu wissen scheinen, nicht lernfähig sind im Umgang miteinander und sich wirklich selten blöde anstellen, wirkt sehr skurril. Die Handlung birgt eigentlich keine weiteren Überraschungen, die Schiffe der Siedler kommen auf dem Planeten an, die Siedlungen werden errichtet. Es wird schon zu Beginn ein kommender Krieg erwähnt, der dann auch stattfindet, eine Partei wird fast besiegt und zieht sich zu einem Partisanenkampf in die Berge zurück. Fertig.Dass im letzten Kapitel noch eine der Nebenfiguren mit einer nachgereichten, seitenlangen Vorstellung breit eingeführt wird, nur um dann das Buch enden zu lassen, ist mir schleierhaft.Alles in allem ein wie ich finde ärgerliches Buch. Warum ein Verlag wie Heyne so etwas veröffentlicht, wo der Autor doch eindeutig darauf verzichtet, ein spannendes Szenario, ein interessantes Setting oder tiefe Charaktere zu entwickeln, ist mir schleierhaft.So, genug aufgeregt.

Bearbeitet von Christian Günther, 10 Januar 2007 - 13:14.


#12 Dave

Dave

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Geschrieben 18 Januar 2007 - 16:15

Alles in allem ein wie ich finde ärgerliches Buch. Warum ein Verlag wie Heyne so etwas veröffentlicht, wo der Autor doch eindeutig darauf verzichtet, ein spannendes Szenario, ein interessantes Setting oder tiefe Charaktere zu entwickeln, ist mir schleierhaft.

So sehe ich es auch, wobei ich es nicht als einen Einzelfall bei Heyne ansehe.
Ich habe da eine ganz schlichte Vorstellung, man orientiere sich einfach an Autoren, die eine Leidenschaft für das Genre aufbringen und mit einer gewissenhaften Ernsthaftigkeit das Thema angehen, das sie sich ausgesucht haben.

Ich denke, das Buch ist an dem SF-Fan vorbei geschrieben und die eigentliche Qualität, so sie denn vorhanden ist, müsste man vielleicht an anderer Stelle beurteilen.

Monieren möchte ich auch, dass man anhand des Klappentextes nicht ahnen kann, dass es sich um so etwas wie experimentelle Science Fiction handelt, um einmal einen halbwegs positiven Begriff zu benutzen.
Wenn schon solche problematischen Werke, dann sollten die Leser doch vorher eine ungefähre Ahnung haben, worauf sie sich einlassen.

Und wenn es schon um seltsame Bücher geht, die vielleicht (oder in diesem Falle hoffentlich) nicht so viele Leser finden, warum dann nicht wenigstens welche, die bezüglich der SF ins Schwarze treffen?
(Da könnte es Heyne zB. einmal mit Schild†™s Ladder, dem letzten Roman des Ausnahmeautoren Greg Egan, probieren...)


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