Kennt jemand schon den neuen SF-Film von Regisseur Tony Scott? (Nicht verwechseln mit Ridley Scott, wie's mir gerade geschah...) Eigentlich eine Krimi-Romanze mit SF (und einigen erstaunlichen Effekten - FX), über einen US-Beamten aus einer Spezialabteilung (dem "AFTE") des Justice Department, der als Berater einer Untersuchung in eine ungeheure Explosion einer Stadt-Fähre dem FBI zugeordnet wird, weil es dabei um die 500 Opfer gab, und sie waren fast alle Mitglieder oder Familienangehörige der US-Navy. Man wittert also ein neues "9/11".
Neben den "CSI-Elementen" inkl. der sehr effektvollen Explosion am Anfang war es den Kreativen (u.a. Produzent Bruckheimer) wohl wichtig eine aktuelle Geschichte zu erzählen, weswegen die superschlaue AFTE-Spürnase auch niemand anders als Denzel Washington ist, und er ermittelt immerhin in New Orleans, nach Katrina! Washington spielt den AFTE-Mann Carlin sehr gut, und schon wegen ihm ist der Film hineingehenswert. Auch gibt es eine halbvirtuelle Autohetzjagd, die sich gewaschen hat.
Ich möchte hier aber einen anderen Aspekt besprechen: Die frappierende Ähnlichkeit des Plotkonzeptes, und der 2 Hauptprotagonisten, mit einem über 60 Jahre alten Klassiker - Otto Premingers Laura (s. Cover im Anhang unten), mit Dana Andrews als Cop und Gene Tierney als (angebliches) Mord-Opfer. Warum wurde dieser Plot in seiner Essenz kopiert, und dann in eine SF-Fassung gefasst?
(Ab hier SPOILERt der Rest dieses Posts nur noch! Im alten Film untersucht ein Detektiv einen brutalen Mord einer jungen allseits beliebten Anzeigen-Unternehmerin (Tierney); ihr Körper wird im Negligé in ihrem Appartement gefunden, das Gesicht mit einer Ladung Schrot weg geblasen. Zwei Umwerber, des einen Geliebte und eine Bedienstete kommen in Frage. Außerdem verknallt sich der Cop in die Erinnerung der toten Frau, so wie sie ihm von den Verdächtigen geschildert wird, und von einem großen Gemälde in ihrer Wohnung, das er immer wieder anstarrt. Nach einer Weile wagt einer der beiden Männer ihm sogar vor zu werfen, er hätte sich in eine Leiche verliebt. Auf einmal aber erscheint die "Tote" wieder quicklebendig nach einem längeren einsamen Land-Wochenende und alles wird neu aufgemischt. Der Rest des Films wird ein erstaunliches Rennen gegen die Zeit mit dem Mörder, der erneut versucht, sie aus zu löschen. Der Cop kann sie aber davor gerade noch schützen.
Diese relativ markanten Plotelemente zeigt Déjà Vu auch auf. Ich stelle mir also vor, dass die Drehbuchautoren sich überlegten, wie man diese Geschichte in Zeiten von "CSI" aktuell wieder erzählen könnte. (Gleichzeitig stelle ich mir vor wie Bruckheimer sich überlegte "wie kann ich meine nächsten tollen FX begründen, möglichst kunstvoll?"... ) Das Problem ist, heutzutage würde die Polente schneller erkennen, dass es sich bei der Leiche nicht um die Appartement-Inhaberin handelt. Da aber High-Tech-SF in Hollywoodfilmen inzwischen gang und gebe ist, sagten sie sich evtl., wir lassen sie wirklich sterben, geben aber dem Cop eine Chance in die Vergangenheit zu reisen, und sie zu warnen. Dort streuen wir dann noch ein wenig die scheinbare Unveränderlichkeit des Schicksals ein und so. Am Ende ist sie dann doch nicht tot, und der wirkliche Mörder kann gestellt werden. Im Unterschied zu vor 60 Jahren erlauben wir einer Power-Frau von heute auch ihren Möchtegern-Massen-Mörder selber kalt zu machen.
Und so geschah's (ist meine These, zumindest). Bleibt noch die Frage warum Scott und die Bautenentwerfer so "mainstreamig" an die SF-Elemente heran gegangen sind. Wer weiß? Jedenfalls gibt es eine längere "Plot-Timeout"-Erklär-Szene mit etwas lückenhafter/verquerer Physik, in der der intelligente Normalo-Cop von den FBI-Gurus wissen will, wie das alles sein kann, und ob das nicht eine Folge von versteckte Kamera ist, usw. usf.. Der (ältere?) Zuschauer soll sich wohlfühlen insofern die SF-Elemente einem SF-Laien doch etwas bizarr anmuten, vielleicht. Hätte ich von einem Film in 2006 nicht mehr erwartet...
So oder so frage ich mich mal wieder wer hier die anvisierten Zielgruppen waren. Von einer bin ich mir ganz sicher: Afro-amerikanische Frauen. (Im Kino in Berlin erstaunlich gut vertreten.) Jugendliche mal ausnahmsweise eher weniger. (Oder?)
Jedenfalls letztendlich Schade, dass der sehenswerte neue Film nicht mehr Zeit hatte für die Protagonisten, so dass wir sie ein wenig besser kennen lernen konnten. Wie die im Urfilm. Der hatte aber keine Action- und Ideologie-Ansprüche und daher wahrscheinlich mehr Zeit für geschliffene Dialoge und einfach gutes Schauspielen.
Meine Wertung in der DB: 6 von 9. Eure?
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Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 08 Januar 2007 - 05:32.