Mein Vorschlag:
Diaspora
Greg Egan
Hard-SF in Vollendung
Eigentlich sollte man mindestens Hawkings Eine kurze Geschichte der Zeit gelesen haben, bevor man sich an Egans Diaspora wagt. Die Physik von Raum und Zeit ist nämlich seine Spielwiese, auf der er sich in seinem neuen Roman gnadenlos austobt.
Nicht, dass die Story und ihre Charaktere unwichtig wären -- Egan beschreibt die soziale Zukunft der Menschheit aus einer faszinierend neuen Perspektive --, aber sie verschwindet regelrecht hinter gewaltigen theoretischen Türmen, die Egan in den Physikhimmel baut. Ohne allzu große naturwissenschaftliche Kenntnisse lässt sich dafür ein einfaches Prädikat finden: wahnsinnig abgefahren!
Alles beginnt Ende des dritten Jahrtausends auf der Erde. Es existieren noch Menschen im biologischen Sinn, doch ein Großteil der Menschheit hat sich entweder als Software in den virtuellen Raum einer Polis zurückgezogen oder steckt in so genannten Gleisner-Robotern. Als es dann im kosmischen Maßstab unweit der Erde zu einer galaktischen Katastrophe kommt, bei der die letzten "körperlichen" Menschen ausgelöscht werden, machen sich sich Polisbewohner und Gleisner auf den Weg in die Galaxis. Auf der Suche nach einer neuen Heimat und einer Erklärung für die unvorhergesehene Katastrophe, treffen die virtuellen Bewohner der Polis auf die Botschaft fremdartiger Lebewesen, die ihnen das Ende der Galaxis und den Fluchtweg durch andere Dimensionen beschreibt.
Manchmal ist Egans Gedankenwelt so fremdartig und dennoch so unglaublich schlüssig, dass man nicht weiß, warum man von Dingen so fasziniert sein kann, die man doch augenscheinlich so wenig versteht. Seine Ideen -- ein Waisenkind, das in die virtuelle Welt einer Polis geboren wird -- und seine Erklärungen eröffnen Perspektiven, die einem schlichtweg den Atem verschlagen. Wer sich aus Neugier vorab schon an die englische Version von Diaspora gemacht hat wird die deutsche Ausgabe heiß ersehnt haben und schnell den Wunsch verspüren, den Übersetzer kennen zu lernen. Ein brillantes Buch, das stellenweise so hell leuchtet, dass es das Gehirn zu kochen droht. Hard-SF hat einen neuen Namen und der heißt Greg Egan. --Wolfgang Tress
Bearbeitet von Kopernikus, 01 Juli 2007 - 07:27.