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"Labyrinth der Spiegelungen" von Sergej Lukianenko


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16 Antworten in diesem Thema

#1 TheHutt

TheHutt

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Geschrieben 10 Juli 2007 - 11:00

Sergej Lukianenko
Labyrinth der Spiegelungen

(Лабиринт отражений)

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"Labyrinth der Spiegelungen" war vor "Wächter der Nacht" der berühmteste Roman von Sergej Lukianenko in Russland. Die Cyberpunk-Dilogie über das virtuelle Programm Deep (Tiefe) ist leider bisher noch nicht in Deutschland veröffentlicht worden.

Irgendwann war es so, dass ein ukrainischer Programmierer namens Dibenko das Programm "Deep" geschrieben hatte. Eigentlich nur als Bildschirmschoner gedacht, um beim Meditieren zu helfen, bewirkte das Programm, dass das Bewußtsein das, was im Computer passierte, als real wahrgenommen wurde.

"Der zehnsekündige Trailer, der über den Bildschirm flimmert, ist an sich harmlos. Zeigt man ihn im Fernsehen (es heißt, einige Länder haben auch das mal riskiert), spürt der Zuschauer nichts, wird nicht zum Teilnehmer eines Films. Dmitri selbst wollte bloß einen angenehmen Bildschirmschoner zum Meditieren am Computer entwickeln. Er programmierte ihn, ließ ihn übers Netz verteilen und wußte von nicths zwei Wochen lang.

Und dann hat sich ein junger Mann aus der Ukraine die bunten Farben des Deep-Programms angeguckt, zuckte mit den Schultern und startete sein Lieblingsspiel, "Doom". Gezeichnete Flure und Gebäuden, gräßliche Monster und ein tapferer Pumpgun schwingender Held. Ein simples 3D-Spiel, das den Grundstein für das ganze Genre von 3D-Ballerspielen legte.

Und er kam ins Spiel.

Die leere (es war spät am Abend) Halle des Patemtamts, in dem er arbeitete, verschwand. Der Junge sah den Computer, an dem er saß, nicht mehr. Seine Finger drückten die Tasten und ließen die Figur laufen, drehen, schießen - doch er fühlte, wie er selbst über die Fluren lief und sich vor Feuerbällen und grinsenden Fratzen wegduckte. Er verstand, dass es ein Spiel war, aber wußte nicht, warum es real wurde und wie man es verläßt.

Das einzige, was ihm eingefallen ist war, das Spiel bis zum Ende durchzuspielen. Und er schaffte es, obwohl es schwieriger war, als früher.

Eine leichte Verletzung führte nicht bloß zur Verringerung der Lebensprozente auf dem Bildschirm, sondern zu dem, was eine Wunde tatsächlich ausmacht. Schmerz, Schwäche, Angst. Er stellte fest, dass der blutverschmierte Boden rutschig ist, dass die Steintafel vor dem Versteck mit Medikamenten sehr schwer wiegt, dass die Patronenhülsen heiß sind und dass der Rückstoß vom Granatenwerfer ihn beinahe zu Boden wirft. Das Elixier, das die Gesundheit wiederherstellt, hatte einen unangenehmen bitteren Geschmack. Die kugelsichere Weste war aus dünnen Metallstreifen gemacht und war leicht zu tragen - aber sie war viel zu weit, und ließ sich nur unbequem auf dem Rücken zuschnüren. Nach drei Stunden hat der Abzug der Pumpgun angefangen, zu klemmen. Man mußte ihn sorgfältig und sanft drücken, und mit dem Finger hin- und herbewegen.

Um fünf uhr morgens schaffte er das Spiel durch. Die Monster waren besiegt. Auf der Steinmauer vor ihm erschien das Spielmenü, und schreiend rammte er mit dem Lauf der Pumpgun die Exit-Taste.

Die Illusion war vorbei. Er saß vor dem friedlich surrenden Computer, seine Augen tränten, die Tastatur unter den verkrampften Fingern war völlig kaputt. Die Taste, die er im Spiel für den Abzug hielt, war eingedrückt.

Der Junge schaltete den PC aus und schlief direkt am Tisch ein. Die Kollegen, die zur Arbeit kamen, sahen, dass sein Körper mit blauen Flecken übersät war.
Er erzählte von dem, was passiert war, und natürlich hatte ihm niemand geglaubt. Nur gegen Abend, als er das ganze Revue passieren ließ, erinnerte er sich an das Meditationsprogramm von Dibenko und schöpfte Verdacht.
Nach einer Woche war die ganze Welt im Deep-Fieber.
..."
(Übersetzung von mir)


Die Tiefe wird zu einer virtuellen Welt, die wie ein Abbild unserer realen Welt im Internet existiert. Mit Hilfe des Programms "Deep" und eines VR-Helms taucht man in die virtuelle Stadt Deeptown. Die an sich krude gestaltete Stadt wird erst durch das Deep-Programm lebendig, und täglich tummeln sich Millionen von Menschen darin.
Und dann gibt es noch die Diver. Das sind wenige Menschen mit der Fähigkeit, aus der Tiefe selbständig herauszukommen - denn die meisten bleiben in der VR gefangen, bis sie sich dort am Computer ausloggen, oder aber der Timer ausgelöst wird. Die Diver bleiben anonym und werden für ihre Dienste teuer bezahlt - z.B., um in Deeptown-Server von Firmen einzubrechen und Industriespionage zu betreiben. Ein solcher Diver ist Leonid, der Held dieses Buchs.

Das Buch ist sehr empfehlenswert und spannend zu lesen. Man kann das Alter zwar teilweise ansehen (es stammt von 1997), aber die etwas älteren Leser werden die ganzen Begriffe noch kennen. Es gibt eine Fortsetzung - "Die falschen Spiegel".

Ich hoffe, dass ein deutscher Verlag sich dieses Buchs annimmt, bevor die Begriffe ganz veralten. Bisweilen aber fanübersetze ich eine kurze Leseprobe - quasi den Prolog als Kostprobe.

Zur Leseprobe (wird täglich erweitert)

Bearbeitet von TheHutt, 11 Juli 2007 - 14:16.

Grüße,
Pete
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#2 Rusch

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Geschrieben 10 Juli 2007 - 13:10

Heyne bringt im nächsten Jahr einen weiteren Lukianeko SF Roman heraus, aber ich weiß nicht, ob es dieser ist.

#3 TheHutt

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Geschrieben 10 Juli 2007 - 13:42

Heyne bringt im nächsten Jahr einen weiteren Lukianeko SF Roman heraus, aber ich weiß nicht, ob es dieser ist.

Ich werde versuchen, das herauszukriegen. Vorher bringen sie "Tschernowik" (Weltengänger) im November heraus. S.L. veröffentlicht demnächst die Fortsetzung, "Tschistowik". Der wird ganz sicher auch bei Heyne im Programm sein. Beltz dürfte demnächst die beiden weiteren Bänder des "Genom"-Zyklus, "Genom" und "Kaleki" rausbringen, nachdem sie "Tancy na snegu" (Das Schlangenschwert) bereits veröffentlicht haben.
Grüße,
Pete
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#4 TheHutt

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Geschrieben 27 Juli 2007 - 09:06

Übrigens, laut meinen neuesten Infos das nächste Buch, was bei Beltz erscheint, "Der Junge und die Dunkelheit" (Malchik i Tma).
Grüße,
Pete
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#5 Aelita

Aelita

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Geschrieben 19 September 2007 - 18:15

Beltz dürfte demnächst die beiden weiteren Bänder des "Genom"-Zyklus, "Genom" und "Kaleki" rausbringen, nachdem sie "Tancy na snegu" (Das Schlangenschwert) bereits veröffentlicht haben.

Ist "Kaleki" nicht nur eine Kurzgeschichte? Ich verstehe wirklich nicht, was alle Welt an Lukianenko so toll findet :wink2: . Bei mir zu Hause stehen nun schon etliche gelesene Romane von ihm im Regal, außer "Spektrum" hat mir keines gefallen. *** Aelita

Bearbeitet von Aelita, 19 September 2007 - 18:16.


#6 heschu

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Geschrieben 19 September 2007 - 20:10

Fragen†¦

Was genau missfällt dir an den anderen Romanen von Lukianenko, Aelita? Der Schreibstil? Ist er so verschieden von dem in Spektrum? Oder ist es der Inhalt, den du nicht magst?
Wenn du schon ein paar Bücher von Lukianenko gelesen hast, kannst du deine Meinung sicher begründen. Ich spiele nämlich mit dem Gedanken, noch mehr von ihm zu kaufen, will mir aber Enttäuschungen ersparen.

Carpe diem!

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#7 Aelita

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Geschrieben 23 September 2007 - 18:24

@heschuDer Schreibstil gefällt mir zwar nicht, aber über den könnte ich hinwegsehen, wenn die Storys ok wären. Die Ideen hinter den Romanen sind nicht mal übel, z. B. in "Genom", aber die Ausführung ist fast immer die gleiche - als Leser kann man nur raten, wie die Helden zu ihren Schlussfolgerungen kommen, die Bösewichte werden einfach aus dem Ärmel geschüttet. Bei einem guten Krimi häufen sich meistens ganz subtil die Hinweise auf den Gegner, Lukianenko scheint über diesen Dingen zu stehen, bei ihm kann man als Leser nicht immer miträtseln und kommt sich am Ende eher veräppelt vor. In der "Wächter"-Reihe (übrigens finde ich die Idee nicht nur nicht übel, sondern einfach toll!) haben mich die ewigen Intrigen tierisch gestört, hier hat der gute Mann einfach übertrieben.Es gibt wirklich sehr gute SF-Autoren in Russland, warum veröffentlichen die deutschen Verlage nicht mal einen Livadnyy? Ok, von diesem Autor habe ich bisher nur ein Buch gelesen, weil man an die hier in Deutschland einfach nicht herankommt, aber das hatte mehr drauf als sämtliche Lukianenkos in meinem Regal.***Aelita/edit:Vertippt

Bearbeitet von Aelita, 23 September 2007 - 18:25.


#8 heschu

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Geschrieben 23 September 2007 - 19:05

Danke für deine Antwort! Den Namen Livadnyy kenne ich gar nicht. Du hast mich neugierig gemacht. Ich habe mich mal ein bißchen umgeschaut und schließlich diese Website gefunden. http://www.livadnyy.ru/forum/index.php (Leider nur auf Russisch.)

Carpe diem!

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#9 Aelita

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Geschrieben 23 September 2007 - 23:41

@heschu Ich kenne die Seite des Autors schon lange :( . Es gibt übrigens auch eine englischsprachige Version, hier. Er hat ziemlich viel geschrieben, aber obwohl ich seit Jahren hinter seinen Büchern her bin, habe ich nur ein-einziges erwischen können. Ich müsste sie wahrscheinlich direkt aus Russland bestellen, das ist dann nicht gerade billig. Einer der bekanntesten russischen SF-Autoren der Gegenwart ist Wassili Golovachev, der hat recht viele Zyklen geschrieben, ich blicke da nicht ganz durch. Habe aber auch von ihm nur ein Buch gelesen. Es muss also nicht immer Lukianenko sein :) . *** Aelita

#10 heschu

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Geschrieben 24 September 2007 - 04:41

Golovachev sagt mir leider auch nichts. Aber man kann sich den Namen ja mal merken. Viele Grüßeheschu

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#11 TheHutt

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Geschrieben 08 Oktober 2007 - 12:49

Ist "Kaleki" nicht nur eine Kurzgeschichte?

Ist es. :(

Ich verstehe wirklich nicht, was alle Welt an Lukianenko so toll findet :coool: . Bei mir zu Hause stehen nun schon etliche gelesene Romane von ihm im Regal, außer "Spektrum" hat mir keines gefallen. *** Aelita

Och, ich finde ihn eigentlich sehr interessant, auch wenn seine Helden sich typischerweise recht ähnlich sind. Und seine älteren Bücher finde ich sogar noch etwas besser. Das nächste Buch von ihm in Deutsch, nämlich "Weltengänger" ("Tschernowik") ist übrigens schon jetzt bei Amazon.de zu haben - einen Monat vor VÖ-Datum. http://www.imzwielic.../news.php?id=83 Und in dem Buch wird auch Golowatschew erwähnt. :D

Bearbeitet von TheHutt, 08 Oktober 2007 - 12:49.

Grüße,
Pete
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#12 Aelita

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Geschrieben 13 Oktober 2007 - 08:39

Und in dem Buch wird auch Golowatschew erwähnt. :rofl1:

Aber nicht namentlich, oder? Ich vermute ihn unter dem Tarnnamen Melnikow.

#13 heschu

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Geschrieben 13 Oktober 2007 - 16:32

Wieso Melnikow?

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#14 Aelita

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Geschrieben 13 Oktober 2007 - 21:31

@heschuIn "Weltengänger" bittet der Held einen SF-Autoren namens Dimitri Melnikow um seine Meinung. Ich habe mir überlegt, ob es für Melnikow nicht vielleicht ein reales Vorbild gibt, z. b. Golowatschew :rolleyes: .

#15 heschu

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Geschrieben 14 Oktober 2007 - 06:43

Danke für die Aufklärung. Jetzt verstehe ich den Zusammenhang natürlich.

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#16 TheHutt

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Geschrieben 15 Oktober 2007 - 16:32

Doch, Golowatschew taucht dort unter seinem realen Namen auf, ebenso wie A. und B. Strugazki.Einige andere Autoren werden dort "getarnt" genannt, z.B. "Tschudow" statt "Diwow" oder das Ehepar "Inotschenko" statt "Djatschenko".Dritte Autoren wiederum sind rein fiktiv, z.B. "Sarow" - Lukianenkos Figur aus dem Roman "Herbstbesuche". Und Melnikow ist kein anderer als eine fiktive Inkarnation von Sergej Wassiljewitsch Lukianenko höchstpersönlich. :fun:
Grüße,
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#17 Aelita

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Geschrieben 17 Oktober 2007 - 15:49

Doch, Golowatschew taucht dort unter seinem realen Namen auf, ebenso wie A. und B. Strugazki. Einige andere Autoren werden dort "getarnt" genannt, z.B. "Tschudow" statt "Diwow" oder das Ehepar "Inotschenko" statt "Djatschenko". Dritte Autoren wiederum sind rein fiktiv, z.B. "Sarow" - Lukianenkos Figur aus dem Roman "Herbstbesuche". Und Melnikow ist kein anderer als eine fiktive Inkarnation von Sergej Wassiljewitsch Lukianenko höchstpersönlich. :P

Danke für die Info. Die Strugazkis sind mir im Text aufgefallen, Golowatschew habe ich wohl übersehen. :P


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