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Quarantäne


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3 Antworten in diesem Thema

#1 Holger

Holger

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Geschrieben 21 August 2007 - 15:18

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Robert Charles Wilson
Quarantäne
Heyne
Erscheinungstermin: September/Oktober '07

In naher Zukunft: Blind Lake, eine abgeschiedene Forschungseinrichtung im Norden Minnesotas, beherbergt einen von zwei „Bose-Einstein Kondensat"-Quantencomputern, kurz O/BEC. Diese Maschinen operieren auf einem technischen Niveau, das sich dem menschlichen Verständnis weitestgehend entzieht, sind sie doch in der Lage, ihren eigenen Code zu korrigieren und stetig zu verbessern. Die enorme Rechenleistung des O/BEC in Blind Lake ermöglicht es, über ein Deep-Space Teleskop-Array die Oberfläche eines extrasolaren Planeten zu beobachten. Dieser umkreist in 51 Lichtjahren Entfernung den Stern 47 Ursa Major, trägt Leben und hat eine Zivilisation hervorgebracht. Marguerit Hauser, wissenschaftliche Leiterin von Blind Lake, untersucht die Wesen, die landläufig „Hummer" genannt werden. Unter Vernachlässigung der Zeit-Dilatation beobachtet sie in „Echtzeit" ein einzelnes Individuum, das „Subjekt".

Doch sie hat es nicht einfach: auf der einen Seite muss sie wissenschaftlicher Kritik an ihrer Arbeit trotzen, auf der anderen Seite sieht sie sich mit ihrem rachsüchtigen Ex-Mann Ray Scutter konfrontiert, der permanent ihre Qualitäten als Mutter in Frage stellt. Hinzu kommt, dass ihre gemeinsame Tochter Tessa offenkundig psychische Probleme hat, berichtet sie doch immer wieder von beängstigenden Begegnungen mit „Mirror-Girl", einem Mädchen, dass ihr äußerlich gleiche, sie jedoch mit irritierenden Fragen und Forderungen quäle.

Die Situation spitzt sich unerwartet zu, als ohne Vorwarnung über Blind Lake eine Quarantäne verhängt wird. Der Informationsfluss zwischen der kleinen Stadt und der Außenwelt ist unterbrochen und Nahrung wird von unbemannten LKW angeliefert. Ein erster Fluchtversuch scheitert auf dramatische Weise: Militär-Drohnen erschießen einen Arbeiter. Als wäre das alles nicht genug, ist ausgerechnet Ray zum Zeitpunkt der Quarantäne der ranghöchste Manager. Er vermutet, dass die Quarantäne mit dem Betrieb des O/BEC in Verbindung steht und drängt auf dessen Abschaltung. Das wäre jedoch das Ende von Marguerits Forschungsarbeit, da man bezweifelt, den O/BEC erneut erfolgreich auf UMa47/e und das Subjekt justieren zu können. Zum selben Zeitpunkt bemerken die Forscher ein sonderbares Verhalten des Subjekts: Es durchbricht seinen ganz auf die Hummerstadt eingestellten Tagesrhythmus und scheint sich auf eine Reise vorzubereiten.

Als Marguerits Streitigkeiten mit Ray zu eskalieren drohen, bekommt sie unerwartet Hilfe von Chris Carmody, einem Journalisten, der in Blind Lake gestrandet ist und für die Zeit der Quarantäne bei ihr und Tessa wohnt. Auch Chris hat seine Sorgen, doch die Umstände tragen dazu bei, dass sich zwischen den beiden eine zaghafte Freundschaft entwickelt.

„Quarantäne" (2003) entstand zwischen „Die Chronolithen" (2001) und „Spin" (2005). Alle drei Romane haben gemein, dass sich die Welt ihrer Protagonisten unversehens ändert und sie mit einer extremen Situation konfrontiert. Der verzweifelte Versuch etwas Unbegreifliches zu begreifen spielt ebenso eine zentrale Rolle wie das Gefühl des Ausgeliefert-Seins und der Umgang mit der Ungewissheit. Vor diesem Hintergrund entwickelt Wilson seine Charaktere, lässt sie wachsen oder einbrechen und die unterschiedlichsten Fragen aufwerfen. Durch die Quarantäne werden Menschen zusammengeführt, die eigentlich nicht zusammengehören und was unter normalen Umständen verborgen geblieben wäre, tritt bald ans Licht: Schuld, Neid, Eifersucht und Missgunst. Vielleicht tragen diese Überlegungen ein wenig dazu bei, die leicht melancholische Grundstimmung von „Quarantäne" zu erklären. Wer nun eine Seifenoper mit Außerirdischen befürchtet, darf sich wieder entspannen. Wilson versäumt nämlich nicht, auf ansprechende Weise zu diskutieren, was geschieht, wenn die Technik den Mensch rechts überholt, oder ob wir überhaupt in der Lage wären, eine fremde Intelligenz zu verstehen. Notwendigerweise sollte man sich in diesem Zusammenhang auf die scheinbar magischen O/BECs einlassen und nicht die Plausibilität der zugrunde liegenden Physik anzweifeln. Denn gerade die Momente, in denen man ein leichtes Abgleiten ins Esoterische feststellt, gehören meines Erachtens zu den eindrücklichsten. (Träumt der O/BEC möglicherweise nur von UMa47/e und den Hummern?) Obwohl Wilson kontinuierlich daran arbeitet Spannung aufzubauen, verzichtet er auf den vermeintlich erlösenden finalen Paukenschlag - was auch als Angebot aufgefasst werden kann, das Gelesene mit der nötigen Muse zu reflektieren! Abschließend kann ich „Quarantäne" nur als unglaublich anregendes und fesselndes Buch empfehlen.
"Rezensionen: eine Art von Kinderkrankheit, die die neugeborenen Bücher befällt."
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#2 Holger

Holger

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Geschrieben 05 September 2007 - 14:38

So, das Buch ist nun im Handel.Tatsächlich wurde Subject mit Subjekt und Mirror Girl mit Mirror Girl übersetzt. Finde ich gar nicht so schlecht. Und konsequenterweise heißen die O/BECs im deutschen O/BEKs. (Sehr informativ, oder?)Anbei: zumindest unter uns Moderatoren ist es beschlossene Sache, dass wir für den Novemberlesezirkel eine "Quarantänerunde" einlegen.Grüßle aus Blind FrankfurtHolger
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#3 Armin

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Geschrieben 07 September 2007 - 23:34

Anbei: zumindest unter uns Moderatoren ist es beschlossene Sache, dass wir für den Novemberlesezirkel eine "Quarantänerunde" einlegen.

Da müssen der Herr Wilson und ich ja schon wieder gegeneinander antreten (vorausgesetzt, dass jemand Andrade vorschlägt). Das wird zur neverending story ...

#4 Holger

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Geschrieben 08 September 2007 - 08:31

Tja, ich glaube fast, dass wie/ich da zulange geschlafen haben. Andernorts wird schon über den nächsten Klassiker diskutiert. Außerdem lässt sich auf einem demokratisch/anarchistischen Board ohnehin nix von oben diktieren.Also mal gucken. Andrade wird schon seinen Auftritt bekommen. :rofl1:
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