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Neal Stephenson - Diamond Age


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24 Antworten in diesem Thema

#1 Rusch

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Geschrieben 29 September 2007 - 11:59

Das Buch des Oktober Klassiker Lesezirkels:

Neal Stephenson
Diamon Age - Die Grenzwelt

Hugo Award Preisträge 1996

#2 lapismont

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Geschrieben 02 Oktober 2007 - 14:08

Hammerharter Einstieg. Stephenson präsentiert uns eine konsequent weitergedachte (kapitalistische) Welt, in der durch feudale Strukturen auf Konzernebene staatliche Funktionen privatisiert sind.Körpermodding, Replikatortechnik, Nanotech - insgesammt eine prall gefüllte SF-Wundertüte.Das Konzept zur Wasseraufbereitung hat mir sehr gut gefallen, wirklich berauschende Idee.Sehr stark auch der Aufbau der Geschichte.
Spoiler
Sehr gelungen.Also für mich wieder einmal ein sehr schöner Anfang. Nun muss das nur noch so bleiben. :rolleyes:

#3 Rusch

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Geschrieben 03 Oktober 2007 - 17:48

Die Sache mit Bud fand ich eigenartig. Man baut doch nicht eine Figur auf, nur weil... Überdies fand ich Bud ziemlich gefühlskalt und ein wenig dumm. Aber vielleicht hat das ja auch mit der Schädelwumme zu tun. Ich meine, so etwas muss doch Folgen haben. :coool:Ansonsten finde ich, dass der Roman noch nicht gealtert ist. Es sind zwar nur 11 Jahre, aber da hat sich auf diesem Sektor unglaublich viel getan. Trotzdem wirkt Diamond Age noch recht frisch.

#4 lapismont

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Geschrieben 05 Oktober 2007 - 08:54

Die Sache nimmt immer mehr Konturen an. Ich finde es sehr gelungen, wie Stephenson seine Figuren ins Spiel bringt und dabei immer wieder die Perspektive ändert. Sehr überzeugend für mich ist die Gestaltung von Nell.Technisch immer wieder überraschend. Gerade wurde etwas mehr über Raktive erzählt, allerdings indirekt über Miranda. Auf diese Art schafft es der Autor seine Welt zu bevölkern und sehr lebendig zu gestalten. Oder etwa durch die Betrachtungen des Richters zum Rechtssystem.Insgesamt bin ich sehr begeistert, gerade auch, weil das Buch mal zur Abwechslung stark in Richtung Hard-SF geht. Hatten wir eine gefühlte Ewigkeit nicht mehr im zirkel. :)

#5 lapismont

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Geschrieben 07 Oktober 2007 - 13:03

Lasst den Lesezirkel nicht sterben! :rofl1:

#6 mindblasted

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Geschrieben 07 Oktober 2007 - 13:30

Naja auf Seite 57 lässt sich noch nicht viel erzählen (lese das englische Original, da geht einiges an Zeit mehr drauf).Bisher finde ichs stimmig und ich beginne zu ahnen wo Stephenson aufgebaut hat als er später seine Barock-Trilogie geschrieben hat.Klasse finde ich auch das er das Gesellschaftsmodell aus Snowcrash übernommen und um soziale und politische Komponenten erweitert hat.
"Es gibt eine größere Dunkelheit als die, die wir bekämpfen ... Viel schwerwiegender als der Tod der körperlichen Materie ist der Tod der Hoffnung, der Tod der Träume, und vor dieser Gefahr dürfen wir niemals kapitulieren. Die Zukunft ist überall um uns herum. In der Phase des Übergangs wartet sie darauf, in der Phase der Erleuchtung neu geboren zu werden. Niemand weiß, wie die Zukunft aussieht und wohin sie uns führen wird. Nur eines wissen wir. Sie wird stets unter Schmerzen geboren."
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#7 Kopernikus

Kopernikus

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Geschrieben 07 Oktober 2007 - 22:01

Lasst den Lesezirkel nicht sterben! :(

Ich steige ein, sobald mein bei ebay ersteigertes Exemplar eingetroffen ist, hoffentlich im Laufe der kommenden Woche.

#8 Rusch

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Geschrieben 08 Oktober 2007 - 07:21

Ich bin jetzt auf Seite 165. Inzwischen klar, dass nicht Bud sondern Nell die Hauptfigur ist. Zwei Szenen, die mir gut gefallen haben:Der Tonerkrieg - die Vorstellung, dass Trillionen kleiner Milben durch die Luft schwirren und Informationen sammeln ist extrem. Und alles war so durchdacht, dass man sagt: "Ja, das kann wirklich passieren."Miranda und das Body Theater. Auch eine sehr schöne Passage. Die Schauspieler spielen und werden in einer virtuellen Welt eingefügt. Was für ein Gedanke: Du Spielst ein Theaterstück, kennst Deine Kollegen vielleicht nicht. Möglichereweise ist das Stück sogar neu für Dich und der Texte sagt Dir, was Du tun sollst. Und dann kann es sein, dass Dein bester Freund mitspielt, Du ihn aber nicht erkennst, weil er in der virtuellen Welt verändert ist. Heute sind wir von so etwas gar nicht mal so weit entfernt.

#9 lapismont

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Geschrieben 08 Oktober 2007 - 07:25

Stimmt, dieses Gefühl, dass der Autor sehr wahrscheinliche Dinge beschreibt, habe ich auch beständig beim Lesen. Allein die Vorstellung, die Schutzzone für die Milbenabwehr sei mehrere Kilometer breit, ist heftig. Was da an Abwehrschlachten stattfindet!

Überlicht und Beamen wird von Elfen verhindert.

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#10 paliato

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Geschrieben 08 Oktober 2007 - 22:16

Mir hat der Einstieg verdammt gut gefallen. Hatte sofort das Gefühl, endlich mal wieder was richtig richtig gutes und gut durchdachtes zu lesen. Bewahrheitet sich immer mehr dieser erste Eindruck.Bisher gibt es imho allerdings nicht sehr viel zu diskutieren, dafür ist es einfach zu schlüssig :(

#11 Rusch

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Geschrieben 09 Oktober 2007 - 07:50

Mal ein paar Wort zur "Fiebel für die junge Dame".Das ist eine ziemlich geniale Idee. So etwas hätte ich auch gerne für meine drei Kinder. Dann könnte man sie mal ruhigstellen und lernen würden sie dabei auch was. Schade, dass noch keiner diese Idee aufgegriffen hat, denn für so etwas gäbe es sicherlich einen Markt (ok, die Kampfschulungsprogramme sollte man vielleicht raus nehmen, denn man will ja nicht, dass ein Kinde, dem man gerade eine Ohrfeige geben möchte, einen auf die Matte legt. :( )

#12 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 09 Oktober 2007 - 14:37

Bisher gibt es imho allerdings nicht sehr viel zu diskutieren, dafür ist es einfach zu schlüssig ;)

Das will ich dann mal ändern... :devil: Ich bin jetzt gerade fertig mit dem Kapitel in dem Richter Fang (im dt. auch dieser Nachname?) den Hacker in der "Mangel" hat. Das ist jetzt das 3. oder 4. Mal, das ich das Buch lese, also wage ich, obwohl ich es liebe, mal den ein oder anderen Zweifel daran, der bei mir im Ecklein meiner Seele vor sich hin knapst, ein zu streuen. Man merkt dem Autor an, dass er viel Spaß daran hat, die wohl-durchdachte Welt, die er hier gebaut/dekoriert hat, tänzelnd zu erkunden. Wenn man mal von der erstaunlichen (teils beschriebenen, teil nur angedeuteten) Detailliertheit dieser Welt absieht, ist aber diese Schnörkelei manchmal etwas zuviel des Guten. Z.B. verfällt Stephenson immer wieder in den professorial erklärenden Modus, auch wenn er z.B. in den Bud-Kapiteln ausdrücklich ein anderes (proletares?) Vokabular benutzt; ein Beispiel ist die Gerichtsszene, die zu Buds Gang auf den Steg führt - da werden auf einmal Vor- & Nachteile des "phantascopes" besprochen, inkl. anatomischen Details für die sich Bud kaum interessieren dürfte. Auf jeder Seite (der engl. Ausgabe, die ich lese) kommen archaische oder exotische Worte vor, die meiner einer noch nie gehört hat, und die Welt - vertreten durch Wikipedia - auch in ca. jedem 2. Fall nicht, z.B.: velleity, concinnity. Auch liebt es der damaskene Wortschmied Listen von Aktivitäten auf zu schreiben, die teils nur verstanden werden können, wenn man sich mit US-Popkultur 100%ig auskennt, scheint mir (denn ich tue es nicht). D.h. der Autor gibt eine "Exzellenz" vor, die man überwältigend findet, und daher auf die Geschichte projiziert, die an sich gelegentlich etwas dünn wirken würde (z.B. bei der Beschreibung von Nells Leben außerhalb des Buches), so aber auch "gehoben" wird. Ein wenig habe ich auch dieses Gefühl bei der Beschreibung der kulturellen Unterschiede zwischen Nicht-Chinesen, Diaspora-Chinesen (in den "Leased Territories" am Rande des eigentlichen chinesischen Staates) und "echten" Chinesen wie Dr. X; klar ist es interessant zu lernen, dass es einen Grund geben könnte warum chinesische Augen westlicher "Einfachheit" bei technologischer Entwicklung misstrauen (zu "gerade", also dämonisch), aber ob Chinesen heute oder in Zukunft wirklich immer so verächtlich über Nicht-Chinesen denken & reden, wie sie es hier gelegentlich tun? Das scheint mir ein Cliché zu sein. Auch die "Vickies", zu denen Hackworth gehört, sind implizit arrogant; so gut wie alle "phyles" (diese virtuellen Stämme wie z.B. eben die Vickies), die Stephenson uns hier näher beschreibt, sind eigentlich unsympathisch... Jedenfalls scheint mir das Buch schon deshalb besonders weil es vor allem seine eigene Konstruktion liebt, und diese auch noch linguistisch-stilistisch interessant beschreibt; evtl. ist es auch etwas zu verliebt in seine eigene "Kunst" (z.B. die typischerweise als erhaben geltende Selbstreferenz - hier Buch im Buch). Man sei also gewarnt, dass der Plot sich nicht immer ganz so entwickelt wie man das als SF-Leser gewohnt sein mag... Das zeigt u.a. die etwas rabiate Ein- und wieder Entführung von Bud aus dem Plot, nur um uns ein Gefühl für den Alltag eines repräsentativen "Prolls" vor zu führen. Zur Fibel: Hier deutet Stephenson am stärksten Dinge an, ohne sie genauer zu beschreiben. Wenn es möglich wäre eine derart intelligente S/W zu schreiben, warum sind dann derart dialogfähige K.I.-Objekte in dieser Welt nicht viel verbreiteter? Wieso kann Hackworth das in ein paar Monaten hin kriegen? Wenn aber die Interaktivschauspielerin Miranda eine immer stärkere Rolle in Nells Leben einnimmt, warum nicht schon früher, und in Absprache mit den Autoren der Fibel, um eben nicht die "Last der Intelligenz" so lange der festkodierten Fibel zu überlassen? Dieses Problem schien mir beim ersten Lesen damals so offensichtlich, dass ich überlegt habe, ob man Stephensons Idee (m.E. die zentrale des ganzen Romans) nicht realistischer umsetzen könnte, indem man ein interaktives Online-Rollenspiel für Kinder anbietet, indem schon heute LehrerInnen als Online-Schauspieler dafür bezahlt werden, bestimmte Fantasie-Rollen in einem von ihnen selbst bestimmten Lehrschaustück zu übernehmen, ohne dass die dies konsumierenden Kinder das wissen. (Aber auch Letzteres ist unwahrscheinlich: Auch heute würde jedes Kind sofort erkennen, wenn ein "Programm" in Wirklichkeit ein Online-Rollenspiel ist, mit echten Menschen dahinter, die antworten.) Die Frage bleibt also: Ist K.I., so wie sie die Fibel hier zeigt, grundsätzlich bald zu haben? Und: Ist es wirklich wünschenswert, bedürftige Kinder so einem Apparat zu "überlassen"? (So wie heutzutage Eltern Kinder Tage lang dem TV oder dem Internet überlassen...) Ein wenig Lob am Ende: Genial fand ich die chinesische Sicht des Colonels von Kentucky Fried Chicken! :D Auch die Beschreibung des Richters wie Cryptnets wahrscheinlich funktionieren - sehr state-of-the-art-korrektes High-Tech, wie mir scheint! (In Zukunft zählt nur noch das Grad deiner Verschlüsselung!) :thumb: P.S. (late-nite edit): Gerade habe ich das erste längere Märchen der Fibel, die Herkunfts-Story von Nells Dinsoaurier, durch, und fühle mich leicht bestätigt bezüglich der erwähnten gelegentlichen Plot-"Dünne". Alleinestehend wäre diese Geschichte-in-einem-Buch-in-diesem-Roman höchstens etwas lustig als wildes Zitaten-Gemisch vieler Film-Clichés aus den Quellen Disney-Fantasias & Kung-Fu-Epen. Im Umfeld des brillanten Restbuches beißt man die Zähne zusammen und liest weiter...

Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 10 Oktober 2007 - 20:27.

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[..] Verzweiflung beschlich sie im Stillen.

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"Wenn sich all unsere Wünsche erfüllen,

dann wünschen wir einfach mit Willen

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Sie befolgten den Rat und von Stund an war

wieder spannend das Leben und heiter.

Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr

und vielleicht gar ein wenig gescheiter.

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#13 Morn

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Geschrieben 10 Oktober 2007 - 14:54

Ich bin mit dem ersten Teil fertig (naja, eigentlich schon weiter). Mir geht es aehnlich wie paliato, und auch spekulieren, wie es weitergehen koennte, kann ich nur schwerlich. Alles erscheint wohl durchdacht. Am Anfang fand ich die erklaerenden Einschuebe zumindest ungewoehnlich, manchmal unnoetig, aber ich gewoehnte mich schnell daran und lese sie inzwischen sehr gern. Auch die gehaeufte Verwendung von teils ungewoehnlichen Fremdwoertern stoert mich ueberhaupt nicht; teilweise fand ich die Beschreibungen amuesant. Das ist mir eigentlich auch nur bei Erklaerungen der Assistentin von Richter Fang (@ Yippie: Er heisst auch im Deutschen so.) aufgefallen. Der Wechsel in der Sprache ist m.E. immer sehr gelungen, je nachdem, wer die Hauptperson ist. Dinosauriers Geschichte in der Fibel sind an Nell angepasst (Sie ist 3 oder 4, wenn sie die Fibel bekommt, oder?), denke ich, so dass mich die Sprache nicht gestoert hat. Zumal es sich wie ein Maerchen liest.Die Entwicklung hat laenger gedauert als 2 Monate. Ich meine, irgendwo steht, dass zwei Jahre vergangen sind zwischen Hackworths Anheuerung und der Uebergabe der Fibel. Das erscheint ziemlich kurz, aber ich hatte den Eindruck, dass der Entwiclungsprozess parallel ablaeuft. Fuer jedes Subsystem schien es mir einen entwickelnden Ingenieur zu geben.Fuer mich ist die geschilderte Weiterentwicklung von Buch und Papier, von Film und Fernsehen sehr ueberzeugend.

#14 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 10 Oktober 2007 - 20:09

Ob denn mal wieder im Deutschen bei der Übersetzung zu sehr "geschliffen" wurde? Ich lese gerade (Lord Finkle-McGraw doziert über Hypokritiker):

"Because they were hypocrites, the Victorians were despised in the late 20th century. Many of the persons who held such opinions were, of course, guilty of the most nefandous conduct themselves, and yet saw no paradox in holding such views because they were not hypocrites themselves - they took no moral stance and lived by none."

Sind jetzt die früheren morallosen Verachter (das sind aus F-Ms Sicht übrigens unsereiner) der Vickies verachtenswert? Oder ist es etwa ein Lob?! Alles kommt auf das hyper-archaische Wort "nefandous" an; wurde das im Dt. in ein ähnlich obskures Wort übersetzt? (Ich denke mal nicht.)

Was die Entwicklungsdauer angeht, hast du recht, Morn - da hatte ich nicht genau aufgepasst. So ca. ab Nells Geburt - der Zeitpunkt zu dem Lord F-M Hackworth die Fibel vorschlägt - bis sie die Fibel in Hände bekommt, vergehen Jahre. Trotzdem nicht gerade sehr lange, um derartige K.I. zu entwickeln, finde ich.

Zur Sprache der Dinosaurier-Story: Ok, die Sprache ist sehr einfach gehalten - aber muss ich (mehrheitlich erwachsener) Leser deshalb NEUN Seiten davon durchwaten? Und wie gesagt, der Plot dieser Parabel ist, ehm, Bluna. :lol:

Ich stimme deinem Wort, M., zur wohl-durchdachten Welt auf jeden Fall zu - für mich einer der Hauptreize des Romans. Aber stilistisch ist er mir manchmal doch etwas zu gekünstelt bzw. langatmig. Und am Ende... na ja, warten wir bis dann.

P.S. (nochmal Lob): Das Kapitel in dem Richter Fang auf dem Schiff von Dr. X dessen wahren Plan versteht, ist m.E. das bisher beste - spannend und sehr gut geschrieben! Zumindest wurde damit mein Geschmack am besten bedient... :unsure:

Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 10 Oktober 2007 - 20:35.

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#15 Rusch

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Geschrieben 11 Oktober 2007 - 08:49

Also ich fand die Sauriergeschichte eigentlich recht witzig - auf eine morbide, apokaliptische Art. Das war ja fast so, als ob man Stein, Schere, Papier spielt und so ausknobelt, wer gefressen wird. Und wenn sich der Leser in die kleine Nell versetzen soll, dann ist die Geschichte so nicht schlecht erzählt, auch wenn es wegen des einfachen Stil vielleicht schwierig wird.

#16 Morn

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Geschrieben 12 Oktober 2007 - 10:09

@ Yippie: Die Uebersetzung des von Dir zitierten Absatzes ist:

"Weil sie scheinheilig waren, wurden die Viktorianer Ende des zwanzigsten Jahrhunderts verachtet. Selbstverstaendlich hatten sich viele Leute, die diesen Standpunkt teilten, selbst des schaendlichsten Verhaltens schuldig gemacht, und doch sahen sie kein Paradoxon in ihren Ansichten, da sie selbst nicht scheinheilig waren - sie erhoben keine moralischen Massstaebe und lebten nach keinen."

(Taschenbuchausgabe S. 225, Goldmann, 12/2001, uebersetzt von Joachim Koerber) Das ist also kein Kompliment... Ich denke auch, dass damit wir gemeint sind. Einen Kritikpunkt haette ich auch. Es ist schwer nachzuvollziehen, wieviel Zeit zwischen einzelnen Episoden vergeht. Das wird hoechstens mal hin und wieder eingestreut. So bekommt man leider kein richtiges Gefuehl dafuer.

#17 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 14 Oktober 2007 - 12:28

Das ist also kein Kompliment...

Das war mir klar, aber erst nachdem ich "nefandous" nachgeschlagen hatte! :thumb: Man sieht aber dass der dt. Übersetzer anscheinend den Text - zumindest hier und da - schon "geschliffen" hat, denn "schändlich" ist ja eher durch jedermann verständlich. Beim Englischen muss ich immer mal wieder im guten alten Merriam-Webster-Unabridged-Wörterbuch nachschlagen... (Übrigens vielen Dank fürs Heraussuchen des dt. Äquivalents!) Zur Unterstreichung von Stephensons Tendenz sich über den zu ernstnehmenden Leser lustig zu machen, abschließend zum 1. Teil noch ein anderes Zitat, wenige Seiten nach obigem vorkommend (eine Liste der "wahrscheinlichen" Bestandteile einer Würzsauce):

Water, blackstrap, molasses, imported habanero peppers, salt, garlic, ginger, tomato puree, axle grease, real hickory smoke, snuff, butts of clove cigarettes, Guiness Stout fermentation dregs, uranium mill tailings, muffler cores, monosodium glutamate, nitrates, nitrites, nitrotes and nitrutes, nutrites, natrotes, powdered pork nose hairs, dynamite, activated charcoal, match-heads, used pipe cleaners, tar, nicotine, single-malt whiskey, smoked beef lymph nodes, autumn leaves, red fuming nitric acid, bituminous coal, fallout, printer's ink, laundry starch, drain cleaner, blue chrysotile asbestos, carrageenan, BHA, BHT, and natural flavorings.

(Oder vielleicht wollte er nur potenzielle Übersetzer ärgern? :rolleyes:)

Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 14 Oktober 2007 - 20:15.

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#18 lapismont

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Geschrieben 15 Oktober 2007 - 11:52

Über die Bestandteile hab ich mich auch sehr amüsiert, zeigt aber irgendwie recht deutlich, wie sich der Delinquent gerade fühlt. ;) Zum Stil. Hier habe ich das Gefühl eine Art Dickens zu lesen. Vielleicht bedingt durch den viktorianischen Hintergrund oder die Kapitelüberschriften, aber Nell erscheint mir durch ihre Ernsthaftigkeit einiges von Klein Dorrit oder Oliver Twist zu haben. Zumindest verbindet Stephenson eine Menge prägnanter Figuren durch den Plot miteinander.Die Zeitsprünge werden tatsächlich schwer erkennbar verpackt, teilweise fehlt eine komplette Entwicklungsstufe von Nell ohne dass es sofort durch ihre Handlungen deutlich wird. Aber plötzlich dann haut sie mit Wörtern um sich, die den letzten Buchgeschichten, die wir lesen konnten, nicht entsprachen.Woher etwa nimmt sie ihr viktorianisches Benehmen? Es steht zwar da, dass sie in der Fibel darüber las - wir aber nicht. Aber insgesamt ein super Buch. Etwas für Stilisten, wie für SF-Fans.

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#19 Rusch

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Geschrieben 15 Oktober 2007 - 14:42

Mich erinnert das Buch stark an den Stil, im dem Matt Ruff so schreibt. Geht es anderen hier auch so?

#20 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 15 Oktober 2007 - 16:57

Stil, im dem Matt Ruff so schreibt

Im Original empfinde ich es nicht so, allerdings habe ich von Ruff bisher nur G.A.S. intus. Vielleicht ist ja der dt. Übersetzer derselbe? :whistling: Stephenson ist auf jeden Fall sehr viel blumiger und "damaskener" hier; in Snow Crash war das noch ein wenig anders - da war seine Sprache evtl. der Ruffs ähnlicher.

@lapismont: Ich denke Nell hat nur die Vicky-Sprache (also "hohes Englisch", eher unakzentuiert) drauf, wenn es sein muss. Deren soziales Verhalten lernt sie ja im 2. Teil in Fr. Mathesons Schule und beim Offizier bei dem sie dann wohnt. Auch im 2. Teil nennt Stephenson Dickens DEN Autor der viktorianischen Zeit, also halte ich es für wahrscheinlich dass er ihn in den Vicky-Passagen emuliert (meine Erinnerung an Dickens ist allerdings schon zu sehr durch "lange her" zerbröselt :fun:); die Kapitelstruktur mit den "zusammenfassenden Titeln", die er in diesem Roman benutzt, war in engl. Romanen bis weit ins 20. Jhdt. üblich, allerdings dann schon meistens mit einer Kapitelnummer versehen.

Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 15 Oktober 2007 - 16:57.

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Geschrieben 15 Oktober 2007 - 19:42

yo, es war so üblich, die Spannung der Leser anzufachen, Gullivers reisen hatten es auch schon.

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#22 rockmysoul67

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Geschrieben 16 Oktober 2007 - 09:57

Ich hatte einen etwas mühsamen Start. Der Anfang fing mit Bud als starker Cyberpunk an, worauf ich gar keine Lust hatte, dann empfand ich die ersten Hackworthszenen als schleppend, insbesondere fand ich die Erklärung der Rückkehr zu 19.-Jahrhundert-Werten (im langweiligen Gespräch mit Finkle-MccGraw) als ungenügend.Doch dann ... sah ich die originelle und einfach gehaltene Erzählstruktur. Bud ist der Vater von Nell! Nicht etwa die Mutter; Vater und Tochter kennen sich gar nicht. Auf diese Weise muss der Leser sich nicht mit öden Hintergründe auseinander setzen.Stephenson ist der Erfinder des Young Lady's Illustred Primer - und verliert den Prototyp. (Ich befürchtete schon, dass das Wunderbuch irgendwie auf magische Weise entstehen und in den Händen einer Einzelperson geraten würde). Weil es viele Zonen mit unterschiedlichen Lebensstilen und Gesetzen gibt, macht das Viktorianische Verhalten plötzlich Sinn, weil die englische Oberschicht dafür gewählt hat - ohne sich um Meinungen anderer Bevölkerungsgruppen zu kümmern.Stephenson hat viele Erzählklippen geschickt umsegelt!Interessant finde ich das Fehlen/Vorhandensein des Internets. Der Roman wurde geschrieben kurz bevor das Internet so richtig bekannt und populär wurde - dies ist übrigens für mich ein Grund dieses doch nicht so altes Buch als "Klassiker" anzusehen. Obwohl Stephenson Email kannte, ist das Internet nicht vorhanden, doch er erfindet ein eigenes digitales Kommunikationssystem, so bei den Blättern und dem Matter Compiler.(Ich lese übrigens die englische Version, bei den Gedichten und ultramodernen Wörtern versage ich oft.)Meine Sympathie geht aus zu Harv. Es ist köstlich wie er kindlich die Welt sieht und sie seiner Schwester erklärt (Buchstaben, Stoff). Er übernimmt eine schützende Vaterrolle und neigt dabei nicht mal für Gewalt (Mord?) zurück. Ich habe die Lesebremse gezogen als Miranda, eine neue Figur, vorgestellt wird. (Mir ist schon jetzt klar, dass Harv Teil einer Gang ist, die den Primer raubt, und dass Harv das Gerät seiner Schwester schenkt - wieder eine elegante Wendung der Story).

#23 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 16 Oktober 2007 - 10:17

Hi rocky, schön dass du auch mit machst (oder jetzt nicht mehr?).

Interessant, deine vorsichtigere Einstiegsweise! Im 2. Teil des Buches solltest du lieber alle Vorsicht in den Wind blasen... :fun:

Deine historische Analyse...

Interessant finde ich das Fehlen/Vorhandensein des Internets. Der Roman wurde geschrieben kurz bevor das Internet so richtig bekannt und populär wurde

... finde ich allerdings etwas verfehlt. Das Internet war in 1995 und den Jahren davor durchaus bekannt - das war nämlich das Jahr indem neben Tausenden Anderen auch ich anfing im WWW zu surfen (und ich hatte mich einige Jahre lang davor gewehrt! :whistling:); EMails sind gerade bei Akademikern noch länger üblich gewesen, und Stephenson hat studiert. Es geht ja um SEINEN Wissensstand, nicht den der Allgemeinheit.

Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 16 Oktober 2007 - 10:40.

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die Wünsche-Erfüllung fort!"

Sie befolgten den Rat und von Stund an war

wieder spannend das Leben und heiter.

Die Kinder war'n froh wie vor Tag und Jahr

und vielleicht gar ein wenig gescheiter.

(BewohnerInnen der Stadt der Kinder, aus der "Geschichte vom Wunsch aller Wünsche", aus Die Zauberschule & andere Geschichten, Neuauflage im Thienemann-Verlag, S. 93, von Ende)


#24 rockmysoul67

rockmysoul67

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Geschrieben 16 Oktober 2007 - 10:40

Deine historische Analyse... ... finde ich allerdings etwas verfehlt. Das Internet war in 1995 und den Jahren davor durchaus bekann

Hi Yippie. Ich akzeptiere natürlich deine Einschätzung. Ich selbst sehe 1995 immer als ein Wendejahr. Dank Windows 95 fingen viele Leute an, Computer zu kaufen und erstmals im Internet zu surfen. Ich spürte schon oft ein anderes Computgerverständnis der Allgemeinheit seit diesem Jahr - auch in der Literatur. Vorher war der Computer eine Art "Wundermaschine"; viele Autoren schrieben ohne irgendein Wissen darüber. Seit 1995 gab es viel mehr Autoren, die aus neu gewonnener Erfahrung wussten, was man mit einem Computer und dem Internet machen kann. Selbstverständlich gab es auch viele Ausnahmen: Autoren vor 1995, die schon fleissig surften (und teils mit Windows nichts am Hut hatten) und darüber schrieben, sowie Autoren nach 1995, die sich durch Unwissen auszeichneten. Dies ist meine persönliche Einschätzung, keine wissenschaftliche historische Studie. Wie auch immer: Ich finde, dass Stephenson mit originellen Ideen kam (MC, Nano-Papier).

#25 rockmysoul67

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Geschrieben 28 Oktober 2007 - 21:52

Ich muss mich wohl ein wenig beeilen mit dem Lesen, bald ist der Monat rum. (Na ja, ich hatte den neuen Ken Follett noch dazwischen geschoben...) Jedenfalls bin ich nun mit dem ersten Teil durch.

Ich befürchtete beim Lesen, dass einiges auf der Strecke bleiben würde (wie den Abbruch beim Foltern ohne Klarheit über die Herkunft der Babys), doch fast alles ist wirklich schön aufgegangen. Allerdings ist mir nicht ganz klar, weshalb Harv zum Ozean rennt. Flieht er einfach, verübt er etwa Selbstmord, wird er im zweiten Teil wieder auftauchen? Gut ist, dass Nell jetzt in einer neuen, wohl längerwährenden Umgebung angelangt ist.

Zwei Punkte, die ihr angesprochen habt.

Mir hat die Dino-Aussterbensgeschichte gefallen. Das Kind wird unterrichtet, hier ist ein Kapitel, wie die Dinosaurier ausstarben, so wie ein junges Kind (4 bis 6) dies gut verstehen kann. Details können später abgeändert werden. Passt! Sowieso ist es praktisch, wie Nells Puppen als Figuren eingesetzt werden, jede mit eigenen Charakteren und Qualitäten. Dinosaur hatte bis jetzt eine Hauptrolle und er lernte Nell ihren Körper einzusetzen - in Kapitel Zwei kommen wohl die etwas weiseren Puppen/Führungsfiguren zum Zug.

Der "Primer" ist ja das Hauptelement des Romans. Die Frage ob je bzw. weshalb nicht schon jetzt eine solche Erfindung eingesetzt werden kann, ist interessant. Ich selbst denke, dass unsere Computer noch nicht weit genug entwickelt sind, aber in ein paar Jahrzehnten könnte die Rechenleistung reichen. Die Basis-Programme dazu bestehen allerdings schon längst. Ich denke da an drei Sachen.
- Rede-Antwort-Programme
Vor zwanzig Jahren waren so Couch-Programme populär. Man sprach mit (eigentlich schrieb mit) einem digitalen "Freund" oder "Ratgeber" und dieser fragte ständig weiter à la "wie meinst du das?", "erzähl mir doch bitte mehr" oder gab Sprüche von sich à la "nimms locker" oder "ja, da hast du Recht"
- Diktier-Programme
Vor zehn Jahren waren Sprech-Programme populär; man diktierte den Text und es wurde gleich in einem Wortverarbeitungsprogramm aufgenommen. Die Programme verschwanden dann aber immer mehr vom Markt, wohl weil man immer wieder viel Zeit mit nachkorrigieren verlor (auch wenn die Programme sich dem Vorleser angewöhnen sollten).
- Lernprogramme
Die Kinder werden heutzutage schon sehr stark mit Lernprogrammen und auch sonst mit Computern und dem Internet unterstützt. Interessanterweise sah ich heute in einem Spielzeugbestellheftchen (Weihnachten naht) ein Lernprogramm im Form eines Buches (das "Buch" kann man aufschlagen und die zwei einzigen Innenseiten sind Bildschirme).

Ich glaube, im Verlauf der Zeit werden Computer mehr reden sowie aktiv auf ihren Benutzer eingehen können; dazu käme noch einen Schuss Nano-Technologie und dann wird noch das Ganze programmiert für ein Kind - und tatata der Primer ist da.


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