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S.F.X - die Storys


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66 Antworten in diesem Thema

#1 Uwe Post

Uwe Post

    FutureFictionMagazin'o'naut

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Geschrieben 14 Oktober 2007 - 13:35

Hm, bin wohl mal wieder der erste, der das Bedürfnis nach einem Besprechungs-Thread hat ... da ich Urlaub habe (ab morgen: hatte), ist genug Zeit, Moloch, Nova und jetzt auch S.F.X zu konsumieren. Also dann:

Tillmanns - Happy Birthday
Da ich der einzige Mensch auf der Welt zu sein scheine, der diese Geschichte noch nie mochte und immer noch nicht mag, überlasse ich weitere Anmerkungen anderen Rezensenten, die vielleicht über den passenden Humor verfügen :rolleyes:

Schneider - Risiken
Ich hab mich die ganze Zeit gefragt, wieso der Arzt einen Hut trägt. Die Erklärung ist allerliebst. Eine Geschichte zum Schmunzeln, mit einer netten Pointe. Liebenswert.

Iwoleit - Staub
Ein Spin-Off vom Moloch (in Visionen 4, für die Leute, die's nicht wissen). Routiniert geschrieben, aber zu kurz, um eine bleibende Wirkung zu entfalten. Ich kann nicht beurteilen, wie die Story wirkt, wenn man den Moloch nicht vorher gelesen hat. So oder so bietet "Staub" wenig mehr als einen geradlinigen Fall von Selbstjustiz, aber allemal überzeugend in Szene gesetzt.

Becker - Nor Mal
Es gibt Satzanfänge, die mein Verstand ablehnt. Beispiel aus diesem Text: "Heute war". Heute ist (es sei denn, ich rede von meinen heutigen Schwierigkeiten beim Aufstehen). Wer im Präteritum redet, sagt nicht "heute", sondern "gestern" oder "letzten Dienstag". Ich weiß, ich weiß ... es ist eine Kleinigkeit, vermutlich machen es große Schriftsteller genauso und für die Beurteilung der ganzen Geschichte ist es nicht wesentlich. Aber damit es hinterher nicht wieder heißt, meine Kritiken seien nicht begründet, mag dies als Beispiel dafür dienen, warum mir der Stil dieser Geschichte wenig zusagt. Hinzu kommt, dass sie inhaltlich die groteske Schiene fährt. Sahne-Schrat, rosarote Waldbeeren ... ich weiß nicht, soll das lustig sein? Ich nenne es Unsinn. Bestimmt eine wahnsinnig schlaue Metapher, aber ich will in einer SF-Anthologie keine Mataphern lesen, sondern SF-Storys. Gut, dass dieser Text nur vier Seiten lang ist. Ist das überhaupt Science Fiction? Jedenfalls nicht(s) für mich.

Bucher - Wunschkind A.G.
Kein neues Thema, aber schön böse in Szene gesetzt. Gefällt mir, ohne mich aber vom Hocker zu hauen.

Mehr demnächst ...

Bearbeitet von Uwe Post, 15 Oktober 2007 - 10:23.

Herausgeber Future Fiction Magazine (deutsche Ausgabe) ||| Aktueller Roman: ERRUNGENSCHAFT FREIGESCHALTET ||| uwepost.de ||| deutsche-science-fiction.de

#2 Armin

Armin

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Geschrieben 15 Oktober 2007 - 09:26

Danke fürs Eröffnen des Threads, Uwe.Es wäre schön, wenn wir es hier schaffen würden, auch mit kritischen Worten ein bisschen gelassener umzugehen als anderswo ...

#3 Helmuth W. Mommers

Helmuth W. Mommers

    Illuminaut

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Geschrieben 16 Oktober 2007 - 13:44

Hoppla, da bin ich ja der erste, dann mache ich mal den Anfang.

Gemessen an den Tops ist diese Anthologie unter allen bisherigen in der Wurdack-SF-Reihe die beste. Ein Highlight und mehrere empfehlenswerte Storys versöhnen über doch etliche, die bei mir durchgefallen sind.

Das Highlight: Amethyst von Frank Hebben - Bemerkenswert, wie es dem Autor mit knappen, präzis gewählten, eindrücklichen Worten gelingt, den Leser einen Blick, sozusagen durch den Türspalt, auf eine andere Welt werfen zu lassen. Natürlich bleibt bei dieser Kürze die Substanz etwas auf der Strecke, wie auch die Aussage. Trotzdem ein Kleinod.

Prima Unterhaltung bietet Andrea Tillmanns Happy Birthday mit knackiger Pointe. (Was hat die Story mit Cyberpunk zu tun? Oder spielte das bei der gleichnamigen Community keine Rolle?)

Für diesmal serviert uns Armin Rößler mit Cantals Tränen eine Alienstory (er hat´s mit dem Fremdweltlern, nicht wahr?), die einfühlsam und stilistisch makellos ist und auch nichts offen lässt.

Arnold H. Bucher (hopp Schwyz!) überrascht endlich einmal (nach mehreren missglückten Versuchen) mit Wunschkind AG - in der Kürze liegt die Würze.

Und Frank W. Haubolds Heimkehr ist sehr gut geschrieben (aber das sind wir von ihm gewohnt), wenn auch etwas mysteriös (aber auch das ist nicht ungewöhnlich).

Immerhin unterhaltsam waren Risiken von Bernhard Schneider: eine nette kleine Story - allerdings mit schwachem „twist“ - um das Risikobewusstsein von Unsterblichen, ein Thema, das der Autor in meinen neuen VISIONEN um den moralischen Aspekt vertieft hat. - Weiters Nor Mal von Dirk Becker: ganz witzig - Edgar Güttkes amüsanter Ausflug auf und mit der Hohenzollernbrücke - Michael K. Iwoleits düstere Vision Staub - Ines Bauers Reisefieber, eine Reminiszenz an Sheckley, nicht ganz so spritzig, dennoch witzig - und schließlich Petra Vennekohls Kettenreaktion, zwar ein bisschen oberflächlich auf Action getrimmt und nicht sehr glaubwürdig, aber nett erzählt.

Durchgefallen sind dagegen:

Stadt aus Maschinen von Christian Weis: Hier wimmelt es von übertrieben starken Ausdrücken (presste hervor/Miene verfinsterte sich/erscholl ihre Stimme/preschte vor/krallte Finger/versuchte zu entrinnen/umbarmherzig umschlossen/aufgerissene Augen/bebendes Kinn - die Liste liesse sich beliebig fortsetzen! Das ist bei Action nicht ganz zu vermeiden, aber in Maßen bitte!), die zusammen mit Hektik künstlich Spannung erzeugen sollen; dazu gesellt sich eine haarige Auflösung. - Habitat von Christian Günther: Tut mir leid, die Story empfand ich langweilig, unglaubwürdig und die Pointe für aufgesetzt - Eingezogen von Melanie Metzenthin: Was amüsant anfing, geriet bei mir mehr und mehr zu einer Gähnpartie; der Schluss gab mir den Rest - Wo uns niemand findet von Jakob Schmidt: dieser Story konnte ich einfach nichts abgewinnen - Die Befreiung des Fremdlers von V. Groß: Banalität mit philosophischen Anwandlungen - Der Turm der Träume von Heidrun Jänchen: Das virtuelle Leben von in Nährlösung schwimmenden Gehirnen ... konfus und irreal wie ein Traum, so auch der Schluss. Schade, das kann die Autorin besser! - Neuanfang im Paradies von Andreas Flögel: Idee, Stil und Umsetzung erinnern mich an Fanstorys vor fünfzig Jahren - der Tiefpunkt der Anthologie.

Bleiben Kai Riedemanns Der Dichter und die Sängerin: Seine Erzählungen haben mich (bis auf 2 von 10) nie überzeugen können, so auch diesmal nicht. Seine Story glänzt durch ein einziges SF-Element, nämlich „Nanoacrylmatte“ ... im übrigen ist die Story viel Spiegelfechterei und ein - zugegebenermaßen - gekonntes Wortgeplänkel. - Und schließlich Deformationen von Niklas Peinecke: Bei allen guten Ansätzen für mich bemühter Punk, der ohne Spuren zu hinterlassen an mir vorbeiging. Daraus hätte man mehr machen können!

Fazit: Vierzig Seiten weniger, zurück zum alten Umfang, wäre der Anthologie gut bekommen

#4 Armin

Armin

    Entheetonaut

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Geschrieben 16 Oktober 2007 - 13:57

Danke, Helmuth, dieses Mal ist das Buch ja erstaunlich flott nach Mallorca gekommen. Uwe hatte schon einen Thread eröffnet, der findet sich hier: http://www.scifinet....?showtopic=6316 Vielleicht ist einer der Moderatoren so nett und verbindet die beiden. Edit: Danke. Jetzt ist alles beisammen.

Bearbeitet von Armin, 16 Oktober 2007 - 16:24.


#5 Naut

Naut

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Geschrieben 16 Oktober 2007 - 22:16

Puh, da bin ich ja fast froh: "ohne Spuren zu hinterlassen" ist ja besser als "durchgefallen". :shifty: Dennoch vielen Dank, Helmuth, eine negative Rückmeldung ist allemal mehr wert als eisiges Schweigen. Und "ein Highlight und mehrere empfehlenswerte Storys" sind ein schöner Erfolg für die Herausgeber!
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#6 Drachenherz

Drachenherz

    Nochkeinnaut

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Geschrieben 19 Oktober 2007 - 09:12

Ach, mir macht es nichts aus, durchgefallen zu sein. Eine Gähnpartie, die zu einem guten Nachtschlaf führt, ist nicht zu verachten und viel gesünder als Medikamente! :thumb: "Happy Birthday" Hat mir super gefallen und hat mich köstlich amüsiert."Risiken" fand ich ebenfalls klasse unterhaltsam und gut dargestellt (so sind die Psychiater eben *grins*)"Wo uns niemand findet" zeigte viel Atmosphäre und spielte schön mit den Gegensätzen"Habitat" war ein bisschen kurz am Schluss, aber auch stimmungsvoll"Amethyst" hätte ruhig länger sein dürfen, um mehr von der Welt zu zeigen und zu erklären, was Schläfer sind. "Nor Mal", den fand ich unpassend und es war nicht meine Art von Humor. Demnächst mehr, wenn ich weitergelesen habe.Gruß, Melanie

#7 Drachenherz

Drachenherz

    Nochkeinnaut

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Geschrieben 19 Oktober 2007 - 09:13

Ach ja, "Stadt aus Maschinen" habe ich noch vergessen. Interessante Idee, musste mich nur erst mal reinlesen, fand sie dann aber auch sehr gut gemacht und atmosphärisch dicht.Gruß, Melanie

#8 V.Groß

V.Groß

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Geschrieben 22 Oktober 2007 - 14:23

Also ich finde die Anthologie äußerst gelungen - unterhaltsam, spannend und mit einer schönen Portion Humor versehen. Allerdings beurteile ich die Stories auch - etwas mehr über den ganz strengen SF-Tellerrand hinweg, glaub ich - als phantastische Texte. Echte Probleme hatte ich eigentlich nur mit Andreas Flögel ("Neuanfang im Paradies"), in die ich nur sehr schlecht reingekommen bin und die meine Aufmerksamkeit absolut nicht fesseln konnte, bzw. Heidrun Jänchen ("Der Turm der Träume"), die mir insgesamt ein wenig zu mysteriös, zu fragmentiert erschien.

Ansonsten hab ich da wenig zu meckern.

Besonders gut für meinen Geschmack: Christian Günther ("Habitat") - wegen der sehr greifbar werdenden Atmosphäre in diesem Habitat; Frank Hebben ("Amethyst") - hat was genial Wahnsinniges, finde ich; Edgar Güttge ("Hohenzollernbrücke") - Edgar Güttge hat mich noch nie enttäuscht, herrlich absurd manchmal, sehr vergnüglich, voller Wendungen und mit göttlich-schelmenhaftem Humor ausgestattet; Ines Bauer ("Reisefieber") - sehr amüsant, tatsächlich deutlich an Scheckley erinnernd, mit gelungenen, zynischen Spitzen; Armin Rößler ("Cantal's Tränen") - atmosphärisch unschlagbar, sehr beindruckend komplex und tiefgründig; Petra Vennekohl ("Kettenreaktion") - äußerst glaubwürdig, spannend und teilweise sogar mit dem Flair eines großen SF-Technik-Thrillers versehen; Frank W. Haubold ("Heimkehr") - perfekt geschrieben; und

... Jakob Schmidt ("Wo uns niemand findet"), dessen Story ich wesentlich besser beurteile als es hier bisher der Fall ist - mit sehr schönen, surrealen Szenen und Bildern, einer erstklassig lakonischen Hauptfigur, gefangen in einer durchweg überzeugenden Zwischenwelt, und schließlich einem waschechten Happy-End, das man meiner Meinung nach erst mal so hinkriegen muss (ohne, dass es irgenwie aufgesetzt oder peinlich wirkt). Hat mich an die Stories von Ian Watson erinnert.

Mein Fazit: die Anthologie liefert eine sehr lohnendes Leseabenteuer, das gekonnt die ganze Bandbreite der SF auslotet, jederzeit für Spannung und Unterhaltung sorgt, eine Vielzahl an beeindruckenden Story-Höhepunkten bietet und auch den Humor nicht zu kurz kommen lässt.

Hat großen Spaß gemacht!

Ich kann "S.F.X" nur empfehlen!

:P

Bearbeitet von V.Groß, 22 Oktober 2007 - 14:45.

V

#9 Heidrun

Heidrun

    Giganaut

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Geschrieben 22 Oktober 2007 - 19:11

Iwoleit - Staub
Ein Spin-Off vom Moloch (in Visionen 4, für die Leute, die's nicht wissen). Routiniert geschrieben, aber zu kurz, um eine bleibende Wirkung zu entfalten. Ich kann nicht beurteilen, wie die Story wirkt, wenn man den Moloch nicht vorher gelesen hat.

"Staub" habe ich vor fast einem Jahr zum ersten Mal gelesen und fand die Story überzeugend: eine interessante Zukunftswelt, eine interessante Idee, ein sauberer Plot. Nachdem ich den Moloch gelesen habe, muß ich Dir aber recht geben: das ist wohl eher ein Nebenprodukt. Ein knapper 15000er kommt gegen einen jungen Roman natürlich nicht an, vor allem nicht in umgekehrter Reihenfolge. Als Herausgeber habe ich allerdings das Problem, daß ich schlecht wissen kann, was ein Dreivierteljahr später in einem anderen Verlag erscheinen wird... :lol:
Ich finde die Story trotzdem gut, nur das Timing ist mies.
  • (Buch) gerade am lesen:Gene Wolfe "Sword and Citadel"

#10 † Christian Weis

† Christian Weis

    Temponaut

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Geschrieben 23 Oktober 2007 - 20:52

Das Highlight war für mich Andrea Tillmanns' Happy Birthday - nachdem ich die Geschichte schon zweimal bei Lesungen (für die diese Story meines Erachtens geradezu prädestiniert ist) genießen durfte, empfand ich sie noch immer als witzig, spritzig und durchgängig sehr unterhaltsam. Sehr gut gefiel mir auch die Hohenzollernbrücke von Edgar Güttge - die Story war für mich von Anfang bis Ende spannend und ist zudem recht humorvoll erzählt. Ebenfalls in meinen Augen sehr gut Armin Rößlers Cantals Tränen: Hier hatte ich anfangs etwas Mühe mit den vielen fremden Namen und Bezeichnungen, aber als ich dann in der atmosphärisch dichten und anrührenden Story drin war, nahm sie mich gefangen bis zum Schluss - mit die fantasievollste Geschichte im Buch.

Gut bis sehr gut gefielen mir Risiken von Bernhard Schneider, das spannend und unterhaltsam gemacht ist und mit einer schönen Pointe aufwartet, und Amethyst von Frank Hebben, das sehr gut geschrieben und fesselnd ist (aber leider zu Ende, bevor ich so richtig drin war - ist zwar kein wirkliches "Manko", aber ein kleiner Wermutstropfen).

Gut fand ich Der Turm der Träume von Heidrun Jänchen - die Story hat mich berührt, und der Schluss liegt mir. Ebenso beeindruckend war Staub von Michael K. Iwoleit. Gut gefielen mir auch das unterhaltsame und amüsante Reisefieber von Ines Bauer und Frank W. Haubolds Heimkehr, das vor allem durch Stil und Atmosphäre besticht, jedoch vielleicht ein bisschen lang geraten ist.

Gefallen haben mir auch Habitat von Christian Günther, Eingezogen von Melanie Metzenthin und Kettenreaktion von Petra Vennekohl. Während es bei Habitat und Kettenreaktion leider erst in der zweiten Hälfte der Geschichte wirklich interessant und spannend wurde, empfand ich es bei Eingezogen umgekehrt: hier hat mir zum Ende hin ein Element gefehlt, das die Story noch mal richtig nach vorn gebracht hätte. Nor Mal von Dirk Becker ist ein netter Joke für zwischendurch, aber mehr war's für mich nicht. Etwas besser gefiel mir die Wunschkind AG von Arnold H. Bucher - das kurze Gespräch behandelt das böse Thema angemessen böse, reißt es aber im Grunde nur an.

Ein paar Geschichten waren thematisch oder erzähltechnisch nicht ganz mein Fall. Bei Niklas Peineckes Deformation z.B. bin ich während des Lesens weitgehend auf Distanz geblieben und hab die Abläufe nur aus der Entfernung verfolgt, sozusagen als "neutraler Beobachter". Um zu fesseln, hätte es größerer Nähe zu den Protagonisten bedurft - die Story hat mir nur mit Abstrichen gefallen.

Die Ausbeute an gutem und sehr gutem Lesefutter war insgesamt ziemlich groß und die Quote der Stories, die nix für mich waren, sehr klein - für mich ist S.F.X ein gelungener, sehr unterhaltsamer und zudem thematisch sowie erzähltechnisch abwechslungsreicher Storyband.

Bearbeitet von ChristianW, 23 Oktober 2007 - 20:57.


#11 Armin

Armin

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Geschrieben 24 Oktober 2007 - 17:07

Die Ausbeute an gutem und sehr gutem Lesefutter war insgesamt ziemlich groß und die Quote der Stories, die nix für mich waren, sehr klein - für mich ist S.F.X ein gelungener, sehr unterhaltsamer und zudem thematisch sowie erzähltechnisch abwechslungsreicher Storyband.

Danke euch allen für die Kommentare zu den Storys. So langsam kommen ja ein paar Meinungen zusammen ...

#12 Jakob

Jakob

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Geschrieben 26 Oktober 2007 - 12:39

Obwohl ich weiß, dass Lob wichtig ist, beschränke ich es auf die allgemeine Aussage, dass mir die drei Stories, die ich bisher gelesen habe, im Prinzip sehr gut gefallen haben. Unten vor allem die spezifischen Kritikpunkte, die für AutorInnen meines Erachtens nützlicher sind als allzu allgemeiner Zuspruch.(Übrigens: natürlich steht meine Story in dem Band dummerweise in direktem Vergleich. Ich will nicht behaupten, dass ich alles, was ich hier bemängele, besse mache. Ich weiß sogar, dass ich einiges schlechter mache. Der Kritiker steht bildlich gesprochen eben immer auf den Schultern des Autors, und als Autor ist es bekanntermaßen recht schwer [wenn auch nicht unmöglich], auf den eigenen Schultern zu stehen, um so den Blick für die eigenen Fehler zu schärfen.)Andrea Tillmanns: "Happy Birthday"Die Idee ist gut und sogar durchaus politisch relevant, die Geschichte solide geschrieben, was mir nicht gefällt, ist die bemühte - und eigentlich völlig überflüssige - Pointe. Die ist mir einfach zu platt und ruiniert für meinen Geschmack auch ein bisschen die verstörende Wirkung der Story: Das ganze fängt mit einem gar nicht so unglaubwürdigen Zukunftsszenario des "Gesundheitsterrors" an, und dann kommt plötzlich ein aufgesetzter Endpunkt. Das beklemmend-klaustrophobische der Story wäre besser erhalten geblieben, wenn die Hauptfigur einfach weitergelebt hätte und sich den Gegebenheiten dabei zwangsläufig angepasst.Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, die Story um eine vordergründige Handlung zu ergänzen, so dass die eigentliche Idee mehr im Hintergrund hätte "mitlaufen" können.Eine ordentliche Story, vor allem aber verschenktes Potential, finde ich. Da hätte mehr draus werden können, hätte die Autorin "Happy Birthday" nur als Vorstudie verwendet und auf der Basis dann eine Geschichte verfasst.Bernhard Schneider: "Risiken"Die Geschichte ist kurzweilig, die Idee gut und die Pointe gut vorbereitet. Trotzdem ist auch diese Story mir zu sehr in die Pointe verliebt: Die Gedanken der Hauptfigur sind nicht immer nachvollziehbar - tatsächlich müsste er die Patientin etwas ernster nehmen, wenn er ganz genau weiß, dass ihre Behauptungen potentiell der Wahrheit entsprechen. Da ist schon ziemlich viel zurecht konstruiert worden, um die Pointe nicht zu früh zu verraten. Die Hand des Autors ist zu spürbar, die Hauptfigur wirkt in ihrer Autonomie zu eingeschränkt.Auch solide also, aber ehrlich gesagt auch nicht besonders denkwürdig.Christian Weis: "Stadt aus Maschinen"Gefällt mir von der rätselhaft-beunruhigenden Stimmung her deutlich besser. Hier liegt das Hauptproblem für mich in einer auf zwei Seiten zu eng zusammengezwängten Erklärung (Infodump) und in einigen überladenen und manchmal ungeschickten Formulierungen. Z.B.: "'Ich will das Scheißding aus meinem Kopf haben!', sprudelte es plötzlich aus ihm hervor." ich finde "sprudelte" passt hier gar nicht, das wäre ein Tonfall des Übermuts. Eher denke ich, dass Adrian/Diminik hier "herausplatzen" würde. "presste sie keuchend den Zuganscode für den Bordcomputer hervor" ist auch mindestens eins zu viel, das klingt eher, als ob Ellen ein Kind kriegt. Überhaupt wird hier beim Reden für meinen Geschmack zu viel gepresst, an einer Stelle meine ich mich zu erinnern, dass Ellen etwas "zwischen geschlossenen Zähnen hervorpresst", wo "mit zusammengebissenen Zähnen" es auch getan hätte.Das solche Kleinigkeiten auffallen, lässt aber auch darauf schließen, dass die Story stilistisch recht ambitioniert ist und Stimmung erzeugt. ich denke, hier hätte einfach eine letzte stilistische Überarbeitung nötig gewesen, dann könnte das Ergebnis sich wirklich sehen lassen!
"If the ideology you read is invisible to you, it usually means that it’s your ideology, by and large."

R. Scott Bakker

"We have failed to uphold Brannigan's Law. However I did make it with a hot alien babe. And in the end, is that not what man has dreamt of since first he looked up at the stars?" - Zapp Brannigan in Futurama

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#13 Naut

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Geschrieben 26 Oktober 2007 - 18:42

Um es gleich vorweg zu sagen: Ich will hier nicht auf Jakob herumhacken (im Gegenteil, ich schätze seine sorgfältige Kritik sehr). Aber bei der Aussage:

Bernhard Schneider: "Risiken"
Die Geschichte ist kurzweilig, die Idee gut und die Pointe gut vorbereitet. Trotzdem ist auch diese Story mir zu sehr in die Pointe verliebt: Die Gedanken der Hauptfigur sind nicht immer nachvollziehbar - tatsächlich müsste er die Patientin etwas ernster nehmen, wenn er ganz genau weiß, dass ihre Behauptungen potentiell der Wahrheit entsprechen. Da ist schon ziemlich viel zurecht konstruiert worden, um die Pointe nicht zu früh zu verraten. Die Hand des Autors ist zu spürbar, die Hauptfigur wirkt in ihrer Autonomie zu eingeschränkt.
Auch solide also, aber ehrlich gesagt auch nicht besonders denkwürdig.

bin ich mir unsicher, ob ich mal wieder überinterpretiere, oder ob ich der einzige bin, der die Story langsam gelesen hat. Der Knackpunkt ist für mich nämlich eher der Hinweis der Protagonisten auf die weithin unterschätzten Risiken von Dachziegeln. Es ist also weniger eine Pointe, denn eine Doppelpointe, und in dieser Interpretation erscheint auch die Handlungsweise des Protagonisten (sein Misstrauen, etc.) plausibel, vergl. z.B. "A beautiful mind".

Wie gesagt, vielleicht überinterpretiere ich.
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#14 Armin

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Geschrieben 26 Oktober 2007 - 21:17

Wie gesagt, vielleicht überinterpretiere ich.

Eher nicht :angry: Und trotzdem natürlich danke an Jakob für die ersten Einschätzungen.

Bearbeitet von Armin, 26 Oktober 2007 - 21:26.


#15 Jakob

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Geschrieben 27 Oktober 2007 - 00:37

Um es gleich vorweg zu sagen: Ich will hier nicht auf Jakob herumhacken (im Gegenteil, ich schätze seine sorgfältige Kritik sehr). Aber bei der Aussage:
bin ich mir unsicher, ob ich mal wieder überinterpretiere, oder ob ich der einzige bin, der die Story langsam gelesen hat. Der Knackpunkt ist für mich nämlich eher der Hinweis der Protagonisten auf die weithin unterschätzten Risiken von Dachziegeln. Es ist also weniger eine Pointe, denn eine Doppelpointe, und in dieser Interpretation erscheint auch die Handlungsweise des Protagonisten (sein Misstrauen, etc.) plausibel, vergl. z.B. "A beautiful mind".

Wie gesagt, vielleicht überinterpretiere ich.

Hm, na schön, das ist zwir mar nicht entgangen, aber ich fand es nicht weiter interessant - ein kleiner Gag und ein Hinweis auf die paranoide Geistesverfassung der Hauptfigur. Oder steckt da noch was drin, was ich nicht bemerkt habe?
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#16 Naut

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Geschrieben 28 Oktober 2007 - 13:22

Hm, na schön, das ist zwir mar nicht entgangen, aber ich fand es nicht weiter interessant - ein kleiner Gag und ein Hinweis auf die paranoide Geistesverfassung der Hauptfigur. Oder steckt da noch was drin, was ich nicht bemerkt habe?

Wie gesagt, nach meiner Interpretation öffnet dies die Möglichkeit einer weiteren Sichtweise, nämlich dass der Typ weder Arzt noch Highlander ist, sondern ... In meinen Augen hat das die Geschichte aufgewertet. Übrigens lese ich jetzt gerade "Wo uns niemand findet" und bin schwer begeistert.
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#17 Jakob

Jakob

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Geschrieben 28 Oktober 2007 - 16:54

Wie gesagt, nach meiner Interpretation öffnet dies die Möglichkeit einer weiteren Sichtweise, nämlich dass der Typ weder Arzt noch Highlander ist, sondern ... In meinen Augen hat das die Geschichte aufgewertet.

Stimmt, da muss ich noch mal nachsehen - man könnte natürlich auch zu dem Schluss kommen, dass nur er verrückt ist, und zwar richtig. Das kriege ich aber jetzt nicht zusammen, was das dann für die Geschichte hieße ... also doch etwas komplizierter. Vielleicht muss ich mir die Story dann am Ende noch mal zu Gemüte führen.

Übrigens lese ich jetzt gerade "Wo uns niemand findet" und bin schwer begeistert.

Das freut mich zu hören/lesen!
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#18 † Christian Weis

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Geschrieben 30 Oktober 2007 - 19:37

Wie gesagt, nach meiner Interpretation öffnet dies die Möglichkeit einer weiteren Sichtweise, nämlich dass der Typ weder Arzt noch Highlander ist, sondern ... In meinen Augen hat das die Geschichte aufgewertet.

Dass sich am Ende mehrere Interpretationsmöglichkeiten ergeben, hat mir auch gefallen und in die Story in meinen Augen ebenfalls aufgewertet. Die verschiedenen Phantastik-Definitionen beschäftigen sich ja immer wieder damit, was ist und sein kann. Allerdings ist mir auch schon aufgefallen, dass sich die Leser hier scheinbar in zwei Lager spalten: Die einen können der Doppelbödigkeit viel abgewinnen (je mehr Interpretationsmöglichkeiten, desto besser), andere wiederum wollen spätestens am Ende schlüssig erklärt haben, was denn nun genau gemeint ist. Vielleicht ist das jetzt etwas Schwarz-Weiß-Malerei, aber der Eindruck drängt sich mir mitunter auf.

#19 Nadine

Nadine

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Geschrieben 04 November 2007 - 21:34

Meine Schreibpausen habe ich heute mal genutzt, um ein bisschen in S.F. X zu blättern. Nachdem ich kurz nach Erscheinen begeistert Amethyst von Hebben gelesen habe (Ein wenig kurz, mein lieber Frank. Und warum hat die Frau keine Fangschaltung, die im Notfall die Daten an die Polizei weiterleitet, wenn sie ihn schon scannt? Aber toll geschrieben, da kann man nix sagen.), überließ ich mich heute dem Zufall und bin an zwei Autoren geraten, mit denen ich nicht recht warm werde.
Ich Banause kenne Sheckley nicht, aber Reisefieber von Ines Bauer enthält für mich keine wirklichen SF-Elemente. Könnte man auch als Fantasygeschichte schreiben und ist völlig an meinem Humor vorbei.
Neuanfang im Paradies ist ... ich weiß nicht. Der Stil holpert und hakelt ziemlich. Viele "würde", "wäre" und "dies". Man wird nicht so recht warm und vor dem eigentlichen Konflikt entsorgt sich der Prot mittels Naivität. Konnte ich nichts mit anfangen.

Wenn ich die anderen Rezis sehe, bin ich gespannt auf die nächsten Stories. Für heute war's halt Pech und an meinem Geschmack vorbei.

Europa ist nicht nur ein Kontinent.

 


#20 Armin

Armin

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Geschrieben 04 November 2007 - 21:46

Ich Banause kenne Sheckley nicht

Eine echte Bildungslücke! (Solltest du ändern.) Aber ich meine, Ines hat in ihrem Blog geschrieben, dass sie ihn auch nicht kennt :lol:

#21 Uwe Post

Uwe Post

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Geschrieben 06 November 2007 - 11:24

Melanie Metzenthin - Eingezogen
Amüsante Pointen-Story über das Telefonieren mit dem Jenseits, mäßig glaubwürdiges Setting in einer überalterten Gesellschaft. Unterhaltsam zu lesen.

Ines Bauer - Reisefieber
Die Story erinnert an Sheckley, weil sie inhaltlich von ihm geklaut wäre, wenn die Autorin das Original gekannt hätte (zwar nicht exakt, aber doch ähnliche Handlung haben nämlich "1. Preis: Allmächtigkeit" bzw. "Der Seelentourist"). Sheckleys Storys verfügen allerdings meist über sozialkritische Untertöne, aber lassen wir das. Unabhängig von Sheckley betrachtet, lese ich hier eine harmlose, kaum in Erinnerung bleibende Konstruktion, die für mich in den Bereich "Versuchter Humor" fällt. Anders ausgedrückt: Ich find's zu langweilig, um drüber zu lachen.

Edgar Güttge - Hohenzollernbrücke
Es fiel mir schwer, mir ein Urteil über diese Story zu bilden. Ich mag dieses Spiel mit den Realitäten, das Güttge immer wieder mit feinem Humor zu verweben weiß. Das ist nicht zuletzt den skurrilen Figuren zu verdanken. Bisher ist das jedenfalls die frischeste Story, die ich in diesem Band vorgefunden habe, obwohl ich von Güttge schon cooleres gelesen habe.


mehr später ...

Bearbeitet von Uwe Post, 06 November 2007 - 11:28.

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#22 Nina

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Geschrieben 06 November 2007 - 18:08

Ich habs seit heute auch.

#23 Armin

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Geschrieben 06 November 2007 - 19:23

Ich habs seit heute auch.

Das ist gut :D Ich wünsche dir viel Vergnügen.

#24 Nadine

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Geschrieben 06 November 2007 - 20:16

@Nina: Liebe Güte! Das müssen die ja mit einer Goldhamsterkarawane nach Österreich gebracht haben!

Kai Riedemann (Oje, ich suche jetzt nicht das Buch, um den Titel richtig zu schreiben): Meine erste Überlegung war, ob die Geschichte für Leser interessant ist. Jemand, der selbst schreibt, hat seinen Spaß daran, soviel steht fest. Der Stil ist eigenwillig, aber gut lesbar. Ganz ehrlich: Ich kenne niemanden, der Anführungszeichen weglässt und ohne Absatz hinter der Rede verständlich ist. Das es hier funktioniert, liegt sicher auch an den kurzen Sätzen. Der Autor versteht jedenfalls was von seinem Handwerk. Die Methode, wie Künstler in der Zukunft endlich mal überleben können, erinnert mich an diverse Diskussionen unter Autoren.
Also: Mir hat die Mischung aus Komik und Tragik sehr gefallen; außerdem sprachlich sehr erfrischend, ohne anstrengend zu sein.

Bearbeitet von Nadine, 06 November 2007 - 20:16.

Europa ist nicht nur ein Kontinent.

 


#25 Nina

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Geschrieben 07 November 2007 - 22:08

Ich habe die Gelegenheit genutzt, das Buch mitzubestellen - werden ja viele nicht sofort nach Erscheinen nehmen.

#26 Armin

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Geschrieben 08 November 2007 - 10:03

Ich habe die Gelegenheit genutzt, das Buch mitzubestellen

... sonst wäre das ja wirklich eine kleine Ewigkeit unterwegs gewesen - sogar nach Österreich. Andererseits: Bei der Post weiß man nie.

#27 † Christian Weis

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Geschrieben 09 November 2007 - 14:55

Das müssen die ja mit einer Goldhamsterkarawane nach Österreich gebracht haben!

Die Karawane stell ich mir grad bildlich vor ... :)

#28 Guido Seifert

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Geschrieben 13 November 2007 - 11:55

Andrea Tillmanns: "Happy Birthday"
Die Idee ist gut und sogar durchaus politisch relevant, die Geschichte solide geschrieben, was mir nicht gefällt, ist die bemühte - und eigentlich völlig überflüssige - Pointe. Die ist mir einfach zu platt und ruiniert für meinen Geschmack auch ein bisschen die verstörende Wirkung der Story: Das ganze fängt mit einem gar nicht so unglaubwürdigen Zukunftsszenario des "Gesundheitsterrors" an, und dann kommt plötzlich ein aufgesetzter Endpunkt. Das beklemmend-klaustrophobische der Story wäre besser erhalten geblieben, wenn die Hauptfigur einfach weitergelebt hätte und sich den Gegebenheiten dabei zwangsläufig angepasst.
Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, die Story um eine vordergründige Handlung zu ergänzen, so dass die eigentliche Idee mehr im Hintergrund hätte "mitlaufen" können.
Eine ordentliche Story, vor allem aber verschenktes Potential, finde ich. Da hätte mehr draus werden können, hätte die Autorin "Happy Birthday" nur als Vorstudie verwendet und auf der Basis dann eine Geschichte verfasst.

Vollkommene Zustimmung. Nachdem mir Frau Tillmanns "Am Ende der Reise" aus dem Wurdack-Lazarus-Band so gar nicht zugesagt hat, erstellt sie mit "Happy Birthday" ein überzeugendes Szenario. Eine Geschichte, die ich gerne gelesen habe, aber es ist wirklich zu bedauern, daß die Autorin nicht mehr daraus gemacht hat. So wie in der Satire findet in der SF ja oftmals eine Überzeichnung statt, in dem Sinne, daß aktuelle Tendenzen bis zu beklemmenden Konsequenzen fortgedacht werden. Den Unterschied macht vielleicht manchmal nur die Portion des Humors - des bitteren Humors - aus, der das Erzählte grundiert. In "Happy Birthday" nun kommt dieser bittere Humor sehr fein und wohl dosiert zum Einsatz; der Autorin gelingt es, das überzeugend Erzählte so behutsam mit bitter-satirischen Untertönen zu versehen, daß die Ernsthaftigkeit nicht leidet und Beklemmung beim Leser erzeugt wird. Der Umbruch in die reine Satire, der durch die Pointe bewirkt wird, scheint mir wie ein mächtiger Effekt - ein Paukenschlag -, der Steigerung erzeugen möchte, aber doch eher einen Abschwung darstellt: Die Komik des Mißverständnisses, der grob-böse Witz sind in ihrer Banalität eher geeignet, die Beklemmung aufzulösen, als sie zu steigern.

Verzicht auf ein Hammerschlag-Pointe und - wie Jakob sagt - Strukturierung durch eine vordergründige Handlung (damit es nicht bei der bloßen Beschreibung eines hypothetischen Alltags bleibt) wären die Mittel, das eindeutig vorhandene Potential der Story auszuschöpfen.

#29 Guido Seifert

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Geschrieben 14 November 2007 - 22:18

Bernhard Schneider - Risiken. Eine leider mißlungene Story. Zunächst einmal runzle ich gewöhnlich die Stirn, wenn mir ein deutscher Autor mit ausländischem Namensgeklingel à la Andrew Swift, Juliet Hawkings und Bruce Michigan kommt. Das erinnert an den Schlagersänger, der weiß, dass er dem sentimental-tumben Publikum mit einem exotischen Capri weitaus besser dient als mit einem - sagen wir mal - kalt umtosten Helgoland. Karl May konnte sich dieserart lächerlicher Mätzchen auch nie entschlagen - aber immerhin waren seine Geschichten auch im Ausland situiert; während Risiken ohne jeden lokalen Bezug auskommt, die Story könnte überall "spielen". Warum also ein anglophones Land? Manchmal habe ich den Verdacht, daß sich der deutsche Unterhaltungsschriftsteller auf jenes Nieder-Niveau eingepegelt hat, das die Nordamerikaner wirksam und für lange Zeit in all unseren TV-Apparaten (und auch bunten Taschenbüchern) installiert haben ...

Meine persönliche Animosität zur Seite gesetzt -: Bernhard Schneider erzählt solide, "routiniert", wie man so schön sagt. Es gibt nur ganz wenige sprachliche Ungeschicklichkeiten; sie bleiben mariginal, hätten auch weglektoriert werden können; man muß sie nicht explizit anführen. Hier ist also kaum etwas auszusetzen. Dafür umso mehr an der inhaltlichen Konzeption.

1.) Die "wirkliche" Welt erlaubt solche "geheimen" Biographien wie die von "Juliet" und "Andrew" nicht. Setzen wir ihre Unsterblichkeit als Faktum, und bedenken wir, daß die beiden ihre 200 bzw. 400 Jahre nicht auf einer einsamen Insel sondern in der westlichen Zivilisation verbracht haben, so wären beide Personen längst als Weltwunder in die Geschichte eingegangen. Nachbarn und Freunde altern, die beiden aber nicht. Da passiert etwas Seltsames, es wird geredet, das Gerede zieht Kreise, Ärzte und Wissenschaftler werden aufmerksam, suchen den Augenschein, ungläubig noch, doch die beiden scheinen tatsächlich nicht zu altern. Artikel in Zeitungen erscheinen, vielen halten die Behauptungen für Humbug, doch die Beobachtung dieser seltsamen Individuen etabliert sich. Im 20. Jh. dann können sie sich dem medialen Zugriff in keiner Weise mehr entziehen. Wissenschaftler sichten die lange Folge der Dokumente zu diesem Phänomen, die universitäre Beschäftigung mit ihm hat sich etabliert, und durch den allgegewärtigen Medienrummel weiß der Großteil der Welt von diesem Wunder.
Wenn Schneider nun diese "Wirklichkeit" negiert und die beiden unerkannt bis ins Jahr 2005 gelangen läßt, so konstruiert er eine unrealistische Welt in dem Sinne, daß er auf die Imitation gesellschaftlicher Wirklichkeit verzichtet. Warum sollte dann in einer solchen "phantastischen" Welt nicht Alles möglich sein, selbst die Unsterblichkeit? Der Kontrast zwischen Sterblichkeit und "phantastischer" Unsterblichkeit - ohne den die Story nicht auskommen kann - verblasst, da der gesellschaftliche Hintergrund selbst unrealistische, "phantastische" Elemente beinhaltet.

2.) Die forcierte Zuarbeitung auf die Pointe verführt den Autor zur psychologischen Unplausibiltät. Hierauf hat schon Jakob hingewiesen (und ich stelle fest, daß ich öfters seiner Meinung bin). Da "Andrew" von sich weiß, daß er ein Unsterblicher ist, muß das für ihn die Wirklichkeit eines Phänomens beweisen, welches ihn in keiner Weise irrtieren würde, wenn es ein zweitesmal auftauchte. Im Gegenteil müßte die Unsterblichkeits-Behauptung "Juliets" bei ihm höchste Aufmerksamkeit und größtes Interesse bewirken, da er einem Menschen gegenüberstünde, der möglicherweise diejenige seltsame "Segnung" erfuhr, von der er bislang glaubte, daß sie nur ihm zuteil wurde. Doch Schneider schildert ausführlich (S. 20), wie "Andrew" den Gedanken, sich auf das "Wahngebilde" "Juliets" einzulassen, als unvernünftig und unsinnig abtut, und sich vornimmt, auf den Gang ins Archiv zu verzichten. Bislang kann ich das nur als Fehler des Autors ansehen, und diejenigen hier geäußerten Meinungen, die etwas anderes zum Inhalt haben, sehe ich nicht durch den Text gestützt.

3.) Die Story heißt Risiken, und das hiermit für die Unsterblichen verbundene Problem scheint ein zentrales Anliegen der Geschichte zu sein. Man kann sich zwar denken, daß ein potentiell Unsterblicher sich mit besonderer Vorsicht durch den Alltag bewegt, aber wenn man bedenkt, welche Aspekte man dem Thema Unsterblichkeit sonst noch abgewinnen könnte, bleibt das Element der Risiko-Vermeidung doch eher belanglos. Und der Tod bleibt auf jeden Fall der Sieger - spätestens, wenn das Weltall erkaltet, wird auch dem potentiell Unsterblichen das Gesäß zufrieren. Nein -: mich würde ganz anderes interessieren. Wie steht es mit der conditio humana, wenn man 400 Jahre auf dem Buckel hat? Was kann dann noch interessieren? Hat man nicht alle Gedanken gedacht und alle Genüsse bis zum Überdruß gekostet? Bewegt man sich dann nicht in einem Kreis, in dem der Tod täglich willkommener wird? Begreift man dann nicht den Tod - langsam - als eine Notwendigkeit und den unsterblichen Körper als Hölle? Oder - ums profan zu sagen: Was will "Andrew" mit "Juliet"? Ist das alte Rein-und-Raus-Spiel nicht längst zum Gähner geworden?

#30 † Christian Weis

† Christian Weis

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Geschrieben 02 Dezember 2007 - 11:17

Zunächst einmal runzle ich gewöhnlich die Stirn, wenn mir ein deutscher Autor mit ausländischem Namensgeklingel à la Andrew Swift, Juliet Hawkings und Bruce Michigan kommt. Das erinnert an den Schlagersänger, der weiß, dass er dem sentimental-tumben Publikum mit einem exotischen Capri weitaus besser dient als mit einem - sagen wir mal - kalt umtosten Helgoland.

Als ich mit dem Schreiben angefangen habe, war ich sehr stark von anglo-amerikanischen Autoren beeinflusst und hab fast automatisch überwiegend englische Namen verwendet. Irgendwann hab ich mich dann bewusst davon gelöst und nahezu alles eingedeutscht, was letztlich auch nicht immer gepasst hat. Mittlerweile sehe ich die Namensgebung sehr viel entspannter - gerade im Bereich SF. :fun:


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