Bearbeitet von molosovsky, 21 Oktober 2007 - 13:22.

MRR und seine Lücke
#1
Geschrieben 21 Oktober 2007 - 13:21
MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.
Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.
#2
Geschrieben 21 Oktober 2007 - 14:58
MRR war, ist und bleibt für mich ein verkannter Star der deutschen Comedy-Szene. Dahin habe ich ihn gesteckt und in dieser Schublade bleibt er auch. Das Literarische Quartet habe ich mir nur aus einem einzigen Grund angetan: des Comedy-Elements wegen... Von daher...über das was MRR von sich gibt, rege ich mich schon längst nicht mehr auf...Valium also nicht nötigMädels, Jungs, holt die Beruhigungstropfen, klemmt Euch das Beißholz zwischen die Zähne und erst dann rate ich Euch, zu meinem Eintrag über Marcel Reich-Ranickis Antwort auf die Fragen zweier seiner Leser bzgl. SF in der »Fragen die RR«-Spalte zu klicken. Ein Musterbeispiel des vom Thema-ablenkens! Viel ›Vergnügen‹. Grüße Alex / molo

Es gibt immer etwas, wozu es etwas zu sagen gibt. Immer!
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#3
Geschrieben 21 Oktober 2007 - 15:00
Nun mag man MMR vorwerfen, dass er Triviales sagt, der SF gegenüber abfällig ist es jedoch nicht."Zur Sache mit der gegenüber SF so ignoranten heimischen Literaturkritik weiß MRR korrekt zu konstatieren, dass dieses Genre trotz seiner Erfolge beim Publikum bei der Kritik nur dürftiges Echo zeitigt, und dass dies freilich kein Zufall sei. Woran das liegt (Achtung festhalten, jetzt kommt hochkonzentriertester Stuss): Die Vorzüge der Science Fiction-Prosa hätten nun mal mit Kunst (besser wohl: Kunscht) nichts zu tun! †” »Womit denn dann?«, frag ich mich da. Mit Statik oder Statistik? Mit Teegebäck? Mit Feinrippunterwäsche? Oder gar mit diesen klebrigen Fuseln, die man nach einem 3-monatigen Suvival-Trekkingurlaub in Wales (oder Tirol) bisweilen ausm Bauchnabel zu puhlen vermag?"
Iwoleit hat an anderer Stelle gesagt:
(SF-Netzwerk-Diskussion zu VISIONEN 4; Beitrag 123)"Ein Kollege hat mir mal geraten: "Wenn du ambitionierte Literatur schreiben willst, dann bloß nicht
in der SF." Obwohl ich die Fahne der SF gegenüber Ignoranten immer hoch gehalten habe, neige
ich allmählich dazu, ihm zuzustimmen und das Schreiben für ein anderes Publikum noch einmal ganz
neu anzugehen. Wenn ich sehe, daß einem hochbegabten Kollegen wie Marcus Hammerschmitt der
verdiente Erfolg bisher versagt geblieben ist, gestern auf dem Buchmessecon aber ein Marcus Heitz
gleich drei Preise abräumt, dann fürchte ich, daß die SF- und Phantastikszene zu weiten Teilen ein
Tummelplatz von dummen, ungebildeten Jungs ist, die von der Welt im Allgemeinen und der Literatur
im Besonderen nichts mitbekommen haben. Eine Szene, von der man sich auf lange Sicht vielleicht
wirklich distanzieren sollte, wenn man mit seiner Arbeit als Autor mehr erreichen will als eingefahrene
Leseerwartungen zu bedienen."
Starke, scharf wertende Worte. Aber er bringt damit zumindest einen Diskussionsstrang auf dem Punkt (wenn man die Wertung weglässt): Die meisten Leser der SF erwarten von einem guten Buch andere Eigenschaften als die meisten Leser der Hochliteratur (Iwoleit nennt es "Mainstream-Literatur", MMR nennt es "Kunst", MMR-Hasser sagen "Lidderradurr"; es gibt noch viele, viele Bezeichnungen mehr).
Etwas Anderes bringt MMR nicht zum Ausdruck. Nun mag man meinen, dass in Kunst vs SF bereits eine Abwertung steckt - aber dann müsste sich MMR nicht ob seines Unwissens bzgl. der SF entschuldigen, dann könnte er einfach sagen: "Ich kenne es nicht - wozu auch!"
Und auch für Literaturkritiker gilt, dass sie nicht alle Zeit der Welt haben um Bücher zu lesen, die kaum den Ansprüchen der Hochliteratur genügen - Kritiker sollen schließlich zweierlei: a) Ein bekanntes, in Frage kommendes Buch bewerten oder b) ein unbekanntes, lesenswertes Buch bekannt machen. Da nun einmal das Diktum besteht, dass SF den Ansprüchen der Hochliteratur nicht genügt, kommen die Werke für a nicht in Frage, und da offenbar das Diktum tendenziell stimmt, investiert ein offener Kritiker zu viel Zeit in zu viele 'schlechte' Bücher um zu wenige den Ansprüchen genügende Bücher zu entdecken. Das es nicht prinzipiell gegen Themen der SF geht, zeigt die Akzeptanz von SF-Werken von H. Hesse, A. Carter, K. Ishiguro, C. McCarthy oder D. Lessing.
Theophagos
- Dr. Karel Lamonte, Atomic Scientist (Top of the Food Chain, Can 1999)
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#4
Geschrieben 21 Oktober 2007 - 15:23
Ich fühle ich wohlverstandenDanke für diese Erheiterung am Sonntag-Nachmittag!

Bearbeitet von molosovsky, 21 Oktober 2007 - 15:33.
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#5
Geschrieben 21 Oktober 2007 - 16:33
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#6
Geschrieben 21 Oktober 2007 - 17:05
#7
Geschrieben 21 Oktober 2007 - 17:25
Schrieb ich das? Grüße Alex / moloOb die sechs Funktionen nun alle gleichwertig sind†¦
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#8
Geschrieben 21 Oktober 2007 - 17:39


Bearbeitet von UdoTascher, 21 Oktober 2007 - 17:41.
#9
Geschrieben 21 Oktober 2007 - 17:50
Tatsache ist: SF war von ihrer Herkunft her und ist auch heute noch primär Massenliteratur, die meist keinen hohen literarischen Anspruch hat. Das ist keine Wertung, sondern eine schlichte Tatsache. Dass es auch genügend SF gibt, die hohe literarische Ansprüche erfüllt, ist wohl ebenso unbestritten.
Im Grunde führt diese Diskussion aber zu nichts, denn die SF gibt es nicht. Wir sind hier wieder beim alten Definitionsproblem. Wenn wir primär ökonomische Aspekete anschauen - SF ist das, was als SF verkauft wird - muss man MRR vollkommen Recht geben. Das Wenigste, was als SF verkauft wird, hat den Anspruch, das zu sein, was MRR wohl unter 'Kunst' versteht.
Wenn wir andere Definitionskriterien anlegen, werden wir plötzlich feststellen, dass genug Vertreter anerkannter Hochliteratur gibt, die eigentlich als SF gelten können. Dass "Brave New World", "1984" oder - als neueres Beispiel - "Morbus Kittahara" 'Kunst' sind, wird MRR kaum bestreiten. Nur wird er wahrscheinlich sagen, dass das auch nicht SF ist. Womit eigentlich nur bestätigt ist, dass die Frage nicht ist, ob SF 'Kunst' ist, sondern wie ich SF definiere.
@Alex: und ich möchte mich Udo anschliessen: Ich habe das Gefühl, dass Du MRRs Einfluss gnadenlos überschätzt.
Signatures sagen nie die Wahrheit.
Filmkritiken und anderes gibt es auf simifilm.ch.
Gedanken rund um Utopie und Film gibt's auf utopia2016.ch.
Alles Wissenswerte zur Utopie im nichtfiktionalen Film gibt es in diesem Buch, alles zum SF-Film in diesem Buch und alles zur literarischen Phantastik in diesem.
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#10
Geschrieben 21 Oktober 2007 - 18:06
Ich muss gestehen, ich finde diesen Absatz höchst unfair. MRR gibt ja zu, dass er von SF nichts versteht. Was willst Du noch mehr? Er bespricht keine SF, weil sie ihn nicht interessiert, weil er davon nichts versteht und weil man es von ihm nicht erwartet. Genauso wenig spricht er über Arztromane, Krimis, Liebesromane, Grisham oder Dan Brown, obwohl er das Deiner Meinung nach offensichtlich müsste - denn das ist das, was "tatsächlich gelesen wird".Ich sehe kaum einen Unterschied zwischen der Ignoranz und selbstgefälligen Genügsamkeit, wie sie Iwoleit so schon beschreibt, und der Ignoranz einer Literaturvermittlerszene die sich in ihrem bracken Badewasser suhlend für alles interessiert, nur nicht für das, was tatsächlich gelesen wird.
Bearbeitet von simifilm, 21 Oktober 2007 - 18:08.
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#11
Geschrieben 21 Oktober 2007 - 18:21
Nicht explizit, nein, aber ich habe die - für meinen Punkt - wesentlichen Aufgaben genannt und du hast sechs aufgezählt. Irgendwie hatte ich angenommen, du hättest meine Einschätzung korrigieren wollen. Ich glaube aber, das wir jetzt gänzlich ins Off abtreiben. Ansonsten:Theophagos schrieb: "Ob die sechs Funktionen nun alle gleichwertig sind†¦" Schrieb ich das? Grüße Alex / molo
Bingo. TheophagosSimifilm: "Wenn wir andere Definitionskriterien anlegen, werden wir plötzlich feststellen, dass genug Vertreter anerkannter Hochliteratur gibt, die eigentlich als SF gelten können. Dass "Brave New World", "1984" oder - als neueres Beispiel - "Morbus Kittahara" 'Kunst' sind, wird MRR kaum bestreiten. Nur wird er wahrscheinlich sagen, dass das auch nicht SF ist. Womit eigentlich nur bestätigt ist, dass die Frage nicht ist, ob SF 'Kunst' ist, sondern wie ich SF definiere."
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#12
Geschrieben 21 Oktober 2007 - 18:27


Bearbeitet von ChristianW, 21 Oktober 2007 - 18:29.
Mein Blog: Schreibkram & Bücherwelten
#13
Geschrieben 21 Oktober 2007 - 19:03
Zumindest bei den beiden Erstgenannten ist diese Einschätzung in meinen Augen schlicht falsch. Mir wäre neu, das Orwell und Huxley wegen ihrer SF tiefer eingestuft werden.Auch ein Orwell, Huxley, Lem, Vonnegut oder etwa eine Doris Lessing haben es nicht geschafft, den Stempel abzuwaschen, den die SF irgendwann mal aufgedruckt bekommen hat
Welche "Literaturpäpste" meinst Du? Offensichtlich nicht die im Nobelpreiskomitee ...Gerade Doris Lessing ist aktuell ein gutes Beispiel dafür. Sie hat zwar den Literaturnobelpreis bekommen, über ihre SF-Werke rümpfen die Literaturpäpste jedoch mehrheitlich die Nase (soweit ich es in den Medien verfolgt habe).
Ich habe bislang nichts von Lessing gelesen, kann dazu also nichts sagen. Aber zumindest in einem Artikel, den ich zu Lessings Nobelpreis gelesen habe, stand genau das Gegenteil drin: Nämlich dass Lessings SF zwar zum Schwächeren in ihrem Oeuvre gehört, weil es schlechte SF ist und nicht weil es SF ist ...Nach dem Motto: Sie hat den Preis trotz, nicht wegen ihrer SF-Werke erhalten. Und dabei stufen SF-Leser ihre SF-Werke als durchaus literarisch anspruchsvoll ein.
Diese Einschätzung finde ich schon deshalb mehr als problematisch, weil "Liebe" nun definitiv nicht zu irgendeiner Genredefinition taugt. Es gibt wohl insgesamt nur sehr wenig Literatur, in der nicht eine Liebesgeschichte vorkommt.Genauso gut könnte man Literatur, die sich mit der Beziehung zwischen den Geschlechtern befasst, als Schund bezeichnen, weil es Berge von Liebes-, Arzt- und Heimatromanen übelster Qualität gibt. Hier wird aber nicht ein ganzes Genre (soweit man hier überhaupt von einem Genre sprechen kann, vielleicht sollte man besser Themengebiet sagen) zu Schund erklärt und wurde es auch nie. Da spielt der Anteil an seichter Kost oder Ramsch keine Rolle, obwohl er vermutlich ebenso groß ist wie in der SF.
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#14
Geschrieben 21 Oktober 2007 - 19:15
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Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.
#15
Geschrieben 21 Oktober 2007 - 19:29
'Autoritär' weiss ich nicht, aber Du da ja in Deinem Blog-Eintrag nicht gerade zimperlich bist und Dich mit eher kraftvollen Ausdrücken nicht unbedingt zurückhältst, sehe ich durchaus Berechtigung, Dich ernst zu nehmen. Offensichtlich scheint Dich das Thema ja umzutreiben ...Ich kann mich nur wundern wie authoritär und ›ernst‹ ich anscheinend auf Euch wirke. Grüße Alex / molo
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#16
Geschrieben 21 Oktober 2007 - 19:41
So war es auch nicht gemeint, den "negativen Beigeschmack des SF-Schaffens" hab ich bei Lessing wahrgenommen. Allerdings beruht diese Wahrnehmung auf ein paar Artikeln, die ich gelesen bzw. Kommentaren, die ich im Radio mitbekommen habe. Repräsentativ ist das natürlich nicht - lediglich meine Wahrnehmung. Dass ihre SF als schlechte SF eingestuft wurde, hab ich allerdings aus diesen Artikeln bzw. Kommentaren nicht in Erinnerung. Auf Orwell und Huxley bezogen ist mir auch nicht bekannt, dass sie wegen ihres SF-Schaffens niedriger eingestuft wurden. Aber dass die SF als Genre positiv gesehen wird, weil diese (und andere) Autoren auch SF geschrieben haben, ist mir bisher auch eher nicht untergekommen.Zumindest bei den beiden Erstgenannten ist diese Einschätzung in meinen Augen schlicht falsch. Mir wäre neu, das Orwell und Huxley wegen ihrer SF tiefer eingestuft werden.
Das war natürlich ein bisserl sehr plakativ, zumal Genredefinitionen eh immer in der Diskussion sind. Aber mein (zugegebenermaßen nicht wissenschaftlich untermauerter) Eindruck ist, dass Themen aus dem Bereich SF anders eingestuft werden als gegenwarts- oder vergangenheitsbezogene Themen.Diese Einschätzung finde ich schon deshalb mehr als problematisch, weil "Liebe" nun definitiv nicht zu irgendeiner Genredefinition taugt. Es gibt wohl insgesamt nur sehr wenig Literatur, in der nicht eine Liebesgeschichte vorkommt.
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#17
Geschrieben 21 Oktober 2007 - 19:58
Ich glaube, was in diesem Zusammenhang nicht zu unterschätzen ist, sind nationale Traditionen. Nicht ganz zufällig sind sowohl Huxley als auch Orwell Briten. In der britischen Literatur waren 'nicht-realistische' Genres nie derart aus der 'hohen Literatur' ausgegrenzt wie das andernorts der Fall ist. Während die SF in den USA primär ein Phänomen des Zeitschriftenmarktes war, waren Autoren wie Wells, Huxley oder Orwell Teil des anerkannten literarischen Diskurses. Die britische 'Scientific Romance' hatte einen den Status als die US-amerikanische Zeitschriften-SF. Wie das in Deutschland zur gleichen Zeit ist, weiss ich nicht. Aber wenn Du die USA und England miteinander vergleichst, kannst Du schön sehen, wie das gleiche Genre ganz unterschiedlich eingestuft wird, weil es in unterschiedlichen Kontexten entsteht. Das eine Mal eben als Teil der 'hohen Literatur', das andere Mal als Teil der Groschenliteratur.So war es auch nicht gemeint, den "negativen Beigeschmack des SF-Schaffens" hab ich bei Lessing wahrgenommen. Allerdings beruht diese Wahrnehmung auf ein paar Artikeln, die ich gelesen bzw. Kommentaren, die ich im Radio mitbekommen habe. Repräsentativ ist das natürlich nicht - lediglich meine Wahrnehmung. Dass ihre SF als schlechte SF eingestuft wurde, hab ich allerdings aus diesen Artikeln bzw. Kommentaren nicht in Erinnerung. Auf Orwell und Huxley bezogen ist mir auch nicht bekannt, dass sie wegen ihres SF-Schaffens niedriger eingestuft wurden. Aber dass die SF als Genre positiv gesehen wird, weil diese (und andere) Autoren auch SF geschrieben haben, ist mir bisher auch eher nicht untergekommen.
Das scheint mir falsch: Was ist denn ein Buch wie "Elementarteilchen" anderes als SF (das es ein gnadenloses dummes Buch ist, ist eine andere Frage)? Oder Pynchon? Und was ist Philip Roths "The Plot Against America" anderes als Alternate History? Und auch Updike hat meines Wissens einiges geschrieben, was als Phantastik und/oder SF gelten kann. Oder nimm, um mal was ganz anderes anzuführen, "Heliopolis" von Ernst Jünger. Du findest haufenweise SF-Themen in der 'hohen Literatur', nur werden sie oft nicht als das verkauft.Das war natürlich ein bisserl sehr plakativ, zumal Genredefinitionen eh immer in der Diskussion sind. Aber mein (zugegebenermaßen nicht wissenschaftlich untermauerter) Eindruck ist, dass Themen aus dem Bereich SF anders eingestuft werden als gegenwarts- oder vergangenheitsbezogene Themen.
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#18
Geschrieben 21 Oktober 2007 - 20:25
Kann gut sein, dass in Deutschland die Einschätzung aus den USA (mit vielem anderen) zumindest teilweise übernommen wurde, die britische Einschätzung hat da eher nicht abgefärbt. Die Magazine und Heftchen hatten in den USA ein anderes Gewicht als bei uns, denke ich. Zumindest dürfte es eine vergleichbare Magazin- und Heftchenszene bei uns nicht gegeben haben.Wie das in Deutschland zur gleichen Zeit ist, weiss ich nicht. Aber wenn Du die USA und England miteinander vergleichst, kannst Du schön sehen, wie das gleiche Genre ganz unterschiedlich eingestuft wird, weil es in unterschiedlichen Kontexten entsteht. Das eine Mal eben als Teil der 'hohen Literatur', das andere Mal als Teil der Groschenliteratur.
Alternate History und in der realen Gegenwart stark verhaftete Themen dürften nicht den Schwerpunkt der SF ausmachen, schätze ich. Und es stimmt natürlich, dass vieles, was SF-Themen aufgreift, nicht als SF verkauft wird - aber das ist unter anderem auch Folge dessen, dass die SF teilweise aus der "hohen Literatur" ausgegrenzt wird, wie du selbst festgestellt hast. Überspitzt ausgedrückt: "Gute SF-Themen" werden in die "hohe Literatur" übernommen, dort aber nicht als SF eingestuft; "schlechte SF-Themen" dürfen in der SF bleiben und beweisen, dass die SF zurecht ausgegrenzt wird bzw. eben keinen hohen Stellenwert hat. Das sind natürlich nur subjektive Wahrnehmungen, und es liegt mir fern, nach Artenschutz zu schreien. Ich denke auch nicht, dass Kreuzritter gegen die SF zu Felde ziehen. Trotzdem fällt eine gewisse Geringschätzung der SF oder von SF-Themen bei Literaturkritikern auf. Andere Bereiche, in denen ebenfalls viel Triviales oder Ramsch produziert wird, werden nicht unbedingt ebenso negativ gesehen. Allerdings kann es sein, dass meine Wahrnehmung dessen, was zur SF so gesagt wird, eine andere ist als in anderen Bereichen.Das scheint mir falsch: Was ist denn ein Buch wie "Elementarteilchen" anderes als SF (das es ein gnadenloses dummes Buch ist, ist eine andere Frage)? Oder Pynchon? Und was ist Philip Roths "The Plot Against America" anderes als Alternate History? Und auch Updike hat meines Wissens einiges geschrieben, was als Phantastik und/oder SF gelten kann. Oder nimm, um mal was ganz anderes anzuführen, "Heliopolis" von Ernst Jünger. Du findest haufenweise SF-Themen in der 'hohen Literatur', nur werden sie oft nicht als das verkauft.
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#19
Geschrieben 21 Oktober 2007 - 20:30
Damit sind wir wieder bei meinem ersten Post, denn Du bestätigst damit ja nur, dass die Mär von der Ausgrenzung der SF nur dann stimmt, wenn ich SF als das definiere, was als SF verkauft wird. Sobald ich SF aber mehr thematisch bestimme, sieht die Sache offensichtlich anders aus. Denn wenn ich SF thematisch definiere, dann ist 'hohe Literatur' mit SF-Themen nichts anderes als SF und die angebliche Ausgrenzung existiert nicht mehr. QED.Alternate History und in der realen Gegenwart stark verhaftete Themen dürften nicht den Schwerpunkt der SF ausmachen, schätze ich. Und es stimmt natürlich, dass vieles, was SF-Themen aufgreift, nicht als SF verkauft wird - aber das ist unter anderem auch Folge dessen, dass die SF teilweise aus der "hohen Literatur" ausgegrenzt wird, wie du selbst festgestellt hast. Überspitzt ausgedrückt: "Gute SF-Themen" werden in die "hohe Literatur" übernommen, dort aber nicht als SF eingestuft; "schlechte SF-Themen" dürfen in der SF bleiben und beweisen, dass die SF zurecht ausgegrenzt wird bzw. eben keinen hohen Stellenwert hat.
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#20
Geschrieben 21 Oktober 2007 - 20:41
q.e.d. Aaaber ... es wäre schön, wenn die "hohe Literatur mit SF-Themen" auch bei Literaturkritikern als SF gesehen und der SF dadurch ein anderer Stellenwert in der Literatur insgesamt zugewiesen werden würde. Diese "Ausgrenzung" gilt ja nicht für SF-Themen generell, sondern meiner Wahrnehmung nach eher für das Genre SF, das vielleicht ganz gern auf die Groschenliteratur bezogen und beschränkt wird und vermeintlich die "schlechten SF-Themen" aufgreift.Damit sind wir wieder bei meinem ersten Post, denn Du bestätigst damit ja nur, dass die Mär von der Ausgrenzung der SF nur dann stimmt, wenn ich SF als das definiere, was als SF verkauft wird. Sobald ich SF aber mehr thematisch bestimme, sieht die Sache offensichtlich anders aus. Denn wenn ich SF thematisch definiere, dann ist 'hohe Literatur' mit SF-Themen nichts anderes als SF und die angebliche Ausgrenzung existiert nicht mehr. QED.
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#21
Geschrieben 21 Oktober 2007 - 20:48
Aber es ist doch herzlich wurscht, wie das genannt wird, oder nicht? Es geht doch nicht darum, dass MRR oder sonst irgendein Kritiker die gleiche Nomenklatur verwendet wie Du. Oder doch?q.e.d. Aaaber ... es wäre schön, wenn die "hohe Literatur mit SF-Themen" auch bei Literaturkritikern als SF gesehen und der SF dadurch ein anderer Stellenwert in der Literatur insgesamt zugewiesen werden würde. Diese "Ausgrenzung" gilt ja nicht für SF-Themen generell, sondern meiner Wahrnehmung nach eher für das Genre SF, das vielleicht ganz gern auf die Groschenliteratur bezogen und beschränkt wird und vermeintlich die "schlechten SF-Themen" aufgreift.
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#22
Geschrieben 21 Oktober 2007 - 21:06
#23
Geschrieben 21 Oktober 2007 - 21:13
Ach je, gehen wir jetzt vom allgemeinen Gejammere "Niemand mag die SF" zu ähnlich unorigineller Kritiker-Schelte über?Ein Kritiker ist ein Mensch, der keine schöpferischen Anlagen besitzt und sich daher befähigt fühlt, das Werk von schöpferischen Menschen zu beurteilen. Darin steckt eine gewisse Logik; er ist unparteiisch - er haßt alle schöpferischen Menschen gleich. R. A. Heinlein in "Die Leben des Lazarus Long"
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